Splinter Cell 3D23.03.2011, Michael Krosta
Splinter Cell 3D

Im Test:

Anno 2005 startete Sam Fisher seinen dritten Schleicheinsatz in Splinter Cell: Chaos Theory. Ubisoft hat in der Mottenkiste gewühlt und genau diese Mission für die 3DS-Premiere heraus gekramt, bei der die Jagd auf einen Super-Algorithmus im Mittelpunkt steht. Hat der Schattenagent in 3D dieses Mal mehr zu bieten als bei seinen bisherigen Handheld-Auftritten?

Chaos trifft auf Conviction

Während die Hintergrundgeschichte, Sprecher, Schauplätze und ein Großteil der Features identisch zur altbekannten Vorlage sind, haben die Entwickler am Leveldesign einige Änderungen vorgenommen: Die 3DS-Version wirkt insgesamt kompakter, denn die Level wurden zusammengestaucht und auch die Gegneranzahl hat man reduziert. Außerdem wirken die Kulissen am 3DS generell heller. Das merkt man schon am Anfang in den Höhlen, wo man damals nur mit dem Nachtsichtgerät den nötigen Durchblick hatte, während man hier auch ohne den besagten Aufsatz gut zurecht kommt. Ein Hauch Conviction weht ebenfalls durch die Schauplätze, denn genau wie bei Sams exklusivem 360 (und PC)-Einsatz werden vornehmlich Tutorial-Hinweise in die Szenen eingebettet, was auch hier recht stylisch aussieht. Technisch reicht man allerdings nicht an die Qualität der Xbox- und PC-Version von damals heran - dafür wirkt Sam trotz der ausgezeichneten Animationen auf dem 3DS etwas zu grob und auch an die Beleuchtung sowie (Wetter-)Effekte der Vorlage kommt man nicht heran. Trotzdem erreicht man ein solides PS2 bzw. PSP-Niveau, so dass Splinter Cell 3D den bisher schönsten Handheld-Ableger darstellt.

Gewöhnungsbedürftige Steuerung

Während man mit dem Agenten mit Controller oder Maus und Tastatur ganz hervorragend durch die Gegend schleicht und Feinde ausschaltet, gestaltet sich die Steuerung am 3DS trotz des neuen Analogsticks gewöhnungsbedürftig: Zwar sind am Handheld ebenfalls feine Bewegungen dank der analogen Abfrage möglich, doch wurde die Kameraführung mangels eines zweiten Sticks auf die vier Knöpfe rechts gelegt. Das ist nichts Neues - immerhin funktionieren auch die meisten 3D-Actionspiele auf der PSP nach diesem Prinzip. Das Problem von Splinter Cell besteht allerdings darin, dass es aufgrund der vielen Gadgets wie Scanner, Fusion-Brille, Waffen und Handlungsmöglichkeiten wie dem Anlehnen an Wände, Springen sowie Nahkampf relativ komplex ausfällt - der 3DS hat einfach nicht genügend Knöpfe, mit denen all die Funktionen belegt werden könnten. Alsosetzen die Entwickler auf die einzige Möglichkeit, die ihnen übrig bleibt: Sie nutzen exzessiv den Touchscreen! So reicht ein Druck auf die abgebildeten Waffen, um diese einsatzbereit zu machen. Zur Auswahl steht eine schallgedämpfte Pistole sowie das SC-20K-Gewehr, das mit speziellen Modulen wie Haftminen, Ringflächengeschossen oder einen Sniper- und Shotgun-Aufsatz erweitert werden kann. Außerdem finden sich noch Gas-, Splitter-, Nebel- sowie Blendgranaten im Repertoire. Hatte man damals noch die Wahl zwischen verschiedenen Ausrüstungs-Setups, muss man hier mit einer vorgefertigten Zusammenstellung leben.

Verknotete Finger

Da die Waffen den größten Teil auf dem Touchscreen für sich einnehmen, sind sie schnell zur Hand, falls Sam sie benötigt. Etwas schwieriger wird es, wenn man den Scanner oder die Fusion-Brille benutzen möchte, denn hier fallen die Icons schon spürbar kleiner aus. Noch mehr Fingerspitzengefühl muss man beweisen, wenn man pfeifen will, um

Um sich an die Wand anzulehnen, muss man wie für das Springen auf das Digitalkreuz zurückgreifen.
die Aufmerksamkeit der insgesamt gelungenen KI zu erregen. Genau wie für den Zugriff auf die Minikarte und Haftkameras schrumpfen hier die entsprechenden Icons sogar noch weiter und lassen sich "blind" kaum treffen. Das größte Problem sind allerdings die Situationen, in denen man Gegner in den Schwitzkasten nehmen und verhören muss: Hier muss man sich zunächst nah an sein Opfer heran schleichen und dann rechts unten auf einen kleinen Bereich auf dem Touchscreen drücken, um zuzugreifen. Das ist unnötig umständlich und oft genug verpasst man den richtigen Moment, weil die Gegner einen schon vorher entdecken. Einfacher sind die Nahkampfangriffe, denn hier reicht ein Druck auf die rechte Schultertaste für einen tödlichen Messerangriff, während man mit der linken Schultertaste seine Feinde nur bewusstlos schlägt. Komplizierter wird es dagegen wieder bei den Interaktionen wie dem Öffnen von Türen oder der Messerbearbeitung von Stromgeneratoren, bei denen man sich links unten auf dem Touchscreen durch die zur Verfügung stehenden Optionen klickt, während man die Auswahl rechts bestätigen muss. Die Steuerung ist und bleibt zwar suboptimal, doch angesichts der beschränkten Möglichkeiten des Handhelds haben die Entwickler noch das Beste aus der Situation heraus geholt, obwohl man für meinen Geschmack die Waffen-Icons zugunsten anderer Aktionen etwas kleiner hätte gestalten können. Für echte Knoten in den Fingern sorgen außerdem Aktionen wie das Springen und das Anlehnen an Wände, die auf das Digitalkreuz gelegt wurden.    

Bewegungs-Spionage

Etwas Besonderes hat man sich außerdem für die Glasfaser-Optik einfallen lassen, die man z.B. unter einer verschlossen Tür durchschiebt, um sich einen Überblick zu verschaffen: Hier kommen die Bewegungssensoren des Handhelds zum Einsatz, mit deren Hilfe man die Richtung der Kamera verändert. Man kann bereits erahnen, dass in dieser Situation der 3D-Effekt nicht funktionieren bzw. verloren gehen würde. Dessen war man sich auch bei Ubisoft bewusst und stellt deshalb das Bild der Glasfaser-Optik von Anfang an nur in 2D dar. Auch bei einigen Teilen der Zwischensequenzen wie etwa die Nachrichten-Sendungen wird auf die räumliche Darstellung verzichtet. Davon abgesehen schleicht sich Sam mit einem ordentlichen 3D-Effekt durch die Kulissen, wobei dieser zwar gut in die Tiefe geht, aber kaum etwas an Illusionen aus dem Bildschirm heraus kommt. Einzig bei Aktionen wie dem Hacken von Türschlössern, bei dem man den Analogstick einfach in bestimmten Positionen halten muss, kommt dieser Effekt etwas zum Tragen.

Auf Solopfaden

Eine große Stärke von Chaos Theory war damals die Mehrspieler-Komponente, die erstmals im zweiten Teil Pandora Tomorrow auf dem PC und der alten Xbox eingeführt wurde. Selbst die damalige DS-Umsetzung bot einen entsprechenden Modus, in dem sich bis zu vier Spieler gegenseitig die Hölle heiß machen durften, auch wenn das Erlebnis von starken Ruckel-Einlagen getrübt wurde. Trotzdem ist es eine unschöne Überraschung, dass Ubisoft bei der 3D-Neuauflage völlig auf eine solche Komponente verzichtet. Klar, ein kooperatives Vorgehen über eine Onlineverbindung hätte sich mangels Kommunikationsmöglichkeiten als schwierig erwiesen, aber zumindest Adhoc-Sessions hätten drin sein können... Löblich ist dagegen, dass man sowohl die deutsche als auch die englische Fassung auf das Modul gepackt hat - zwar ist die lokalisierte Fassung mit ihren professionellen Sprechern durchaus gelungen, aber trotzdem hat das englische Original die Nase vorne. 

  

Fazit

Bei Splinter Cell 3D treffen Gegenwart und Vergangenheit aufeinander: Inhaltlich entspricht der Titel dem dritten Teil Chaos Theory aus dem Jahr 2005, doch hat man die Level nicht nur mit den aus Conviction bekannten Texteinblendungen modernisiert, sondern auch kompakter gestaltet. Die größte Neuerung bleibt neben der gewöhnungsbedürftigen Steuerung der 3D-Effekt, der aber nur als nettes Gimmick anzusehen ist. Was dieses Splinter Cell am meisten auszeichnet, ist das packende Schleichgefühl, das den jüngsten, mehr actionorientierten Ablegern leider zu sehr abhanden gekommen ist. Hier bekommt man endlich wieder den Sam Fisher in seiner alten Form - aber halt auch in einem alten Spiel. Es wäre sicher schöner gewesen, wenn man der Serie einen völlig eigenständigen 3DS-Auftritt spendiert hätte, denn trotz leicht umgebauten Levels sind Kennern die Schauplätze und Story bereits seit über fünf Jahren bekannt - große Überraschungen oder zusätzliche Inhalte sucht man vergeblich. Ganz im Gegenteil: Der interessante Mehrspieler-Ansatz wurde ersatzlos gestrichen, obwohl sich auch der 3DS für spannende Sessions angeboten hätte. Wer noch keine Bekanntschaft mit Sam Fisher gemacht hat, findet in Splinter Cell 3D trotzdem einen gelungenen Schleicheinsatz, dessen größter Feind auf dem Handheld die Touchscreen-lastige Steuerung bleibt. Warum man unbedingt mit Chaos Theory angefangen und nicht zunächst die ersten beiden Teile umgesetzt hat, bleibt mir allerdings ein Rätsel. Hat man sich mit Ubisofts Agenten bereits 2005 zum Erfolg geschlichen, kann man aber auf die Anschaffung dieser mobilen Variante verzichten, da zu wenig Neues geboten wird.          

Pro

spannende Schleicheinsätze
glaubwürdige Geschichte...
tolle Animationen
z.T. zerstörbare Umgebung (Glühbirnen etc.)
offenes Leveldesign
meist überzeugende KI...
überzeugende Sprecher
Geräuschwahrnehmung

Kontra

gewöhnungsbedürftige Steuerung
...die aber schwach inszeniert wird
keine Mehrspielermodi mehr
Klongegner
Ausrüstung immer festgelegt
...mit vereinzelten Aussetzern (z.B. bei Verhören)

Wertung

NDS

Sam, wie man ihn kennt und liebt: Trotz gestrichener Mehrspieler-Komponente und gewöhnungsbedürftigen Steuerung ist die 3DS-Umsetzung von Chaos Theory ingesamt gelungen.

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