Soul Bubbles18.06.2008, Paul Kautz
Soul Bubbles

Im Test:

Man ist von den Spielen dieser Welt alle möglichen Warnungen gewohnt: Epileptiker mögen aufpassen, weil Flackerlichter ihr Gehirn verknoten könnten, Eltern sollten ihren Kindern beim Spielen zuschauen, weil eine kettensägenbasierte Entgrätung der Feinde wahrscheinlich wäre, das Online-Erlebnis könnte durch Vollidioten eventuell an Reiz verlieren. Kennt man. Das habe ich allerdings bislang noch nie gelesen: »Folgende Elemente oder Ereignisse sind in diesem Spiel nicht enthalten: Lizenzierte Rennautos, postapokalyptische Soldaten, Elfen, Orks und Magier, Gang-Kämpfe« - wenn das mal ein Spiel nicht sympathisch macht!

Meine Blubbel!

Seifenblasen sind nicht gerade die neueste Erfindung dieser Welt. Auch Spiele, die sich um mehr oder weniger stabile, aufgepustete Dinge drehen, gibt es schon seit einiger Zeit. Und dennoch ist Soul Bubbles (ab 16,89€ bei kaufen), das Erstlingswerk des kleinen französischen Teams Mekensleep, etwas ganz Besonderes, etwas Einzigartiges. Und das, obwohl seine Einzelteile keineswegs neu sind: Als kleiner Schamanen-Azubi müsst ihr in einer fragilen Blase verwahrte Seelen durch vertrackte Labyrinthe pusten - kennt man so ähnlich schon seit Ende der 80er Jahre aus dem Klassiker »Bubble Ghost«. Man kann diese Blasen zerteilen, um sie z.B. durch enge Spalten zu quetschen - LocoRoco lässt grüßen.

Nicht nur das grafische Design von Soul Bubbles ist einzigartig - auch das Spielprinzip fühlt sich frisch und unverbraucht an.
Und doch fühlt sich die Kombination aus diesen und weiteren Zutaten frisch und unverbraucht an, auch und gerade, weil das Umfeld so stimmig geraten ist: Lauschige 2D-Pixel-Hintergründe mit fliegenden Gräsern und Blättern, umwabert von angenehm tranciger New Age-Musik samt zirpender Vögel, im Hauptmenü weht Steppengras sanft im virtuellen Wind, dazu stampfen folkoristische Stammesklänge aus den kleinen DS-Boxen - okay, ein bisschen wie Urlaub fühle ich mich. Wäre da nicht die Interaktion, könnte man Soul Bubbles auch prima als Entspannungs-Bildschirmschoner nutzen.

Der kleine Seelenhirte

Die Interaktion besteht darin, dass ihr als Mini-Schamane völlig frei durch den Level fliegen könnt. Das wäre an sich nicht sonderlich spektakulär, aber als Bonus verfügt ihr über eine Superpuste, mit der ihr eine Blase voller Seelen von Levelstar zu Levelende windet; in der Luft schwebender »Sternenstaub«, der weitere Level freischaltet, weist euch den direkten Weg da hin. Klingt einfacher als es ist, denn zum einen folgt die Blubber den Trägheitsgesetzen, was präzise Richtungsangaben natürlich herausfordernd macht. Zum anderen sind die Levels voller mehr oder weniger aufdringlicher Hindernisse: Das beginnt mit klebrigen Ranken, geht über Gegenwind und spitze Steine weiter und hört bei den mannigfaltigen Feinden nicht auf. Anfangs sind die Gegner ein Klacks, ein Tippser auf einen nassforschen Uhu befördert ihn kullernd aus dem Bild. Aber was macht man mit einem Feuerdämon, der partout nicht aus dem Weg gehen will?

An dieser Stelle kommen die Masken ins Spiel, von denen es drei gibt, und die ihr auslöst, indem ihr eine von drei Richtungstasten auf dem Digipad gedrückt haltet: Mit der Tigermaske könnt ihr schneiden - entweder die Gegner auseinander oder ihr macht aus der einen großen Blase mehrere kleine; in engen Gängen ein Muss - hinterher könnt ihr sie mit dem gleichen Manöver auch wieder zusammennähen. Im Gegensatz zu ihren Wabbel-Pendant in Bubble Ghost ist die hiesige Blase nämlich bemerkenswert stabil: Schnitten hält sie ebenso stand wie normalen Mauern, an denen sie sich ansehnlich animiert entlang schleimt. Mit der Elefantenmaske lasst ihr Luft ab - entweder aus eurer eigenen Blase oder aus Gegnern wie dem Kugelfisch, der danach kurzzeitig kein Hindernis mehr darstellt. Und die finale Vogelmaske verleiht euch die Macht, eigene Blasen zu malen. Das ist wichtig, falls das Original mal z.B. mückenstachelbasiert zerplatzt und nachgepinselt werden muss.        

Diese Masken werden nach und nach eingeführt, wodurch ihr die Beherrschung Schritt für Schritt lernt - was eine gute Sache ist, denn diese Fähigkeiten bilden den Kern der späteren Levels, die Aktionen müssen sitzen. 

Mit der richtigen Maske könnt ihr die Blase zerteilen, Luft entweichen lassen oder gleich komplett neue Blubbel pinseln.
Erwähnter Feuerdämon ist ein gutes Beispiel dafür: In seiner Nähe schwappt ein kleines Gewässer, dem man mit einer flugs gepinselten Bonusblase etwas kühles Nass abzwackt. Das wird dem Teufelchen über den Kopf gekippt, was sein Gemüt abkühlt, woraufhin er zu zischen beginnt - eine gute Gelegenheit, ihn vor einen sonst undurchdringlichen Felsen zu pusten, denn die kurz darauf folgende Explosion macht den Weg frei. Triumph!

Die Tigermaske und der Gecko

Nicht alle Gegner sind euch per se feindlich gesonnen, manche sind sogar sehr nützlich, auch wenn es auf den ersten Blick nicht so scheint: Hin und wieder kommt es z.B. vor, dass unerwartet aus dem Boden schnellende Affen zur Blase greifen und sie an anderer Stelle des Levels wieder loslassen. Gelegentlich müsst ihr diese organisierte Kriminalität nutzen, um weiterzukommen, wenn der Weg sonst unpassierbar ist. An anderer Stelle sind diese Gesellen pure Plagen, wenn sie Seelentresor etwa zum Levelanfang zurückschleppen. Die anderen Widersacher erfordern teilweise Sonderbehandlung, bevor sie die Segel streichen: Bei Mücken oder Vögeln reicht ein Tippser mit dem Stylus, um sie loszuwerden, manche verlangen nach einem Schnitt mit der Tigermaske - z.B. der Gecko, dessen klebrige Zunge so kein Problem mehr darstellt.

Soul Bubbles bietet euch acht umfangreiche Welten, die ihr nach und nach freischaltet: Anfangs pustet ihr euch durch eine traumhafte Steppenlandschaft, macht im späteren Spielverlauf aber auch Ausflüge unter Wasser (was Einfluss auf die Blasen-Physik hat), transportiert Seelen über verschneite Hügel oder legt euch mit Wüstenwinden an - insgesamt erwarten euch etwas mehr als 40 nicht-linear angeordnete Levels, die zwischen fünf und 15 Minuten eurer Zeit abknapsen. Sogar etwas mehr, wenn ihr Forschernaturen seid: In jedem Abschnitt sind drei Flaschenkürbisse teilweise verdammt gut versteckt, die ihrerseits Boni freischalten. Damit ihr nicht

Love is in the Air: Die Seelen verändern der Situation entsprechend ihre Form - in diesem Falle ist ein Bonus-Kürbis in der Nähe, was rosa Herzchen bedeutet.
jeden Pixel im Level auf der Suche danach umdrehen müsst, haben die  Entwickler von Mekensleep einen Indikator eingebaut, der anspringt, sobald ihr in der Nähe der Kürbisse seid: Die Seelen, die normalerweise beruhigend blau vor sich hin schimmern, verwandeln sich in Kürbisnähe in pulsierende rosa Herzen. Auch sonst sind die Seelen sehr nützlich: Bei Gefahr werden helle Dreiecke daraus, platzt die Blase, werden sie rot glühend - und schafft ihr es nicht, sie zu retten, verwandeln sie sich in eine einzelne Krokodilsträne...

Technisch richtet sich Soul Bubbles an Retro-Freunde: Mit Ausnahme des Schamanen herrscht 2D-Freude vor, die Hintergründe sind wunderschön pixelig, putzige Details erfreuen das Kennerauge. Wie die Onyx-Höhlen, in denen ihr außer der Blase nichts seht - anhand ihrer Verformungen müsst ihr den Pfad nach draußen erraten.      

Fazit

Ein schönes Spiel. Einfach ein schönes Spiel: Entspannte Musik, entspannte Präsentation, entspannt wabbelnde Blase - in den ersten Levels ist Soul Bubbles spielbarer Urlaub. Später zieht der Schwierigkeitsgrad spürbar an, gerade die Kombination der verschiedenen Masken-Fähigkeiten erfordert neben verquerem Denken auch schnelle Reflexe - aber übermenschlich anspruchsvoll wird das Spiel nie. Okay, die intuitivste Steuerung aller Zeiten hat Soul Bubbles nicht, die Nutzung der Masken über das Digipad mag aus designtechnischer Sicht sinnvoll sein, aber sehr bequem ist es nicht. Außerdem geht mir das Gebrabbel des Chefhirten hier genauso auf den Keks wie die »Sprachausgabe« in Okami oder Shadow of the Colossus. Doch davon abgesehen ist Soul Bubbles ein tolles Spiel, das für den DS maßgeschneidert ist: Die Level haben genau die richtige Länge für die eine oder andere angenehme, entspannte und sehr unterhaltsame Stunde. Oder zwei.

Pro

<P>
zauberhafte Präsentation
intelligente Steuerung
cleveres Leveldesign
ordentlicher Umfang
sympathische Idee</P>

Kontra

<P>
nicht immer präzise Blasenkontrolle
relativ simpel</P>

Wertung

NDS

Ein schönes Spiel. Einfach ein schönes Spiel.

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