Football Academy24.03.2009, Mathias Oertel
Football Academy

Im Test:

Die neueren Nintendo-Systeme waren bislang kein überragendes Pflaster für Fußball aus dem Hause Electronic Arts. Doch die Football Academy könnte dies schlagartig ändern: Dahinter verbirgt sich eine gewagte Mischung aus Sammelkarten, Minispielen rund um das runde Leder sowie eine rundenbasierte (!) Matchdarstellung. Klingt interessant? Ist es auch. Und birgt zudem viel Potenzial - das sich allerdings beweisen muss...

Für jung Gebliebene

Vielleicht erinnert sich der eine oder andere Fußballbegeisterte noch an seine Jugend - oder ist vielleicht noch nicht einmal so alt, als dass man sich an seine Jugend "erinnern" müsste. Was gehörte da zu den elementaren Dingen? Richtig: Neben einem Haufen trivialen Wissens, das außerhalb des fußballaffinen Freundeskreises keiner zu schätzen und noch weniger zu würdigen wusste, musste man sein ganzes Taschengeld in Sammelbilder investieren, die man natürlich auch gepflegt zu tauschen wusste.

EAs Football Academy schlägt in eine ähnliche Kerbe, virtualisiert aber alles, angefangen von den Sammelbildern bis hin

Mit dem Sammelkarten-Prinzip gibt es in Football Academy eine eingebaute Motivationsgarantie - auch wenn man sich an den 14 Minispielen irgendwann satt gesehen hat.
zum Wissen, das hier in Form von 14 Minispielen abgefragt wird. Und obendrauf gibt es als Sahnehäubchen natürlich auch Fußballsport - wenngleich in einer gewagten sowie ungewöhnlichen Form.

Der Ball ist rund - der Kreislauf auch

Nachdem man von Meistercoach Luis Felippe Scolari (u.a. Nationalcoach Brasiliens und Portugals, mittlerweile als entlassener Chelsea-Trainer ein scheinbares Opfer des EA-Coverfluches) in der Akademie begrüßt wurde, beginnt der Kreislauf, der als Triebfeder für die Motivation hauptverantwortlich ist und der in drei Grundelemente aufgeteilt werden kann.

Erstens: Minispiele und IQ-Test. Aus insgesamt 14 Minispielen (die meisten davon müssen erst freigeschaltet werden) werden drei per Zufall ausgewählt. Basierend auf den erzielten Ergebnissen wird ein so genannter Fußball-IQ errechnet.

Zweitens: Spielerkarten. Zusätzlich zu der Elf, die einem am Anfang des Spieles gegeben wird, bekommt man nach jedem Test ein Pack mit sechs weiteren Spielern, deren Wertigkeit, sprich: allgemeine Stärke sich u.a. danach richtet, welche Maximalstufe man zum jeweiligen Zeitpunkt "verwalten" kann. Am Anfang stehen nur "Bronze"-Spieler zur Verfügung, über Siege auf dem Fußballfeld kann man schließlich Silber- und Goldpacks freischalten.

Drittens: Das Match. Aus dem zur Verfügung stehenden Spielermaterial muss man eine Elf zusammenstellen und gegen lizenzierte Mannschaften aus fünf europäischen Topligen antreten, wobei man hinsichtlich der Spielerchemie einiges beachten muss (ideale Position, ideale Formation, gleiche Nationalität innerhalb einer Positionslinie), wobei auch das Ergebnis des IQ-Tests sich zusätzlich positiv oder negativ auf die Teamchemie auswirken kann.

Team-Chemie & Fußball-IQ

Die Zusammenhänge zwischen diesen drei sehr gut verzahnten Elementen sind schnell erfasst, zumal es keinerlei Fallstricke oder versteckte Ungereimtheiten gibt: Der Fußball-IQ schaltet neue Spielersets frei und beeinflusst die Teamchemie. Die Spielersets müssen zu einer schlagfertigen Elf zusammengestellt werden. Dieses Team muss gegen europäische Topteams Siege einfahren, damit höher wertige Spieler freigeschaltet werden, die man dann gegen ebenfalls höherwertige Teams antreten lassen kann. Undsoweiter. Undsofort. So einfach kann es manchmal sein, Motivation zu schaffen und aufrecht zu erhalten - zumal auch mindestens eine typische Sitzung mit Test, Spielersondierung und Match wunderbar in einer Halbzeitpause zu schaffen ist.

Detailfragen

Doch Belzebub steckt häufig im Detail - so auch hier. Und in diesem Fall knabbert der böse Pferdefuß einige Prozente weg. So z.B. wegen der letztlich sehr geringen Anzahl an integrierten Minispielen: Vom Geschicklichkeitstest "Scharfschütze", bei dem ihr einen Ball mit Kraft und Effet auf Ziele schießen müsst über Memory-ähnliche Aufgaben oder eine "Glücksrad"-Variante bis hin zum Trikotraten werden zwar zahlreiche fußballspezifische Aufgaben angeboten. Doch irgendwann (und in diesem Fall leider früher als später) hat man alle gesehen und empfindet einige davon nur noch als Zwang in den Tests. Zusätzliche Aufgaben und damit mehr Abwechslung hätten Wunder gewirkt. Dass dazu die Kader alle veraltet sind und man mit aktuellem (und richtigen) Fußballwissen unter Umständen falsch liegen kann, wirkt sich ebenfalls negativ aus.

 

 

Auch die ungewöhnliche Matchdarstellung birgt ihre Tücken. Damit meine ich allerdings nicht die beinahe schon rundenbasierte Präsentation: Nachdem ein Spiel angepfiffen wurde, wandert ein den Spielfluss simulierender Balken über den grünen Rasen. Stoppt er, wird ein Angriff entweder der eigenen oder der gegnerischen Mannschaft gestartet. Und ab jetzt kommt es zu spannenden Duellen von Mann gegen Mann bzw. Charakterwert zu Charakterwert, z.B. "Pass spielen" gegen "Pass abfangen" oder "Grätsche" gegen "Dribbling". Bedingt durch einige Faktoren wie die allgemeine Ausrichtung (offensiv, defensiv, ausgewogen), die Mannschaftschemie sowie die Erschöpfung auf der einen sowie euch zur Verfügung

Auf dem Taktikbildschirm wählt man seine Top 11 aus. Dabei ist wie bei Ultimate Team für FIFA darauf zu achten, dass die Spieler u.a. in einer möglichst idealen Formation und Position spielen - ansonsten verschlechtert sich die Team-Chemie.
Entscheidungen, deren Wert innerhalb eines bestimmten Spektrums "ausgewürfelt" wird, auf der anderen Seite, entsteht für beide Spieler ein Endwert, wobei der höhere gewinnt. Und dann geht es entweder mit dem Angriff weiter in der nächsten Position, bis es schließlich zum Duell zwischen potenziellem Torschützen und Torhüter kommt. Oder aber der Angriff wird erfolgreich abgewehrt und es geht wieder zum wandernden Übersichtsbalken zurück.

Durch immer neu hinzu kommende überraschende Aktionen wie Flankenläufe, Nachschüsse nach erfolgreichen Paraden usw. werden die statischen Partien so schnell nicht langweilig. Aber irgendwann hat man auch hier alles gesehen - obwohl die Spannung in den Partien gegen gleichwertige Teams nicht nachlässt, vor allem gegen einen menschlichen Spieler über WiFi-Verbindung, die im übrigen auch den Tausch von Spielern ermöglicht.

Die erste Elf

Dennoch: Gerade in diesem Bereich verschenkt die Football Academy am meisten Potenzial. Es ist nahezu unmöglich, seine Mannschaft bestmöglich auf den jeweiligen Gegner einzustellen, da es nur über große Umwege möglich ist, mehr oder weniger unzuverlässige Infos über die einzelnen Werte des anderen Teams einzuholen. Sprich: Im Zweifelsfall ist man einen Tick zu stark vom Glück abhängig, das man hier auch nicht erzwingen kann. Denn ist einmal eine Mannschaft auf dem Platz, kann man kein Feintuning mehr betreiben. Dabei hätte ich mir nicht einmal zwingend gewünscht, die Formation von z.B. 4-4-2 in eine offensive 3-4-3 ändern zu können, um alles auf eine Karte setzen zu können. Aber wenigstens in der Halbzeitpause Wechsel innerhalb meiner Mannschaft vornehmen zu können, um so auf bestimmte Spieler des Gegners reagieren zu können, wäre mehr als sinnvoll gewesen.

Dann nämlich hätte auch die üppig zu bestückende Auswechselbank eine Daseinsberechtigung. So aber bleibt alles an der Oberfläche und wirkt nur auf den ersten Blick richtig stimmig. Auf den zweiten jedoch wird deutlich, dass EA hier einige Chancen ungenutzt verstreichen ließ, um die Motivation auch nachhaltig zu steigern, ohne dass man die Fußball-Akademiker überfordert hätte.

Dass ich mich dennoch immer wieder für ein kleines Spielchen zwischendurch und natürlich den einen oder anderen nötigen IQ-Test in der Akademie zurückmelde, zeigt zum einen, dass ich wahrlich fußballverrückt sein muss, aber auch, dass EA vieles richtig macht, um Fußballfans ein "etwas anderes" Spielerlebnis für zwischendurch zu bieten. Insofern man den Ton ausschaltet: Sowohl Musik als auch Soundeffekte nerven eher, als dass sie für zusätzliche Atmosphäre sorgen können.

Fazit

Vor der Vorschau war ich skeptisch. Danach war ich angenehm überrascht, auch wenn eine gewisse Grundskepsis ob einiger potenzieller Stolpersteine nicht weichen wollte. Und jetzt, mit der finalen Version? Jetzt bin ich hin- und hergerissen. Auf der einen Seite muss ich zugeben, dass der ewige Kreislauf und die Verzahnung aus Minispielen, Sammelkarten, Mannschaftsaufstellung und Match wunderbar aufgeht. Das liegt zum einen an der ungewöhnlichen, fast rundenbasierten Matchdarstellung, die sich wie ein Quartett-Spiel auf Eigenschaftsduelle konzentriert. Und andererseits an dem nicht von der Hand zu weisenden Motivationsfaktor, der sich einstellt, sobald Sammelkarten ins Spiel kommen - übrigens ähnlich wie beim Ultimate Team-Add-On für FIFA 09. Das funktioniert seit Urzeiten bei Panini-Bildern und ebenso effektiv in EAs Akademie. Aber: Irgendwann wird man der gerade mal 14 Minispiele irgendwann überdrüssig wird und vermisst die Abwechslung. Außerdem kann man innerhalb der Matches keine grundlegenden Änderungen wie Taktik- oder Spielerwechsel vornehmen - was vor allem im WiFi-Spiel für einen zusätzlichen Kick gesorgt hätte. Dennoch: Football Academy bietet einen erfrischend anderen Fußball-Ansatz, der zwar vorrangig die jüngeren Fans anspricht, aber auch den Bolzplatz-Papas die eine oder andere unterhaltsame Halbzeitpausen-Überbrückung spendieren dürfte.

Pro

fünf lizenzierte Ligen
gut gelöstes Sammelkarten-System
14 größtenteils gute Minispiele rund um Fußball...
interessante, semi-rundenbasierte Matchdarstellung
Kartentausch möglich
interessanter Cartoon-Grafikstil
motivierender Kreislauf aus Karten, Minispielen und Match

Kontra

veraltete Kader
keine Möglichkeit, Taktik in den Spielen zu ändern- ... die allerdings alle mit Ermüdungserscheinungen kämpfen
keine Auswechslungen in den Spielen
schnell nervende Musik

Wertung

NDS

Ein erfrischend anderes Fußballerlebnis, das Sammelkarten, Minispiele und Runden-Fußball kombiniert, aber letztlich von Detailschwächen am Siegtor gehindert wird.

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