Test: Shin Megami Tensei: Strange Journey (Redux) (Rollenspiel)

von Jens Bischoff



Entwickler:
Release:
18.05.2018
03.2010
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Auch die anderen Crewmitglieder sind nicht mehr als eindimensionale Abziehbilder, denen man keine Träne nachweint, wenn sie das Zeitliche segnen. Selbst um das eigene Überleben ist man nicht wirklich besorgt - schließlich spielt man einen stummen, namenlosen Niemand ohne jeden Erkennungswert oder emotionales Gefüge.
Der Protagonist ist lediglich ein stummer und austauschbarer Nobody, der automatisch vor sich hin levelt.
Speicherpunkte machen sich streckenweise zwar etwas rar, sind aber insgesamt ausreichend vorhanden und dienen gleichzeitig als handliche Heil- und Umrüststationen sowie als praktische Teleporter ins mobile Hauptquartier, das sich Abschnitt für Abschnitt ins Zentrum der Schwarzwelt vorarbeitet und auch die Rückkehr in bereits besuchte Areale ermöglicht, um mit neuen Demonica-Erweiterungen zuvor unzugängliche Teilbereiche zu ergründen.

Viel zu tun

Hier und da ergeben sich auch optionale Nebenmissionen, die man von Crewmitgliedern oder Dämonen gestellt bekommt. Manchmal kann man sogar kleine Herausforderungen oder Minispiele bestreiten. Für besonders ehrgeizige Spieler hält Strange Journey auch ein spielinternes Erfolgs- und Medaillensystem parat. Bei besonders einfachen Gegnern kann man auch eine primitive Autofight-Funktion nutzen, die aber selbst bei voll analysierten Gegnern nur konventionelle Standardangriffe im Zeitraffer abspult. Besonders unliebsame Widersacher lassen sich hingegen leicht in die Flucht schlagen, sobald man einen Artgenossen im Schlepptau hat, während sich die Anzahl der wie in Lucifer's Call  vorhersehbaren Zufallskämpfe durch entsprechende Demonica-Applikationen reduzieren lässt.

Nichtsdestotrotz wirken die Begegnungen gegen unsichtbare Zufallsgegner anno 2010 natürlich reichlich antiquiert. Die Frequenz der Kämpfe verläuft allerdings in einem erträglichen Rahmen und die farblich symbolisierte, kontinuierlich steigende Kampfwahrscheinlichkeit in Verbindung mit dynamisch wechselnden Mondphasen, die u. a. Einfluss auf Dämonenkonversationen und -fusionen haben, sind nach wie vor nicht uninteressant. Auch der Spielumfang kann sich sehen lassen: Für eure erste Schwarzwelt-Expedition könnt ihr locker 40 bis 60 Stunden einkalkulieren - bei ausgiebigen Fusionsexperimenten und Sammelambitionen noch mehr. Zudem kann man seine Daten auch in ein New Game+ transferieren, um sich optionalen Bonusarealen und -gegnern zu stellen oder in weiteren Durchläufen die je nach finaler Gesinnung unterschiedlichen Enden zu Gesicht zu bekommen.

Ohne Fleiß kein Preis

Die Spielstunden vergehen allerdings nicht wie im Flug. Der Spielverlauf gestaltet sich mitunter sehr zäh und eintönig, da man immer wieder dieselben Passagen durchläuft und Gegner bekämpft bis man alle örtlichen Storymissionen erledigt hat und stark genug ist, dem obligatorischen Bossgegner des aktuellen Abschnitts gegenüberzutreten, um zum nächsten Bereich vorzurücken. Nebenbei sollte man natürlich auch noch Materialien für neue Ausrüstung sammeln, Geld und passende Versuchskaninchen für Dämonenfusionen besorgen, die ein oder andere lukrative Nebenaufgabe erledigen sowie an der Durchschlagskraft und Flexibilität seiner Einsatztruppe feilen. 
Durch den Einbau neu entwickelter Module wird der Demonica-Kampfanzug zu einem wahren Multifunktionswunder.
Doch so motivierend Partypflege und Spielwelterkundung auch sind, so zeitwierig sind die damit verbundenen Aktivitäten. Wer jeden Geheimgang ausfindig machen, nicht aber auf fremde Hilfe in Form von Levelkarten zurückgreifen will, muss wirklich jede einzelne Wand beäugen. Zwar bekommt man recht früh ein Scan-Modul, das verborgene Türen ausfindig macht, aber nur, wenn man direkt davor steht, was angesichts der Größe und Komplexität mancher Areale ganz schön nervig sein kann.

Auch die Automap, so praktisch und komfortabel sie ist, zeichnet immer nur exakt die jeweilige Position mit, so dass man wirklich jeden Quadratmeter einzeln ablatschen muss, um keine Besonderheit oder Figur zu übersehen, die erst dann sichtbar wird, wenn man sich auf genau dem gleichen Feld befindet. Zwar rechne ich es den Entwicklern hoch an, dass man durch überlegt handgefertigte statt zufällig ausgewürfelte 3D-Labyrinthe ziehen darf und diese auch grafisch unterschiedliche Themenbereiche abdecken, aber in punkto Sichtweite wäre auch auf dem DS mehr drin gewesen und wenn man manche entfernte Dinge zur Not hätte symbolisch darstellen müssen. Die grafische Ausarbeitung der Kampfgegner in 2D kann sich hingegen sehen lassen und überrascht mit vielen Details. Die Soundkulisse präsentiert sich eher zweckmäßig, Sprachausgabe gibt es keine und musikalisch hat man sich auch an der stimmungsvollsten Komposition nach stundenlanger Wiederholung irgendwann satt gehört. Dabei ist der von schummrigen Chorälen geprägte Soundtrack klanglich sehr hochwertig und angenehm düster, aber einfach zu knapp bemessen.

Kommentare

Cerenia schrieb am
Deathbringer Reaper hat geschrieben:Ein Release bei uns wird es höchstwahrscheinlich nicht mehr geben oder?
Das Spiel ist Anfang des Jahres in Amerika erschienen, ich glaube um den Dreh März bis April. Ein Europa-Release ist noch möglich, aber besser du tust es wie ich und importierst dir das Spiel. Auf Dauer sehr unterhaltsam.
Wenn du es aber importierst, es ist möglich dass der beiliegende Bonus-Soundtrack defekt ist. Atlus ersetzt die CD kostenfrei und verschickt das Paket sogar bis nach Europa, kann ich bestätigen. :wink:
Die Lieferung wird aber ein paar Wochen dauern, da Atlus den kostengünstigsten Versand wählt.
Wenn du "Lucifer's Call" oder Etrian Odyssey gespielt hast wirst du dich jedenfalls sofort heimisch fühlen.
Was ich zum Test zu sagen habe, gut. Ihr hättet aber mehr auf das Fusions-System eingehen sollen. Insbesondere die Skillvererbung hat sich seit Persona stark gewandelt. Anstatt dass das Fusionsprodukt zuföällig gewählte Skills bekommt hat jede fähigkeit nun einen Rang. Je stärker der Skill, umso höher der Rang - und in Fusionen bekommt man grundsätzlich Niederrangige Skills. Ändern kann man das nur, indem man eine "Source" benutzt und... argh... dieses Fusionssystem hat mir sehr viel Freude genommen.
Was die Story angeht fand ich sie hingegen sehr gut in Szene gesetzt, mir fiel nichts negatives auf. Die geheimen Stars des Spiels sind eh Zelenin und Jimenez, dafür dass sie SMT-typisch eine eindeutige Zugehörigkeit haben. Ich fand's schade um Zelenin, Jimenez mochte ich hingegen nie.
Aurinko schrieb am
Guter Test! Ein Release bei uns wird es höchstwahrscheinlich nicht mehr geben oder? Seit Persona 3 schenk ich der Shin Megami Tensei Reihe nämlich gern mehr Aufmerksamkeit.
schrieb am