Mario Kart DS28.11.2005, Paul Kautz
Mario Kart DS

Im Test:

Eine 13-jährige Tradition trifft mit quietschenden Reifen endlich auf dem Nintendo DS ein: Mario Kart. Lang erwartet und mit Internet-Gaming bestückt, verspricht das Modul allerhand. Und das Schöne daran: Es hält jedes Wort. Warum nicht nur unsere Politiker unbedingt Mario Kart DS spielen sollten, erfahrt ihr aus dem brandheißen Test.

Grandios allein…

Wenn Pilze mit Bananen schmeißen, ein grün gewandeter Klempner im rasenden Staubsauger unterwegs ist oder Prinzessinnen ihren Konkurrenten mit Tintenfischen die Sicht verkleistern, dann kann es nur zwei Dinge heißen: Entweder sollte man die Finger vom Alkohol lassen oder Mario Kart steht auf dem Programm. Das knuddeligste 

Ein Teil der Levels ist ist anderen Mario Kart-Spielen bekannt, ein Teil brandneu.
Rennspiel aller Zeiten rollt mittlerweile zum fünften Mal an die Startlinie und präsentiert sich runder, intelligenter und abgefahrener als je zuvor. Das Spielprinzip dürfte jedermann bekannt sein: Acht Go Kart-Fahrer, eine Strecke, drei Runden, ein Ziel: der Sieg! Zwischen Start und dem Pokal liegen nicht nur »natürliche« Hindernisse wie aus dem Boden springende Maulwürfe, schnappfreudige fleischfressende Pflanzen, gigantische Kanonenkugeln, eine grimmige Sonne, die mit Feuerbällen wirft oder tanzende Kakteen – sondern auch in rotierenden bunten Boxen versteckte Extrawaffen, mit denen ihr euren Kontrahenten gehörig einheizen könnt: grüne und rote Schildkrötenpanzer (die einen zielsuchend, die anderen nicht), Bomben, schliddrige Bananen, Schrumpfblitze oder eine dicke Bombe, die sich gezielt nur den Führenden aussucht. Fahrerisches Können (wie das Ausnutzen des Windschattens) ist hier also nur die halbe Miete, geschickter oder vielmehr gerissener Einsatz der Extras  trägt mindestens genauso viel zum Sieg bei.

Im »Grand Prix«, dem Hauptspielmodus für Solisten, erwarten euch drei Rennserien, die direkt den Schwierigkeitsgrad beeinflussen: 50ccm ist die Kinderklasse, hier einen Sieg nach dem anderen einzufahren ist kein Kunststück – ideal zum Aufwärmen und Mit-der-Steuerung-vertraut-machen. 100ccm ist schon herausfordernder, aber für einen aufmerksamen DS-Raser immer noch kein Beinbruch. Der kommt erst mit 150ccm – der Klasse, in der die Computergegner nicht den Hauch von Gnade kennen, in der alle Tricks ausgepackt und alle fahrerischen Finessen aufs Härteste getestet werden. Jede Klasse ist in acht Cups à vier Strecken unterteilt, ihrerseits in »Nitro«- und »Retro«-Cups getrennt. »Nitro« sind völlig neue Strecken, während »Retro« eine Art Best-Of aller bisherigen Mario Kart-Spiele vereint – Strecken wie die »KuhMuh-Farm« (N64), »Yoshis Insel« (GameCube) oder »Wolkenpiste« (GBA) dürften jedem Karter ein Begriff sein. Der Grand Prix ist auch der Pool, aus dem ihr freispielbares Material wie zusätzliche Charaktere, Karts oder Spiegel-Modi fischt.

Anfangs verfügt ihr über acht Figuren, die je zwei Karts ihr Eigen nennen - eine Standard-Kiste und einen Spezial-Hobel. Luigi tritt dann z.B. in einem kullernden Staubsauger an, Yoshi springt in ein rasendes Ei und Prinzessin Peach gibt im rosa Oldtimer Vollgas. 

Jede Figur hat mehrere Karts, die über unterschiedliche Fahreigenschaften verfügen.
Jeder Fahrer und jede Kiste hat andere Eigenschaften hinsichtlich Beschleunigung, Höchstgeschwindigkeit oder Kurvenverhalten.

…grandioser in der Gruppe!

Neben dem Grand Prix warten noch vier weitere Modi auf den Einzelraser: das »Zeitfahren«, in dem ihr gegen die Uhr oder gegnerische Bestzeiten in Form von per WiFi herunterladbaren Geisterfahrern antretet. »Versus« ist prinzipiell ein schnelles Rennen gegen regelbare Computergegner, das ihr auch im Team mit KI-Fahrern angehen könnt. Der »Wettkampf« lässt euch die Wahl zwischen der »Ballonbalgerei« und der »Insignienraserei«: In Ersterem hat jeder Fahrer drei Ballons, Kollisionen oder gut gezielte Extrawaffentreffer ziehen einen ab: Last-Ballonbesitzer-Standing gewinnt. Im zweiten Modus schnappt ihr euch kleine herumliegende Stern-Insignien und versucht gleichzeitig, euren Kontrahenten die ihrigen abzuluchsen. In jeder Variante dürft ihr das Können der Gegner in drei Stufen regeln, unter sechs Kursen wählen und im Team spielen. Außerdem gibt es den Ballonspaß sowie die Insignienhatz auch im Mehrspielermodus.

Neuestes Mitglied der Modi-Gemeinde sind die »Rennmissionen«: Hier warten sechs Welten à neun Missionen, in denen ihr innerhalb eines Zeitlimits bestimmte Aufgaben erfüllen müsst. Ihr müsst Tore in einer bestimmten Reihenfolge passieren, Itemboxen schnellstmöglich zerstören, ein Rennen gewinnen, eine bestimmte Anzahl Münzen aufsammeln oder rückwärts aus einem Haus fahren. Sind alle Standard-Missionen in einer Welt geschafft, dürft ihr zum Endgegner vorstoßen, den ihr nach allen Regeln der Kart-Kunst erledigen oder hinter euch lassen müsst – eine coole, abwechslungsreiche und extrem motivierende Spielidee, die dem Grand Prix fast den Rang abläuft.           

Der wahre Zirkus geht aber im Mehrspielermodus ab: Die gute Nachricht ist, dass ihr für das Spiel mit bis zu acht Leuten gerade mal ein Modul braucht! 

Die Figuren mögen etwas kantig sein, sind aber witzig animiert.
Zwar darf sich in diesem Fall nur der Host einen Fahrer aussuchen (die anderen Spieler sind gezwungenermaßen rasende Geister), außerdem gibt es nur zwei Cups à vier Strecken – aber was hier bereits abgeht und an Flüchen, Verwünschungen und Jubelgeschrei den Raume erfüllt, lässt jedes andere Rennspiel beschämt gen Boden blicken. Hat jeder Spieler ein Mario Kart DS, habt ihr die volle Strecken- und Charakterwahl – in jedem Fall dürft ihr aber neben dem normalen Rennen auch zur Ballonbalgerei und Insignienraserei greifen. Neu und Gott sei Dank, dass es endlich möglich ist: Internet-Gaming via WiFi! Entweder seid ihr in der Nähe eines Telekom-WLAN-Hotspots, dann könnt ihr direkt auf Freundesjagd gehen. Oder ihr kauft euch den für 40 Euro separat erhältlichen USB-WiFi-Connector von Nintendo, mit dem ihr, eine Breitbandverbindung und Windows XP vorausgesetzt, auch über euren Rechner gegen Fahrer auf der ganzen Welt antreten könnt! Allerdings hat das System seine Schwierigkeiten mit Firewalls und Virenscannern, außerdem muss eure Internet-Verbindungsfreigabe einwandfrei funktionieren, ansonsten könnt ihr nicht mal die benötigte Software installieren. Leider (aber das ist nur ein kleines »leider«) gibt es keine Gemeinschaftsmodi mehr wie in »Double Dash« - zwar könnt ihr im Team fahren, aber jeder nutzt sein eigenes Kart. Schade auch, dass das Mikrofon nicht zur Spracheingabe genutzt wird, ähnlich wie das Headset via Xbox Live.

Quer über die Torte!

Das erste Mal in seiner Geschichte verfügt ein Mario Kart über zwei Bildschirme. Was tun mit all dem Segen? Eine übersichtliche Karte muss her! Oder besser gleich zwei, zwischen denen man umschalten kann: Die eine zeigt einen Teil der Strecke aus der Vogelperspektiven und scrollt fleißig mit dem Spieler mit – prinzipiell also nur eine andere Ansicht als die 3D-Perspektive auf dem oberen Screen. Das hat aber einige Vorteile: Zum einen sieht man alle Gegner, Hindernisse und abgefeuerten Waffen; außerdem erkennt man, welches Item die Konkurrenten gerade haben – kann sich also perfekt auf künftige Gefahren einstellen. Zum anderen kann man, wenn einem z.B. durch den Tintenfisch ein großer Teil der Sicht zugekleckst ist, den Blick nach unten wenden und die Strecke sicher weiterfahren. Eine Vereinfachung also, weswegen Oldschool-Spieler auf den Touchscreen drücken 

Die Karte auf dem unteren Screen lässt sich zwischen zwei Varianten umschalten.
und eine klassische Karte zu sehen bekommen: Die Strecke im Komplettüberblick, lediglich die Positionen der Kontrahenten werden eingeblendet.

Mit der Präsentation macht Nintendo erwartungsgemäß nichts falsch: Das Spiel läuft jederzeit flüssig, nicht der geringste Ruckler schleicht sich ins Rennvergnügen. Die Figuren sind zwar etwas eckig, aber zuckersüß animiert, freuen sich jubelnd über einen Sieg und schluchzen zu Tode betrübt über eine schlechte Platzierung – natürlich mit entsprechend putziger Sprachausgabe. Die brillant designten Levels sind detailfreudig, mit schönen Randobjekten versehen und durch die Bank abgefahren – ihr rast u.a. durch eine fliegende Festung, ein gigantisches Uhrwerk, ein Flipperspiel, einen Nintendo DS oder eine Sahnetorte! Natürlich gibt es auch die aus Double Dash bekannten Kanonenrohre, die euch quer durch den Level katapultieren. Akustisch erwarten euch neben fetzigen neuen Melodien auch viele bekannte Mario Kart-Themen in neu abgemischter Form sowie gut röhrende Soundeffekte – in Stereo oder virtuellem Surround-Sound.

In Sachen Steuerung werden vor allem die alteingesessenen Mario Karter Freudensprünge machen: Das in Double Dash wegrationalisierte Hopsen und Schliddern ist wieder da! Für eine gute Kurventechnik (sprich: bessere Rundenzeiten) sollte man diese Ridge Racer-ähnliche Anwendung auch besser perfektionieren, außerdem könnt ihr beim Sliden einen Turbo aufladen – diese und andere fortgeschrittene Tricks wie der Blitzstart werden im ausführlichen Handbuch dankbarerweise gut erläutert, da es im Spiel selbst kein Tutorial gibt.     

Fazit

Oh Mann, ich tu mir echt schwer, bei diesem Spiel Kontra-Punkte zu finden. Okaaaaaay, die Figuren sind etwas eckig. Die spaßigen Koop-Mehrspielermodi aus Double Dash haben es nicht auf den DS geschafft, schon schade. Und mit dem USB-Connector hatte ich so meine Schwierigkeiten, das stimmt wohl. Aber sonst? Sonst? Sonst kann man diesem Meisterwerk eigentlich kaum etwas ankreiden! Höchstens, dass es mir ohne rot zu werden meine wertvolle Zeit gleich im Dutzendpack stiehlt! Dass es mir im Mehrspielermodus Flüche entlockt, für die ich in politisch korrekteren Ländern vermutlich auf Jahre in den Bau käme. Dass es auch allein dermaßen viel Spaß macht, dass ich mittlerweile zwei Mal meine U-Bahn-Haltestelle verpasst habe - und es mir egal war! Mario Kart DS ist ein absolutes Muss, nicht nur für Rennspielfreunde, sondern für alle DS-Besitzer. Ein dermaßen ausgereiftes, abgefahrenes, liebevoll präsentiertes, durchdachtes, im Mehrspielermodus unschlagbares und nicht zuletzt perfekt spielbares Racing Game werdet ihr so schnell nirgends wieder finden!

Pro

brillanter Mehrspielermodus
Singlepak-Modus & WiFi-Nutzung
perfekte Steuerung
abwechslungs- und ideenreiche Strecken
motivierender Grand Prix
neue und alte Pisten
tolle Präsentation
süße Sounduntermalung
großartige »Rennmissionen«
viele Spielmodi
ausführliches Handbuch
allerlei freispielbares Material
zwei Kartenansichten
hoher Wiederspielwert

Kontra

etwas eckige Figuren und Karts
gelegentliche Clipping-Fehler
USB-WiFi-Connector ist recht anfällig
keine Koop-Mehrspielermodi
Mikrofon wird nicht für Kommunikation genutzt

Wertung

NDS

Spritziger Kart-Spaß mit tollen Ideen und perfekter Spielbarkeit!

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