Splinter Cell: Chaos Theory14.07.2005, Jörg Luibl
Splinter Cell: Chaos Theory

Im Test:

Kann man packende Stealth-Action im Miniformat inszenieren? Mit all der knisternden Spannung und eleganten Moves? Ubisoft will's wissen und schickt Sam Fisher in voller Montur auf den Doppelbildschirm. Wir haben den NSA-Agenten motiviert begleitet, mussten uns aber mit Stylus und Touchscreen Zähne knirschend durchbeißen. Der kleine Agent strapaziert den Geduldsfaden...

Alte Stärken, neue Schwächen

Ihr bewegt Agent Fisher im oberen Bildschirm mit dem Digikreuz durch komplett neu gestaltete Abschnitte. PC- und Konsolen-Veteranen werden zunächst positiv überrascht: Das Aufgabenspektrum bietet zwar die altbekannte Mixtur aus akrobatischen Erkundungen und gezielten Angriffen, aber das Umfeld spult keine schnöde 1:1-Kopie bekannter Wege ab; man muss ich neu orientieren. Allerdings währt die Freude über die frischen Wege nicht all zu lange, denn erstens sind sie im Gegensatz zum Original streng linear angelegt, und zweitens trüben verwaschene Texturen sowie starke Ruckler die Erkundungen. Ansehnlich ist lediglich Sam in Aktion: Er kann sich an die Wand pressen, an Rohren klettern, an Seilen hangeln, Items scannen und Feinde in den Schwitzkasten nehmen, um sie zu verhören - selbst die coole SWAT-Drehung und der Spagat sind dabei. Diese akrobatischen Manöver gehören auch auf dem DS zu den feinen Highlights.

Abtransport im Multiplayer: Kämpfer und Hacker im kooperativen Einsatz.
Über den Touchscreen könnt ihr nicht nur Feinde im Radar erkennen, in die Nacht- oder Wärmesicht schalten sowie die Waffen wechseln, sondern euch auf Druck in die entsprechende Richtung auch umschauen. Das erfordert einige Übung und ist weniger intuitiv als im Original, denn man kann sich nicht optimal gleichzeitig bewegen und orientieren, da entweder der linke oder rechte Daumen übergreifen muss - das stört den Spielfluss.

Erst in der Ruhe offenbart diese Steuerung ihre Stärken, denn die Kamera schwenkt pixelgenau. So kann man aus der Hocke z.B. wunderbar Kopfschüsse ansetzen, indem man ganz nah an den Feind heranzoomt. Nur wenn man überrascht wird, hat man fast nie eine Chance: Man kann nicht zum schnellen Tritt oder Hieb ansetzen, sondern muss die Schusswaffe ziehen, sie ausrichten und feuern - das ging beim großen Vorbild drei mal schneller. Den Stift braucht ihr übrigens nur für das Knacken von Schlössern, wo er als Hebel eingesetzt wird - ein nettes Minigame.

Schneller Tod, schneller Frust

Das Missionsdesign ist abwechslunsgreich, kann aber nicht an die Dichte und überraschende Dynamik des großen Splinter Cell anknüpfen. Das rößte Frustpotenzial bergen ohnehin Speicher- und Kampfsystem: Ersteres nervt mit weit auseinander liegenden Autosaves - wer stirbt, darf erneut dieselben Wege bis zum heiklen Punkt entlang tigern. Letzteres lässt eine automatische Zielhilfe sowie den wichtigen Messereinsatz vermissen: Werdet ihr entdeckt, seid ihr aufgrund der fehlenden Nahkampfalternative meist sofort tot. Und die Wachen sind so aufmerksam, dass sie euch sogar im Rücken zu spüren scheinen, wenn ihr euch heranschleicht. Aufmerksamkeit ist gut, aber auf dem Handheld mit all seinen Komfortbeschränkungen hätte man die KI deutlich nach unten anpassen müssen. Ihr müsst quasi noch viel konzentrierter vorgehen als auf den Konsolen, wo man sich schon mal kämpfend retten konnte. Also heißt es oftmals anhalten, umschauen, weiter - man tastet sich Schritt für Schritt vorwärts und hat einen wesentlich langsameren und anstrengenderen Spielrhythmus als auf PC oder Konsole.

Es gibt zwar immer wieder Zwischensequenzen mit Kamerafahrten, aber das Fehlen von Sprachausgabe, kleine Textfehler sowie stark reduzierte Dialoge trüben das Storyerlebnis. Die DS-Variante kommt nicht mal ansatzweise an die Dramatik des Vorbilds heran; inhaltlich bleibt die Erzählung jedoch gleich, so dass sie sich gerade noch auf einem erträglichen Tom Clancy-Niveau einpendelt.

Seltsam ist, dass es weder Karte noch Kompass gibt, so dass man schon mal orientierungslos das Ziel suchen muss. Das wirkt sich auch negativ auf den Multiplayermodus aus, wenn man kooperativ zu zweit unterwegs ist. Allerdings geht es hier nicht als gleich ausgerüstetes Duett zur Sache, sondern als Kämpfer oder Hacker - der eine ballert und sichert, der andere schaltet Kameras und Sicherheitssysteme aus. Das macht durchaus Spaß, zumal man in neuen Leveles unterwegs ist, allerdings vermisst man die coolen akrobatischen Team-Bewegungen wie das gegenseitige Hochziehen oder katapultieren.

Zwar können sich auch bis zu vier Spieler im Versus-Modus austoben, wo sie als Söldner oder Spione als ballernde Wachen bzw. leise Hacker agieren, aber es ist sehr ärgerlich, dass immer alle Teilnehmer eigene Spielmodule benötigen - auch im kooperativen Teil. Außerdem sorgt die Steuerungs- und Kampfproblematik sowie das Ruckeln in allen Multiplayermodi für ähnliche Motiviationsbremsen wie im Solomodus.

  

Fazit

Es ruckelt. Es ist streng linear. Es sieht nicht mehr so gut aus. Und es bietet nicht den Steuerungskomfort der großen Brüder: das Zielen und Orientieren kostet auf dem DS mehr Konzentration als mit Maus oder Controller. Das solltet ihr vor dem Kauf genau so berücksichtigen wie die Tatsache, dass Splinter Cell im Miniformat verdammt schwer ist: Aufgrund des fehlenden Messernahkampfs, der wachsamen KI und der weit auseinander liegenden Speicherpunkte stirbt man für meinen Geschmack zu oft den Heldentod und muss Abschnitte komplett wiederholen. Keine Frage: Es gibt Highlights wie die coolen Animationen, das frische Leveldesign oder den unterhaltsamen Koop-Modus. Und Sam Fisher kann durchaus seine bekannten Reize entfalten, wenn man lauernd im Schatten hockt - schließlich ist er der einzige Stealth-Actionheld auf dem DS. Aber selbst Genre-Fans werden für jede Minute Spaß drei Minuten Arbeit investieren müssen. Auch die Multiplayermodi können nicht darüber hinweg täuschen, dass das kleine Splinter Cell nicht an die Klasse des großen herankommt - schade.

Pro

neue Abschnitte
gute Animationen
knackige Missionen
nette Kamerafahrten
vielfältige Stealth-Action
kooperativ zu zweit oder gegeneinander bis zu viert spielbar

Kontra

starke Ruckler
viel Trial & Error
kein Messernahkampf
kein freies Speichern
streng lineares Leveldesign
teilweise frustrierend schwer
keine Karte, kein Kompass
gewöhnungsbedürftiges Zielen
Multiplayer verlangt eigene Spielmodule (kein Singlepak-Modus)

Wertung

NDS

0
Kommentare

Du musst mit einem 4Players-Account angemeldet sein, um an der Diskussion teilzunehmen.

Es gibt noch keine Beiträge. Erstelle den ersten Beitrag und hole Dir einen 4Players Erfolg.