Ninja Gaiden: Dragon Sword19.06.2008, Mathias Oertel
Ninja Gaiden: Dragon Sword

Im Test:

Gerade eben erst hat Edel-Ninja Ryu Hayabusa auf Xbox 360 ein Abenteuer hinter sich, da geht er schon wieder auf eine neue Mission. Doch alles irgendwie ganz anders. Denn nicht nur, dass er sich auf Nintendos Doppelbildschirm herumtreibt – er macht in jeder Hinsicht eine sehr gute Figur. So gut sogar, dass man hier vielleicht von einem God of War für den DS sprechen kann?

Video: Die Handheld-Abenteuer von Ryu Hayabusa sehen einfach nur klasse aus und scheinen alles aus dem DS herauszuholen.
Lang ausgestorbene Tradition

Bevor ich mich mit dem Handheld-Abenteuer von Katana-Meister Ryu Hayabusa befasse, muss ich etwas loswerden: Wieso in aller Welt setzt Team Ninja bei diesem DS-Titel auf die eigentlich bereits ausgestorben scheinende Tradtion, unbedingt die Konsolenkürzel in den Titel zu bringen? Wir erinnern uns: Resident Evil trug den Untertitel Deadly Silence, Castlevania wurde mit dem Zusatz Dawn of Sorrow versehen, Advance Wars hieß schmissig Dual Strike, bei Mr. Driller packte man schnell noch ein Drill Spirits drunter, um auch dem letzten klar zu machen, dass es sich hier um ein DS-Spiel handelt. Mittlerweile, gut drei Jahre nach dem Start von Nintendos Touchscreen-Handheld wirkt es allerdings etwas altmodisch - und das, obwohl das Drachenschwert, das für den Untertitel herhalten muss, sogar noch inhaltliche Bedeutung hat. Dennoch: So viel Zwang zur Namensfindung hat bei mir zunächst für Skepsis gesorgt.

Großes Risiko

Doch diese wurde sehr schnell zerstreut. Denn im Gegensatz zur konservativen Titelfindung geht Team Ninja inhaltlich und technisch volles Risiko. Dabei hätte man es sich so einfach machen können: Ein kampflastiges seitwärts scrollendes 2D-Jump'n'Run z.B. wäre eine sichere Bank gewesen. Oder eine leichte Pseudo-3D-Variante, die man an Ubis Assassins Creed angelehnt hätte.

Doch Team Ninja gibt kreativ Vollgas. Das geht schon damit los, dass man den DS wie bei z.B. den Kawashimas oder Hotel Dusk zur Seite dreht und wie ein Buch hochkant in der Hand hält. Rechts findet die Action statt, links habt ihr eine Karte des aktuellen Gebietes.

Weiterhin setzt man bei der Kontrolle von Ryu und seiner überscharfen Klinge sowie der freispielbarin Rin auf eine reine Stylus-Steuerung, die durch eine einzige weitere Taste für den Block ergänzt wird. Und zu guter Letzt erzeugt man die Illusion, einen unheimlich aufwändigen 3D-Titel vor sich zu haben - und das auf dem DS, der grafisch alles andere als zeitgemäß wirkt.

Resident Ninja

Das Geheimnis der prächtigen Kulisse, die von markanten Comic-Sequenzen in 13 Kapiteln umrahmt wird, ist schnell gelüftet: Wie seinerzeit bei Resident Evil agiert der Polygonheld vor vorgerenderten Hintergründen. Da aber hier wesentlich stärker mit räumlicher Tiefe gespielt wird, so etwa, wenn Ryu einen nicht enden wollenden Gang in den Bildschirm hineinläuft und immer kleiner wird, bevor schließlich die Kamera umschaltet, entsteht ein imposanter dreidimensionaler Eindruck.

Allerdings birgt dieses System auch die üblichen Gefahren: So z.B. wenn man eine (natürlich unsichtbare) Kameragrenze mitten im Kampf überschreitet und man in einen neuen Raum verfrachtet wird, obwohl man gerade noch unter Umständen im dicksten Getümmel war. Im schlimmsten Fall kann dies bedeuten, dass der Raum bei Wiederbetreten auf Anfangszustand gesetzt wird und man erneut die versammelte Gegnermacht bekämpfen muss.

Und in extremen Großaufnahmen, die aber nur selten auftauchen, wird deutlich, dass sowohl die Hauptfigur als auch die Gegner mit eher durchschnittlichen Texturen tapeziert wurden. Zumeist allerdings findet die Kamera die richtige Einstellung, so dass man sich an geschmeidigen Animationen und flirrenden Klingen laben kann.

Rechts ist die Übersichtskarte, links der Spielbildschirm

Den Risikoweg, den Ryu Hayabusa  auf DS einschlägt, wird mit dem Bewegungs- und Kampfsystem fortgesetzt: Anstatt sich auf bewährte Knopfdrückereien zu verlassen, die ja immerhin auch bei den großen NG-Brüdern sowie Titeln wie der God of War-Serie wunderbar funktionieren, setzt Team Ninja auf eine reine Stylus-Steuerung, die nur durch eine weitere Taste für den Block ergänzt wird.

Das bedeutet, dass ihr wie in Zelda Phantom Hourglass dem Protagonisten durch Touchscreen-Berührung die Richtung vorgebt, in die er laufen soll. Attacken auf Gegner werden durch horizontale und vertikale Striche simuliert. Projektilwaffen wiederum werden kontextsensitiv durch eine Berührung des Gegners initiiert und durchgeführt.

Mit etwas Übung sind auch Sprünge (es gibt allerdings weniger Plattform-Elemente als in NG-Titzeln üblich) und komplexere Angriffe wie das Hochschleudern des Gegners, wahnwitzige Sprungattacken etc. möglich und sorgen so für einen Hauch Taktik.

Da man in den Kämpfen allerdings sehr häufig mit dem Stylus wie wild auf dem Touchscreen herumrührt und auch ohne Meisterplan zum Erfolg kommen kann, wirkt das Kampfsystem leicht willkürlich. Ganz im Gegensatz zu den Ninpo-Zaubern, die sauber und eingängig über den Touchscreen abgerufen werden.

Zweifellos: Wenn man sich in die Steuerungsmechanismen einarbeitet und diese gezielt einsetzt, kommt man effektiver zum Ziel und hat auch mehr Spaß auf der Jagd nach dem Drachenschwert. Und dennoch bleibt nie ein Gefühl der totalen Kontrolle zurück, wie sie eine präzise Knopfsteuerung bietet.

Doch dies ist angesichts der fulminanten Action, die Team Ninja auf Nintendos Doppelbildschirm abfeuert, ein Manko, das ich gerne in Kauf nehme.

Denn in einem bleibt sich Ninja Gaiden natürlich treu - ganz gleich auf welchem System: Die Gegner und vor allem die Bosse fordern euch alles ab. Glücklicherweise wurden die Speicherpunkte, zu denen man auch immer zurückkehren kann, um seine Lebens- und Magieenergie aufzuladen, nicht nur gut, sondern auch zahlreich gesetzt. So wird Frust unterwegs schon im Vorfeld eingedämmt.

Gleiches gilt für die sporadisch eingestreuten Puzzle, die für einen Moment der Ruhe in diesem Action-Feuerwerk sorgen. Sie präsentieren sich stets fair und im Normalfall nach kurzem Überlegen und Erinnern an die speziellen DS-Fähigkeiten (wie z.B. Mikrofon) als sehr logisch.  

Fazit

Team Ninja geht ein hohes Risiko - und wird belohnt! Nicht nur, dass sie sich für das neue Abenteuer von Ryu Hayabusa angesichts der Hochgeschwindigkeitsaction, die man mit Ninja Gaiden assoziiert, ein denkbar undankbares System ausgesucht haben. Zu allem Überfluss drehen sie den DS in Kawashima-Manier auf die Seite und entscheiden sich gegen konventionelles Knöpfedrücken und für Zelda'sche Styluskontrolle. Und all das funktioniert wunderbar: Die mit kleinen Rätseln angereicherte Action ist schnell, fordernd (wenngleich nicht so schwer wie auf Stationärsystem) und sieht mit ihren Polygonfiguren vor aufwändig gerenderten Hintergründen einfach nur bombastisch aus - es sei denn, die Figuren kommen zu nah an die Kamera. Kleinere Ungenauigkeiten hinsichtlich der Steuerung sowie daraus resultierende Probleme wie "spontane" Raumwechsel beim Überschreiten unsichtbarer Grenzen sind nicht von der Hand zu weisen, stören das Gesamtbild aber nur unwesentlich. Wenn es darum geht, zu zeigen, was hinsichtlich Kulisse und Nonstop-Action auf Nintendos "Kleinem" möglich ist, kämpft Ryu Huyabasa an vorderster Front. Ninja Gaiden Dragon Sword ist für mich trotz kleiner Schwächen die bisherige DS-Überraschung des Jahres - ein God of War für den DS.

Pro

durchdachte Stylus-Steuerung...
stilsichere Comic-Sequenzen erzählen die Geschichte
viele gut verteilte Speicherpunkte
schnelle unkomplizierte Action
fordernde Bosse

Kontra

- ... die allerdings kein komplettes Kontrollgefühl suggeriert
mitunter unglückliche Kamera
und Raumwechsel an unsichtbaren Grenzen
die wenigen Plattformsequenzen sind hakelig zu kontrollieren

Wertung

NDS

Kompromisslose Action mit innovativer Stylus-Steuerung und imposanter Technik!

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