Sonic Rush Adventure18.09.2007, Paul Kautz
Sonic Rush Adventure

Im Test:

Einer der schlaueren Tipps, den Eltern ihren flüggen Kindern mit auf den Weg geben, lautet »Wenn du etwas machst, dann mach es richtig!« - eine Devise, die vor zwei Jahren zu Sonic Rush geführt hat, dem ersten Sonic-Game, das endlich wieder den coolen Geist früherer Abenteuer des blauen Blitzes auf die Bildschirme dieser Welt brachte, in diesem Fall sogar jeweils zwei davon. Ob das Hinzufügen von Adventure-Teilen aber ein Schritt in die richtige Richtung ist?

Halt die Klappe, olle Hippe!!

Ich weiß, dass ich mit dieser Einstellung zumindest vordergründig allein da stehe, aber jetzt mal ganz, ganz, ganz ehrlich Hand aufs Herz: Die Sonic Adventure-Teile waren Mist, oder? Sie waren all das, was Sonic nie war; sie waren unübersichtlich, langsam, und das Gelaber zwischen den Missionen war bestenfalls aufhaltend, schlimmstenfalls die Ursache für den Verlust von Dutzenden IQ-Punkten. Einem Gott der Wahl sei Dank ist diese Spielform, die zuletzt in grausamer Form 360 und PS3 heimgesucht hat (4P-Test: 38% bzw. 40%) auf dem DS schon rein technisch nicht möglich, was das Sonic Team jedoch nicht davon abhielt, die aus dem Erstling bekannten 2D-Rennlevels mit Dialogen und Story anzureichern: Sonic und Tails stürzen auf einer unbekannten Insel ab, werden von dem hyperaktiven Nervbalg »Marine«

Die 2D-Action verläuft nach bewährtem Strickmuster: Mit Höchstgeschwindigkeit durch cool designte Levels. Neben Sonic könnt ihr auch wieder die lila Katze Blaze steuern.
aufgelesen, und stellen nach kurzer Zeit fest, dass Piraten die Welt bedrohen - und die aus dem Vorgänger bekannte lila Katze Blaze kommt auch bald ins Spiel. Nötig? Eigentlich nicht. Aber mit 2D-Dialogen und 3D-Cutscenes ganz nett inszeniert, außerdem sind die Gespräche überspringbar. Tut euch allerdings einen Gefallen, und stellt euren DS auf Englisch: So sind die Texte nämlich zum Teil recht witzig, auch weil Marine hier einen prächtigen australischen Akzent pflegt, der ausgeschrieben erheiternd wirkt. Zwar ist sie auf Dauer ähnlich begeisternd wie eine Ewok-Armee, aber in der englischen Fassung definitiv länger als in der einschläfernden deutschen Variante.

Der Großteil des Spiels folgt dem Erstling auf dem Fuße, und zwar im bestmöglichen Sinne: 2D-Hochgeschwindigkeitsaction pur! Sonic rast mit herzderhythmisierender Geschwindigkeit durch Pilz-, Maschinen- und Korallenlevels, düst durch sich teilweise über beide Bildschirme erstreckende Loopings, schwingt sich an Lianen entlang, wird von hilfreichen Bäumen an langen Ast-Armen durch den Level geschleudert oder von Sprungpads weit in die Luft befördert. Neu sind 3D-Szenen, die nahtlos in die 2D-Abschnitte integriert sind: So sitzt ihr z.B. in einer Lore, unter der auf einmal der Boden wegbricht - einen kurzen Sturz später landet ihr wieder in dem Wagen, die Perspektive schwenkt, und ihr steuert das Gefährt kurz aus der Ego-Ansicht, bevor es durch eine Wand bricht und die Ansicht -shwuuuuuuun!- wieder um 90° in der Z-Achse gedreht wird. Cool! Das alte Problem bleibt aber erhalten, denn in diesen Abschnitten gibt es nur zwei Arten von Gegnern: abwesende und im Weg stehende. Letztere sind die nervenden, schließlich sind sie im Geschwindigkeitsrausch kaum auszumachen, man bemerkt sie nur dadurch, dass Sonic auf einmal keine Ringe mehr mit sich trägt - hier hilft nur Auswendiglernen. »Abwesende« bezieht sich darauf, dass es hier im Vergleich zu früheren Spielen (man ziehe hier zum Vergleich Sonic 2 heran) verdammt wenig Feinde gibt - gelegentlich nicht mehr als eine Hand voll im Level! Die Welten sind meist auf kreative Durchquerung in Höchstgeschwindigkeit ausgelegt, weniger auf Kampf; oft genug sind die Gegner sogar geskriptet, Sonic aus dem Weg zu gehen - z.B. wenn er über Wasser rennt.          

Wie zum Ausgleich dazu sind die am Ende jeder Welt befindlichen 3D-Bossfights wieder mal erste Sahne: Ob Robosaurus, Flugaffe oder Geisterkrake, die teils beide Bildschirme großen Viecher sind cool designt, exzellent animiert und liefern eine gute Herausforderung - allerdings gerät hier die 

Die 3D-Bootsfahrten sehen gut aus, sind flott und werden komplett per Stylus gesteuert.
sonst so flüssig dahin flutschende Framerate nicht ins Ruckeln, wird aber deutlich langsamer! Darüber hinaus gewinnt hier die treibende Musik an Bedeutung, die dieses Mal mehr denn je auch die Verwendung kurzer Sprachsamples setzt - teilweise erinnern die fetzigen Stücke schon an flotte Raps! Auf der anderen Seite könnte allein schon der fröhliche Gesang im Hauptmenü griesgrämige Naturen in den Stylus-basierten Suizid treiben.

Eine Bootsfahrt, die ist lustig...

2D-Action gut wie gehabt, dazwischen präsentiertes Gelaber solala - was gibt's noch? Natürlich: Die Seefahrten! Da ihr euch auf einer Insel befindet, erkundet ihr neue Levels, indem ihr zwischen Rennen und Quasseln in 3D-Ansicht von Insel zu Insel schippert. Zuerst legt ihr auf dem Touchpad die zu fahrende Route fest, unter Berücksichtigung des vorhandenen Benzinvorrats. Dann behaltet ihr den Stylus in der Hand, denn die Boote und Schiffe werden komplett »analog« gesteuert! Ihr weist einfach mit dem Stift in die zu fahrende Richtung, und schon geht's volle Kraft voraus da hin. Auf der Fahrt sammelt ihr noch Ringe auf, macht über Schanzen springend flotte Lufttricks oder erledigt (abhängig vom Schiffstyp) mit diversen Geschützen herannahende Gegner. Neben diesem Inselhopping kommt das 3D-System auch bei Herausforderungen zum Tragen, in denen ihr Rennen bestreiten müsst, um die guten alten Chaos Emeralds zu gewinnen. Anfangs seid ihr nur auf einen Wasserski angewiesen, mit dem ihr nur kurze Strecken fahren könnt. Bessere Schiffe gibt es, wenn ihr 2D-Levels möglichst schafft, was mit dezent unkreativ betiteltem »Material« belohnt wird: Ob grau, blau oder rot, Zweischwanzfuchs Tails braucht immer bestimmte Mengen davon, um neue Kähne zu basteln - gut für den Wiederspielwert einzelner Levels.

Neben dem Solo-Abenteuer, das euch eine ganze Weile auf Trab halten dürfte, gibt es noch einen Mehrspielermodus, der zwar etwas, aber nicht viel umfangreicher als beim Vorgänger ausfällt: Nach wie vor können zwei Spieler um die Wette durch Levels rennen, sich gegenseitig Items in den Weg werfend - eine simple Variante von Sonic Rivals, auch mit nur einem vorhandenen Modul, und dieses Mal auch per WiFi spielbar.   

Fazit

Zunächst einmal: Das Sonic Team hat's noch drauf! In den letzten Jahren gab es mehr als ein Mal genug Grund, das altbewährte Team abzuschreiben, zog es doch Sonics glorreichen Namen wieder und wieder in den Dreck. Sonic Rush hat in mir den Glauben an das Gute im Designer wiederhergestellt, Sonic Rush Adventure zementiert ihn - aber nicht mit der solidesten am Markt erhältlichen Mischung: Das Gelaber zwischen den Levels ist nur in der englischen Fassung einigermaßen erträglich, darüber hinaus fühlt man sich in den Levels nach wie vor des Öfteren wie ein Zuschauer, der außer das Digipad nach rechts zu drücken nicht viel zu tun hat. Und obwohl ich die 3D-Abschnitte prinzipiell super finde, bin ich kein großer Freund der Stylus-Steuerung, schiebt sie doch meine Hand automatisch als schwer zu durchschauendes Hindernis ins Bild - eine wenigstens optionale alternative Digi-Steuerung wäre nett gewesen. Dafür ist der Grafikstil immer noch göttlich, die geschickte Verquickung von 2D- und 3D-Elementen funktioniert hier mindestens so gut wie bei New Super Mario Bros., nur mit ungleich mehr Feuer unterm Hintern. Wenn ihr also den Erstling mochtet, dann gibt es für euch keinen Grund, hier nicht erneut zuzugreifen - aller fragwürdiger Erweiterungen zum Trotz erinnert Sonic Rush Adventure nicht nur im Titel an den besten Sonic-Titel der letzten Jahre!

Pro

+ farbenfrohe, blitzschnelle Grafik mit 2D- und 3D-Elementen+ fröhliche Musik+ irre Geschwindigkeit+ einfache Steuerung+ unterhaltsame 3D-Bootsfahrten+ coole Bosskämpfe+ witzige englische Texte+ Singlepak-, Multipak- und WiFi-Unterstützung

Kontra

gelegentliche Blindflüge
etwas zu leicht
simpler Mehrspielermodus
dezent ruckelnde Bossfights

Wertung

NDS

Blitzschnelles, schönes und clever designtes Jump-n-Run für Freunde alter Sonic-Schule.

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