Race Driver: GRID02.09.2008, Jan Wöbbeking
Race Driver: GRID

Im Test:

Ich hasse spannende Rennspiele. Eigentlich hatte ich meinem empfindlichen Magen doch Ruhe versprochen, doch nun sitze ich seit Stunden über den DS gebeugt und rede mir ein, dass ich ganz sicher Erster geworden wäre, hätte ich nicht in der Haarnadelkurve den Abflug gemacht. Oder nicht auf Pause gedrückt, um die Wespe zu verscheuchen. Irgendeinen Grund gibt es immer.

Einmal noch...

Bevor es erboste Kommentare hagelt: Mein einleitender Satz war natürlich ironisch gemeint. Außerdem gibt es in Race Driver GRID für den DS auch entspannende Momente. Das muntere Streckenbasteln im mitgelieferten Editor ist eine herrlich relaxte Abwechslung nach den nervenaufreibenden Rennen. Die Entwickler von Firebrand Games haben der mobilen Variante von Codemasters aktuellem Tourenwagen-Spiel genau den richtigen Schwierigkeitsgrad verpasst.  Eure ersten KI-Widersacher steckt ihr locker in die Tasche, einige Spielstunden später wird es aber auch für streckenkundige Rennfahrer äußerst spannend. Zum Glück könnt ihr jederzeit zwischen den bereits freigeschalteten Veranstaltungen wechseln. Und davon gibt es nicht gerade wenig.

Grafisches Highlight: In den US-Metropolen Chicago und Detroit rast ihr an allerlei Wolkenkratzern vorbei.

Firebrand hat ein üppiges Paket für DS-Raser geschnürt: Neben einer großen, abwechslungsreichen Einzelspielertour rund um den Globus erwartet euch ein für DS-Verhältnisse erfreulich umfangreicher Online-Modus sowie ein Strecken-Editor. In der Karriere beweist ihr euer fahrerisches Können mit 29 Original-Boliden auf ganzen 37 lizenzierten Strecken. Mal tretet ihr zu einem schnellen Rennen an, ein anderes mal zu einer ganzen Meisterschaft oder zu diversen Fahrprüfungen. Lasst euch nicht davon abschrecken, dass sich die Computergegner zu Beginn des Spiels wie Kamikazeflieger auf euren Boliden stürzen. In den meisten späteren Rennen verhält sich die KI glücklicherweise deutlich zivilisierter.

Unkaputtbar?

Doch auch die Veranstaltung mit den rempelnden Computer-Rüpeln sollten euch nicht vor all zu große Probleme stellen. Eure Flitzer besitzen allesamt ein äußerst gutmütiges Kollisionsverhalten. Trifft euch einer der Angreifer, dreht sich euer Bolide lediglich kurzzeitig nach links und dann nach rechts, macht aber keinen U-Turn oder rutscht gar ins Kiesbett. Besonders realistisch wirkt das natürlich nicht, doch immerhin übersteht ihr so die wenigen Veranstaltungen mit der Aggro-KI ohne größere Probleme.

Das Schadensmodell fällt ebenfalls äußerst großzügig aus: Kollisionen mit euren Rivalen können eure robusten Flitzer nicht schocken. Nur wenn ihr eine unsanfte Bekanntschaft mit der Streckenbegrenzung macht, verfärben sich die Schadens-Symbole auf dem Touchscreen langsam aber sicher. Haben sie eine dunkelrote Farbe angenommen, lässt sich euer fahrbarer Untersatz deutlich schwerer navigieren. Ist z.B. die Lenkung beschädigt, müsst ihr gegensteuern, um die Spur zu halten, mit einer beschädigter Aufhängung kommt ihr schwerer um scharfe Kurven.

      

Abwechslung ist alles

Die Boliden steuern ohnehin erfreulich individuell - nicht wirklich realistisch, aber mit dem gelungenen Race Driver-typischen Mischung aus Arcade und Simulation. Frei belegen dürft ihr die Tasten zwar nicht, doch Gas und Bremse könnt ihr auf die Triggertasten legen; auch an ein Linkshänderprofil wurde gedacht. Damit sich keine Monotonie breit macht, tretet ihr in vielen unterschiedlichen Veranstaltungen an: In europäischen Tourenwagen düst ihr über naturgemäß grafisch schlicht gehaltene Originalkurse wie Istanbul oder dem Nürburgring. Außerdem schlängelt ihr euch in diversen GT- und Sportwagen durch schmale Straßen in Tokio oder hüpft in San Francisco die Abhänge hinab.

In den japanischen Togue-Veranstaltungen rast ihr gegen die Uhr Serpentinen hinauf - dank diverser Upgrades auch mit Unterbodenbeleuchtung.
Die Spazierfahrten durch diverse Metropolen sind die grafischen Highlights des Spiels. Am Horizont könnt ihr zwar erkennen, wie entfernte Wolkenkratzer langsam aus dem Nichts ins Bild "gezeichnet" werden, doch davon abgesehen sind die Großstädte erfreulich detailreich nachempfunden und bewegen sich ohne Ruckelanfälle über den Topscreen. Auf dem unteren Bildschirm findet ihr wieder die große Streckenkarte, die ihr bequem aus dem Augenwinkel erkennen könnt. Vergesst Nintendos Augen-Training: Peripheres Sehen könnt ihr genau so gut mit GRID trainieren. Neuerdings gibt es übrigens auch während der Rennen Musik zu hören. Glücklicherweise werdet ihr nicht mehr mit der serientypischen Fahrstuhlmusik berieselt. Die neuen Elektro-Tracks klingen allerdings genauso kraft- und inspirationslos - und das, obwohl der gute alte Amiga-Sound-Guru Allister Brimble einige davon beigesteuert hat.

Weltmännisch

Zum Glück sind die Veranstaltungen deutlich abwechslungsreicher als die fade Musikbegleitung: Gehen euch die Muscle Cars auf die Nerven, wechselt ihr einfach die Veranstaltung oder gleich komplett auf den europäischen oder japanischen Kontinent. Auf letzterem versucht ihr euer Glück z.B. bei einem flotten Drift-Rennen in einem Tokioter industriegebiet. Ihr könnt allerdings keine Ketten aufbauen wie in Project Gotham Racing und außerdem schliddern die Autos nicht so elegant über den Asphalt wie in The Fast and the Furious. Die Drift-Herausforderungen sind insgesamt der schwächste Part des Spiels. Deutlich spannender ist es, möglichst lange vor einem stärker motorisierten Gegner zu fliehen. Oder ihr versucht euch als einsamer Wolf an einer der zahlreichen Fahrprüfungen: In diesen Herausfroderungen unterbietet ihr Bestzeiten, haltet die Durchschnittsgeschwindigkeit möglichst hoch oder schlängelt euch durch einen Parcours.

Für eure Mühen werdet ihr mit neuen Veranstaltungen, Flitzern und diversen Upgrades belohnt. Letztere aktiviert ihr einfach per Tastendruck - an den Feineinstellungen dürft ihr nicht herumschrauben. Kreative Naturen bekommen in GRID trotzdem jede Menge zu tun: Neben rudimentären Design-Werkzeugen für Werbetafeln und Karosserie-Folien erwartet euch wieder ein kinderleicht zu bedienender Streckeneditor. Auf dem Touchscreen skizziert ihr den Kurs vor und verseht ihn danach mit allerlei Schikanen, Senken, Bäumen, Häusern, Überführungen und jeder Menge anderer Elemente. Im Prinzip handelt es sich um das gleiche Exemplar wie im Vorgänger DTM Race Driver 3: Create & Race, jedoch wurde er mit ein paar neuen Streckenteilen und Hintergründen ergänzt, die ihr in der Karriere freischaltet.

    

»Architektris«

Der Streckeneditor ist sogar fester Bestandteil der Karriere: In manchen der Missionen werdet ihr damit beauftragt, einen Kurs nach den Vorgaben eures Auftraggebers aus dem Boden zu stampfen, ohne das Budget zu sprengen - fast wie in einem Puzzlespiel. Im japanischen Myoko sollt ihr der Piste z.B. 4000 Meter Gesamtlänge, vier Tunnel, drei Schikanen und die gleiche Zahl an Haarnadelkurven verpassen. Baut ihr außerdem noch ein paar mittelschnelle Kurven ein, winken Extrapunkte.

Eure Strecke zeichnet ihr freihändig vor und schmückt sie dann mit Schikanen und Landschafts-Dekorationen aus - auch leichtes Anheben und Absenken der Straße sowie Überführungen sind erlaubt.Schade, dass auf euren eigens kreierten Strecken aus der Karriere keine Rennen abgehalten werden. Ihr dürft sie nicht einmal abspeichern oder mit Freunden tauschen - das funktioniert nur mit Exemplaren, die ihr außerhalb der Karriere bastelt. Die Kurse tauscht ihr per drahtloser Verbindung aus oder ladet sie auf einen Gamespy-Server hoch, auf den aber nur eure Freunde Zugriff haben.

Gewöhnliche Gegner in Internet-Duellen dürfen leider nicht mehr auf den selbstgestrickten Kursen gegen euch antreten. Trotzdem fällt der Online-Modus opulenter aus als im Vorgänger: Dank Online-Reputationspunkten und einen dazugehörigen Rang tretet ihr gegen möglichst gleichwertige Gegner an. Gegen bis zu drei Kontrahenten geht es für ein Einzelrennen oder in einer kleinen Meisterschaft auf die Piste - vorausgesetzt, es sind genug andere Raser online. Meistens findet sich jedoch nur ein einziger Spieler für ein kurzes Duell. Neben der schnellen Spielsuche habt ihr außerdem die Möglichkeit, eine Partie nach eigenem Gusto anzulegen, bei der ihr eine Hand voll Optionen wie die Anzahl der Runden festlegen und das Schadensmodell deaktivieren könnt.

Online-Meisterschaften mit Schönheitsfehlern

Unsere Internet-Rennen liefen absolut flüssig, doch es haben sich ein paar Schnitzer in die finale Fassung geschlichen: Nicht selten nehmen euch die die dicken Namensschriftzüge eurer Kontrahenten die Sicht auf den Horizont. Außerdem gibt es im schnellen Spiel kein Zeitlimit. Trefft ihr auf einen Geisterfahrer, müsst ihr wohl oder übel abwarten, bis sich euer Gegner ausgetobt hat und das Rennen beendet. Brecht ihr selbst das Spiel ab, seid ihr der Dumme und kassiert Strafpunkte. Im Offline-Multiplayer geht es übrigens ebenfalls gegen bis zu drei Kontrahenten auf die Piste. Besitzt nur einer davon das Spiel, müsst ihr allerdings mit weniger Strecken und Fahrzeugen Vorlieb nehmen.  

Fazit

Wenn ich Gewaltfantasien gegen ein mit Knöpfen versehenes Stück Plastik in meiner Hand entwickle, dann macht das damit gesteuerte Rennspiel verdammt viel richtig. Race Driver GRID besitzt ihn, diesen hinterhältig gut dosierten Schwierigkeitsgrad, der mir einfach keine Ruhe gönnt, bis auch der allerletze Pokal in meinem virtuellen Schrank steht. Doch nicht nur in ihrer Rennfahrer-Ehre gekränkte Masochisten wie ich kommen auf ihre Kosten: Falls ihr wieder und wieder an einer Veranstaltung scheitert, wechselt ihr einfach den Kontinent, versucht euch an einer anderen Herausforderung und streicht dort Upgrades für euren Fuhrpark ein. Allein die Karriere mit ihren 29 Boliden, 37 Strecken, jeder Menge Rennmodi, Fahrtests und dem Editor unterhalten euch locker mehr als 20 Stunden. Das Fahrverhalten der Karossen liegt goldrichtig in der Mitte zwischen Arcade und Simulation. Erfreulich auch, dass Firebrand die Onlinefähigkeit von Nintendos Handheld ernst nimmt. Hier heißt es nicht friss oder stirb - stattdessen kredenzen die Einwickler euch einen für DS-Verhältnisse fetten Onlinemodus inklusive Rangliste und darauf aufbauender Spielersuche. Leider hat GRID auch seine Schattenseiten wie die gelegentliche Rüpel-KI und die Namens-Schriftzüge, die im Multiplayer den Horizont verdecken. Außerdem hätte ich mir gerne, wie im Vorgänger, die Strecken-Kunstwerke anderer Spieler angeschaut, statt nur mit Freunden über eigens kreierte Pisten zu rasen. Aber Schwamm drüber: Die motivierende Karriere und die spannenden Online-Rennen wiegen die diversen Schnitzer locker auf. Neben dem Fun Racer mit Nintendos Klempner ist Race Driver GRID das spannendste Spiel für DS-Raser.

Pro

<P>
gelungene Mischung zwischen Arcade und Simulation
Fahrzeuge steuern sich recht individuell
spannende Rennen dank wohldosiertem, teils knackigem Schwierigkeitsgrad
umfangreiche Karriere
viele Rennmodi und Fahrtests
29 lizenzierte Sport-, GT- und Tourenwagen aus Europa, Japan und den USA
37 Original-Strecken aus den oben genannten Territorien
einfach zu bedienender Streckeneditor
motivierende Karriere-Belohnungen für Editor und Tuning
große Touchscreen-Streckenkarte im Augenwinkel sichtbar
Online-Modus mit Rang-System
zusätzlich zur Freundesliste gibt es eine Online-Rivalenliste für Gegner aus der Spielsuche
ansehnliche und stets flüssige Grafik
flottes Geschwindigkeitsgefühl </P>

Kontra

<P>
ab und zu sehr aggressive KI
Namen eurer Gegner verdecken im Multiplayer oft den Horizont
im Online-Modus dürft ihr auf eigenen Strecken nur noch gegen Freunde antreten-&nbsp;nur ein einziges Speicher-Profil
kein Chat
oder Nachrichten-System im Online-Modus
fade, aber immerhin nicht nervende Elektro-Musikstücke
fehlendes Zeitlimit macht Online-Rennen gegen Geisterfahrer zur Geduldsprobe
durchwachsene Drift-Steuerung
simples Punktesystem ohne Kombos in Drift-Rennen</P>

Wertung

NDS

Großer Umfang, knackige Rennen und intuitiver Strecken-Editor: Für DS-Bleifüße ist Race Driver GRID erste Wahl.

0
Kommentare

Du musst mit einem 4Players-Account angemeldet sein, um an der Diskussion teilzunehmen.

Es gibt noch keine Beiträge. Erstelle den ersten Beitrag und hole Dir einen 4Players Erfolg.