New International Track and Field26.06.2008, Paul Kautz
New International Track and Field

Im Test:

Mit manchen Spielen verbindet man physische Strapazen: Eckige Augen mit Tetris, ausgerissene Haarbüschel mit Mega Man, verknotete Arme und Beine mit Wii Fit - und Sehnenscheidenentzündung oder wenigstens nervösen Tatter mit Track & Field. Konamis 1983er Automat sowie speziell die kurz darauf folgende NES-Version sind legendär; nicht nur in Sachen Spielspaß, sondern auch dafür, der erste bekannte Buttonmasher gewesen zu sein. Kurz vor der neuen Olympiade erweckt Konami den Klassiker zu neuem Leben.

DS Live

New International Track & Field bietet euch nicht nur 24 Disziplinen, sondern auch ein schmuckes Modern-/Retro-Mischdesign - und einen auf dem DS bislang nicht gesehenen Online-Modus!
 Traditionell mehren sich kurz vor den vierjährlich ausgetragenen Olympischen Sommerspielen immer die Sportgames; oft genug ist der Großteil davon Trittbrettfahrerschrott. Nicht so dieses Mal, nicht so auf dem DS: Den Anfang machte Ende letzten Jahres Sega mit Mario & Sonic bei den Olympischen Spielen , was in sich bereits eine Sensation war, vereinte es doch die beiden größten Rivalen der Videospielgeschichte in einem Modul - und spielte sich auch noch gut! Kurz darauf betraten die Franzosen mit Asterix bei den Olympischen Spielen die Aschenbahn; ebenfalls ein sehr unterhaltsames Produkt, obwohl die Entwickler mysteriöserweise auf einen Mehrspielermodus verzichtet haben. Das ist Konami nicht passiert, ganz im Gegenteil - einen Multiplayermodus wie in New International Track & Field (NITF) haben DS-Spieler noch nicht gesehen!

Nun mag man denken »Was kann an einem Multiplayermodus bei einem Sportspiel wohl besonderes sein, hm? Da rennt man halt gegeneinander und fertig ist der Lack!« - stimmt ja auch. Aber hier kann man's online. Zu viert. Völlig lagfrei. Immer noch nicht spektakulär? Wie wäre es damit: Sobald ihr euer Modul am Nintendo WiFi-Service anmeldet, erhaltet ihr einen 16stelligen Code. Mit dem registriert ihr euch auf der offiziellen NITF-Seite, woraufhin euch die ganze Welt der Community-Freuden offen steht: Ihr könnt eure Rekorde und Preise online einsehen, Freundeslisten anlegen (und jederzeit sehen, wer gerade online spielt), Teams bilden, euch zu Turnieren verabreden oder Weltranglisten einsehen, außerdem bekommt ihr aktuelle News live auf dem DS eingeblendet - boah! Okay, für Xbox Live-Nutzer ist das der älteste Hut der Welt, aber für DS-Sportler ist das eine völlig neue, sehr beeindruckende Welt! Und natürlich könnt ihr auch online spielen; entweder gegen die ganze Welt, gegen Leute auf dem aktuellen Kontinent oder Kontakte auf eurer Freundesliste. Die Partien sind sogar nach Schwierigkeitsgrad staffelbar: Entweder messt ihr euch mit beliebigen Rivalen oder mit solchen, die in etwa eurer Spielstärke entsprechen.

Blöcke der Verzweiflung

Ausdauernde Spieler können zehn Bonusfiguren freischalten, darunter Frogger und Pentaro.
 In Sachen Multiplayer macht also kaum ein DS-Spiel NITF was vor - und wie schaut's für Solisten aus? Fast noch besser, denn der Karrieremodus hat es ebenfalls in sich: Anfangs könnt ihr lediglich den einfachsten der drei Schwierigkeitsgrade auswählen, der schon trickreich genug ist - aber dazu gleich mehr. Danach habt ihr die Wahl unter acht Figuren, die nicht nur durch die Bank wunderbar albern designt sind, sondern sich auch noch voneinander unterscheiden: der eine ist schneller, der andere hat mehr Kraft. Zehn weitere Kämpfer sind freispielbar, und die bergen das größte Freude-Potenzial: Wer wollte nicht schon immer mal mit Solid Snake Stabhochspringen? Mit Simon Belmont Gewichtheben? Mit Parodius-Penguin Pentaro Speerwerfen? Oder mit Rocket Knight Sparkster Brustschwimmen? Um das Kader voll zu kriegen, müsst ihr euch allerdings Mühe geben: Für jede geschaffte Disziplin gibt es Punkte, logischerweise mehr, wenn ihr ganz oben auf dem Treppchen steht. Das finale Resultat schaltet nicht nur weitere Sportarten, sondern diverses Bonusmaterial frei: genannte Zusatzfiguren, neue Klamotten für selbige oder auch das Original Track & Field.

Bis dahin ist's ein weiter Weg, denn Konami hat die Karriere ärgerlicherweise blockartig angeordnet - ihr müsst vier Disziplinen am Stück absolvieren, erst dann geht's weiter zum nächsten Abschnitt. Negatives Resultat: Hängt ihr an einer Sportart, dann bleibt ihr auch hängen. Ein zusätzlicher Grummelfaktor ist, dass das Spiel vorbei ist, wenn ihr drei Mal in einer Sportart versagt, unabhängig davon, wie weit ihr in dem Block schon vorangekommen seid. Haut ihr also bei der vierten daneben, seid ihr disqualifiziert und dürft die drei vorherigen beim nächsten Anlauf ebenfalls nochmal machen. Die Lösung dieses Dilemmas nennt sich »Single Event«, in dem ihr alle bereits freigeschalteten Disziplinen üben dürft, bis ihr schwarz werdet oder der Touchscreen Risse zeigt.     

Sportliches Schaben

Wie schrieb ich beim unglücksseligen Pokémon Dash ? »Eigentlich [ist es] nur eine Frage der Zeit, bis man dem Touchscreen Kratzer oder Risse verpasst, wenn man ständig auf den Bildschirm einschabt« - diese Gefahr droht bei NITF mehr als je zuvor! Denn ausnahmslos jede der 24 Disziplinen, sei es 100m Lauf, Hochsprung, Bogenschießen, Brustschwimmen oder Weitsprung, hat irgendwas mit schnellem Rubbeln des Stylus' zu tun. Was früher im Stakkato auf Tasten eingehauen werden musste, wird jetzt dem armen Touchpad angetan - wärmt euch vor dem Spielen lieber auf, um Muskelkater zu vermeiden!

Alle Disziplinen setzen ungeheure Stylus-Rubbelfähigkeiten voraus: Was dem Original sein Buttonmashing, ist dem Neuling sein Touchpad-Geschabe...
Die meisten Disziplinen steuern sich sehr ähnlich, Mario & Sonic bot in dieser Hinsicht deutlich mehr Abwechslung. Nichtsdestotrotz warten einige Stolpersteine in Form von unnötig fummeligen Sportarten: Diskuswerfen, Bockspringen oder Hammerwerfen sind anfangs entweder verwirrend oder unberechenbar oder schlimmstenfalls beides - da hilft nur üben, üben und vielleicht ein bisschen üben. Was nicht hilft ist, dass der Schwierigkeitsgrad gesalzen ist: Die einfachste Stufe geht noch, aber schon der Sprung zum mittleren Niveau ist sehr deutlich spürbar. War Mario & Sonic zum Teil viel zu einfach, so herrscht hier das Gegenteil vor - gerade die Weltrekorde scheinen hin und wieder völlig weltfremd zu sein.

Neben der Karriere und den Einzeldisziplinen erwarten Solisten auch noch die »Herausforderungen«: Das sind Minispielchen, die nicht viel mit der Olympiade zu tun haben, und in denen es weitere Boni freizuspielen gibt. Da müsst ihr z.B. mit Sparksters Raketenrucksack möglichst präzise von Plattform zu Plattform fliegen oder mit Frogster gegen den Strom schwimmen, Baumstämmen aus dem Weg tauchen und Libellen schnurpsen - wenig aufregend, aber flott spielbar. Gehört ihr vorzugsweise der Multiplayerfraktion an, habt aber keine Lust, online auf Mitspielersuche zu gehen, bietet euch Entwickler Sumo Digital zwei Möglichkeiten, lokal den Olympioniken zu mimen. Ihr dürft vier Mann hoch gegeneinander antreten, wobei in der einfachsten Variante nur ein Modul gebraucht wird. Allerdings wird in diesem Fall der Wettbewerb auch auf das Nötigste beschränkt: Vier Disziplinen werden einfach hintereinander abgespielt, mehr nicht - außerdem dauert die DS-Übertragung ziemlich lang. Hat jeder Teilnehmer ein eigenes Modul, stehen euch alle Disziplinen zur Verfügung, ihr könnt sogar kleine Turniere austragen. In jedem Falle gibt es für alle ausgetragenen Partien wieder Freischaltpunkte, außerdem haben die Entwickler eine Art Mini-Achievement-System eingeführt - so gibt es z.B. spezielle Pokale, wenn ihr eine Meisterschaft vollendet oder beim Hürdenlauf kein Hindernis umstoßt.

Lauf, Ashley - Laaaaaaaaaaauf!

Technisch ist NITF in erster Linie eine gute Mischung aus Alt und Neu: Grundsätzlich ist das Gezeigte wenig spektakulär; die putzig designten Wasserkopf-Figuren stapfen comichaft animiert durch solide inszenierte Arenen, alles ist schön bunt und flüssig. Interessant wird's erst dadurch, dass die Hintergründe ähnlich wie beim Original aus Pixelbildern bestehen: Publikum, Schiedsrichter, sogar die Bandenwerbung (die u.a. für Contra und Silent Hill wirbt) sind im Retro-Stil gehalten - für 8 Bit-Freunde ein gefundenes Fressen. Auch die akustische Seite umschwärmt beide Lager: Im Hauptmenü dröhnt ein schmissiger Remix von Vangelis' »Chariots of Fire« (das auch beim Track & Field-Original herumtütete), begleitet von Oldschool-Soundeffekten im Spiel. Übrigens könnt ihr auch selbst für einen Teil der Akustik sorgen: Wenn ihr zum richtigen Zeitpunkt ins Mikro grölt, verleiht ihr eurem Athleten einen Geschwindigkeitsschub - kommt vielleicht in der U-Bahn nicht tierisch gut an, aber angesichts der nahenden Olympischen Spiele mit Sicherheit besser als der neueste Bushido-Hit aus einem plärrenden Handy.

  

Fazit

Den Entwicklern von New International Track & Field gebührt in mehrfacher Hinsicht Lob, aber mein größtes Kompliment gibt's für den makellosen Online-Modus: Xbox Live-Komfort hätte ich auf dem DS nie erwartet, die Community-Verzahnung ist ebenso bemerkenswert wie beispielhaft! Das eigentliche Spiel muss leider ohne vergleichbare Superlative auskommen, denn obwohl die Auswahl der Disziplinen ordentlich ist, dämpfen einige konfuse Steuerungs-Varianten den Spaß ebenso wie der sprunghaft ansteigende Schwierigkeitsgrad. Wem Mario & Sonic zu einfach war, der findet hier bestimmt eine angemessene Herausforderung, aber der hohe Anspruch passt nicht so recht zum putzigen Comic-Look. Das Gesamtpaket ist allerdings dennoch überzeugender als die Klempner&Igel-Konkurrenz - und das nicht nur wegen der Stabhochsprungpinguine.

Pro

putzige Präsentation
flotte Grafik
einfache Steuerung
innovativer Online-Modus
viele Disziplinen
motivierendes Bonus-System

Kontra

wenig Steuerungsvielfalt
teilweise sehr fummelig zu bedienen
einige frustrierende Disziplinen
sprunghaft ansteigender Schwierigkeitsgrad

Wertung

NDS

Unterhaltsames Sportpaket für fortgeschrittene Stylus-Schrubber - mit innovativem Online-Modus!

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