Total War: Shogun 206.05.2011, Benjamin Schmädig
Total War: Shogun 2

Special: Zwischen MTV und VIVA

Planet der Affen hat einen hervorragenden Soundtrack: Mit einer experimentell niedrigen Anzahl an Klängen erschuf Jerry Goldsmith einzigartige, unbequeme Kulissen. Klasse Musik! Die sich allerdings nur eingefleischte Musikfreunde losgelöst vom Film antun können. Und in genau diese Kerbe schlägt auch Jeff van Dycks Untermalung des Strategie-Schwergewichts Shogun II. Das alleine ist allerdings kein Qualitätsmerkmal...

Der Klassiker

Wer Total War kennt, kennt die Musik von Jeff van Dyck: Seit Shogun: Total War vor zehn Jahren den Grundstein für die Erfolgsserie legte, ist der Australier ihr Haus- und Hofkomponist. Nur für Napoleon und Empire nahm sich der Audio Director von Creative Assembly eine Auszeit, Shogun II markiert also die Wiederkehr von etwas Vertrautem.

Die Rückkehr tut dem Soundtrack gut, denn die zwei direkten Vorgänger beschworen Hollywood-Pathos, anstatt das durchdachte Schalten und Walten zurückhaltend zu begleiten. Für Shogun II greift van Dyck also auf die bewährte Formel zurück: Schlachtengemälde zeichnet er mit donnerndem Schlagwerk, die strategische Entwicklung auf der Weltkarte mit Zen-leisen Melodien. Verschiedenen Jahreszeiten zugeordnete Themen wie "Autum Leaves" oder "Snowflakes" werden zum größten Teil sogar von Solisten gespielt: Klassische japanische Instrumente wie die Shakuhachi-Flöte stehen im Vordergrund. Überhaupt wird die Musik über weite Strecken von ruhigen Schwingungen getragen. Auch der geheimnisvolle Männerchor in "Hichiriki" brummt gemächlich, das

späte "Aggression" deutet nur vorsichtig Gefahr an.

Markante Akzente

Der Komponist tut gut daran, sich zurückzuhalten. Denn während sich die Köpfe der Feldherren auf Städtebau, Politik und Truppenbewegungen konzentrieren, würden auffällige Akzente nur stören. So wie van Dyck es macht, nimmt man die unauffällige Begleitung aber als stimmungsvolle Kulisse wahr. Im Gegenzug heißt das allerdings: Widmet man dem Soundtrack die volle Aufmerksamkeit, fühlt man eine musikalische Leere.

Es liegt nicht nur an der ruhigen Gleichförmigkeit; Schuld ist auch der Künstler selbst. Denn so stimmungsvoll er das fernöstliche Mittelalter dem westlichen Spieler nahelegt, so sehr gleichen seine Melodien denen aus Medieval II. Shamisen und Gitarre sind zwar unterschiedliche Instrumente, zupfen aber ähnliche Noten. Nicht zuletzt ähneln sich viele Shogun II-Stücke sehr, weil van Dyck auf einen einheitlichen Klang setzt. Die Musik wirkt wie aus einem Guss; auf markante Akzente verzichtet sie damit leider.

Trommeln des Krieges

Am einprägsamten sind die Kriegstrommeln, mit denen van Dyck zum der Kampf bläst. Er engagierte die australischen Percussion-Spezialisten Taikoz , um die taktischen Gefechte kraftvoll zu untermalen. Fünf Musiker spielten abwechselnd auf mehr als zwei Dutzend Trommeln und im Tonstudio trafen die Spuren zu starken Showdowns aufeinander. "Good Death" ist einer dieser Höhepunkte, "Battle of Shinobue" ein anderer. Nicht nur bei Letzterem fällt allerdings auf, dass van Dyck nicht alles aus dem mächtigen Schlagwerk herausholt. Insgesamt rumpeln die Trommeln zu eintönig und immer wieder muss er auf die Streicher eines Orchesters zurückgreifen, um das ganz große Drama zu inszenieren.

Es passt schon, dass der Soundtrack mit dem schönen, aber gewöhnlichen "Bird of Time" abschließt: Das von Jeff van Dycks Frau gesungene Lied deutet die fernöstliche Mystik an, hätte aber problemlos zwischen MTV und VIVA Platz. Der Komponist nutzt traditionelle japanische Instrumente, arrangiert sie aber ähnlich wie für Medieval II. Insgesamt fehlt seiner Musik die Finesse, die einen ganz großen Soundtrack auszeichnet. Und ein wenig leidet sie auch darunter, dass sie hervorragend zum Spiel passt, als alleinstehendes Album aber verloren wirkt. Das Strategiespiel verzichtet zu Recht auf markante Melodien - die dem losgelösten Soundtrack natürlich fehlen. Man hört sehr stimmungsvolle, ausgesprochen gute Musik. Zum ganz großen Erlebnis fehlt ihr aber das Besondere.

Einschätzung: gut

 
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