ANNO 207013.04.2011, Marcel Kleffmann
ANNO 2070

Special:

Nach der ersten Präsentation von ANNO 2070 (ab 4,75€ bei GP_logo_black_rgb kaufen) und der immer noch im Hinterkopf verbliebenen Skepsis, ob das ANNO-Konzept in einem Zukunftsszenario aufgehen kann, konnten wir uns mit Christopher Schmitz, Executive Producer bzw. Head of Production bei Ubisoft, über das neue Spiel und den mutigen Zeitsprung unterhalten.

4Players: Warum habt Ihr Euch ausgerechnet für die Zukunft entschieden? Gemäß der bisherigen ANNO-Jahreszahlkonventionen hättet Ihr entweder das Jahr 1305 oder 1800 nehmen müssen, wobei ich Renaissance und Industrialisierung für wahrscheinlicher gehalten hatte...

Interview mit Christopher Schmitz: Executive Producer bzw. Head of Production bei Ubisoft

Christopher Schmitz: Also wir haben direkt nach der Veröffentlichung von ANNO 1404 über mögliche andere Richtungen der Reihe nachgedacht, gerade weil dies der fünfte Teil ist und auch Ubisoft als Publisher eine neue, mutige Idee umsetzen wollte. Also haben wir uns hingesetzt und alles nur Denkbare ausprobiert, angesprochen bzw. umgesetzt: ANNO Steinzeit, ANNO "Star Trek", ANNO Industrialisierung und halt auch ANNO "Nahe Zukunft". Dabei fiel ANNO Steinzeit ziemlich schnell raus, weil mit Seefahrt und Handel hatten sie damals nicht so viel am Hut. Die ANNO-Version vor dem Hintergrund der Renaissance oder der Industrialisierung fanden wir generell gut und könnten wir irgendwann mal aufgreifen, aber ein großes Problem zu der Zeit war, dass die Renaissance oder Industrialisierung mit einem Hauptaspekt des Spiels bricht, nämlich der Erkundung und Besiedlung von Inseln, denn zu der Zeit war die Welt weitgehend erkundet und besiedet...

4Players: Und in der Zukunft ist dies nicht der Fall?

Christopher Schmitz: Na ja, nicht ganz, wir verwenden da einen Kniff und zwar ist der Meeresspiegel durch das Abschmelzen der Polkappen angestiegen und hat eine neue Inselwelt geschaffen. Das ist ein gar nicht so entfernt liegendes Szenario und das war uns wichtig. Es muss in "greifbarer" oder zumindest nachvollziehbarer Nähe liegen. Und es muss Inseln geben.

Apropos Inseln: Wir wollten die Inseln markanter machen und daher ist das Design der Landschaft etwas kantiger, rauer, ursprünglicher, was man u.a. an den Felsformationen sehen kann.  Im Übrigen sind die Inseln größer als bei ANNO 1404, einerseits um mehr Fläche zum Bauen zu haben und andererseits um mehr Platz für die Gestaltungsmerkmale wie Flüsse oder Berge zur Verfügung zu stellen.

Die Umwelt verändert sich je nach Fraktion und den errichteten Gebäuden bzw. den verwendeten Technologien.

Oben: Eco-Fraktion. Unten: Tycoon-Fraktion.

4Players: In der Präsentation hattet Ihr die Arche als eine Art Ausgangspunkt des Spielers erwähnt. Was genau hat es damit auf sich?

Christopher Schmitz: Auf der einen Seite ist die Arche der Ausgangshafen und der Bezugspunkt des Spielers - so ähnlich wie Lord Richard Northburgh in ANNO 1404. Auf der anderen Seite ist sie eine Art Avatar des Spielers auf der Karte, etwas das wirklich immer präsent ist. Aus der Arche fährt beispielsweise zu Spielbeginn das Schiff hinaus, mit dem Ihr die erste Siedlung auf einer der Inseln gründet. Die Arche ist ein Objekt auf der Karte das beispielsweise auch verlegt werden kann. Sie taucht dann ab und kann an einer anderen Stelle des Meeres wieder auftauchen.

4Players: Du hast gerade erwähnt, dass der Heimathafen eine Art Avatar für den Spieler darstellt. Das heißt, man kann seinen Avatar für mehr benutzen oder gar ausbauen?

Christopher Schmitz: Ja, so in etwa. Mit zunehmender Spielzeit und dem Fortschritt u.a. Kampagne stehen mehr und mehr Möglichkeiten zur Verfügung, mit denen die Spieler ihre Arche optisch und funktional verbessern und verändern können. Außerdem wird es damit möglich sein, den sich bei ANNO immer wiederholenden Spielstart zu verkürzen. Das hatten ohnehin viele Spieler in der Umfrage oder bei den Playtests angemerkt: Die Anfangsphase, also die erste Viertel Stunde, ist immer gleich und kann öde werden. Das eigentliche Spiel beginnt erst danach.__NEWCOL__

4Players: Und inwiefern soll die Arche dafür Sorge tragen, dass die Anno-Partien am Anfang beschleunigt werden?

Christopher Schmitz: In das Lager der Arche können Materialen eingelagert werden, die man von Mission zu Mission mitnehmen kann. Ihr könnt dort beispielsweise 50 Tonnen Holz einlagern und nehmt diese Ladung einfach mit in die nächste Mission - ja, in der Zukunft ist Holz weiterhin ein gefragter Rohstoff.

Dieses System wird auch in der Kampagne Verwendung finden, nachdem wir in ANNO 1404 damit unzufrieden waren (und nicht nur wir), dass man weder errichtete Siedlungen noch etwas Fortschritt mit in die nächste Mission nehmen konnte. Wir konnten ausschließlich im Vorfeld etwas auf den Karten platzieren und das war vor allem in den ersten Missionen der Kampagne, auf den gleichen Inseln, ungünstig. 

Trotz der futuristischen Kulisse ist und bleibt der Hafen das zentrale Element in der ANNO-Welt voller Inseln.
Der Einstieg sollte schneller von Statten gehen können und mit der Arche soll man diese Anfangsphase - nach der Fraktionswahl - etwas beschleunigen können.

Außerdem wird die Arche sich optisch verändern können, wenn man es denn möchte. So kann der Spieler sich bei den Fraktionen verdient machen und z.B. seine Arche der ökologisch ausgerichteten Fraktion entsprechend in Weiß erstrahlen lassen!

4Players: In der Präsentation hattet Ihr erwähnt, dass auf manchen Fassaden der Gebäude große Videoleinwände zu finden sind und diese die Bevölkerung beeinflussen könnten. Was hat es damit auf sich?

Christopher Schmitz: Massenmedien sind ein neues Spielelement und sie sind direkt an den Gebäuden präsent. Ja, mit den Massenmedien kann die Bevölkerung zu einem bestimmten Teil beeinflusst werden. Hier ein Beispiel zur Veranschaulichung: Ist eure Beliebtheit bei den Einwohnern im Keller, könnt ihr mit medialen Tricks die Stimmung verbessern...

4Players: Wird man Kernkraftwerke in ANNO 2070 nach den schrecklichen Ereignissen in Japan bauen können?

Christopher Schmitz: Ja, auch wenn uns die Katastrophe sehr betroffen gemacht hat, gehört diese Form der Energieerzeugung mit in das Szenario hinein und ebenfalls ihre möglichen Auswirkungen und Gefahren!

4Players: Ihr sagtet bei der Präsentation, dass Ihr mehrere Zukunftsforscher befragt hättet. Inwiefern haben diese Anstöße das Spiel letztendlich beeinflusst?

Helle Farben prägen das Bild einer Eco-Stadt und überall zwischen den Gebäuden sind Bäume zu sehen. Die Straßen auf dem Bild sind laut den Entwicklern übrigens noch Platzhalter.
Christopher Schmitz: Also wir haben reichlich aus dieser Quelle geschöpft und mit den Forschern über unsere Ideen/Visionen gesprochen. Neben dem Ozon-Zeppelin, der über die Karte fliegt und die Ozonschicht erneuert und dadurch die Effekte des Treibhauseffektes bekämpft, basieren einige Entwicklungen und insbesondere die Fraktionen im Spiel auf diesen Ausblicken der Zukunftsforscher. Einige von ihnen gehen fest davon aus, dass Nationalstaaten keine große Relevanz mehr haben werden, sondern vielmehr international agierende Großkonzerne die Machtrolle innehaben - wie auch in 1984. Okay, wir haben keine Konzerne im Spiel - ebenso wenig wie echte Nationen. Bei uns sind es vielmehr verallgemeinerte Einstellungen und Stile, die Ihr dennoch wiedererkennen werdet.

Und noch eine Anekdote: Die Zukunftsforscher waren sich einig, dass es niemals fliegende Autos als Transportfahrzeuge für Einzelpersonen geben wird und trotzdem glaubt ein Großteil der Menschen, dass irgendwann tatsächlich solche Vehikel vorhanden sein werden. Für die Mehrheit der Menschen ist eine Zukunftsvision ohne fliegende Autos also undenkbar - und in vielen Sci-Fi-Filmen (wie das Fünfte Element) sind sie ebenso als Identifikationsmerkmal vorhanden. Deswegen dürfen sie in unserer Spielwelt auch nicht fehlen und es wird sogar fliegende Feuerwehrautos geben. Zugleich füllen diese kleinen Autos die Siedlungen mit Leben, schließlich sind wegen der höheren Häuser, die wuselnden Fußgänger nicht immer sichtbar.

4Players: In ANNO 1404 war der Marktplatz das lebendige Zentrum einer Stadt. Wird es so etwas auch in der Zukunft geben?

Christopher Schmitz: Da wir in Anno weiterhin auf das bewährte Spielprinzip von Einflussradien setzen, wird es auch weiterhin ein zentrales Gebäude geben, welches eben jene für eure Wohnhäuser spendet. Natürlich haben wir es hier nicht mehr mit einem Marktplatz zu tun. In ANNO 2070 werden die Fraktionen jeweils ihr eigenes Stadtzentrum besitzen, was sich in Stil/Größe unterscheidet und natürlich mit steigender Zivilisationsstufe sein Aussehen verändert. Ein weiterer wichtiger Grund für ein markantes Zentrum war für uns das Feedback der Bewohner. In den Häuserschluchten lässt sich wie bereits gesagt nicht so gut erkennen, was die Bewohner treiben. Mit dedizierten Feedback Plätzen wie dem Stadtzentrum hauchen wir der Stadt noch mehr Leben ein.

4Players: Herzlichen Dank für das Interview!

 
0
Kommentare

Du musst mit einem 4Players-Account angemeldet sein, um an der Diskussion teilzunehmen.

Es gibt noch keine Beiträge. Erstelle den ersten Beitrag und hole Dir einen 4Players Erfolg.