Hoagie landet in der Vergangenheit, wo er u.a. auf eine der wichtigsten historischen Figuren der USA trifft. Explodierende Zigarren und Klapperzähne spielen eine wichtige Rolle.
Es waren nicht nur die Puzzles, die DotT seinen Platz in der Geschichtssschreibung sicherten - es war auch die bewundernswert bescheuerte Story.
Tim Schafer, Dave Grossmann und Ron Gilbert, das LucasArts-Dreamteam, waren hier auf dem Höhepunkt ihres kreativen Schaffens, was schon
mit dem grandiosen Intro beginnt: Purpur Tentakel, eine der Nebenfiguren des Vorgängers, trinkt vom radioaktiven Schleim, der aus Dr. Fred Edisons Haus heraus gepumpt wird. Das Resultat: Ihm wachsen zwei Stummelärmchen! Was macht man, wenn einem zwei auf radioaktivem Schleim basierende Stummelärmchen wachsen? Natürlich DIE WELT EROBERN! Bernard, Hoagie und Laverne verbünden sich mit Dr. Fred, der den genialen Plan hat, die drei einfach per Zeitlokus einen Tag in die Vergangenheit zu schicken, um die Schleimmaschine abzuschalten und das Ganze damit ungeschehen zu machen. Ärgerlicherweise hat er einen billigen Diamanten als Zeitantrieb im System, wodurch natürlich alles schief geht: Hoagie landet 200 Jahre in der Vergangenheit, Bernard plumpst zurück in die Gegenwart und Laverne wird 200 Jahre in die Zukunft geschleudert - wo die Armeen Purpur Tentakels die Weltherrschaft an sich gerissen haben.
Was tun, was tun?
Bernard verbleibt in der Gegenwart, wo der es mit den aus Maniac Mansion bekannten Edisons zu tun bekommt.
Im Falle von Hoagie: Erstmal die Elektrizität erfinden. Der Bursche wurde 200 Jahre in die Vergangenheit geschleudert, zur Zeit der Ausarbeitung der amerikanischen Unabhängigkeitserklärung. Klar, dass er auch auf einen Haufen historischer Gestalten trifft: George Washington, Thomas Jefferson, Ben Franklin und Betsy Ross zählen zum Kreis der geschichtlich verbürgten Personen, mit denen er interagieren muss. Laverne hingegen darf sich mit einer Welt voller Tentakelherrscher herumschlagen, die sich Menschen als putzige Haustiere halten. Bernard verbleibt im gegenwärtigen Haus der Edisons, wo er u.a. eine folgenschwere Begegnung mit Ed Edison hat - der sich vom cholerischen Militärfreak zum friedvollen Briefmarkensammler gewandelt hat. In seinem Raum steht übrigens ein Computer, an dem man den Vorgänger Maniac Mansion in seiner Komplettheit spielen kann! Oder fast in seiner Komplettheit, denn die erste Fassung von DotT beinhaltete einen Fehler, mit dem eine bestimmte Figurenkombination verbuggt war und somit nicht bis zum Ende durchgespielt werden konnte - ein Problem, das sich mit der Nutzung von ScummVM dankbarerweise erledigt.
Für das muss man den Entwicklern ohnehin auf Knien danken, denn gerade dank
ScummVM spielt sich DotT heute besser denn je - und sieht immer noch hinreißend gut aus! Der herrlich bekloppte, verdrehte Comicstil ist bis heute einzigartig, das Design der Figuren ist liebenswert bis in den letzten Pixel, jeder einzelne Raum ein kleines Kunstwerk für sich. Day of the Tentacle ist keine Sekunde gealtert - weder spielerisch noch grafisch! Und selbst akustisch ist es, vom Rauschen mal abgesehen, immer noch mindestens Oberklasse: Die Sprecher sind super besetzt, selbst die deutsche Fassung ist mit Ausnahme des einschläfernden Grün Tentakel meisterhaft vertont. In der normalen, auf sieben 3,5"-Disketten verteilten Version, wird nur das Intro bis zur Ankunft im Haus der Edisons gesprochen. Zusätzlich war auch eine Talkie-Version auf CD erhältlich, die durchgehende Sprachausgabe bot.
Und Laverne landet in der Zukunft - hier haben die Tentakel die Weltherrschaft übernommen!
Für mich ist Day of the Tentacle bis heute das ultimative Abenteuer, die perfekte Definition des Begriffs »Adventure«. Es hat einfach alles: Eine brillante Präsentation, die bis heute nicht ein Fitzelchen ihrer Exzellenz verloren hat. Eine erstklassige Bedienung, die zum Experimentieren einlädt. Einen grandiosen Humor, der, so möchte ich sagen, danach von keinem anderen Spiel mehr erreicht wurde. Und vor allem wahnwitzig durchgeknallte Puzzles, die einem aber nie das Gefühl geben, dass man zu doof für das Spiel sei - sondern ganz im Gegenteil logisches Um-drei-Ecken-Denken fördern, was schlussendlich ein herrlich befriedigendes Grinsen im Gesicht des Spielers hervorzaubert, wenn man es gepackt hat. Und das war für mich auch immer der Grund, warum LucasArts gegenüber Sierra die Adventure-Nase deutlich vorne hatte: Zwar gab es im anderen Lager Larry und Roger Wilco, aber deren Abenteuer sahen nicht nur irgendwie fusselig aus und waren deutlich weniger witzig, sondern vor allem meist haarsträubend unlogisch. Außerdem ging man dauernd drauf. Und wer will das schon?
Aber der beste Beweis ist für mich immer noch folgender: Ich wollte eigentlich nur ein paar
Screenshots für den Oldie des Monats machen. Das Resultat war, dass ich DotT einfach so mal wieder durchgespielt habe. Und dabei mehr Spaß hatte als mit einem Großteil der ach so modernen Software, die ich dieses Jahr getestet habe.
Paul Kautz