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4Players: Was war für dich die größte Herausforderung beim Gothic 3-Soundtrack?

KaiRo: Der Orchesterteil. Das war völliges Neuland für mich und ich wusste absolut nicht, was auf mich zukommt. Bis zur ersten Live-Einspielung war ich mir gar nicht sicher, ob die Tracks mit einem echten Orchester überhaupt funktionieren und so klingen würden, wie man es sich vorgestellt hat. Wenn man einen Soundtrack am Computer erstellt, schiebt man einfach

Eine Seite aus der Partitur des Gothic 3-Titelthemas.

ein paar Regler, wenn z.B. die Lautstärke einer Passage oder Instrumentengruppe nicht stimmt. Dagegen ist die Arbeit mit einem Live-Orchester um einiges komplexer und aufwändiger.

4Players: Welche CDs würde man bei einem Blick in dein HiFi-Regal finden? Hast du irgendwelche musikalischen Vorbilder?

KaiRo: Wie gesagt höre ich hauptsächlich Soundtracks. Aber es finden sich auch ein paar rockige Sachen und Musik aus anderen Kategorien in meiner Sammlung.

4Players: Was macht für dich persönlich einen guten Soundtrack aus?

KaiRo: Ein guter Soundtrack muss für mich Empfindungen auslösen, wenn man ihn hört. Nehmen wir mal das Beispiel Film, in dem eine Szene mit einer bestimmten Musik unterlegt ist. Hört man diesen Soundtrack unabhängig vom Film, sollte er in der Lage sein, die gleichen Gefühle auszulösen, die man beim Betrachten des Films hatte – auch ohne das Bild und die Umgebung. Meiner Meinung nach kann ein gut gemachter Soundtrack jegliche Art von Gefühlen rekonstruieren.

4Players: Die Soundtracks moderner Videospiele gleichen heutzutage immer mehr orchestraler Filmmusik und mittlerweile vertonen auch Filmkomponisten wie Harry Gregson-Williams oder Lalo Schifrin Computer- und Videospiele. Glaubst du, dass dieser Weg richtig ist oder sollte sich die Spielemusik durch einen eigenen Stil auszeichnen und damit abgrenzen?

KaiRo: Diese Entwicklung sehe ich sowohl positiv als auch negativ. Positiv ist auf jeden Fall, dass die Qualität der Musik durch die Mitarbeit namhafter Komponisten steigt. Wurde der Audiobereich in der Vergangenheit und auch heute noch z.T. stark vernachlässigt, erkennen immer mehr Hersteller, wie wichtig ein guter Soundtrack für ein Spiel ist. Die Kehrseite besteht darin, dass Film-Komponisten wie Harry Gregson-Williams schon etabliert sind und eine große Konkurrenz für Spielemusiker darstellen. Anstatt also dem Nachwuchs eine Chance zu geben, wird lieber auf Bewährtes gesetzt. Was den Stil der Spielemusik betrifft, halte ich den eingeschlagenen Weg für richtig. Videospiele und Filme werden in Zukunft immer stärker zusammen wachsen. Warum sollte man Spiele daher nicht mit einem orchestralen Soundtrack untermalen, der auch zu einem Film passen könnte? 

4Players: Was machst du, wenn du nicht gerade an irgendwelchen Notenfolgen sitzt?

KaiRo: Ich finde hauptsächlich Ablenkung in meinem Freundeskreis. Außerdem zählen Volleyball und Ausdauertraining zu meinen Hobbys, genau wie regelmäßige Besuche im Kino. 

4Players: Welche Games landen bei dir neben Gothic im Laufwerk?

KaiRo: Ich liebe Adventures, weil sie einen nicht stressen. Man setzt sich gemütlich hin und spielt einfach drauflos. Ohne Hektik. Action hab ich auch genug beim Job.

4Players: In den nächsten Monaten kommen die Next-Generation-Konsolen auf den Markt. Wie schätzt du deren Potenzial ein und können wir auf diesen Plattformen ebenfalls mit einem Gothic-Titel rechnen?

KaiRo: Die neuen Konsolen haben viel Potenzial und zeichnen sich vor allem durch ihre Einfachheit aus. Man macht die Geräte an und kann sofort mit dem Spiel beginnen. Auf dem PC gibt es dagegen immer noch die Schwelle der komplexeren Bedienung wie z.B. das Installieren von Spielen. In Bezug auf Gothic gibt es keine prinzipielle Abneigung gegen Konsolen, allerdings ist der Titel aufgrund seiner komplexen Spielmechanik nur sehr schwierig für eine Konsole umzusetzen.

4Players: Es gibt sicher viele Musiker, die dich um deinen Job beneiden und ebenfalls gerne in der Spielebranche als Komponist tätig wären. Hast du irgendwelche Tipps, wie man den Einstieg schaffen kann und welche Voraussetzungen man erfüllen muss? 

KaiRo: Am wichtigsten ist es, das Gefühl für eine bestimmte Situation zu haben. Liest man beispielsweise eine Stelle in einem Drehbuch, muss ein Komponist in der Lage sein, die Gefühle zu erfassen und musikalisch umzusetzen – die Ideen sollten im Idealfall sozusagen aus ihm heraus sprudeln. Außerdem muss man fit im handwerklichen Umgang mit einem Musikinstrument 

Kai Rosenkranz zusammen mit den japanischen Trommelkünstlern von GOCOO.

sein – egal, um was es sich dabei handelt. In den meisten Fällen arbeitet man in dieser Branche allerdings mit einem MIDI-Keyboard.

4Players: Wo siehst du dich in zehn Jahren? Wirst du immer noch Soundtracks für Videospiele basteln oder hast du Pläne, neben Hans Zimmer & Co die Filmbranche aufzumischen?

KaiRo: Ich hätte sehr großes Interesse daran, auch mal den Soundtrack für einen Film zu schreiben, weil man sich dabei musikalisch viel größer entfalten kann. Bei einem Computerspiel weiß man nie, was der Spieler gerade machen will. Er hat die Freiheit, die Situation selbst zu gestalten. Wenn er kämpfen will, kämpft er, wenn er sich ausruhen will, ruht er sich aus. Vor allem plötzliche Wechsel sind musikalisch nur schwer abzubilden. Was bringt es, wenn die Musik versucht, einen Spannungsbogen aufzubauen, sich der Spieler aber dazu entscheidet, einer Konfrontation aus dem Weg zu gehen? Zwar versucht das interaktive Musiksystem, die Situation möglichst gut einzufangen, doch wird man dabei nicht so erfolgreich sein wie bei einem Film. Denn dort kann man sich nach dem Skript richten und eine entsprechende Dramaturgie in der Musik entwickeln. Trotzdem fühle ich mich in der Computermusik zu Hause und habe sehr viel Spaß in meinem Job.

4Players: Wir bedanken uns für das Interview und werden in Zukunft sicher noch von dir hören!