Ganz schön dreist
"Die Brüder sind Geschichte!"
Was Zynga heute ist, war im Jahr 1987 der deutsche Publisher und Entwickler Rainbow Arts. Zumindest, wenn man Nintendo fragt. Denn man kann es drehen und wenden wie man will: The Great Giana Sisters ist schon eine ziemlich dreiste Kopie der Mario-Brüder, auch wenn man die beiden Klempner-Brüder durch die Zwillinge Giana und Maria (!!!) ersetzt und einige Level leicht umgebaut hat. Dass man neben Büschen und Feuerrohren ausgerechnet auch noch Pilze in die Landschaft pflanzen musste, spricht ebenfalls Bände.
Als ich mit den beiden Schwestern zum ersten Mal auf meinem C-128 losgezogen bin, war ich mir dessen gar nicht bewusst. Mit Konsolen hatte ich damals nichts am Hut - weder die Geräte noch die Spiele haben mich interessiert. Mein Kommentar, als ich Mario zum ersten Mal auf einem NES in Aktion sah, war dann auch sinngemäß „Häh? Das ist ja genauso wie Giana Sisters“.
Der Klassiker schlechthin
Ja, denn Giana stand ihrem „Onkel Mario“ in fast nichts nach, denn nicht nur grafisch waren sich die Titel sehr ähnlich, sondern auch die Spielmechanik und Teile des Gegnerdesigns wurden nahezu 1:1 übernommen. Da sind die Blöcke, die sich entweder zerstören lassen oder Diamanten statt Münzen offenbaren, wenn Giana mit ihrem Kopf gegen sie springt. Und manchmal verstecken sich im Inneren sogar die ganz besonderen Extras, die das kleine blonde Mädchen in ein Power-Girl mit Punk-Frisur verwandeln und ihm die Fähigkeit verleihen, Gegner nicht nur durch einen beherzten Sprung von oben, sondern auch gezielte Schüsse auszuschalten. Doch wehe, die junge Dame wurde zuerst erwischt, stürzte in einen der zahlreichen Abgründe oder schaffte es nicht mehr vor Ablauf des Zeitlimits zum Ausgang: Dann war nicht nur eines der wenigen Leben futsch, sondern man war auch alle Extras wieder los, was vor allem in den höheren Stufen das Überleben noch schwieriger gestaltete.
Und wieder ein Diamant mehr auf dem Konto.
Zwar ging das Hüpfabenteuer gemütlich los, doch zog der Schwierigkeitsgrad dann spürbar an, denn manche neuen Gegner ließen sich selbst mit Schüssen nicht mehr ausschalten und pixelgenaue Absprünge wurden für das Weiterkommen nötig. Und dann waren da noch diese verflixten Drachen oder Spinnen, die am Ende mancher Stufen warteten und quasi das Pendant zu den Begegnungen mit Bowser darstellten. Dazwischen bot der Titel das, was u.a. auch Super Mario und das kürzlich veröffentlichte Giana Sisters: Twisted Dreams auszeichnen: Jump’n’Run in Reinkultur! Die tödlichen Sprung-Attacken auf die Köpfe der Gegner, versteckte Bonusabschnitte und Blöcke zum Überspringen von Levels, fordernde Geschicklichkeitspassagen sowie fiese Fallen - in Giana Sisters findet man auch heute noch alles, was einen guten 2D-Plattformer ausmacht. Es ist simpel und doch fesselnd, schwer und trotzdem motivierend. Schön auch, dass zwei Spieler hintereinander zocken durften und Gianas Schwester Maria eine Daseinsberechtigung bekam.