Games Convention 200622.08.2006, Jens Bischoff
Games Convention 2006

Special:

Am 23. August ist es wieder so weit: Die Games Convention in Leipzig öffnet ihre Pforten und präsentiert auf insgesamt 90.000 Quadratmetern so ziemliches alles, was in der Computer- und Videospielbranche Rang und Namen hat. Doch wie fing eigentlich alles an? Wie schlägt sich die GC im Vergleich zur E3 oder Tokyo Game Show ? Was wird abseits der Messe geboten? Unser Special über die Messe und das schon Kult gewordene Eröffnungskonzert gibt Aufschluss.

Fünfter Geburtstag

Bereits zum fünften Mal lädt Leipzig in diesem Jahr zum mittlerweile wohl größten und wichtigsten Computer- und Videospiele-Event Europas.

Die Leipziger Messe: Hier wird vom 23. - 27. August zum fünften Mal die Games Convention ausgetragen.
Dabei waren bei der Messepremiere 2002 noch viele skeptisch, ob die Games Convention überhaupt eine Zukunft habe. Schließlich schwächelte die bis dahin größte europäische Fachmesse, die britische ECTS , schon seit Jahren: Große Publisher zogen es immer öfter vor, eigene Events abzuhalten oder sich auf ihre Auftritte auf der E3 in Los Angeles zu beschränken.

Doch während die mittlerweile abgesetzte ECTS weiterhin an Unterstützung und Bedeutung verlor, legte die Games Convention nach ihrem erfolgreichen Debüt von Jahr zu Jahr zu. Die Besucherzahlen stiegen von anfangs 80.000 auf 134.000 im letzten Jahr. Dieses Jahr erwartet die Messeleitung sogar über 150.000 Messegäste. Zum Vergleich: Die E3 besuchten in diesem Jahr gut 60.000 und die letzte Tokyo Game Show über 176.000 Gäste, wobei die E3 als reine Fachpublikumsmesse von den Besucherzahlen natürlich nicht mit Publikumsmessen wie der GC oder TGS konkurrieren kann.

Wird die E3 überholt?

Dafür konnte die E3 bisher immer mit den heißesten Neuvorstellungen

Besucher         GC               E3               TGS     

2002              80.000          60.000          134.000

2003              92.000          62.000          150.000

2004            105.000          65.000          160.000

2005            134.000          70.000          176.000

2006            150.000*        60.000          160.000*

*: Prognosen der Messeleitungund höchsten Ausstellerzahlen protzen - im letzten Jahr waren es 400 Aussteller aus aller Welt. Doch damit ist mit der fürs nächste Jahr angekündigten Schrumpfung wohl Schluss. Auch die TGS war mit zuletzt 131 Ausstellern eher ein überschaubares und vorwiegend von japanischen Publishern geprägtes Pflaster. Auf der letzten Games Convention waren es immerhin 280. Mit 367 bestätigten Ausstellern kommt die GC der E3 in diesem Jahr im Gegensatz zu den gerade einmal 143 registrierten Ausstellern der TGS aber bereits verdammt nahe.  Und auch das Interesse der Medien nimmt immer weiter zu.

Könnte die GC die E3 schon bald als weltweit größte und wichtigste

Aussteller          GC                E3               TGS  

2002                   166               450                85

2003                   207               400               111

2004                   258               400               117

2005                   280               400               131

2006                   367*             400               143*

*: Bisher registrierte AusstellerComputer- und Videospielemesse beerben? Die Zeichen stehen nicht schlecht, aber es gibt dieses Jahr auch Dämpfer für das Publikum: Weder Titel für den Wii noch für die PlayStation 3  werden für Besucher spielbar sein. Das ist eine große Enttäuschung für alle, die noch vor dem Start der beiden Konsolen erste Spielerfahrung sammeln wollten. Leipzig scheint für zwei große Publisher nicht der ideale Ort für die erste große Präsentation zu sein: Nintendo setzt lieber auf eine eigene Deutschlandtour, Sony lädt erst auf der Tokyo Game Show am 22. September zum spielbaren PS3-Buffet.

Leipzig vs. Tokio

Trotzdem wird sich Nintendo in Leipzig präsentieren, während die Tokyo Game Show wohl einmal mehr ohne Big N stattfinden wird. Zwar ließ der letztjährige TGS-Auftritt von Präsident Satoru Iwata noch auf eine schrittweise Rückkehr Nintendos auf das traditionell gemiedene TGS-Parkett hoffen,

Das Nippon Convention Center: Veranstaltungsort für die bereits seit 1996 statt findende Tokyo Games Show.
aber in diesem Jahr will Nintendo, die bis 2001 mit der Space World noch regelmäßig eine eigene Messen veranstalteten, der Tokyo Game Show wohl komplett fern bleiben. Stattdessen werden Ken Kutaragi (Sony ) und Yoichi Wada (Square Enix ) mit Live-Ansprachen ins Rampenlicht rücken, so dass Sony mangels Wettbeweb - Microsoft ist in Japan ja nach wie vor kein ernst zu nehmender Konkurrent - wohl erneut die Messe dominieren wird.

Dennoch hat auch die TGS, die in den letzten Jahren wieder deutlich an Popularität gewinnen und im Vorjahr sowohl einen neuen Besucher- als auch Ausstellerrekord verbuchen konnte, das Zeug, in die bereits heiß umkämpften Fußstapfen der E3 zu treten. Vor allem die japanischen Hard- und Softwarehersteller scheinen die Tokioter Messe nach wie vor zu bevorzugen, was Konsolenpräsentationen und Neuvorstellungen anbelangt. Das Engagement der Leipziger Messeleitung ist jedoch beachtlich: So findet im Vorfeld der GC nicht nur regelmäßig die International Games Developer Conference für Entwickler in Europa (GCDC ) statt, sondern auch das alljährlich ausverkaufte Eröffnungskonzert im Leipziger Gewandhaus , das dieses Jahr noch vom Honky Tonk Musikfestival ergänzt wird.      

AufTakt

Seit fünf Jahren pilgert die Spielewelt im August nach Leipzig, um die Vorstellung kommender Hits hautnah zu erleben. Es ist die größte Messe ihrer Art auf dem europäischen Festland und längst eine feste Größe im Kalender der hiesigen Gamer. Aber es geht nicht nur um PSP, DS, Next Gen, Crysis oder Spore - die Geschichte der Games Convention wäre unvollständig ohne die Erwähnung ihrer Eröffnungskonzerte. Der buchstäbliche Auftakt gehört seit 2003

Pilgerstätte für Liebhaber von Soundtracks: Das Gewandhaus in Leipzig.
zu den Höhepunkten des Spektakels und war vor vier Jahren einzigartig auf europäischem Boden.

Noch nie zuvor wurde die Musik aus Computer- und Videospielen außerhalb von Japan so umgeschrieben, dass die Klänge aus Apidya, Splinter Cell, Final Fantasy oder Medal of Honor einen Konzertsaal wie den des Leipziger Gewandhauses füllen konnten. Die Prager FILMharmonie hat sich seitdem zum Hausorchester der Eröffnungskonzerte entwickelt - zunächst gab sich allerdings das Czech National Symphony Orchestra die Ehre, Piepstöne in 16 Bit bzw. Rhythmen aus dem Synthesizer orchestral aufzuarbeiten. Der Schwerpunkt lag dabei zunächst auf Titeln, deren Musik im Original bereits mit einem Orchester eingespielt wurde, die Leitung liegt seit den ersten Tagen in den Händen von Andy Brick, Initiator der Konzerte ist Merregnon -Produzent Thomas Böcker.

Übersee-Import

Den Ausschlag gaben Konzerte in Japan (z.B. das von 1991 bis 1995 aufgeführte Game Music Concert oder die Final Fantasy-Aufführungen Dear Friends und More Friends ), wo sich Videospiele und deren Musik längst als fester Bestandteil des öffentlichen Lebens etabliert haben. Die Komponisten der Soundtracks genießen im fernen Osten ein ähnlich hohes Ansehen wie es hierzulande vor allem Veteranen 

Eine Aufgabe an die Experten: Zu welchem Spiel gehört diese Partitur?
wie Chris Hülsbeck zuteil wird. Nachdem Böcker anno 2000 den ersten Teil der Merregnon-Trilogie produzierte, für die bereits große Namen wie Gustaf Grefberg (The Chronicles of Riddick ) oder Yuzo Koshiro (Sonic the Hedgehog) den Soundtrack zu einer Fantasy-Geschichte schrieben, trat er drei Jahre später mit namhaften Publishern in Kontakt, um einzelne Melodien ihrer Spiele für das erste Eröffnungskonzert aufzuarbeiten.

EA, Square sowie die Messeleitung zeigten sich von der Idee begeistert, doch damit war die Arbeit nicht getan: Selbst von aktuellen Soundtracks fehlten mitunter die Originale der Notenfolgen und so mussten die Stücke erst zurück in die schriftliche Form gebracht werden, bevor sie Andy Brick dem Prager Nationalorchester auf den Leib schneidern konnte. Aber nicht nur der Dirigent, auch einige der ursprünglichen Komponisten waren stets an der Umsetzung ihrer Werke beteiligt; u.a. zeichnet Chris Hülsbeck für das 2003 aufgeführte Apidya verantwortlich, während in diesem Jahr Leon Willett sein Dreamfall in Eigenregie arrangierte.

Nah am Publikum

Schon das erste Konzert war ein voller Erfolg - alle bereitgestellten Plätze waren ausverkauft, die Gäste restlos begeistert. Und sie kamen wieder: 2005 waren sämtliche Tickets bereits nach drei Tagen vergriffen und in diesem Jahr stellte die Leipziger Messe nachträglich noch einmal 200 Karten zur Verfügung, um der Nachfrage gerecht zu werden. Aber selbst wenn es der Beliebtheit keinen Abbruch getan hätte, haben sich die Veranstalter nicht auf ihrem Sitzfleisch ausgeruht. Es kamen nicht nur ständig neue Titel hinzu, auch die Art der Vorführung wurde erweitert. So lösten im vergangenen Jahr Percussion-Künstler Rony Barrak und Colly Kollet als Solistin stehende Ovationen aus, während 2006 ein Chor sowie eine Orgel das

Gruppenfoto auf der letztjährigen GC: Adam Klemens, Rony Barrak, Andy Brick, Thomas Böcker und Petr Pycha (v.l.n.r.) nach getaner Arbeit.
Orchester unterstützen.

Aber es ist nicht nur die Musik, die hunderte Soundtrack-Liebhaber nach Leipzig zieht. Es sind auch ihre Helden. Wo Robby Williams sich nach  seinem Auftritt hinter die Bühne zurückzieht, beantworten die anwesenden Komponisten wie Chris Hülsbeck, Rob Hubbard oder Allister Brimble die Fragen ihrer Fans und schreiben geduldig Autogramme. In diesem Jahr sind neben dem Leipziger Dauergast Nobuo Uematsu auch Kai Rosenkranz, Leon Willett, Michiru Yamane sowie Tilman Sillescu anwesend.

Bleibt die Frage, wie das Eröffnungskonzert in den kommenden Jahren aussehen wird. Thomas Böcker meint jedenfalls, dass sich die Veranstalter nicht auf den Lorbeeren ausruhen und das Ereignis weiter entwickeln wollen. Geplant sind Änderungen, welche den Vorführungen ihre Einzigartigkeit bewahren sollen - mit Video Games Live und Play! werben seit 2005 immerhin ähnliche Konzerte um die Gunst der aufmerksamen Spieler. Was genau sich ändern soll, will Böcker aber frühestens am Ende dieses Jahres verkünden.   

 
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