Master of Orion 308.03.2003, Marcel Kleffmann
Master of Orion 3

Im Test:

Seit dem September des letzten Jahres jagte eine Gold-Status-Meldung von Master of Orion 3 (ab 29,98€ bei kaufen) die nächste, doch das Spiel wollte und wollte nicht fertig werden, da der Publisher Infogrames häufig mit der Qualität und Stabilität des galaktischen Aufbauspiels unzufrieden war. Im Januar 2003 waren dann die Arbeiten endlich abgeschlossen und mittlerweile steht das galaktische Aufbauspiel in den Läden.

Worum geht es?

Als rundenbasiertes Strategiespiel geht es bei Master of Orion 3 darum, aus einem zu Beginn unbedeutenden Planetensystem ein gewaltiges Reich im Universum aufzubauen. Ihr startet mit einem Heimatplaneten und könnt dort bestimmte Gebäude errichten, Forschung betreiben, für galaktische Zahlungsmittel sorgen und Raumschiffe bauen. Sobald Ihr das Wissen über einige essentielle Technologien erlangt habt, könnt Ihr ein Kolonie-Schiff in der Raumwerft bauen und damit weitere Planeten besiedeln. Nach diesem Prinzip dehnt sich Euer Reich immer weiter aus.

Jede Aktion, also beispielsweise die Errichtung von Gebäuden sowie die Produktion von Schiffen, kostet immer eine bestimmte Anzahl an Rohstoffen und logischerweise auch an Zeit; hierbei sind es Runden, da das Spiel ja nicht in Echtzeit abläuft. Die notwendigen Ressourcen bekommt Ihr entweder durch Rohstoffförderanlagen auf dem Planeten oder durch Steuereinnahmen.

Bei der Festlegung des Steuersatzes ist allerdings Vorsicht geboten, denn je mehr Steuern Ihr verlangt, desto schneller können Unruhen auf dem Planeten ausbrechen. So weit die generellen Ziele, doch die Gameplay-Eindrücke sind ziemlich gespalten.

__NEWCOL__Erschlagen

Master of Orion 3 erschlägt Euch auf zweierlei Art und Weise: Einmal gibt es 16 total individuelle Rassen, darunter Menschen, Insekten, abstruse Kristall- oder Kybernetikwesen, über 300 unterschiedliche Technologien, eine große Anzahl von planetaren Einrichtungen, viele Raumschiffe, jede Menge diplomatische Möglichkeiten sowie zahllose Sternensysteme und Planeten.

Alles in allem kann sich der Gameplay-Umfang wirklich sehen lassen. Der zweite Eindruck des Spiels ist längst nicht so positiv, denn die seltsame künstliche Intelligenz sowie die teilweise miserable Gestaltung des Game-Interfaces gehen auf Kosten des Spielspaßes.

Künstliche Intelligenz

Da das Spiel ja eine recht beeindruckende Komplexität aufweist, haben die Quicksilver Studios einige KI-Nieten mit eingebaut. Der Planeten-Verwalter baut automatisch neue Minen, Industrien, Forschungsanlagen sowie sonstige Einrichtungen und kümmert sich sogar um das Steuerniveau. Doch welche Gebäude der Berater gerade baut und vor allem warum gerade "diese" Einrichtungen hochgezogen werden, bleibt oftmals unklar. Bauprojekte, die Ihr mühevoll per Hand im Optionsdschungel hinzugefügt habt, werden oft komplett ignoriert und dann irgendwann später durchgeführt.

Die Vorgehensweise der KI ist zwar höchst undurchsichtig, kann aber in gigantischen Reichen ziemlich nützlich sein. Trotzdem bleibt zu bemängeln, dass die Bau-KI nicht wirklich komplett deaktiviert werden kann. So ist es nicht möglich, eine effiziente Bau-Kette in Auftrag zu geben - geschweige denn, manche Gebäude ohne KI-Hilfe überhaupt zu bauen; die Hydroponische Farm kann z.B. nur ein Berater bauen, Ihr aber nicht.

Ihr könnt den ungewollten Helfern aber einige Beschränkungen geben, so dass z.B. nur ein festgelegter Satz für militärische Zwecke benutzt wird. Nach einiger Zeit habt Ihr Euch dann mit diesem umständlichen Feature abgefunden. Aber irgendwie sorgt die KI für eine Interaktivitätslosigkeit, da der Computer praktisch alles Nötige für Euch macht. Wenn Ihr dann noch den Raumschiffbau automatisiert, die Kolonisierung von erforschten Kolonien und die Terraformierung von den Planeten auf Helfer übertragt, könnt Ihr fast nur noch zuschauen und müsst gelangweilt die Rundenberichte ertragen.

Forschungen

Die Forschung, die Diplomatie und die Gestaltung der militärischen Schiffe sind drei Spielelemente, die Ihr selbst übernehmen müsst. Mittels sechs Schiebereglern könnt Ihr Forschungsprioritäten setzen und habt damit einen indirekten Einfluss auf die Technologie, die erforscht wird. Zugriff auf einen direkten Forschungsbaum mit individueller Auswahl der Projekte habt Ihr nicht - auch das ist ein klarer Minuspunkt.

__NEWCOL__George Bush-Diplomatie

Sehr merkwürdig gestalten sich auch die diplomatischen Verhandlungen mit den weiteren computergesteuerten Mitspielern. Bis Ihr überhaupt Kontakt mit anderen Rassen bekommt, können schon Mal über 70 Runden vergehen. Die diplomatischen Gespräche ermöglichen eine Vielzahl an Kooperationen zwischen den Rassen, seien es Forschungs- oder Handelsvereinbarungen oder gar militärische Bündnisse im Universum. Je nachdem, auf welche Rasse Ihr trefft, wie weit Ihr Euch schon ausgebaut habt und wie viele weitere Mitspieler Ihr schon getroffen habt, desto unterschiedlicher verhalten sich Eure Gesprächspartner.

Dieses System klingt zwar rundum gelungen, ist aber aufgrund von sehr merkwürdigen Verhaltensritualen der KI ziemlich nervtötend. Ein Beispiel: Ein Mitspieler bietet Euch einen Friedensvertrag an, aber zwei Runden später erklärt Euch der gleiche Typ grundlos den Krieg und ein paar Runden später herrscht dann wieder Frieden mit Handelsvereinbarungen. Manchmal ignorieren die künstlichen Intelligenzbestien sogar komplette Runden und bieten einem trotz gerade eingenommener Kolonie des Feindes und massiver Flottenbewegungen in Richtung Heimatwelt noch einen Handelvertrag an; wirklich sehr sinnvoll. Besser hingegen ist der Orion-Senat, der Euch jede Menge Einstellmöglichkeiten bietet; hier könnt Ihr mit den anderen Parteien für oder gegen bestimmte Erlasse stimmen.

Kämpfe in Echtzeit

Sollten sämtliche erdenklichen diplomatischen Mittel nichts bringen, bleibt Euch nur die Wahl zwischen friedlicher Koexistenz oder dem militärischen Konflikt im Weltraum. Eure in den Raumwerften produzierten Raumschiffflotten attackieren die feindlichen Einheiten in einem Extra-Bildschirm und zwar in gemächlicher Echtzeit.

Dort könnt Ihr Eure Flotten aufeinander loslassen. Komplexe Gefechte und taktische Manöver werden durch so genannte "Task Forces" durchgeführt. Eine Task Force besteht aus mehreren zusammengeschlossenen Schiffen und kann ein bestimmtes Einsatzziel verfolgen. So können die Jäger zum Beispiel den Nahkampf suchen, während die dicken Schiffe aus dem Hintergrund mit Langstreckenwaffen attackieren und die durchschnittlichen Schiffe eher von den Flanken her angreifen.

Wenn Ihr jedoch keine Lust auf die Gefechte habt, könnt Ihr Euch zurücklehnen und der KI die Federführung überlassen. Hierbei macht die KI jedoch einen guten Job. Die Stärken und Schwächen des Gegners könnt Ihr übrigens vorher mit zahlreichen Spionen in Erfahrung bringen.

Nachdem die feindliche Flotte mehr oder weniger gut aus dem Weltraum geputzt wurde, kann der Planet unter Beschuss genommen werden. Mit einigen Befehlen wie "biologische Waffen einsetzen" oder "mit allen Einheiten des Arsenals angreifen" wird der vollkommen automatisierte Bodenkrieg eingeleitet.

__NEWCOL__Multiplayer

Die gemischten Gefühle über die künstliche Intelligenz, vor allem aufgrund der Diplomatie, fallen im Mehrspieler-Modus weg, wenn Ihr gegen menschliche Kontrahenten antretet. Ihr zieht dabei simultan, das bedeutet, dass alle Spieler gleichzeitig ziehen und am Ende der Runde die Informationen ausgetauscht werden. Ihr könnt zwar nur mit maximal acht Mitspielern im Universum gegeneinander antreten, trotzdem ist eine Mehrspieler-Partie Master of Orion 3 viel packender, fordernder und spannender als ein Singleplayer-Game, wenn auch die KI-Baumanager stören.

Grafik & Sound

Grafisch bleibt Master of Orion 3 weit hinter den Möglichkeiten zurück. Die Menüs sind teilweise grässlich, unübersichtlich und manche Menüpunkte wirken noch in letzter Sekunde reingequetscht. Die Übersicht über die gesamte Galaxie sieht fast genauso aus wie beim Vorgänger, nur etwas hochauflösender. Richtig schlimm wird es jedoch erst bei den Echtzeit-Gefechten, die sogar von der Optik vom Jahre alten StarCraft in den Schatten gestellt werden. Passend hingegen ist der schöne atmosphärische Soundtrack.

Keine Lokalisierung

Neben der recht biederen Grafik und den KI-Macken offenbart Master of Orion 3 noch eine gewaltige Schwachstelle und zwar die fehlende Lokalisierung. Das Spiel erscheint in Deutschland genauso wie in den USA. Nicht ein Satz im Spiel oder in der Anleitung ist in deutscher Sprache. Daher sind gute Englisch-Kenntnisse unbedingt erforderlich, damit Ihr überhaupt etwas mit dem Spiel anfangen könnt. Fans haben zwar eine Übersetzung geplant, dennoch ist nicht klar, ob das Projekt von Erfolg gekrönt sein wird.

Fazit


Schade, schade: Master of Orion 3 hätte so viel besser sein können! Auf der Habenseite steht zwar immer noch ein hochkomplexes und forderndes Weltraum-Aufbaustrategiespiel. Aber auf der anderen Seite bleibt die Optik auf der Strecke, die künstliche Intelligenz erweist sich als geisteskranker als Russel Crowe in A Beautiful Mind und viele kleine Gameplay-Macken nagen doch arg am Spielspaß. Warum musste nur der Gebäudebau auf dem Planeten weitgehend automatisiert werden? Wieso kann man keine direkten Forschungsziele eingeben, und weshalb funktioniert die Diplomatie nur so bescheiden? All das sind Fragen, die ungeklärt bleiben und das Gameplay in den Keller ziehen. Die weitgehende Automatisierung des Spiels kann natürlich in fortgeschrittenen Partien durchaus unterstützend wirken, erstickt den Spielspaß-Keim bei frühen Partie aber enorm, da das Spiel dadurch langweilig wird. Erschlagen wird das gebeutelte Gameplay von einer total durchwachsenen künstlichen Intelligenz: Die KI arbeitet oft nach einem undurchschaubaren Muster, vor allem in Sachen Diplomatie oder beim Bauplan. Ein Großteil dieser Schwächen fällt jedoch im Mehrspieler-Modus weg. Master of Orion 3 ist alles in allem ein unausgegorenes Spiel, in dem viel mehr Potential gesteckt hätte, doch viele teils dämliche Gameplay-Schnitzer, unnötige KI-Querelen und die komplett fehlende Lokalisierung sorgen für die Keller-Wertung. Hätte Infogrames das Spiel übrigens noch übersetzt, wäre die Wertung um rund fünf Prozentpunkte nach oben geschnellt. Meiner Meinung nach ist das Webgame Space Assault die bessere Alternative, als Master of Orion 3.

Pro

<li>komplexes Spielkonzept</li><li>zahlreiche Handlungsmöglichkeiten</li><li>16 total unterschiedliche Rassen</li><li>rund 300 Forschungen</li><li>gute Echtzeit-Gefechte</li><li>lange Spielzeit</li><li>guter Mehrspieler-Modus</li>

Kontra

<li>keine Lokalisierung</li><li>oberflächliche Tutorial-Hilfe-Texte</li><li>oftmals unlogische KI</li><li>Interaktivitätlosigkeit durch die KI-Berater</li><li>Gebäudebau-KI nicht vollständig deaktivierbar</li><li>Forschungen können nicht frei angewählt werden</li><li>teils unlogisches Diplomatie-Verhalten</li><li>detailarme Planetengrafik</li><li>überladene, wenig intuitive Menüs</li><li>Mangel an Übersichtlichkeit</li><li>schwache Kampfgrafik</li><li>schwaches Handbuch</li>

Wertung

PC

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