Mount & Blade: Warband09.04.2010, Bodo Naser
Mount & Blade: Warband

Im Test:

Nicht wenige Fans meinten, dass der Geheimtipp Mount & Blade nur eine bessere Kulisse und einen Multiplayer brauche, um perfekt zu sein. Mit dem zweiten Teil Warband wurde jetzt zumindest Letzteres verwirklicht. Inwiefern wirkt sich das aus? Und was gibt es sonst noch an Fortschritten? Wir haben uns in die mittelalterlich anmutenden Kämpfe des fiktiven Reichs Calradia gestürzt!

Belagerung als Event

Endlich bin ich oben. Ganz oben auf der aus Quadern bestehenden Mauer, die eine Burg umgibt. Wie meine Mitstreiter wurde ich im Wald materialisiert, habe mich im Schutz meines Schildes 

Beim Sturm auf eine Burg gibt's nur eine Richtung: Immer rauf, bis man oben auf der Mauer seinen Mann stehen muss.  
zum eckigen Wall geschlichen und bin eine Sturmleiter rauf geklettert, um die Festung zu erobern. Ich bin Teil der sarazenisch anmutenden Angreifer, die versuchen, die abendländisch aussehenden Verteidiger zu besiegen. Verschanzungen, umgefallene Türme oder Katapulte sehen nicht nur angenehm authentisch aus, sie dienen auch der Deckung für die Fußtruppen, deren Lebensspanne oft kurz ist.

Doch als ich auf der Zinne ankomme, läuft alles anders gedacht: Die Ritter wehren sich bis zum Äußersten und töten viele meiner Turban tragenden Kameraden. Mit meinem Speer kann ich einen Eisenmann auf Abstand halten und besiege ihn im Zweikampf. Doch dann kommt ein Mann, der nur mit Schwert und Schild bewaffnet ist: Seine Hiebe donnern auf mich ein wie Hammerschläge. Als ich versuche, ihn mit dem Säbel zu treffen, macht er mir im Gegenzug den Garaus.

Wie in der Kampagne für Solisten verströmt Mount & Blade auch zu mehreren jede Menge Mittendringefühl. Auch hier hat man den Eindruck, direkt am Geschehen teil zu haben - etwa wenn zwei Armeen in einer verschneiten Ebene aufeinander prallen. Besonders interessant ist, wenn eine Festung gestürmt wird: Man kämpft nicht nur, denn man muss auch noch mitdenken, um Leitern aufzustellen oder Tore aufzubrechen, damit die Kameraden ins Innere gelangen. Spielt man auf der anderen Seite, kann man Engpässe dicht machen oder die Leiter umstoßen. So werden die Massen kanalisiert und es entstehen hart umkämpfte Brennpunkte.

Tausende Male tot

Der neue Multiplayer hat den Namen verdient, denn hier kann man wirklich mit bis zu 64 Kämpfern aus aller Welt spielen:

Nur wenn man zusammen hält, kommt man so weit. Einzelkämpfer und Anfänger sterben hingegen tausend Tode.
Die meisten Modi machen erst in der Masse Spaß, wenn mal auf beiden Seiten Duzende Krieger um eine Festung ringen. Dass man im Gewühl den Falschen attackiert, kommt selten vor, da immer nur die bekannten Reiche vertreten sind und man an der Kleidung schnell die Zugehörigkeit erkennt - außerdem kann man eigene Kämpfer gar nicht verletzen. Kurzzeitig kommt sogar so etwas wie ein Gemeinschaftsgefühl auf, wenn man endlich die letzten Bogenschützen von der Mauer wirft. Darüber hinaus gibt es weitere Modi wie Deathmatch, Capture the Flag oder Zweikampf.

Obwohl das Ganze im Mittelalter spielt, erinnert das Ganze eher an die Battlefield-Reihe, auch weil man wie dort 1000 Tode stirbt. Zum Glück wird man gleich wieder materialisiert. Die Kämpfe sind viel härter als im Singleplayer, da man mit richtigen Menschen ficht. Insbesondere schwer gepanzerte Ritter mit fetten Langschwertern haben Vorteile, da sie nur einen Schlag brauchen, um einen leicht Gepanzerten zu töten. Damit es nicht zu unfair zugeht, kann man vor jedem Gefecht für 1000 Taler Ausrüstung kaufen, was sich steigern lässt. Allerdings tummeln sich einige Cracks bereits so lange auf derselben Karte, dass sie einfach bessere Waffen haben. Anders lässt es nicht erklären, dass es Leute gibt, die alles umnieten, was bei Anfängern natürlich schnell für Frust sorgt.

Kurzweilige Action

Sobald man akzeptiert, dass man öfters das Zeitliche segnet, zieht einen der Mehrspieler mehr und mehr in seinen Bann.

Im Multiplayer gewinnt oft der, der die bessere Ausrüstung hat. Das sind meist die, die schon länger da sind.  
Einen mit der Kampagne vergleichbaren Aufstieg gibt es zwar nicht, aber wer viele Feinde besiegt, kann sich bessere Ausrüstung fürs nächste Respawning leisten. Auch wenn man den Charakter aus dem Einzelspieler nicht nehmen kann, ist es durchaus kurzweilig, da man gut eine Runde zwischendurch belagern kann. Man kann übrigens jederzeit ein- und aussteigen und es sind auch genügend Spieler zu finden.

Natürlich gibt es schon Clans mit ihren eigenen Servern, wo nicht jeder raufdarf, aber bislang sind organisierte Spieler eher noch die Ausnahme und stattdessen ganz normale Spieler vor Ort. Immerhin herrscht im Mehrspieler Demokratie, denn Buhmänner lassen sich per Abstimmung entfernen. Man wird dann kurz gefragt, ob man dafür ist, dass derjenige rausfliegt.

Technische Mängel sind selten, wenn man mal von den drei Patches absieht, die man seit dem Release installieren musste, damit es überhaupt mit dem Server läuft. Es gibt Grafikfehler, wenn mal wieder ein paar Waffen in der Luft stehen bleiben, aber das hält sich in Grenzen. Es kommt kaum zu Lags, auch wenn mehr auf dem Schlachtfeld mehr los ist, was vermutlich auch daran liegt, dass das Spiel nicht die anspruchsvollste Grafik hat. Insgesamt ist der Multiplayer also durchdacht und läuft rund

                      

Update-Stress

Der süchtig machende Singleplayer hat sich weit weniger verändert, 

Froh ist man, wenn man es endlich in höhere Sphären und  Level geschafft hat. Leider stoppt der nächste Patch den kometenhaften Aufstieg, da der Spielstand weg ist.   
auch wenn er schon seit Release des Vorgängers immer wieder modifiziert wurde. Nicht dass es nötig gewesen wäre, ihn groß zu verändern, aber wenn man eine Fortsetzung auflegt, sollte man auch in diesem Bereich etwas Neues bieten. Leider haben die vielen Updates beim Einzelspieler für mehr Frust gesorgt als beim Multiplayer: Man kann seine alten Spielstände nicht mehr nutzen, weshalb ich seit dem Release Ende März vier Mal neu anfangen musste. Da das Rollenspiel viel Zeit in Anspruch nimmt und man sich freut, wenn man endlich einen gescheiten Ritter hat, ist das nervig.

Besonders ärgerlich ist für deutsche Hobby-Recken, dass die Macher es bislang nicht geschafft haben, eine fehlerfreie deutsche Version abzuliefern. Da es sich um ein kleines türkisches Team handelt, sind die derzeit wohl mit Wichtigerem beschäftigt - sprich: Sie beseitigen echte Fehler. Die Texte sind so teils nicht übersetzt und es kommen Platzhalter vor, was unterm Strich einen ärgerlichen Denglisch-Mischmasch ergibt. Immerhin kann man die englische Version wählen, da es sich um einen multilingualen Download handelt.

Vieles beim Alten

Sonst können wir in punkto Spielprinzip auf den Test von 2008 verweisen, da es sich entsprechend spielt. Grob spielt man

Die mittelalterlichen Kämpfe sind einzigartig, lassen einen direkt mitkämpfen und entschädigen für vieles.
den Aufstieg eines Ritters nach, der sich vom einfachen Junker zum mächtigen Vasallen des Königs hochdient. Eine vorgegebene Geschichte gibt es nicht, so dass man wirklich seine eigene schreiben kann. Das beginnt bereits mit dem Wahl des Helden, die in eine Story gegossen wird. Ob man nun durch Handel mit fernen Städten, als Söldner im Krieg oder das Ausrauben von Dörfern reich wird, bleibt einem überlassen. Die Historie spielt sich auf dem fiktiven Kontinent Calradia ab, auf dem sechs Reiche um die Macht rivalisieren, die von Nordmännern über mitteleuropäische Ritter bis zu Steppenreitern reichen. Sie führen praktisch ständig Krieg, in dem man sich als mutiger Held beweisen kann.

Die spannenden Kämpfe sind daher auch im Singleplayer immer noch da A und O, da es immer noch Freude macht, inmitten seiner Kämpfer auf den Feind zuzureiten, ihn zu umkreisen und dann zu jagen. Man kämpft mit originalgetreuen mittelalterlichen Waffen und Rüstungen gegen vagabundierende Räuberbanden, einfallende Wikinger oder feindliche Ritter, was Ansehen bringt. Ein Sieg über ebenbürtigen Gegner ist dabei immer mehr wert. Während der Schlacht kann man zwar nur eine Hand voll taktische Befehle geben, aber sein Kampfgeschick durch Gebrauch verbessern. Das gilt auch für die aus Helden, Handwerkern und Soldaten bestehende Party, die nach jedem Gefecht aufsteigt.

Heirat und Handel

Der soziale Aufstieg vollzieht sich nur ganz allmählich, was sich bei der neu 

Auch beim Inventar, über das der ganze Handel läuft, ist alles beim Alten. Hier stapeln sich Waffen, Lebensmittel und Handelsware. 
eingeführten Brautschau zeigt. Damit die Damen überhaupt Notiz von einem nehmen, muss man schon ein angesehener Ritter sein - mit blitzender Rüstung und fetter Geldkassette. Denn sie gehen nur nach dem Ruf, der bei Mount & Blade durch die Kämpfe repräsentiert wird. Immerhin kann man sich mittels Lernen von Liebesliedern vom Barden für die Holde wappnen. Da die Heirat immer auch ein politisches Bündnis ist, muss man sich zudem mit Vater der Braut verstehen. Eine Liebesheirat, wie sie die Minnesänger besingen, ist damit ausgeschlossen. Wichtig ist die Ehe allerdings nicht, da es eher aufs Klingen kreuzen ankommt.

Wer mit dem Handel reich werden will, muss sich dieses Mal mehr einfallen lassen. Zwar ist es immer noch möglich mit Eisen, Gewürzen und Wein Dukaten zu verdienen, aber es kommt einem nun realistischer vor als beim Vorgänger: Der Preis entwickelt sich dynamisch, so dass man keine feste Routen mehr wählen kann. Hat man einmal ein Schnäppchen eingekauft, dauert es nun eine Weile, bis der Preis sich wieder erholt. Zudem gibt es nicht unendlich viele Waren und den Händlern in der Stadt geht auch mal das Geld aus. So geht es nun ein Stückchen mehr wie in einer echten Wirtschaftssimulation zu.

         

Fazit

Mount & Blade Warblade ist leider nicht ganz so genial wie ich erhofft hatte. Es ist im wahrsten Sinne des Wortes ein zweischneidiges Schwert: Der Multiplayer bietet auf der einen Seite ein tolles Erlebnis, denn die mittelalterlichen Ritterschlachten mit bis zu 64 Mitsteitern sorgen für ein spannendes Mittendringefühl, wobei insbesondere die Belagerungen der Burgen trotz nicht ganz zeitgemäßer Grafik dramatisch verlaufen. Und das, obwohl die Kämpfe alles anders als fair sind, da die Cracks, die scheinbar immer da sind, bereits tolle Waffen haben - gerade zu Beginn beißt man sehr oft ins Gras. Aber man will es einfach schaffen, obwohl es leider keine Orden gibt und stattdessen schmucklos der Sieger verkündet wird. Auf der anderen Seite wirkt die Kampagne für Solisten unfertiger denn je: Hier muss man relevante Fortschritte mit der Lupe suchen muss, denn die Heirat oder der dynamische Handel sind nicht wirklich notwendig. Der größte Wermutstropfen sind die ständigen Patches, die eine stabile Karriere als Junker beinahe unmöglich machen, da man alte Spielstände nicht nutzen und immer wieder von vorne beginnen muss - nach zwei Jahren wirkt die Kampagne für Solisten wie eine Dauerbaustelle. Dass man dennoch mutig mit seinem Ritter in die nicht ganz perfekte Welt reitet, ist dem süchtig machenden Rollenspiel zuzuschreiben. Warband ist aktuell eher was für Multiplayer-Kämpfer und weniger für eingefleischte Einzelspieler. Die sollten noch warten, bis alles frustfrei spielbar ist.

Pro

mittelalterliche Kämpfe
selbst mitreiten
Mittendrin-Gefühl
packender Multiplayermodus
süchtig machender Aufstieg
dynamischer Handel
Heirat möglich
Belagerungen zu mehreren

Kontra

kaum veränderter Singleplayer
man stirbt oft
teils unfaire MP-Modi
unfertiger Eindruck
Heiraten nur Beiwerk

Wertung

PC

Der Multiplayer ist die einzige Neuerung, für die sich die Anschaffung des unfertig wirkenden Ritterspiels lohnt.

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