Casanova26.10.2001, Bodo Naser
Casanova

Im Test:

Der Prototyp des romantischen Liebhabers war und ist wohl Giacomo Casanova, der vor allem im Venedig des 18. Jahrhunderts sein "Unwesen" trieb. Dort zog er die Damen der feinen Gesellschaft gleich reihenweise aufs Kanapee. Dem berühmt-berüchtigten Schwerenöter widmet nun der französische Publisher Arxel Tribe sein kürzlich erschienenes 3D-Adventure Casanova: Das Duell der schwarzen Rose. Ob das Mantel-und-Degen-Spiel wirklich das Zeug hat, Euch ins aufregende Leben der Lagunenstadt zu entführen, erfahrt Ihr aus unserer Review.

Komplott in der Hafenstadt

Das Leben des historischen Casanova (1725-1789), der sich neben seiner abendfüllenden Tätigkeit als Galan auch als Schriftsteller betätigte, bleibt bis heute weit gehend rätselhaft. Da verwundert es nicht, dass die Handlung des Adventures Casanova keinesfalls an historischen Tatsachen festgemacht wurde: Hier forscht Casanova nämlich in Venedig nach seinem verschwundenen Vater. Gleichzeitig versucht er, die Mörder seiner Mutter zu finden. Ganz nebenbei muss er noch verhindern, dass die Herrschaft über die italienische Handelsmetropole in die Hände von Verbrechern fällt.

Mit Degen, Charme und Dreizack

Im Spiel steuert Ihr Casanova per Tastatur und Maus durch die zahllosen Kanäle und engen Gassen Venedigs. Hierbei kommt es vor allem darauf an, dass Ihr durch Euer Handeln die Geschichte vorantreibt. Eines Morgens erwacht Ihr schweißgebadet, nachdem Ihr den Untergang Eures Schiffes überlebt habt, und müsst nun erst einmal herausfinden, worum es überhaupt geht. Die seltsame Einladung einer Unbekannten ins Café Florian könnte Euch dabei ein Stück weiterbringen. Per fliegender (!) Gondel eilt Ihr dorthin...

Wie stets in derartigen Mystery-Adventures müsst Ihr nun Gegenstände einsammeln, Dialoge führen und so manches Rätsel lösen. Wo immer eine Aktion (z.B. Gondel besteigen) möglich ist, wird Euch dies durch ein Symbol angezeigt. Orientieren könnt Ihr Euch bei Eurer Reise durch Venedig anhand einer detaillierten Karte, die wichtige Ziele und auch die aktuelle Position Eures Helden anzeigt.

Ein Schwerpunkt liegt bei Casanova auf den interaktiven Gesprächen mit den über 80 Personen, die Venedig bevölkern. Hier müsst Ihr Schlagfertigkeit und Konversationsgeschick beweisen - ganz so wie es zu Casanovas galanten Zeiten gefragt war. Führt Ihr Euch stets höflich und zuvorkommend auf, so steigt auch Euer Höflichkeitswert. Besonders witzig ist, dass bei manchen "Frauenzimmern" ein sogenannter Verführermodus möglich ist. D.h. Ihr könnt eine von vier möglichen Anmachen wählen und auf diese Weise nach Herzens Lust flirten. Das Ergebnis Eurer Bemühungen wird dann auch sofort angezeigt - zumeist leider als krude Abweisung Eurer Person durch die Damenwelt.

Bisweilen sind auch Eure Fechtkünste gefragt, da das Spiel über einfache Action-Einlagen, wie etwa Springen, Hüpfen oder eben Fechten, verfügt. Mit Hilfe von gewöhnungsbedürftigen Tastatur-Kombinationen dürft Ihr mit Eurem Degen wild attackieren und parieren. Wer dies erst noch trainieren möchte, kann das bei einer Fechtschule tun. Ferner dürft Ihr auch - freilich nicht ganz historisch - das eine oder andere Mal einen kühnen Schuss mit der Armbrust wagen.

Bunte 3D-Welt

Casanova verfügt über eine eigene 3D-Grafik, die den Vergleich mit Alone in the Dark 4 nicht zu scheuen braucht. Die 140 verschiedenen Hintergründe sind zumeist sehr schön und farbenfroh gestaltet. Die gerenderten Personen bewegen sich leider etwas steif und wirken mit ihren dünnen Ärmchen und Beinchen beinahe ein wenig wie Marionetten. Ihre abwechslungsreichen Gesichter und bunten Gewänder sind aber gelungen. Ebenfalls ansehnlich sind die actiongeladenen Zwischensequenzen, die an entscheidenden Schlüsselstellen im Spiel auftauchen.

Von der Perspektive her, erinnert das 3D-Adventure stark an Spiele wie Monkey Island 4 oder auch an die Alone-in-the-Dark-Reihe: Ihr schaut Casanova also nicht über die Schulter und blickt auch nicht durch seine Augen. Vielmehr seht Ihr ihn und seine Umgebung aus der Sicht eines Dritten, der weiter entfernt steht. Gekonnt wechselt die Perspektive immer dann automatisch, wenn der Hauptdarsteller den Raum verlässt oder eine andere Ecke eines Platzes betritt.

Sound

Musik und Geräusche sind ziemlich unauffällig und laufen im Hintergrund ab. Heraus sticht einzig die gelungene, deutsche Sprachausgabe mit Untertiteln, welche den Akteuren zusätzliches Leben einhaucht.

Fantasievolle Mischung

Das kecke Durcheinander von Epochen und Stilen schreckt zunächst ein wenig ab. Wenn man zum ersten Mal von "Mongolen" hört, die als Banditen zusammen mit der "konservativen Partei" mit Hilfe von "Armbrüsten" (es gab sicher Pistolen zu Casanovas Zeit) und "fliegenden Schiffen" (!) die "Freiheit Venedigs" bedrohen, möchte man fast bei den Entwicklern von Arxel Tribe anrufen, um sie zu fragen, was sie sich dabei gedacht haben. Hat man sich dann aber an die fantasievolle Mixtur gewöhnt, kommt fast so etwas wie Stimmung auf. Allein die Wanderungen entlang des endlosen Gewirrs aus Kanälen und über die wundervoll gestalteten Piazze vermitteln einen atmosphärisch dichten Eindruck der Lagunenstadt.

Pro:

  • atmosphärisches 3D-Adventure
  • interaktive Dialoge
  • Verführermodus
  • Action-Einlagen
  • Fechtmodus
  • schöne Hintergrund-Grafik
  • deutsche Sprachausgabe
  • einsteigerfreundlich
  • Contra:

  • keine großen Hightlights
  • gewöhnungsbedürftige Steuerung
  • umständliches Bedien-Interface
  • marionettengleiche Personen
  • zu abgefahrene Story
  • wenig historische Genauigkeit
  • Vergleichbar mit:

    Monkey Island 4, Alone in the Dark 4

    Fazit

    Trotz aller Innovationen (Flirtmodus, Fecht-Einlagen) ist Casanova: Das Duell der schwarzen Rose doch ein ganz konservatives Adventure geblieben. Was bedeutet, dass es im Spiel vor allem auf Eueren Gehirnschmalz im Umgang mit den vorhandenen Puzzles ankommt. Die großen Highlights fehlen dem Spiel leider. Dialoge, Kämpfe und Action-Sequenzen sind eher als abwechslungsreiches Beiwerk zu sehen. Allein mit den "Zorro-Einlagen" oder dem Flirten mit den schönen Venezianerinnen werdet Ihr bei Casanova jedenfalls keinen Blumentopf gewinnen können. Schade eigentlich!

    Wertung

    PC

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    Kommentare

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