Hitman 2: Silent Assassin25.10.2002, Paul Kautz
Hitman 2: Silent Assassin

Im Test:

Vor zwei Jahren schrieben Eidos und die dänischen Entwickler IO Interactive Spielegeschichte: Erstmals ging es in einem Spiel um das Leben und Treiben eines Berufskillers - Fans nahmen die Mischung aus Ballern und Schleichen mit Begeisterung auf, die BPjM fand sie nicht ganz so witzig. Teil 2 bemüht sich gar nicht erst, das nunmehr bewährte Spielprinzip anzutasten - frisches Futter für Actionfans oder lauwarmer Aufguss? Dem gehen wir mit geladener Waffe auf den Grund.

Schatten der Vergangenheit

Das Schicksal meint es nicht gut mit unserem glatzköpfigen, am Hinterkopf tätowierten Freund: Da hat er nun schon dem Killertum entsagt, und verdingt sich seit einer Weile fröhlich als Kirchengärtner, da holt ihn seine Vergangenheit doch wieder ein. Sein einziger Freund, Pater Vittorio, wird entführt - um ihn befreien zu können, muss er wieder für die Organisation arbeiten, von der er sich am Ende des ersten Teils abgewandt hat. Sprich: es muss wieder getötet werden. Genau 21 Missionen lang, bevor der Pater befreit, der Seelenfrieden des Hitman Nummer 47 wiedergefunden und die insgesamt schwache Story schließlich abgeschlossen ist.

<4PCODE cmd=DGFLink;name=Hitman 2: Silent Assassin;id=2019> gestaltet den Einstieg ins Spiel sehr leicht: ein brauchbares Tutorial frischt Euer Killergedächtnis wieder auf, und bringt Euch die Handlungsweise eines Auftragsmörders näher. Denn obwohl die meisten Missionen auch freudig ballernd gewonnen werden können, steht der Schleichaspekt ganz klar im Vordergrund. Personen müssen nicht unbedingt getötet, sondern können auch betäubt werden, statt der Pistole kann man auch zur Klaviersaite greifen, um weniger Lärm zu veranstalten. Allerdings muss man dafür sehr vorsichtig von hinten an das Ziel heranschleichen, was aufgrund der schneckenartigen Geschwindigkeit des leisetretenden Hitmans eine elend zeitaufwändige Qual ist.

__NEWCOL__Kleidung, wechsle Dich!

Eure Aufträge, die Ihr per Laptop in Eure sizilianische Hütte bekommt, umfassen zumeist das Ausschalten einer oder mehrerer bestimmter Zielpersonen, das Stehlen von Dokumenten, oder das Beschaffen von Informationen. Meistens bekommt Ihr beim Briefing zusätzliche Auskünfte zum Ziel, seien es Fotos oder kurze, in Echtzeit berechnete Videoschnipsel. In jedem Fall sollte man das Töten von Zivilisten vermeiden - die Mission ist dann zwar nicht immer vorbei, es wirkt sich aber auf die direkt nach dem Auftrag folgende statistische Abrechnung aus, die unter anderem auch Tarnung und Aggression einschätzt. Wer da nicht als »Psychopath« oder »Massenmörder« gebrandmarkt werden will, sollte sich besser auf sein Ziel konzentrieren, und vor allem lautloser und unauffälliger vorgehen.

Jeder Auftrag lässt sich, bis auf das Ausschalten des Zieles, komplett gewaltlos beenden. Allerdings muss man dabei sehr planend vorgehen und die einblendbare Karte, auf der Gegner, Zielperson und wichtige Punkte eingezeichnet sind, genauestens studieren und die eigenen Bewegungen daran anpassen. Getötete oder betäubte Feinde können und sollten aus dem Sichtfeld gezerrt und Ihrer Kleidung entledigt werden - dazu braucht man keine Telefonzelle, außerdem suchen dann die Wachen vorläufig nicht mehr nach uns. Allerdings ist diese Spielweise nichts für ungeduldige Gemüter, die bevorzugt aus allen Rohren feuernd durch die teils sehr großen Levels rennen. Denn haben die Wachen einen toten Körper entdeckt, schlagen sie sofort Alarm, woraufhin Unmengen an Widersachern auf Euch einstürmen - was manchmal das sofortige Game Over, im Normalfall aber eine erhebliche Steigerung des ohnehin schon verschärften Schwierigkeitsgrades bedeutet.

Reichhaltiges Arsenal

Leider, allerdings für den Spieler hilfreich, ist die KI weder sonderlich clever, noch lässt sie die Wachen allzu geschickt vorgehen: sehr oft rennen sie einfach an uns vorbei, stehen seelenruhig da, obwohl wir direkt vor ihrem Gesicht mit einer Waffe rumfuchteln, lassen sich ohne Widerstand beschießen, oder laufen ohne mit der Wimper zu zucken weiter, obwohl ein paar Meter daneben gerade ein Kollege von uns zersiebt wird. Im Rudel sind die Leibwächter(innen), Polizisten, Ninjas, Soldaten und Klonbrüder allerdings schon sehr gefährlich, gerade auf große Entfernung zielen sie sehr sicher und höchst tödlich, was wiederum dem Schleichaspekt des Spiels zugute kommt.

Im Gegensatz zu Teil 1 müsst Ihr Euch Eure Bewaffnung nicht mehr zusammenkaufen, sondern bekommt ein paar Knarren von der Organisation geschenkt. Den Rest nehmt Ihr gefallenen Gegnern ab, wobei es wie damals strikte Limitierungen gibt: eine große Wumme, ein paar Pistolen und eventuell noch ein paar Hilfswerkzeuge wie Fernglas, Nachtsichtgerät und Klaviersaite, mehr passt nicht unter Euren schicken schwarzen Anzug. Fieserweise gibt habt Ihr in späteren Missionen auch nur die Waffen zur Verfügung, die Ihr aus vorhergehenden Aufträgen mitbringt - eisenhartes Aussortieren unnötigen Krempels ist also angesagt. So verfügt Ihr im Laufe der Zeit über ein beachtliches Arsenal von MGs, Scharfschützengewehren und Pistolen, dazu kommen noch Schwerter, ein Golfschläger, Messer, eine Armbrust und vieles mehr. Insgesamt zieren 34 Tötungswerkzeuge die Wände Eurer Hütte. Unter anderem ein schickes Pistolenpaar mit dem selten dämlichen Namen »Ballers«.

__NEWCOL__Schattenspielchen

Grafisch hat sich seit dem zwei Jahre alten Vorgänger nicht viel getan: Noch immer blickt Ihr Nummer 47 die meiste Zeit über die Schulter, könnt aber auch in eine Ego-Perspektive schalten. Eure Aufträge führen Euch unter anderem nach St. Petersburg, eine japanische Festung, einen arabischen Basar, in die Villa eines Mafiabosses und natürlich die sizilianische Kirche. Die teils sehr düsteren Levels stecken voller Details, schöner Architektur und bieten klasse Wettereffekte: Mal umweht dichter Schnee Eure Nase, ein anderes Mal regnet es aus allen Wolken, dazu kommen nette Kleinigkeiten wie aufgeschreckte Tauben. Besonders gelungen sind die Schatten, die nicht nur realistisch gebrochen werden, sondern auch einen tatsächlichen Nutzen haben: Man kann so Wachen frühzeitig erblicken und ihnen aus dem Weg gehen. Schlussendlich sind auch die (meist in Echtzeit berechneten) Zwischensequenzen sowohl in Sachen Kameraführung als auch Detailverliebtheit ein klares Grafikhighlight von Hitman 2.

Auf der anderen Seite schreien die etwas grobschlächtigen Figuren nach Anti-Aliasing (welches sich auch im Optionsmenü auswählen lässt), außerdem ist gerade der Hitman merkwürdig animiert: Zwar rennt er normalerweise sehr geschmeidig, sobald man aber im Lauf die Richtung ändert, hakt er kurz, und scheint über den Boden zu schweben - sehr merkwürdig. Auch das normalerweise literweise auftretende Blut (welches sich ebenfalls abschalten lässt) sieht nicht nur sehr nach Plastik aus, sondern verbreitet sich (besonders über Texturgrenzen hinweg) abschnittsweise, was sehr skurril aussieht.

Ganz ruhig...

Gesteuert wird der Attentäter mit der bewährten Mischung aus Maus und Tastatur, und bereitet im Großen und Ganzen keine Probleme. Lediglich die Auswahlmöglichkeiten, die man gelegentlich geboten bekommt (Waffe schnappen, Kleidung nehmen, Person ziehen, etc.), die per gedrückter Taste plus Mausrad bestätigt werden müssen, hätte man komfortabler lösen können. Und dass der Glatzkopf immer noch nicht das Springen gelernt hat, ist weder glaubwürdig noch sinnvoll.

Überdies benötigen gerade Scharfschützen ein ruhiges Händchen: Das Zielfernrohr wackelt nach jedem Feuern realistisch und benötigt einige Zeit, bis es sich beruhigt, so dass besser jeder Schuss sitzen sollte. Freunde des ständigen Speicherns werden sich zwar freuen, dass man innerhalb der Missionen den Spielstand sichern kann. Allerdings nur in begrenztem Maße, abhängig vom Schwierigkeitsgrad.

__NEWCOL__Orchester im Haus

Der Sound ist das absolute Sahnestück auf dem Hitman 2-Kuchen: Ein großer Teil des Soundtracks (wie z.B. die geniale Menümusik) wurde vom 110 Mann starken Budapester Symphonieorchester eingespielt, und klingt schlicht phänomenal. Im Spiel werdet Ihr, abhängig von der Situation, von treibenden Techno-Klängen oder sanftem Violinenspiel begleitet - kein Wunder, dass eine spezielle Soundtrack-CD erhältlich ist. Dazu kommt jede Menge fabelhafte deutsche Sprachausgabe, in der auch viele andere Sprachen vorkommen - je nachdem, in welchem Land Ihr Euch gerade befindet. Apropos »Dinge, die wir gut finden«: Auf der CD befindet sich ein »Extras« benannter Ordner, in dem sich Wallpapers, hochauflösende Renderbilder, Spaßaufnahmen, 3D-Modelle und vieles mehr befinden - eine klasse Idee, die viel öfter umgesetzt werden sollte!

Fazit


<4PCODE cmd=DGFLink;name=Hitman 2;id=2019> hinterlässt ein mulmiges Gefühl im Magen. Dabei spreche ich gar nicht von der zelebrierten Gewalt, die ganz klar nichts für minderjährige Spieler ist, sondern vielmehr vom Zwiespalt aus »Faszination Killerdasein« und »Missionsdesign von vorgestern«. Man hat im Großen und Ganzen nur die zwei Aufträge »Finde Dinge« oder »Töte irgendjemanden«, was auf Dauer wenig abwechslungsreich ist. Dazu kommt noch der gesalzene Schwierigkeitsgrad, der mich mehr als einmal das Missionsdesign hat verfluchen lassen, weil ich mal wieder von irgendeinem Scharfschützen erledigt wurde, der selbst bei dunkelster Nacht und wüstem Schneetreiben einen Blattschuss abliefert. Doch dann kommt wieder die geniale Freiheit des Spiels hervor, die mir stets die Wahl lässt, den Auftrag als Rambo oder Geist abzuschließen. Fans des ersten Teils bekommen also neues Futter, das sie keinesfalls enttäuschen dürfte. Freunde klassischer Shooter sollten erst einen sehr langen Blick auf das Spiel werfen, bevor sie zugreifen - nicht jeder bringt die Zeit und Geduld auf, die Hitman 2 früher oder später auf jeden Fall fordert. Im direkten Vergleich zu den Konsolenversionen (XBox , PS2 ) hat die PC-Fassung übrigens sowohl grafisch als auch steuerungstechnisch ganz klar die Nase vorn.
(Paul)

IO Interactive hat sich die Kritik der Spieler und der Presse zu Herzen genommen und den Vorgänger des Taktik-Shooters in nahezu allen Belangen verbessert. Zwar sind die Missionsziele nicht gerade weit gefächert, wie Paul schon sagte, dennoch sorgen die schönen, unterschiedlichen Szenarios sowie die Möglichkeit, die Einsätze auf verschiedene Art und Weise zu lösen, für jede Menge Spielspaß - sogar trotz des oft recht hohen Schwierigkeitsgrades. Zelebriert wird die Killerorgie mit Hilfe eines der besten orchestralen Soundtracks, die ich jemals in einem Spiel gehört habe. Vor allem die -leider- teils an den Haaren herbeigezogene Story wird durch die Musik genial untermalt. Aber auch grafisch weiß Hitman 2: Silent Assassin weitgehend zu überzeugen. Wie es sich für das harte Killergewerbe gehört, so ist der Weg des "Helden" mit blutigen Leichen gepflastert und daher kann ich der USK 18-Einstufung nur zustimmen. Wenn Ihr also den ersten Teil gemocht habt und viel Zeit für ein umfangreiches Taktik-Actionspiel habt, dann dürfte Hitman 2: Silent Assassin das richtige Spiel für Euch sein.
(Marcel)

Pro

<li>gute Grafik</li><li>fantastischer Soundtrack</li><li>sehr gute Sprachausgabe</li><li>sehr viel Handlungsfreiheit</li><li>abwechslungsreiche Levels</li><li>viele Waffen</li><li>gute Steuerung</li><li>witzige Extras auf der CD</li>

Kontra

<li>abwechslungsarmes Missionsdesign</li><li>sehr schwer</li><li>teilweise mäßige Animationen</li><li>grobklotzige 3D-Modelle</li><li>schwache Story</li><li>wenig Unterschiede zum Vorgänger</li><li>mäßige KI</li><li>sehr brutal</li>

Wertung

PC

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