Need for Speed: Hot Pursuit 201.11.2002, Mathias Oertel
Need for Speed: Hot Pursuit 2

Im Test:

Arcade-Racer haben auf dem PC Tradition. Angefangen von der Bleifuß-Serie über Motorhead bis hin zu den diversen Need for Speed-Teilen haben die unkomplizierten Rasereien zahllose Spieler begeistert. Doch seit Midtown Madness 2 ist es ruhig im Genre geworden. Jetzt können Fans wieder aufatmen, denn Need for Speed: Hot Pursuit 2 (ab 49,95€ bei kaufen) ist da und möchte den seit Jahren leer stehenden Thron übernehmen. Nach der grandiosen PS2-Fassung haben wir uns auf ein Rennspielfeuerwerk allererster Güte gefreut. Ob unsere Hoffnungen erfüllt wurden, könnt Ihr in unserem Test erfahren.

Anderes Team, gleiches Spiel?

Wer ein bisschen über den System-Tellerrand schaut, dem wird auffallen, dass sich die PC-Fassung deutlich von der PS2-Fassung unterscheidet. Das ist auch kein Wunder, denn während die PS2 von Black Box Games bearbeitet wurde, wurde diese Version intern bei EA in Phoenix entwickelt.

Dementsprechend finden sich zahlreiche Unterschiede, die das Gameplay nicht gerade positiv beeinflussen.

Gleich geblieben ist freilich die Grundauswahl. Denn Hot Pursuit 2 vereint zwei Spiele in einem: Heiße Straßenrennen, die Ihr nur gegen Gegner und entgegenkommenden Verkehr bestreitet, und im Hot Pursuit-Modus gnadenlose Jagden mit Gegnern und Polizei, die Euch immer schwer auf den Fersen ist. Dabei schreckt sie auch vor schwerem Geschütz nicht zurück und jagt Euch mit Straßensperren und explosiven Fässern abwerfenden Helikoptern bis zum Letzten.

Die Hauptaufgabe liegt für Einzelspieler in der Bewältigung des Missionsbaumes, der mit jeweils 33 Missionen auf Euch wartet. Die Aufgaben reichen dabei von einfachen Zeitrennen bis hin zu Meisterschaften und K.O.-Rennen. Im Hot Pursuit-Modus warten zusätzlich noch Aufgaben auf Euch, bei denen Ihr eine bestimmte Anzahl von Rasern dingfest machen müsst.

Unterschiede en masse!

Doch hier hören die spielerischen Gemeinsamkeiten schon weitestgehend auf. Der Missionsbaum ist zwar deutlich übersichtlicher als auf der PS2, ist aber auch deutlich linearer. Zudem gibt es für erfolgreich absolvierte Missionen auch keine Autos oder Strecken zum Freispielen. Stattdessen kriegt Ihr je nach Platzierung im Rennen Punkte, die Ihr wiederum nützen könnt, um die insgesamt zwölf Strecken -die in vier Variationen (vorwärts, rückwärts, jeweils gespiegelt) und die über 40 Fahrzeuge freizuschalten. Im Endeffekt erfüllen die Punkte zwar den gleichen Zweck wie auf der PS2, doch auf Sonys Konsole kam durch die direkten Belohnungen eine höhere Motivation auf.

Auch die Abhängigkeit, bestimmte Missionen nur beim Erreichen einer bestimmten Platzierung freizugeben, sucht man vergeblich. Schafft man wenigstens die Bronze-Medaille werden die nächsten Wettbewerbe ohne Einschränkung freigeschaltet.

Auch in den freien Rennen (der Herausforderung) sind starke Unterschiede spürbar, die sich vor allem in der Optionsvielfalt äußern. So kann man den Verkehr zwar aktivieren, aber nicht die Stärke festlegen. Auch eine Möglichkeit, Schäden an oder aus zu stellen, wurde nicht eingebaut.

Dadurch reduziert sich Hot Pursuit völlig unnötig zu einem weitestgehend durchschnittlichen Arcade-Racer mit Standard-Optionen. Dabei zeigt die PS2 doch eindrucksvoll, dass es auch anders gehen kann.

Multiplayer-Fun?

Wahlweise über LAN oder Internet könnt Ihr mit bis zu acht Fahrern Rennen bestreiten. Dabei stehen jedoch nur Einzelrennen und Turniere zur Auswahl, auf denen auch kein zusätzlicher Gegenverkehr eingeschaltet werden kann. Das kann man ja noch stillschweigend verkraften, nur WIESO gibt es KEINE Möglichkeit, mit zum Beispiel zwei Polizisten gegen sechs Raser anzutreten? Hier wurde eine starke Möglichkeit verschenkt, Hot Pursuit 2 wenigstens auf dem PC für Rennspiel-Multiplayer zu einem Muss zu machen.__NEWCOL__Probleme mit der Polizei

Hat man die grundlegenden Spielunterschiede gerade verkraftet, wartet beim ersten Betreten der Strecke ein weiterer Schock: Auch spielerisch tun sich wahre Unterschiedsabgründe zwischen der vorliegenden Fassung und der PS2-Version auf.

Doch schauen wir erst einmal, was gleich gelieben ist: Zwar gibt es auf dem PC generell weniger unterschiedliche Strecken als auf der PS2, doch die vorhandenen sind fantastisch designt. Die Mischung aus Hügeln und Tälern sowie langen Geraden und anspruchsvollen Kurven ist ausgewogen und schlichtweg genial - zumal jede Strecke über zahlreiche Abkürzungen verfügt, von denen sich einige besser, andere weniger gut dazu eignen, an Polizei und Gegnern vorbeizuziehen. Doch selbst, wenn sich eine Alternativ-Route als zeitaufwändiger als erwartet erweist, kann sie immer noch ihren Zweck erfüllen, um die Polizei abzuschütteln.

Denn hier wartet schon der nächste Unterschied auf Euch: Im Gegensatz zur PS2-Fassung macht die Polizei nicht mehr Jagd bis zum bitteren Ende auf Euch. Solltet Ihr es schaffen, aus dem Blickbereich der Polizei zu kommen, läuft ein Balken runter, der dafür sorgt, dass die Polizei die Verfolgung aufgibt, wenn Ihr es schaffen solltet, den Balken bis ganz unten zu bringen.

Weiterhin ist das Verhalten der Polizei bei Weitem nicht mehr so vorhersehbar wie auf der PS2. Das liegt aber nicht nur daran, dass der Radar-Warner herausgefallen ist. Auch die KI der Polizei ist vollkommen unberechenbar.

Während bei der PS2 weitestgehend sicher ist, dass die Polizei auf den ersten Raser Jagd macht, der an ihr vorbei zieht, könnt Ihr hier auch schon mal mit Höchstgeschwindigkeit an einem wartenden Streifenwagen vorbeiziehen, ohne dass der auch nur einen Finger rührt. Der nächste Streckenposten sieht Euch dann schon im Rückspiegel und beginnt die Jagd, obwohl Ihr noch nicht einmal in der Nähe seid. Dadurch wird Hot Pursuit 2 vollkommen unberechenbar und verliert deutlich an Spaß.

Denn auch das Ticketlimit wurde gnadenlos heruntergesetzt. Statt drei Mal wie auf der PS2 dürft Ihr hier der Polizei nicht ein Mal ins Netz gehen, da das Rennen ansonsten gelaufen ist - bedauerlich, aber wahr!

Der Asphalt glüht - aber nur noch schwach

Im Gegensatz zur PS2 gibt es auf dem PC auch nur noch ein Fahrmodell, das in etwa dem arcade-lastigen Klassik-Modell auf Sonys Konsole entspricht. Dementsprechend steuern sich die Wagen sehr direkt, schaffen aber trotzdem die Gratwanderung zwischen Realismus und Spielspaß.

Ein ausgefeiltes Schadensmodell sucht man ebenfalls vergeblich. Zwar gibt es bei entsprechenden Anstrengungen optische Schäden, doch so weit, dass das Fahrverhalten beeinflusst wurde, haben wir es in den zahlreichen Rennen nie geschafft.

Auch andere kleine Details der PS2-Fassung haben nicht den Einzug geschafft.__NEWCOL__Dazu gehören unter anderem die Zeitabstands-Anzeige zu den Gegnern und vor allem die beiden Gebietskameras, die man hier schmerzlich vermisst. Denn obwohl die Rundum-Ansicht größtenteils nur kosmetischer Natur war, hat sie genau so zur Atmosphäre beigetragen wie die "Strecken-Vorschau", die Euch über die kommenden Abschnitte informierte.

Wieso EA Phoenix diese Kameras nicht eingebaut hat, entzieht sich meiner Vorstellungskraft.

Wenigstens die Sprung- und Unfallkameras haben den Sprung in diese Version geschafft und können hier und da für Stimmung sorgen.

Denn so reduziert sich Hot Pursuit 2 auf einen gerade mal leicht überdurchschnittlichen Arcade-Racer, der hauptsächlich vom Cop-Modus, dem ausgefeilten Streckendesign und dem großen Namen lebt.

Der Schwierigkeitsgrad im Allgemeinen ist ebenfalls nicht so ausgewogen, wie wir ihn auf der PS2 kennen gelernt haben. Grundsätzlich sind die Missionen leichter zu bewerkstelligen, insofern man sich leichte fahrerische Talente und vor allem Streckenkenntnis aneignet.

Leider wird dadurch selbst der ausgefeilteste Missionsbaum zu einem auf Dauer eintönigen Pflichtprogramm.

In einem Punkt ist man der PS2-Fassung voraus: Fast schon EA-typisch hat man Statistiken eingebaut, die einen über das Erreichte auf dem Laufenden halten.

Neben gewonnenen Medaillen, erhaltenen Strafzetteln warten noch zusätzliche Informationen über jeden Wagen und jede Strecke, die Ihr kennen gelernt habt, wie zum Beispiel Durchschnitts- und Höchstgeschwindigkeit.

Grafikmeister mit Einschränkungen

Abhängig vom vorhandenen System bekommen Gelegenheitsraser eine gute bis sehr gute Streckengrafik präsentiert, auf der sich herrlich glänzende Wagen heiße Verfolgungsjagden liefern.

Nur eines kann ich nicht nachvollziehen: Wieso wurde auf dem PC kein Environment-Mapping eingesetzt, so dass sich die Umgebung in den Wagen spiegelt? Stattdessen wird uns durch einen Grafikeffekt vorgegaukelt, dass sich Himmel und Peripherie im Lack erkennen lässt. Doch spätestens bei der ersten Fahrt im Tunnel wird diese Illusion entlarvt und sorgt für Kopfschütteln und ungläubige Blicke auf die Konsolen-Versionen.

Doch ansonsten sieht die Grafik teilweise teuflisch gut aus und zeigt den Konsolen ihre Grenzen, ohne sich dabei zum extremen Hardware-Fresser zu entwickeln.

Allerdings muss man auch das Eingeständnis machen, dass einige der hervorragenden Partikel- und Spezialeffekte der PS2 nicht in der PC-Fassung enthalten sind, so zum Beispiel eine vollkommen überraschende Nebelwand oder Sandstürme.

Im Gegensatz zu Xbox und GameCube können sich PC-Spieler jedoch nicht über ein mangelndes Geschwindigkeitsgefühl beklagen. Denn das ist durchweg gelungen, reicht aber trotzdem komischerweise nicht an die PS2-Version heran.

Rock Me, Baby

Wer mit Rockmusik nichts anfangen kann, sollte die Musiklautstärke runterfahren. Denn mit Tracks von z.B. Uncle Kracker, Bush, Course of Nature und Rush steht eine brachiale, aber letzten Endes vollkommen passende Musikuntermalung auf dem Programm.

Soundeffekte wie Motorengeräusche, quietschende Reifen usw. sind ebenfalls passabel, kommen aber letzten Endes nicht über guten Durchschnitt hinaus. Vor allem die Motorengeräusche wirken allesamt etwas blechern. Die Sprachausgabe, die vor allem im Hot Pursuit-Modus zum Einsatz kommt, ist wiederum sehr gut gelungen.

Allerdings fallen die Sprachsamples ingesamt nicht so zahlreich und witzig aus wie auf der PS2. Zudem ist die Standard-Einstellung der Soundmischung nicht ganz optimal. Im Gegensatz zum PS2-Vorbild muss man schon ein bisschen mit den Optionen spielen, bis man eine Einstellung gefunden hat, die allen Soundelementen den gleichen Stellenwert einräumt.

Fazit


Einzig der Multiplayer-Modus sorgt für einen Lichtstrahl der Hoffnung. Denn obwohl für Singleplayer kurzweilige Kost mit gutem Fahrzeug-Handling, exzellentem Streckendesign und den zwei grundverschiedenen Spielmodi geboten wird, bleibt die PC-Version vollkommen unverständlich hinter der PS2-Fassung zurück. Sicher: Die Grafik ist Hardware-bedingt schöner anzusehen, bietet aber niemals die Detailverliebtheit des Konsolen-Cousins.
Angesichts der Tatsache, dass es auf dem PC nicht gerade ein Übermaß an Arcade-Racern gibt, werden Rennspielfans sicher ungesehen zuschlagen und vermutlich auch nicht ganz so stark enttäuscht sein. Doch wenn man sich daneben die Features der PS2-Version anschaut, werden die zahlreichen verschenkten Ideen deutlich, die in dem nicht vorhandenen Cop-Modus für Multiplayer gipfeln.

Pro

<li>zwölf Strecken in vier Varianten</li><li>mehr als 60 Missionen</li><li>gutes Streckendesign mit zahlreichen Abkürzungen</li><li>moderate Hardware-Anforderungen</li><li>nette Soundkulisse</li><li>gute Steuerung</li><li>umfangreiche Statistiken</li>

Kontra

<li>auf Dauer sehr eintönig</li><li>Action-Kameras der PS2-Fassung fehlen</li><li>willkürliches Polizeiverhalten</li><li>PS2-Fassung mit durchdachteren Features</li><li>gewisse optische Details der PS2-Version fehlen</li><li>kein Cop-Modus für Multiplayer</li>

Wertung

PC

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