Enclave12.06.2003, Paul Kautz
Enclave

Im Test:

Eine mittelalterliche Umgebung, ein dunkler Dämon mit Invasionsplänen und jede Menge Schneidwerkzeug - gute Zutaten für ein hackfreudiges Action-Adventure. Dass der junge Entwickler Starbreeze mit Enclave (ab 4,88€ bei kaufen) noch weitaus mehr zu bieten hat, und wieso die PC-Version der Xbox-Fassung überlegen ist, erfahrt Ihr im Test.

Mystische Welt

Vor langer Zeit tobte ein Krieg, der nur durch den Einsatz von jeder Menge Magie gewonnen werden konnte: ein mächtiger Zauberer erschuf eine Erdspalte, welche die Länder trennte und der Stadt Celenheim Ruhe vor dem Oberdämon Vatar und seiner dunklen Armee verschaffte. Das ist nun schon schier ewig her, die auseinander gedrifteten Erdteile nähern sich langsam wieder an, und die Probleme kommen wieder. Aus der Not heraus erhöht der Herrscher von Celenheim die Steuern, um die Kriegsvorbereitungen finanzieren zu können. Wer sie nicht zahlen kann oder will, gilt als Verbrecher und landet im Gefängnis - und hier beginnt unsere Geschichte..

Ihr erwacht auf dem kalten Fußboden, die Erde bebt. Eine Mitgefangene in der Nachbarzelle verhöhnt Euch und freut sich auf ihre Befreiung; kurz darauf bleibt ihr allerdings das Lachen im Halse stecken - der Befreiungsversuch hat sie das Leben gekostet, Euch allerdings die Freiheit beschert. Ein Kurzschwert ist schnell gefunden, ein lumpiger Holzschild ebenso, das muss für den Anfang reichen: Nur Ihr könnt den endgültigen Sieg der dunklen Armeen verhindern!

Gut oder böse?

Die Hintergrundgeschichte von Enclave wird Euch sowohl in Render- als auch Echtzeitgrafik präsentiert, wobei die Renderfilme etwas schwach komprimiert sind, und auf großen Monitoren krümelig wirken. Anfangs dürft Ihr nur die »helle« Kampagne der guten Seite auswählen. Habt Ihr das Spiel so durchgespielt, findet Ihr Euch auf der anderen Seite der Schwertspitze wieder - der dunklen. Das bedeutet, dass Ihr im Prinzip dasselbe Spiel noch mal durchzockt, jetzt allerdings aus der Perspektive der Bösen. Eine sehr gute Idee, und dem Wiederspielwert von Enclave sehr zuträglich!__NEWCOL__

Wie schon Rune oder Severance ist auch Enclave ein kampfbetontes Action-Adventure. Im Verlauf des Spiels habt Ihr die Wahl unter mannigfaltigen Waffen wie Schwerter, Bögen, Schlachthämmer, vergiftete Dolche, Zauberstäbe und vielem mehr. Hinzu kommen noch Rüstungen in verschiedenen Stärken, Schilde oder Bomben. Welche Art von Waffen oder Ausrüstung Ihr wählen dürft, hängt in erster Linie von der Spielfigur ab. Denn Ihr seid nicht mit stets demselben Helden unterwegs: In den abwechslungsreichen Missionen bekommt Ihr immer wieder Gelegenheit, eine Person zu befreien. Wenn Ihr das tut, dürft Ihr sie ab dem nächsten Auftrag selbst steuern - manchmal schenkt Euch das Programm auch einen weiteren Charakter.

So summieren sich die Figuren bis zum Ende des Spiels auf satte 14 unterschiedliche Protagonisten inkl. zweier Bonusfiguren mit unterschiedlichen Vor- und Nachteilen: auf der hellen Seite tummeln sich Krieger, Druide, Halbling oder Zauberer, während die dunkle Seite von je einem Attentäter, Berserker, Goblin, Bombardier oder Steingolem würdig vertreten wird. Überdies habt Ihr als »guter« Kämpfer bei einer Gelegenheit im Spiel die Möglichkeit, eine gewaltige Monstrosität zu steuern, um einen besonders harten Gegner in die Knie zu zwingen. Unabhängig von heller oder dunkler Seite sind die Waffen stets gleich, außerdem beeinflusst Ihr mit der Wahl der Spielfigur indirekt den Schwierigkeitsgrad des Spiels - mit manchen Charakteren ist Enclave leichter, mit anderen schwerer zu meistern.

Darüber hinaus dürft Ihr unter drei Schwierigkeitsstufen wählen, die sich in Sachen Spielerkraft, Gegnerstärke, Checkpunkte und Heiltrank-Anwendung unterscheiden.

Geld regiert die Welt

Die insgesamt 27 Levels des Spiels beinhalten vielerlei spannende Missionen für Eure Schützlinge: Ihr müsst Bücher finden, Personen beschützen, einen Zauberstab wiederbeschaffen und natürlich massig Bösewichter auslöschen. Auf der anderen Seite des Lichts wird Euch von Unterwelt-Königin Mordessa befohlen, bestimmte Personen zu eliminieren oder zu entführen, einen Außenposten zu zerstören und ihre Flagge zu hissen, eine Brücke zu sprengen und vieles mehr. Viele der Levels bekommt Ihr dabei mehrmals zu sehen. Denn ein großer Teil der Missionen von dunkler und heller Seite spielt an den selben Orten: eine von Maschinen, Lava und Dampfschwaden erfüllte Unterwelt, ein prächtiges Plateau, ein Furcht erregender Palast oder eine Unterwasserstadt.

Um Euch die zahlreichen Waffen leisten zu können, braucht Ihr natürlich Geld. Das findet Ihr gleich in mehreren Variationen: Goldsäcke bringen wenig, glitzernde Rubine viel Bewegung in die Kasse. Meist sammelt Ihr die Hinterlassenschaft gefallener Gegner auf, doch sehr oft sind die wahren Schätze gut verborgen. Ihr müsst Euch sehr genau umsehen, und auch nach versteckten Schlüsseln Ausschau halten, wenn Ihr wirklich alles Gold finden wollt. Dazu gehört auch, dass Ihr einige kleinere Puzzles löst. Obgleich man den hiesigen Rätseln kaum das Attribut »komplex« anheften kann, sind sie immerhin durchdacht genug, um sich wohltuend von den üblichen Schalter-hier-Schalter-da-Spielchen zu unterscheiden - natürlich müsst Ihr trotzdem gelegentlich Hebel drücken und Maschinen bedienen. Außerdem ist es stets eine gute Idee, um Hilfe schreienden NPCs unter die Arme zu greifen. Die zeigen Ihre Dankbarkeit meist, indem Sie Euch zu einer Abkürzung oder eben einer Schatzkammer führen.

__NEWCOL__Schrecklich schön

Die Optik war schon auf der Xbox wegweisend, doch auf dem PC sieht Enclave schlicht genial aus: neben hochauflösenden Texturen, fantastischen Licht-, Spiegel- und Wassereffekten, »echten« Schatten sowie superben Animationen sind es vor allem die liebevollen Umgebungen und exzellent modellierten Figuren, die dem Spieler immer wieder die Luft stocken lassen - dermaßen viele Details gab es bislang in keinem Actionspiel zu sehen! Noch umwerfender ist allerdings die Geschwindigkeit: selbst auf Maschinen unterhalb der 2 GHz läuft Enclave mit vollen Details stets flüssig, nur ganz selten schleicht sich ein kurzer Ruckler in das sonst geschmeidig fließende Spiel.

Ihr erlebt die Action aus Schulter- und Ego-Ansicht, wobei Letztere zum Spielen nur bedingt tauglich ist. Jede Menge gesripteter Ereignisse und exzellente Spezialeffekte bestätigen den sehr guten Grafikeindruck. Allerdings gibt es auch zwei Nachteile: wie schon an der XBox dürft Ihr auch am PC praktisch nichts kaputt machen. Fässer, Stühle und die meisten anderen herumstehenden Dinge sind vermutlich aus Weg-Gründen unzerstörbar. Nummer 2 wurde schon erwähnt: die Rendervideos und Menüs wirken zerfasert und irgendwie schmutzig - DVD-only-Auslieferung und eine Installation von über zwei Gigabyte lassen eigentlich andere Qualitätsstandards erwarten.

Metzger werden übrigens wenig Freude an Enclave haben: zwar spritzt bei einem gut platzierten Schwerthieb hier und da etwas Blut, aber sämtliche Körperteile bleiben da, wo sie hingehören.

Viel Feind, viel Ehr´

Je nach Seite bekommt Ihr es mit unterschiedlichen Gegnern zu tun: als Kämpfer für die gerechte Seite schnitzt Ihr an Goblins, dunklen Zauberern, Froschmännern, Skeletten und Dämonen herum. Die dunkle Seite der Macht streckt dagegen Paladine, Bogenschützinnen, Magier und natürlich Druiden nieder. Alle Widersacher verbindet Ihre bemerkenswerte Intelligenz: sie verstecken sich, fliehen im Notfall, springen aus einem Hinterhalt hervor, weichen geschickt Euren Angriffen aus und wehren sie clever ab. Jede Gegnerart hat ein eigenes Kampfmuster, welches erst einmal erforscht werden muss - bis dahin empfiehlt es sich, die Levels langsam zu durchqueren, und sich regelmäßig hinter dem nützlichen Schild zu verstecken. Das gilt natürlich speziell für die seltenen Endgegner, die besonders zäh und nicht einfach durch Draufhauen zu besiegen sind.

Falls gerade nicht gekämpft wird, müsst Ihr auch viele Fallen überwinden und Jump-and-Run-Passagen bewältigen. Die sind niemals unfair oder nervig, können aber schnell in Verbindung mit dem größten Nachteil des Spiels ein Ärgernis werden: Ihr dürft nicht frei speichern! Wie schon an der XBox wird nur nach bewältigtem Level gesichert; innerhalb einer Mission dürft Ihr lediglich zwei Checkpunkte aktivieren, an denen Ihr im Todesfall wiederbelebt werdet - und das auch nur auf dem einfachen und normalen Schwierigkeitsgrad.

Das System ist zwar clever gelöst (bereits besiegte Gegner bleiben tot und Rätsel gelöst, wenn Ihr wiederkehrt), allerdings wäre ein freies Speichern, oder zumindest eine etwas höhere Anzahl an Checkpoints wirklich hilfreicher gewesen - so beißt Ihr aufgrund des sehr hohen Schwierigkeitsgrades viel zu oft in die Tastatur. Neben Schild und einer möglichst guten Rüstung sind es nämlich nur wertvolle Heiltränke, die Euch vor einem verfrühten Heldentod bewahren. Allerdings dauert die Benutzung dieser magischen Säfte eine kurze Zeit, und ist somit im Kampf knifflig.

__NEWCOL__Kanone geschultert..

Genau wie die Grafik bewegt sich auch die Akustik von Enclave auf höchstem Niveau. Der orchestrale Soundtrack passt hervorragend zur mittelalterlichen Rübe-ab-Action, und wird von wuchtigen Soundeffekten begleitet. Dazu gibt es noch vielerlei deutsche Sprachausgabe: im Spiel finden sich neben allerlei Kampfsprüchen und Schreien auch viele Dialoge; in den Zwischensequenzen bekommt Ihr die nette Story professionell, wenn auch etwas hektisch vorgelesen. Words like violence break the silence. Die Entwickler haben sich übrigens für jede Seite mit sehr mysteriösen Endsequenzen ein Hintertürchen für einen eventuellen zweiten Teil offen gelassen. Dank der DVD habt Ihr auch die Möglichkeit, das Spiel auf englisch, französisch, italienisch oder spanisch zu spielen.

Die Steuerung per Tastatur und Maus wurde bewusst einfach gehalten, so dass nur wenige Tasten benötigt werden - kein Vergleich zum eher umständlichen Severance. Ihr könnt laufen, springen, kämpfen, schwimmen und natürlich auch klettern. Besonders wichtig sind Kampf-Kombinationen, auf die Ihr allerdings nur wenig Einfluss habt: mit stärkeren Waffen drückt Ihr einfach mehrfach die Angriffstaste, und schon werden ganze Gegnerreihen von einer niederschmetternden Kombo zerquetscht.

Als besonderen Gag und zur schnellen Vermehrung der Reichtümer haben die Entwickler übrigens einige Bonuslevels integriert, die in zwei Arten zerfallen: Nummer 1 sind drei unterschiedlich schwere Kampfarenen, in denen Ihr gegen immer stärker werdende Gegner antretet. Überlebt Ihr das, seid Ihr reicher. Nummer 2 ist sehr spaßig: Ihr steht mit einer dicken Kanone bewaffnet (im Falle der dunklen Seite: eine Ballista) und ballert von den Zinnen einer Burg auf heranstürmende Goblins (bzw. fliehende Dorfbewohner). Diese Bonuswelten sind allerdings nicht frei verfügbar, sondern werden erst freigeschaltet, wenn Ihr sorgfältig versteckte Landkarten findet. Sammler werden sich überdies freuen, dass der durch ein schönes Hologramm-Cover verdelten Verpackung noch acht hochwertige Artwork-Karten beiliegen.

Fazit


Wer Enclave zum ersten Mal in Bewegung sieht, wird erschlagen: die Präsentation ist atemberaubend, Grafik und Sound bewegen sich auf höchstem Niveau, die Action ist gleichermaßen spannend wie motivierend. Auch das Gut-Böse-System gefällt mir sehr gut; ich mag es, Geschichten aus mehreren Sichtweisen zu ergründen. Klar, dass sich dadurch gezwungenermaßen die Levels wiederholen, aber das passiert so geschickt, dass es nicht stört. Das gilt leider nicht für die von der XBox bekannten Nachteile: die Levels wirken durch die praktisch nicht vorhandenen Interaktionsmöglichkeiten etwas steril und das Speichersystem (sofern es diesen Namen verdient) ist in Verbindung mit dem teils mörderischen Schwierigkeitsgrad und den seltenen Heilungsmöglichkeiten schlicht eine Frechheit. Schade, denn eben diese Punkte haben wir schon vor einem Dreivierteljahr angekreidet, und zumindest die Speichersache hätte verbessert werden sollen - nun ja. So bleibt ein hartes, wunderschönes und motivierendes Hack-and-Slay mit leichtem Adventure-Einschlag für alle frustgestählten PC-Schwertschwinger.

Pro

<li>geniale Grafik</li><li>abwechslungsreiche Levels</li><li>intelligente Gegner</li><li>vielerlei Waffen</li><li>motivierendes Spielsystem</li><li>gute Story</li><li>viele spielbare Figuren</li><li>Charakterauswahl beeinflusst Schwierigkeitsgrad</li><li>atmosphärischer Soundtrack</li><li>sehr gute Sprachausgabe</li><li>mehrere Sprachen zur Auswahl</li><li>einfache Steuerung</li><li>interessante Missionen</li><li>spannende Echtzeit-Kämpfe</li><li>quasi zwei Spiele in einem</li>

Kontra

<li>wenig interaktive Levels</li><li>sehr schwer</li><li>fürchterliches Speichersystem</li><li>krümelige Menüs und Zwischensequenzen</li><li>Levels wiederholen sich</li><li>auf Dauer etwas eintönig</li>

Wertung

PC

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