Colin McRae Rally 318.06.2003, Paul Kautz
Colin McRae Rally 3

Im Test:

Die Entwicklung von Colin McRae Rally 4 nähert sich mit großen Schritten der Vollendung, da dürfen sich PC-Raser endlich mit dem dritten Teil vergnügen - gut ein halbes Jahr, nachdem PS2- und Xbox-Piloten schon das Vergnügen hatten. Ob sich die Wartezeit für geduldige Rallye-Fans gelohnt hat, und was den PC-Colin von seinen Konsolen-Pendants unterscheidet, erfahrt Ihr aus der Review.

Von Meisterhand gelenkt

Der Schotte Colin McRae ist für Rallye-Fans das, was Tony Hawk für die Skateboarder ist - ein Idol, ein Superstar, ein Garant für hochwertige Spiele. So setzten die beiden Vorgänger Maßstäbe in Sachen Fahrphysik, Spielbarkeit und realistischen Raserspaß, allerdings weniger im Bereich Grafik. Und so klotzt auch der neue Teil mit bewährten Stärken und Schwächen - aber wir wollen nicht zu viel verraten.

Nach der zeit- und platzaufwändigen Installation, die immerhin gut drei Gigabyte Plattenplatz beansprucht, begrüßt Euch ein bekannt durchgestyltes Menü, welches sich aller Coolness zum Trotz etwas fummelig nur per Tastatur bedienen lässt. Habt Ihr die Optionen Euren Wünschen angepasst, erwarten Euch zwei Spielmodi: Championship und das etwas merkwürdig übersetzte »Wertungsprüfungen«. Hinter diesem skurrilen Namen verbirgt sich nichts weiter als ein Freeride-Modus, in dem Ihr mit den verschiedensten Fahrzeugen über von Anfang an zur Verfügung stehende und bereits freigespielte Strecken düsen könnt.

Insgesamt erwarten Euch 42 Stock-und-Stein-Abschnitte rund um den Globus, die Ihr auch im Hauptspiel erfahren müsst. Hier dient das Rasen allerdings nur dem Perfektionieren der Steuerung und möglichst hohen Highscores.

Der gläserne Wagen

Der Championship-Modus ist das Herzstück von Colin McRae Rally 3 (ab 19,51€ bei kaufen), schließlich verfolgt Ihr hier eine ganze Querfeldeinraser-Karriere.__NEWCOL__

Allerdings dürft Ihr keinen Storyverlauf wie in DTM Race Driver erwarten, im Grunde klappert Ihr nämlich hier doch nur eine Strecke nach der anderen ab - auch wenn das Drumherum jetzt dank kurzer Zwischensequenzen in Echtzeit schöner verpackt ist. Ihr wählt anfangs unter drei Schwierigkeitsstufen, die direkt Einfluss auf das Können der gegnerischen Fahrer haben.

Bevor es auf die Piste geht, könnt Ihr auch noch ein wenig an Eurem einzigen Fahrzeug schrauben - in diesem Modus sitzt Ihr ausschließlich hinter dem Lenkrad des Ford Focus. Das hat McRae zwar jahrelang auch getan, aber warum man den Spieler auf diesen einen, mittlerweile auch inaktuellen Wagen beschränkt, ist nicht ganz klar. Ist das sehr simple Tuning abgeschlossen, dürft Ihr noch Proberunden drehen, die Telemetrie auswerten oder Euch allgemeine Streckeninformationen zu Gemüte führen, bevor es endgültig an den Start geht.

Ob Japan, Schweden, Großbritannien oder Griechenland, die Strecken sind stets in vier mehr oder weniger lange Abschnitte unterteilt, in denen Ihr sehr auf Euren Lack achten solltet: Schrottet Ihr Euren Wagen vor Ende der Rallye, ist diese vorbei. Normalerweise dürft Ihr nur nach komplett bestandenen Abschnitten Euren Wagen reparieren lassen; lediglich bei längeren Rennen dürft Ihr auch zwischendurch den Schraubenschlüssel schwingen. Zwischen den Etappen werden nur die gröbsten Schäden notdürftig repariert.

Mein kleiner Fuhrpark

Eure Hatz nach Gold führt Euch über Asphalt, Gras, Schotter, Schlamm, Wasser und Eis. Die Beläge gehen sanft ineinander über, so dass Ihr Eure Fahrweise stets anpassen müsst. Am Ende jeder Rallye wartet gar ein Spezialmodus auf Euch, in dem Ihr erstmals direkt gegen einen Konkurrenten auf einer zweispurigen Rennbahn antretet. Habt Ihr eine Rallye geschafft, gibt es als Belohnung ein neues Extra, das Ihr im Tuning-Modus verbauen könnt - neue Stoßdämpfer, Hartreifen und vieles mehr. Gewinnt Ihr das Rennen, gibt es gar Zusatzautos für den Stages-Modus; echte Bonusfahrzeuge erhaltet Ihr leider nur über die mittlerweile berüchtigte 0190-Hotline von Codemasters.

Die Neuwagen erweitern den etwas eingeschränkten Fuhrpark um Modelle wie den Mitsubishi Lancer Evo 7, Citroen Xsara Kit Car, Ford Puma Rally oder MG ZR. Alle Wagen sind ähnlich detailliert und realistisch ausgearbeitet wie der Vorzeige-Ford, und fahren sich sehr unterschiedlich.

Gespür für die Straße

Eines der Hauptmerkmale der Colin McRae-Serie war bislang immer das nahezu perfekte Fahrmodell, das das Rallye-Feeling so realistisch wie möglich auf heimische Monitore übertrug. Und natürlich gibt sich Teil 3 auch in dieser Hinsicht keine Blöße, ganz im Gegenteil: Nicht zuletzt dank der engen Zusammenarbeit der Entwickler mit dem Ford-Rallye-Team fährt sich Euer Hauptwagen, der Ford Focus, absolut authentisch.__NEWCOL__

Gewicht, Leistung, Kraftübertragung, alles funktioniert genau so, wie es Ford-Fahrer gewohnt sein sollten. Ob mit Tastatur, Joypad oder Lenkrad, Ihr habt die Fahrzeuge stets sicher im Griff, und spürt aufgrund des wunderbaren Fahrmodells sofort, wenn sich der Bodenkontakt verändert, oder warum das Fahrzeug in scharfen Kurven ausbricht.

Auf dem Niveau der Fahrphysik bewegt sich auch das detaillierte Schadensmodell: jeder Kontakt mit einem Baum, einer Mauer oder einem größeren Stein bewirkt eine Verbeulung des anfangs noch perfekten Chassis´. Mit der Zeit habt Ihr heftige Beulen im Blech, zerstörte Radaufhängungen, zersplitterte Scheiben, lose in der Angel baumelnde Türen, wegfliegende Motorhauben - im Extremfall werden wir schon Mal von unserem eigenen Reifen überholt, der vorher zerfetzt an der Felge schlabberte.

Allerdings gibt es manchmal auch Unstimmigkeiten in der Zerstörungsorgie: eine aufgesprungene Tür bleibt hier und da stur offen und kann nicht mal durch Baumkontakt entfernt werden. Oder man rast mit Karacho seitlich in einen Baum, ohne dass der Lack auch nur angekratzt wird. Außerdem scheint es merkwürdig, dass ein PS-strotzender Wagen von etwas trivialem wie einem Straßenschild, einem kleinen Baum oder einer leichten Anhöhe abrupt ausgebremst werden kann.

Des Fahrers Stolz

In den letzten Jahren haben Rallye-Spiele vor allem grafisch einen gewaltigen Sprung nach vorne gemacht - Schönheiten wie Microsofts Rallisport Challenge zeigen dies überdeutlich. In diesem Bereich muss Colin 3 deutlich zurückstecken, vor allem die Landschaften können einfach nicht mithalten: die flachen Bitmap-Bäume am Spielfeldrand sowie das flunderflache Papp-Publikum sind dabei nicht mal so schlimm, da man sie in der Hitze der Fahrt kaum wahrnimmt. Die abwechslungsarmen und ziemlich leeren Landschaften trüben die Optik schon deutlicher; flimmernde Texturen und gelegentliche Polygonfehler müssen auch nicht sein. Aber dafür macht die Weitsicht mit wenig aufpoppenden Objekten Freude, das exzellent animierte Wasser besticht mit schönen Spiegelungen und realistischen Lichtbrechungen, außerdem sind die Wälder angenehm dicht bewuchert.

Das Highlight sind aber die Wagenmodelle: perfekt durchgestylt und in nahezu jedem Detail dem realen Vorbild nachempfunden, sind sie ein echtes Schmuckstück, das aus vielen tausend Polygonen besteht. Selbst normalerweise kaum zu sehende Details wie die wackelnden Dachantennen, der Motorraum, die Inneneinrichtung des Cockpits oder die Radkästen sind vollständig modelliert und animiert.

Von außen glänzen die Fahrzeuge dank schöner Lichteffekte, gutes Environmental Mapping reflektiert realistisch die Umgebung auf dem hochglanzpolierten Lack. Der verschmutzt im Laufe der Fahrt langsam, aber dreckig, was auch von den Wettereffekten abhängt; besonders der Regen sieht speziell aus der Cockpitansicht fantastisch aus: die Tropfen werden vom Fahrtwind beeinflusst, wandern schlingernd die Scheibe hinauf, und werden schließlich unregelmäßig vom Scheibenwischer weggewischt. Und wer in den nach jedem Rennen einsehbaren Replays die Augen offenhält, wird sehen, dass auch Colin persönlich und sein Copilot Nicky Grist gut animiert durch die Pampa holpern.

__NEWCOL__Engländer im Ohr

Akustisch gibt sich das Spiel spartanisch: Musik gibt es lediglich im Hauptmenü, während des Rennens tröpfelt keine einzige Note aus den Boxen. Dafür werdet Ihr von echten Motorensounds vollgedröhnt, die in der Außenperspektive etwas dünn klingen, aus der Cockpitsicht dafür umso voluminöser werden. Nur dort bekommt Ihr auch jede Menge Gerumpel, ächzende Stoßdämpfer und das Wummern des Unterbodens zu hören, wenn Ihr mal wieder hart aufgesetzt habt. Dazu gibt es noch etwas Umgebungssound sowie sporadisch johlendes Publikum.

Die ganze Zeit habt Ihr jedoch (in der im Hauptmenü wählbaren englischen Fassung) die Richtungsanweisungen von Nicky Grist im Ohr, der Euch zuverlässig über Stärke und Ausrichtung kommender Kurven unterrichtet - gerüchteweise soll man nur aufgrund dieser Angaben das Spiel blind fahren können. Trotz aller Qualität ist aber auch hier die Sprachausgabe abgehackt und nur selten zusammenhängend flüssig. Doch in jedem Fall ist sie hochwertiger als das deutsche Pendant, das sich nur Englisch-Hasser zu Gemüte führen sollten: der deutsche Sprecher klingt ebenso langweilig wie abgehackt. Im Zweifelsfall könnt Ihr auch ganz auf die Sprachausgabe pfeifen, und Euch an den vor jeder Kurve eingeblendeten Hilfspfeilen orientieren.

Der Multiplayermodus beschränkt sich leider auf einen Rechner, an dem bis zu vier Fahrer entweder per Splitscreen oder im Hot Seat (wie bei einer echten Rallye) nacheinander antreten dürfen - per Internet oder LAN geht leider gar nichts, darüber hinaus nervt der Splitscreen-Modus durch extremes Ruckeln.

Fazit


Es fällt schwer, in heutigen Zeiten grafischer Exzesse ein Produkt wie <4PCODE cmd=DGFLink;name=Colin 3;id=2237> überzeugend zu empfehlen, das vor allem mit inneren Werten denn mit Augenschmankerln protzt. Realismus-Fetischisten finden hier ganz klar ihr Eldorado - echter kann man das Rallye-Fahrgefühl wohl nicht vermitteln. Dank fantastischer Steuerung, realistischer Fahrphysik und einem coolen Schadensmodell fühlt man sich schnell wie ein Rallye-Crack, nimmt Kurven mit Bedacht und schliddert haarscharf an Hindernissen vorbei - cool! Grafisch hingegen muss sich der Großmeister kleinlaut Jungspunden wie <4PCODE cmd=DGFLink;name=Rallisport Challenge;id=3341> beugen, die einfach optisch mehr bieten. Von daher eine ganz klare Empfehlung für Rallye-Fans, denen Realismus vor Optik geht. Wer dagegen auf eine schraubengenaue Simulation verzichten kann, und lieber arcadigen Fahrspaß ohne große Einarbeitung sucht, ist beim Microsoft-Produkt oder Ubi Softs <4PCODE cmd=DGFLink;name=Rally Championship 2002;id=1802> besser aufgehoben.

Pro

<li>perfekte Fahrphysik</li><li>cooles Schadensmodell</li><li>exzellente Steuerung</li><li>abwechslungsreiche Strecken</li><li>fantastische Wagenmodelle</li><li>nette Zwischensequenzen</li><li>sehr gute Soundeffekte</li><li>schön animiertes Wasser</li><li>sehr schöne Wettereffekte</li><li>schnelle Ladezeiten</li><li>durchgestyltes Hauptmenü</li>

Kontra

<li>nur drei Kameraperspektiven</li><li>Bonusfahrzeuge nur per 0190-Nummer</li><li>lediglich ein Fahrzeug im Championship-Modus</li><li>grafisch unspektakuläre Strecken</li><li>Papp-Publikum am Streckenrand</li><li>gelegentliche Fehler im Schadensmodell</li><li>sehr begrenzte Tuning-Möglichkeiten</li><li>langweilige deutsche Sprachausgabe</li><li>holprige Sprachausgabe im Allgemeinen</li><li>merkwürdige deutsche Übersetzung</li><li>mäßiger Multiplayermodus</li><li>ruckliger Splitscreen-Modus</li><li>fummelige Menü-Bedienung</li>

Wertung

PC

0
Kommentare

Du musst mit einem 4Players-Account angemeldet sein, um an der Diskussion teilzunehmen.

Es gibt noch keine Beiträge. Erstelle den ersten Beitrag und hole Dir einen 4Players Erfolg.