Chaos verwalten
Aber trotz aller Formationen und ausgeklügelter Taktiken entwickelt jede Schlacht irgendwann eine ungezügelte Eigendynamik. Das ist historisch korrekt, aber verlangt spielerisch höchste Aufmerksamkeit: Wenn sich an einem Schlachtfeldende plötzlich ganze Verbände auflösen, oder die Bogenschützen die Flucht ergreifen, weil ihre Flanke attackiert wird, kann man schnell in Panik geraten. Hier hilft immerhin die Pausefunktion, die Euch in Ruhe einige rettende Befehle erteilen lässt - ohne dieses Feature wäre das Ganze zu chaotisch.
Trotz Pause trüben einige Inkonsequenzen das Feldherrn-Glück: Erstens sorgt die Gruppenbildung von zwei gleichen(!) Verbänden nicht dafür, dass Ihr einen großen Verband habt, sondern zwei kleine zusammen steuert. Das führt dazu, dass z.B. zwei Kavallerie-Regimenter nach der Gruppenbildung nicht einen Keil, sondern zwei bilden - damit beraubt man den Taktikteil um eine stoßkräftige Komponente und vergrößert die Unordnung auf dem Schlachtfeld.
Zweitens lösen sich breite Fronten nicht automatisch zu einer Einkesselung des auf schmaler Linie angreifenden Gegners auf, sondern verharren starr auf ganzer Linie. Hier hätte ein Umzingelungsbefehl Wunder gewirkt.
Und drittens lassen sich Artillerie-Einheiten nicht bewegen; sie verharren an einmal gewählten Punkten - schade.
Dürftige Mittelalter-Kulisse
Medieval: Total War wird wahrlich keinen Schönheitspreis gewinnen. Der hervorragende Ersteindruck des Intro-Videos ist nur von kurzer Dauer. Die Spielgrafik hat sich im Vergleich zum Vorgänger nur unwesentlich verbessert und bleibt in Sachen Details weit hinter der 3D-Konkurrenz zurück: Egal ob hässliche Bodentexturen, detailarme Einheiten oder abgehackte Animationen - Augen zu und durch. Auch filmische Zwischensequenzen sind Fehlanzeige, was angesichts der pompösen Einleitung äußerst schade ist.
Doch wo Schatten ist, ist auch Licht: Medieval ist trotz allem kein optischer Totalausfall. Ein kleines Highlight ist z.B. die edle 2D-Karte, die zwar keine Animationen aufweist, aber durch zahlreiche durchgestylte Infofenster im Pergament-Gewand geschmückt wird. Auch das Schlachtfeld entfaltet seinen Reiz aus einer gewissen Entfernung: Die Landschaft ist in der Panoramaperspektive aufgrund der hohen Sichtweite sehr stimmungsvoll. Außerdem ist das Einheitenaufgebot überwältigend: Wenn sich Tausende von Kriegern in Kolonnen in Marsch setzen, Staub aufwirbeln und zum Sturmangriff übergehen, kommt Braveheart-Feeling auf. Man sollte nur nicht in die Mann-gegen-Mann-Kämpfe zoomen…
Im akustischen Bereich glänzt die heroisch-epische Hintergrundmusik und auch die Sprachausgabe und die Sound-Effekte sind gelungen. Allerdings hätte es auf dem Schlachtfeld noch etwas kerniger und abwechslungsreicher zur Sache gehen können.