Im Test:
Einmal Rotlichtkönig sein
Was ist ein Lude? Ein Typ, der im Rotlichtviertel einer nicht ganz jugendfreien
Tätigkeit nachgeht. Eher prosaisch ausgedrückt, sorgt der Mann dafür, dass Prostituierte und Freier zueinander finden. Um Prostitution muss man sich als inoffizieller Reeperbahn Manager zwar nicht kümmern, da die hierzulande illegal und somit als Spielinhalt diskreditiert ist, aber man treibt sich auch mal im Sperrbezirk rum, wie es sich für ne echte Kiezgröße gehört. Sonnenbrille von Aldi. So stellt man sich nicht mal auf der Reeperbahn und auch nicht in den 80ern einen coolen Typen vor.
Dort kann man sich also mit den vollbusigen Bordsteinschwalben unterhalten, was allerdings keine sonderlich tiefschürfenden Erkenntnisse bringt, da sie eigentlich nur blödes Gewäsch von sich geben. Doch eine Frau muss man bezirzen - die dralle Mona z.B., die einem anfangs gar nicht gewogen ist. Das soll sich ändern, denn man muss das kurvige Blondchen mit allerhand teuren Geschenken auf seine Seite bringen. Nur eines der zu erreichenden Spielziele.
Billige Präsentation
Man tritt also an, um ne große Nummer aufm Kiez zu werden. Dafür gilt es, den etwas üblen Ruf für St. Pauli in die Höhe zu
treiben, wofür ein dicker Geldbeutel allein nicht reicht. Man muss sein Lokal in Schuss halten, Schutzgeld erpressen oder anderen Halunken in die Suppe spucken. Es gibt nur einen Spielmodus mit virtuellen Konkurrenten, aber keinerlei Multiplayerfunktion. Immerhin wird man auch in der Kampagne öfters mal sabotiert. Und man kann eine Rockertruppe anheuern, die dann ein Auge auf den Besitz hat. Kommen dann Kakerlaken oder Mäuse geflogen, heißt es trotzdem zunächst blechen. Denn auch auf dem urigen Kiez zählt nur ein Stoff - die liebe Kohle. Auf der Straße steppt der Bär. Genauer sieht die Reeperbahn eher wie ne Modelleisenbahn von St. Pauli aus.
Und wie sieht das Ganze aus? Ganz schwach. Von der ultrarealistischen Simulation, die auf der Verpackung suggeriert wird, ist nach Spielstart nichts zu merken. Das merkt man nicht nur am seltsamen Look, der irgendwo zwischen Comic, Modelleisenbahn und Sexheft schwankt und jegliche Authentizität vermissen lässt. Sexy ist das trotz schlüpfriger Ansätze auch nicht, schon eher abtörnend. Bezeichnend ist, dass man seine Tänzerinnen zwar unter der Dusche beobachten kann, was aber in einem total verklemmten Filmchen dargestellt wird. Was soll das? Wichtige Orte wie die Landungsbrücken, die Herbertstraße oder Davidwache kommen zwar vor, sie sind aber nicht wirklich zu erkennen. So sah St. Pauli auch in den 80ern nicht aus, zudem ist vieles schlecht zu finden.
Asche verdienen
Trotz dieser billigen Aufmachung ist die Karriere überraschend anspruchsvoll. Man startet mit 50.000 Mark im Portemonnaie
und einem heruntergekommenen Schuppen, der vor Dreck steht. Eine Peepshow sollte schon zumindest so sauber sein, dass die Hand anlegende Kundschaft nicht gleich krank wird. Daher kann man die Kabinen renovieren, was die Gesamtwertung sogleich steigen lässt. Es ist nämlich eines der Ziele, den besten Laden der Reeperbahn zu haben. Umständlich muss man sich erst ein Büro einrichten, um speichern zu können. Das ist nicht das Einzige, was man erst kostspielig freischalten muss - es gibt auch noch Kabinen mit Sexfilmen, Souvenirstände und Automaten. Mit Kabinen für Matrosen lässt sich ne gute Mark verdienen. Allerdings muss man die Sexfilmchen öfters austauschen.
Damit die Bude rockt, braucht man auch Personal. Um Männer in die Bude zu locken, heuert man einen Koberer an. Noch unfreiwillig was gelernt: Das sind die Typen, die Männer auf der Straße anhauen, um einen in einen Laden zu locken, wo man freiwillig niemals reingehen würde. Zudem braucht man natürlich auch ein paar Tänzerinnen, die man höchst altmodisch per Anzeige in der St. Pauli-Zeitung bekommt. Das Ganze ist nicht sehr ausgefeilt, da man kaum auf seine Leute achten muss. Die Stripperinnen beklagen sich auch nicht groß, wenn sie stundenlang hintereinander tanzen müssen. Reden ist auch nicht möglich, so dass man nicht weiß, was die Sexarbeiter so denken.
Ehrlich währt am längsten
Es ist nicht ganz einfach, an Kohle zu kommen, da man erst mühsam den richtigen Dreh rausfinden muss.
Der Dreiklang aus Lockangeboten, verführerischem Personal und lukrativen Preisen sollte stimmen, damit die Matrosen in den Nachtclub strömen. Für Einsteiger ist das sicher zu schwer, da man auch den Schwierigkeitsgrad nicht verändern kann. Arg viel mehr gibt es auch nicht zu tun, denn das Spiel stößt dann rasch an die Grenzen. So macht man letztlich immer dasselbe. Die Immobilienkäufe braucht man zwar für den Sieg, aber sie bringen auch keinen entscheidenden Schwung. Auch Brauerei oder Boxclub werden erst gegen Ende wichtig, wenn man schon wer ist, wohin ohnehin die wenigsten kommen dürften. Damit man endlich auch illegal tätig werden kann, muss man zuerst die Bullen schmieren.
Die illegalen Geschäfte sind schon eher zu haben, denn man kann sich auch als Kleinkrimineller verdingen. Man kann seine Bande auch Schutzgeld erpressen lassen, was aber zunächst selbst erst mal Geld kostet. Wird man erwischt, bekommt man Ärger mit der Polizei, die ihren Sitz in der berühmten Davidswache hat. Um denen einen Schritt voraus zu sein, kann man dem Partybeauftragten was zukommen lassen. Die Bullen halten sich raus und man kann am Hafen dunkle Geschäfte mit zwei dominamäßig gekleideten Damen tätigen. Zigarettenschmuggel, Falschgeld oder gar Waffenhandel ist nur eine Frage des Geschmacks und des investierten Kapitals.
St. Pauli, wie es leibt und lebt?
Um ans Ziel zu kommen, muss man des öfteren Minispielchen bestreiten, bei denen man wettet, säuft oder boxt. Wer sich Geld leihen will, muss erst eine Runde Schnäpse mit der vollschlanken Bedienung kippen. Das kaum lustige Trinkspiel ist eigentlich nicht mehr als wildes Herumgeklicke, bei dem man noch nicht mal betrunken wird. Auch das ominöse Froschrennen fällt der obermiesen Bedienung zum Opfer, so dass man am Ende Geld gewinnt, obwohl man nicht so recht weiß, warum. Nicht das letzte Mal, dass etwas nicht richtig erklärt wird, denn auch die Anleitung hilft oft nicht weiter. Ganz zu schweigen davon, dass sie zwar angezeigt wird aber gar nicht übers Menü lesbar ist.
Fazit
Obwohl Die Reeperbahn Simulation vom Umfang eher an ein Browserspiel erinnert als an ein ausgewachsenes Spiel, entfaltet sie zwischendurch einen gewissen Reiz - nicht weil sie sexy wäre, sondern weil sie durchaus knifflig ist. Das Spiel ist zwar schrecklich billig gemacht und sieht auch genau so aus, aber man will es dennoch zur Kiezgröße schaffen. Und es ist gar nicht so einfach, auf St. Pauli ordentlich Geld zu scheffeln. Anfänger mit Spannerambitionen liegen hier also völlig falsch, denn sie schlittern ohne pralle Hingucker schnell in die Pleite. Man muss schon alle sich bietenden Möglichkeiten von der Peepshow über das Glücksspiel bis hin zu illegalen Aktivitäten nutzen, um ans Ziel zu kommen. Denn nur so hat man irgendwann genug Asche, um der drallen Mona alles zu kaufen, was sie will. Leider wird das Ganze trotz im Ansatz schlüpfriger 2D-Kulisse völlig unerotisch präsentiert. Außerdem vermisst man irgendwann nicht nur Entwicklungsmöglichkeiten, sondern auch eine wirtschaftliche Dynamik - es ist zwar knifflig aber eben nicht komplex. Auch die Minispiele sind reichlich missraten, weshalb sich irgendwann eine öde Klickroutine einschleicht. Für zehn Euro bekommt man hier aber tatsächlich mehr geboten als bloß Tittentrash.
Pro
Kontra
Wertung
PC
Kaum zu glauben: Der billig gemachte Peepshow-Manager bringt trotzallem ein wenig Spaß.
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