Men of War: Vietnam15.09.2011, Bodo Naser
Men of War: Vietnam

Im Test:

Erfreulich, dass Men of War in seinem kurzen Vietnamauftritt mal die osteuropäischen Gefilde hinter sich lässt, um einen anderen Kriegschauplatz zu beleuchten. Bietet das taktische Echtzeit-Strategiespiel von 1C wieder die gewohnt harten Kämpfe?

Leider wenig gelernt

Eigentlich wollten die Amerikaner nach dem Vietnamdebakel keinen solch schmutzigen Krieg mehr führen. Abgesehen von kleineren Einsätzen, wie etwa der Invasion in Panama, hat ihr Versprechen genau 16 Jahre gehalten - dann kam der Irakkrieg von 1991. Leider ließen sie sich durch den leichten Sieg über Saddam Hussein in Kuwait blenden und führten fortan wieder große Kriege. Sie ließen sich nach dem 11. September sogar wieder in Guerillakriege verwickeln, die derzeit noch im Irak und in Afghanistan toben, auch wenn der Abzug beschlossene Sache ist. Die Gegner sind zwar heute andere, agieren aber ähnlich wie der Vietcong, indem sie den übermächtigen Feind mit verlustreichen Nadelstichen in Form von Bombenanschlägen, Sprengfallen und Feuerüberfällen zermürben.

Kann man diese Form des Krieges virtuell inszenieren? Für uns als Spieler ist der Vietnamkrieg ein willkommener Schauplatzwechsel zum Zweiten Weltkrieg. Allein mal im dichten Dschungel zu kämpfen statt in Osteuropa, lässt auf eine echte Abwechslung hoffen. Immerhin geht es hier verschlungener zur Sache: Die Hand voll eigener Soldaten verschwindet schnell im virtuellen Blättergewirr, wo hinter jedem Baum der Tod lauern kann. Neben den Amerikanern kann man auch die Nordvietnamesen spielen, auf die man besonders neugierig ist. Die Asiaten werden begleitet von wenigen russischen Militärberatern, die in einem Spiel Made in Russia nicht fehlen dürfen.

Authentische Dschungeleinsätze

Wo geht's zum Benzin? Obwohl man eher im Grünen kämpft, kommt auch mal ein Häuserkampf.
Wo geht's zum Benzin? Obwohl man eher im Grünen kämpft, kommt auch mal ein Häuserkampf.

Die einzige Kampagne ist aufgeteilt: Fünf Missionen spielt man Nordvietnam und fünf die Amis. Man beginnt 1968 mit den Vietnamesen, die nicht wesentlich schlechter bewaffnet sind wie  ihre Gegner aus dem Westen. Von „Reisfressern mit Kalaschnikow“ sind die ganz unterschiedlich gerüsteten Elitekrieger zum Glück weit entfernt, denn sie sind mit leichten MG, Raketenwerfern und Snipergewehren bewaffnet. Sie müssen sich gegen die übermächtige US-Kriegsmaschinerie behaupten, wobei Cleverness gefragt ist. Die Missionen bieten Abwechslung, da man zuerst Hubschrauber am Boden bekämpft, um dann aufs Boot umzusteigen, für das man aber noch Sprit braucht, der schwer zu finden ist, da die Kanister winzig wirken. Die meiste Zeit stromert man doch durchs Unterholz, um möglichst nicht vom Feind gesehen zu werden.                  

Die anderen fünf Missionen beschäftigen sich mit der US-Armee, die natürlich versucht, den Guerillakrieg des Vietcong zu unterbinden, der im Soldatenslang wie alle Kommunisten nur „Charlie“ hieß. Konkret passiert das durch Patrouillen, wie sie in mehr als einer Mission vorkommen und bei denen die Männer einen festen Weg entlang gehen. Dort werden alle Zivilisten auf Waffen durchsucht, Dörfer nach Sympathisanten durchkämmt und mögliche Hinterhalte des Vietcong verhindert, was genau dem entspricht, was die Amis tatsächlich in Indochina gemacht haben. Große Schlachten sind selten, da sich der Vietcong gar nicht darauf einlassen würde. Leider darf man die Amis mal wieder nicht gleich spielen, da man sie erst freispielen muss, was wohl das nicht all zu umfangreiche Spiel in die Länge ziehen soll.              

Taktisches Erkunden

Wie kriegt man die fetten Bunker klein? Frontal, von der Seite oder von hinten?
Wie kriegt man die fetten Bunker klein? Frontal, von der Seite oder von hinten?

Der Vietnamausflug der Kriegsmänner weist eine große Freiheit beim Vorrücken auf, die dieses Mal sogar noch größer ist. Ob man nun über die Flanke kommt, von hinten einmarschiert oder doch lieber den Hauptweg entlang geht, kann jeder Hobby-General selbst entscheiden. Es klappen sogar Scheinangriffe, bei denen nur ein kleiner Teil von einer Seite  beginnt, während das Gros der Truppe an der andern Seite folgt. Im Dschungel zählt freilich auch die gute Aufklärung, denn nur so findet man auch alle Schleichwege. Das ist mit Erkunden verbunden, bei dem man auch mal abgeschossen wird. Nicht umsonst speichert das Spiel alle Nase lang ab, was sich im Falle eines Fehlschlages auszahlt. Obwohl alle tot sind, kann man es noch mal probieren.

Beim Vormarsch ist wieder die Deckung elementar, die in keinem anderen Taktikspiel so wichtig ist. Dieses Mal sind es natürlich eher die Büsche, Gräser und Bäume, hinter denen man sich verstecken kann. Dafür sind Unterstände, Sandsackbarrieren oder Schützengraben wie in den Vorgängern selten, die eigentlich nur bei feindlichen Camps vorkommen. Die Suche nach der richtigen Deckung wird natürlich wieder zelebriert, denn es werden alle möglichen Stellen eingeblendet. Soll man hinter dem abgeschossenen Russenlaster, im Schatten des Dschungels oder doch beim umgefallenen Baum in Stellung gehen? Neben Stehen, sind wieder Knien und Kriechen möglich. Wenn man gut geschützt ist, hat man Vorteile im Feuergefecht und kann sogar größere Gegnermassen aufhalten.

Trial & Error

Schon wieder neu laden? Die beinharten Kämpfe sind sicher nicht jedermanns Geschmack.
Schon wieder neu laden? Die beinharten Kämpfe sind sicher nicht jedermanns Geschmack.

Obgleich das Spiel wieder beinhart und trotz dreier Schwierigkeitsgrade wahrlich nix für Frischlinge ist, fällt der Einstieg doch leichter als bei seinen teils unfairen Vorgängern. Denn fast jede Mission beginnt recht harmlos damit, dass man in Überzahl ein paar versprengte Feinde beseitigen muss. Davon sollte man sich nicht täuschen lassen, denn der militärtaktische Anspruch steigt blitzschnell an. Danach kämpft man dann meist in Unterzahl, wobei die richtige Taktik den Ausschlag gibt. Einmal nicht aufgepasst, hat man schon ein paar Männer weniger, die man auch nicht mehr zurückholen kann, da Nachschub allenfalls spärlich rinnt. Zudem gibt's im Dickicht Stolperfallen, die auch Soldaten kosten. Die feindliche KI zeigt sich hypernervös und eröffnet entsprechend schnell das Feuer, so dass man sich keine Fehler leisten darf.     

So hat Men of War nichts von seiner Bissigkeit eingebüßt, weil man immer noch an jeder Ecke sterben kann. Das Frustpotenzial ist entsprechend hoch, da man immer nur scheibchenweise und mit ständigem Abspeichern weiter kommt. Zwar kann man wieder alles an Waffen, Munition und Ausrüstung mitnehmen, wobei es im Dschungel aber deutlich weniger  Fahrzeug zu bemannen gibt, aber das Probieren wird dadurch nicht weniger. Darüber hinaus sollte man immer abchecken, ob man die richtige Waffe gewählt hat. Gerade im Nahkampf taugen manche Gewehre nichts und das gute alte Rambomesser kommt zum Einsatz.                

Kooperative Gefechte 

Ist schon in der Kampagne ein Zusammenwirken der einzelnen Soldaten mit ihren Fähigkeiten unumgänglich, gilt das erst recht  für den Mehrspielermodus, den Men of War endlich auch anbietet. Dort können bis zu vier menschliche  Kommandeure kooperativ auf den Karten der Kampagne vorgehen. Es gibt die Möglichkeit, im LAN oder Internet (via GameSpy) miteinander Gefechte zu bestehen, wobei jeder einen Teil der Gruppe übernimmt.

Fazit

Men of War: Vietnam ist der bislang beste Teil der russischen Echtzeit-Taktik, auch weil man gleich den Vietcong spielen kann, der sonst immer zu kurz kommt. Das Spiel bietet ein recht unverbrauchtes Szenario, die gewohnt harten Kämpfe und jede Menge taktischer Möglichkeiten. Mehr als in den Vorgängern kann man entscheiden, wie man angreifen will, da das unübersichtliche Terrain viele Wege zum Sieg bietet, wobei man auch mal was übersieht. Dabei muss man wieder peinlichst auf Deckung achten, denn die tödliche Feind-KI verzeiht keine Fehler. Die Kämpfer sind kostbar, da man in den Dschungel jeden Mann braucht, wenn es zur Sache geht. Hinterhalte, Sprengfallen und versteckte Kämpfer sind hier an der Tagesordnung. So bleibt es nicht aus, dass die Einheit ausgelöscht wird und man neu laden muss, was viel Trial&Error verlangt. Schafft man es irgendwann doch durchs Hintertürchen, freut man sich aber umso mehr. Das Spiel bietet genug militärische Atmosphäre, wenn etwa Hubschrauber den Wald in Schutt und Asche legen und dazu die Musik der 60er erklingt. Leider ist die Kampagne sehr schnell vorbei, da es nur wenige Einsätze gibt. Aber danach lockt der kooperative Mehrspielermodus. 

Pro

unverbrauchtes Szenario
neben Amis auch Nordvietnam spielen
beinharte Gegner
authentischer Dschungelkampf
Deckung elementar
verschiedene Taktiken führen zum Sieg
Fahrzeuge übernehmen
zeitgenössische Rockmusik
kooperativer Multiplayermodus

Kontra

oft bloßes Rumprobieren
hohes Frustpotenzial
geringer Umfang
US-Kampagne nicht gleich wählbar
Benzin schwer zu finden

Wertung

PC

Das bislang beste Men of War, weil es viel Taktik inklusive Dschungelfeeling bietet.

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