Im Test:
Kontrastprogramm
Wenn ich heute an Offroad im Zusammenhang mit Videospielen denke, schießen mir sofort die Bilder von rasanten Fahrten in Dirt 3, Sega Rally oder Flatout in den Kopf. In den letzten Jahren waren die prominenten Ausflüge über Stock und Stein vornehmlich von Tempo und Action geprägt. Der Geländewagen Simulator ist verglichen mit den genannten Offroad-Größen etwas völlig anderes: Zum einen geht es sehr viel gemütlicher zu, zum anderen entpuppen sich die Begegnungen mit Matschgruben, Hügeln und unwegsamen Felsformationen zu einem wahren Kampf zwischen Maschine und Natur, bei dem für das Weiterkommen sogar eine Seilwinde als "Waffe" eingesetzt werden muss.
Das etwas andere Rennen
Trotzdem steht die Karriere auch hier im Zeichen von klassischen Rennen - mit dem Unterschied, dass der Weg zum Ziel hier etwas anders ausfällt als gewohnt. Anstatt sich im Kampf mit den Geisterwagen wie üblich nur auf Gas, (Hand-)Bremse und Lenkung zu konzentrieren, muss man hier auch während den eher gemächlichen Fahrten den Reifendruck ändern, je nach Situation manuell zwischen Heck- und Allrad wechseln oder das Sperrdifferenzial aktivieren, um Unebenheiten zu meistern. Zusätzlich muss man das Getriebe im Auge behalten, das sowohl Gänge für niedrige als auch hohe Geschwindigkeiten bietet. Entscheidend ist auch oft der Rückwärtsgang, wenn man irgendwo festhängt - was nicht selten passiert. Nur wer hier ordentlich Schwung holt und rechtzeitig schaltet, kann sich aus der Situation befreien. Manchmal gibt es aber auch kein Vor und Zurück mehr: Hier hilft dann nur der Druck auf die Reset-Taste, mit der das Fahrzeug an den letzten Checkpunkt zurückgesetzt wird.
Diese sind aber nicht immer optimal gewählt und versetzen den Fahrer erneut zur vertrackten Problemstelle. Jeder kann sich vorstellen, dass man alle Hände voll zu tun hat, die Allrad-Boliden mit ihrer anspruchsvollen Fahrphysik halbwegs souverän über die Parcours zu dirigieren. Dabei sprengen die Funktionen, zu denen neben der genannten Seilwinde, Reifendruck & Co auch die Bedienung von Licht und Hupe gehören, die Tasten handelsüblicher Controller und Lenkräder, so dass die Steuerung nur im Zusammenspiel mit der Tastatur funktioniert, was zumindest in der Standardbelegung manchmal sehr unhandlich wirkt. Vom 360-Controller über Logitech-Produkte (Momo, G-25, Driving Force Pro)
Die Seilwinde erweist sich als Retter in der Not. |
bis hin zum Viper Pro Driving Wheel wird übrigens eine ordentliche Bandbreite an Eingabegeräten offiziell unterstützt. Selbst die Steuerung über Maus und Tastatur ist möglich, aber wenig empfehlenswert, da der analoge Umgang mit Gas und Bremse in manchen Situationen extrem wichtig wird.
Anspruchsvoll
Zumindest das Fahrwerk weckt den Eindruck, als würde es ordentlich simuliert werden, wenn sich die Reifen im Matsch festfahren, die Wagen beim Durchqueren von Wasser aufschaukeln und selbst kleine Unebenheiten an den Fahrer weitergegeben werden. Die Auswirkungen bei den Einstellungen des Antriebs und Differenzials spürt man zudem sehr deutlich -später darf man die Boliden sogar noch mit leichtem Motortuning sowie besseren Federn und Rädern aufrüsten. Das Aussehen lässt sich dagegen durch eine Auswahl an Skins anpassen. Eine offizielle Lizenz wird jedoch nicht geboten: Auch wenn die Fahrzeugmodelle realen Offroad-Vehikeln von Jeep, Nissan & Co sehr ähnlich sehen, hören sie im Spiel nur auf Bezeichnungen wie Samurai, Tarzan, Tiger oder Matschmanscher. Dabei unterscheidet sich jeder Bolide hinsichtlich des maximalen Drehmoments, Beschleunigung, Handling und seines allgemeinen Offroad-Potenzials. Eines haben jedoch alle gemeinsam: Ein Schadensmodell ist quasi nicht vorhanden und die Motorenklänge bewegen sich höchstens auf einem durchschnittlichen Niveau.
Rund um den Globus
Der Karrieremodus erstreckt sich rund um den Globus und bietet neben einem einführenden Tutorial diverse Offroad-Events in Thailand, Afrika, Ladoga (bei St. Petersburg), Malaysia, USA und Australien. Viele Wettbewerbe und Fahrzeuge werden
Die Unebenheiten verlangen oft gefühlvollen Umgang mit dem Gaspedal. |
Geselliges Einmatschen?
Neben der Karriere wird außerdem noch ein Mehrspielermodus geboten, der sehr rudimentär ausfällt: Wahlweise im LAN oder über das Internet dürfen sich hier gerade mal vier Teilnehmer in den manuell aufgesetzten Wettbewerben messen, während man im Rahmen der Karriere immerhin gegen bis zu neun andere Fahrer antritt. Allerdings können in den LAN- und Online-Sessions optional die Kollision aktiviert werden, so dass man nicht zwingend nur gegen Geisterwagen ohne Berührungsmöglichkeiten um Positionen kämpft. Trotzdem hätte man hier viel mehr bieten können und müssen - nicht mal Online-Ranglisten gibt es zu sehen! Insgesamt ist der Mehrspielermodus schwach geraten, da man sich nur auf das Nötigste beschränkt.
Zerschnittene Bilder
Dass sich die Entwicklern hinsichtlich des technischen Gerüsts für Epics Unreal Engine entschieden haben, tut dem Simulator gut: Auf den ersten Blick bieten die mitunter farbenfrohen Kulissen trotz einiger Pop-ups einen netten Detailreichtum und können sogar mit Echtzeit-Deformationen der matschigen Oberflächen überzeugen, auch wenn man sich nur bis zu einem gewissen Grad mit den Reifen Furchen in den Boden graben kann.
Die Entwickler wirbeln viel Schmutz auf. |
Deutlich schlimmer ist jedoch die Tatsache, dass man in den Optionen keine vertikale Synchronisation (V-Sync) bei den Grafikeinstellungen erzwingen kann. Die Folge: Das Bild wird beim Aufbau zerrissen, es kommt zum unschönen Tearing-Effekt. Und der fällt hier so prägnant und störend aus wie in kaum einem anderen Spiel, was den zunächst guten Eindruck hinsichtlich der Präsentation spürbar mildert!
Fazit
Es ist schön, dass 1C Company mit dem Geländewagen Simulator 2012 (oder sollte ich besser schreiben Off-Road Drive?) mal einen völlig anderen Ansatz wählt als die meisten anderen Offroad-Vertreter. Hier muss man tatsächlich mit Feingefühl und Bedacht agieren, wenn man sich erfolgreich durch die Natur und ihre Hindernisse kämpfen will - das reine Tempo spielt trotz klassischem Rennaufbau eher eine untergeordnete Rolle. Stattdessen gilt es, die Fahrphysik mit Allrad-Antrieb, Veränderungen am Differenzial und dem Reifendruck so weit wie möglich auszureizen und die optimale Route in den herrlichen Matsch- und Drecklandschaften zu finden, selbst wenn man im Extremfall sogar auf Hilfen wie eine Seilwinde zurückzugreifen muss. Wenn ich mich entscheiden müsste, würde ich trotzdem ein Dirt oder Richard Burns Rally und selbst reinrassige Arcade-Vertreter wie Motorstorm oder Sega Rally diesem Simulator vorziehen. Zu frustrierend empfinde die Momente, in denen ich immer wieder feststecke und mir nur mit einem Reset zu helfen weiß, während die Geisterwagen der Konkurrenzen an mir vorbeiziehen. Zu fummelig und überladen finde ich die Steuerung, bei der ich selbst am Lenkrad oder Controller immer wieder auf die Tastatur zurückgreifen muss. Und zu störend wirkt trotz ansehnlicher Kulissen das heftige Tearing auf meine Augen, während die Mehrspielerkomponente aufgrund des rudimentären Aufbaus fast schon überflüssig erscheint. Im weiten Feld der Flop-Simulatoren mag der Titel ein kleines Highlight sein, doch gemessen an anderen Offroad- und Rallye-Kandidaten bleibt es für mich nur zweite Wahl.
Pro
Kontra
Wertung
PC
Netter Offroad-Simulator für zwischendurch, für den man aber viel Feingefühl und Frustresistenz mitbringen muss.
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