Demolition Company 11.06.2010, Mourad Zarrouk
Demolition Company

Im Test:

Mit dem Spreng- und Abriss-Simulator floppte Astragon im Spätsommer letzten Jahres auf ganzer Linie. Nun versuchen die Mönchengladbacher einen zweiten Anlauf mit ihrem besten Pferd im Stall. Geht die zerstörerische Rechnung diesmal auf?

Vom Bauer zum Bauarbeiter 

Immer feste druff: Am Anfang steht vor allem "Handarbeit" auf dem Plan.
Das Entwicklerstudio Giant-Software zeichnet für die Landwirtschaftssimulator-Reihe verantwortlich und produziert damit immerhin im zweiten Jahr in Folge das erfolgreichste PC-Spiel im unteren Preissegment in Deutschland. Wenn sich die Jungs und Mädels also schon so gut mit fetten Maschinen auskennen, warum dann nicht mal einen Ausflug in die Welt der Rückbautechnik wagen? Schlechter als das Vorgängerteam können sie ihren Job kaum machen und so wagt der Publisher mit Demolition Company (ab 28,18€ bei kaufen)einen zweiten Anlauf. Erste positive Überraschung nach der Installation: Es gibt einen Karrieremodus! Schön, dann wage ich doch mal den Berufseinstieg in das Abrissgewerbe. Nachdem ich mich bei drei Schwierigkeitsgraden für die goldene Mitte entschieden habe, steht dem Abenteuer nichts mehr im Wege, außer dem Erlernen des Umgangs mit den Werkzeugen. Offensichtlich packe ich als Boss hier noch selbst mit an, schließlich handelt es sich nicht um eine Wirtschaftssimulation. Es gilt als Erstes den Umgang mit dem Vorschlaghammer zu üben. Ich dachte zunächst, so ein "Gerät" erklärt sich von selbst, aber weit gefehlt: In vier Lektionen erlerne ich den korrekten Umgang und schwinge das Teil am Ende so virtuos wie ein Ritter seine Axt in einem Hack' n' Slay. Im späteren Verlauf kann ich dann die Bedienung eines Presslufthammers, eines Minibaggers, eines Kompaktladers, einer Abrissbirne, eines Radladers und sogar den Umgang mit Sprengstoff erlernen. Allerdings erst, wenn ich die betreffenden Geräte und Fahrzeuge mein Eigen nennen kann, denn zu Beginn verfüge ich nur über Vorschlaghammer und Minibagger.

Vom Bauarbeiter zum Großunternehmer?

Später dürft ihr den Gebäuden dann auch mit großem Gerät zu Leibe rücken.
Doch mit denen kann man schon ordentlich Verwüstung anrichten und so darf ich mich auf meinem ersten Auftrag in der Altstadt dieser namenlosen Stadt austoben, die künftig mein Spielplatz sein wird. Ein mehrstöckiges Gebäude soll für den Abriss vorbereitet werden: Dazu müssen sämtliche mit Sprühfarbe markierten Mauern per Vorschlaghammer zum Einsturz gebracht werden. Klingt nicht so prickelnd? Ist es auch nicht. Ich latsche von Stockwerk zu Stockwerk, klicke wie blöde auf die betreffenden Mauern, die dann zerbröseln - wenn ich Glück habe, fallen auch schon mal größere Brocken am Stück um. Die größte "Herausforderung" liegt darin, an einigen Stellen versteckte Häufchen von Altmetall einzusammeln, die sich dann als zusätzlicher Bonus auf meinem Konto bemerkbar machen. Wie ich da so durch die Stockwerke husche, fühle ich mich an das gute alte CS 1.0 erinnert allerdings hat das mittlerweile gut zehn Jahre auf dem Buckel. Oben lass ich mich dann "aus Spaß" mal vom fünften Stock fallen und was passiert? Gar nix...kein "Uff", kein rotes Aufleuchten des Bildschirms, kein Abnehmen irgendeiner Gesundheitsanzeige, wie auch? Es gibt ja keine. Da fallen mir die Worte...ähhh Moment - es gibt ja keine Sprachausgabe - also der Text, aus einem Info-Kasten während des Tutorials ein: "Die Bauarbeiter in Demolition Company tragen alle Spezialhelme, mit denen sie vor Unfällen jeder Art geschützt sind". Aha, auch vor Stürzen aus 50 Meter Höhe? Interessant. Nun denn, nach etwa acht Minuten ist der erste Auftrag absolviert, mein Konto um 4000 (leider nur virtuelle) Euro reicher und meine Erfahrungswerte von 0 auf 900 gestiegen. Im Folgeauftrag soll ein kleines Gebäude auf dem Dach des Hauses mit dem Presslufthammer eingerissen werden. Hier kann erstmals auch etwas falsch gemacht werden: Die Bruchstücke sollen nämlich nicht herabfallen. Geschieht dies zu häufig, füllt sich ein roter Balken und ist dieser voll, bevor die grüne Fortschrittsanzeige komplett ausgefüllt ist, gilt die Mission als gescheitert. Immerhin: Endlich ein Hauch von Herausforderung!       

Und täglich grüßt das Murmeltier

Counterstrike lässt grüßen: Das Dynamit an der Abrissbirne wird gleich hochgehen.
In den folgenden Aufträgen kommen nach und nach sämtliche Gerätschaften zum Einsatz, denn ich verdiene schließlich mit jedem Auftrag gutes Geld um meinen Fuhrpark zu erweitern. Insgesamt sieben Fahrzeuge, vier Handwerkzeuge und drei Arten von Sprengstoff lerne ich in den insgesamt 24 Einsätzen kennen. Das Problem ist nur: Von den 24 Aufträgen ähnelt sich etwa die Hälfte sehr. Zwar gibt es mit Bahnhof, Hafen, Industriegebiet, Innen- und Altstadt fünf verschieden Szenarien, so dass ich mal einen Schornstein einer Fabrik sprenge und dann mal einen alten Turm am Bahnhof, doch im Grunde handelt es sich ja um denselben Job. Die Folge: Langeweile...schon wieder! Wie auch beim LWS so kriecht sie auch hier unweigerlich irgendwann aus der virtuellen Baugrube über Pad/Tatstatur in den Kopf und macht sich dort breit wie ein Geschwür. Warum wieder so eine seelenlose Spielwelt ohne Menschen, Tiere und ohne ein Alter Ego dem ich zumindest mal einen Namen geben darf, was ja irgendwie identitätsstiftenden Charakter hätte? Einen zumindest angedeuteter Wirtschaftsteil mit konkurrierenden Unternehmen sollte man eigentlich auch erwarten dürfen und last but not least eine wirklich funktionierende Spielphysik. Zwar übertrifft sie jene des miserablen " Spreng- und Abriss-Simulator" um Längen, aber auch hier geht es mal wieder nicht ohne Aussetzer die bestenfalls zu unfreiwillig komischen Szenen führen, schlimmstenfalls zu Aufregern. Da kippt ein tonnenschwerer Radlader schonmal um, weil man eine Mulde "ungünstig" touchiert (lustig), aber wenn dicke Betonplatten aus der Baggerschaufel hüpfen wie Flummis, nur weil man den Neigungswinkel leicht verändert um den Kipper zu treffen, dann nervt das tierisch.

Wo Schatten ist muss doch Licht sein?

Soerwas gibts leider auch: Ein Bagger bleibt an einem Drahtgitter-Bauzaun hängen!
Stimmt. Wer den Landwirtschaftssimulator mag, wird auch die Demolition Company mögen. Handwerklich ist das, was einem hier geboten wird, zumindest mal solide. Die Außenwelt ist an einigen Stellen sogar durchaus glaubwürdig dargestellt...fürchterlich steril, aber doch einigermaßen authentisch. Die Fahrzeuge verfügen zwar nicht über Originallizenzen, sind aber ansehnlich ihren realen Vorbildern nachempfunden und können mit verschiedenen Kameraperspektiven aufwarten, wobei die Cockpitansicht die überzeugende ist und sich durchaus sehen lassen kann. Gleiches gilt für den Sound- vorausgesetzt man kann dem sonoren Dröhnen eines 500 PS Ungetüms etwas abgewinnen. Alles in allem machen die Entwickler nicht viel schlechter als beim LWS (weniger Wirtschaftssimulation), ein paar Dinge besser (Physik und Optik) und auf jeden Fall eine ganze Menge besser als ihre Vorgänger beim "Spreng- und Abriss-Simulator". 

Fazit

Alltagssimulation = monotone Telearbeit? Ja! Auch dieser Ableger des Genres wird dem Klischee einmal mehr gerecht. Bedingt durch die "Branche", in der hier zu Werke gegangen wird, geht es aber zumindest zeitweilig spektakulärer zur Sache. Wenn ich in einer Mission meine Abrissbirne bestückt mit vier drei Kilo Paketen TNT in eine alte Markhalle herablasse, um sie im nächsten Schritt unter einer Riesenexplosion aus der Distanz in ihre Bestandteile zu pulverisieren, dann ist das durchaus unterhaltend. Warum nicht mehr davon und weniger Mauer-zermeißeln-und-anschließend-den-Dreck wegräumen"? Immerhin kann man berechtigten Mut zur Hoffnung haben, dass die Community fleißig für Nachschub sorgt nicht ohne Grund haben die Entwickler extra einen "Mod-Distrikt" integriert, der allerdings zum Testzeitpunkt noch als "leere" Baustelle in Erscheinung trat. Fette Maschinen fahren, Gebäude in ihre Einzelteile zerlegen und das in möglichst kurzer Zeit - darum geht es, das bekommt ihr. Wem das genügt, der wird zufrieden sein, wer etwas mehr Tiefgang wünscht, der greife besser zu....ach ja, da gibt es sonst nichts Besseres. Trotzdem...da ist noch vieeeel Luft nach oben.

Pro

leicht zugängliches Spielprinzip...
realistische Darstellung der Fahrzeuge und Geräte...
glaubwürdige Geräuschuntermalung
zahlreiche Kameraperspektiven
umfangreicher Geräte/Fuhrpark

Kontra

... das aber auf Dauer zu wenig Abwechslung bietet
... doch die Spielwelt wirkt steril und leblos
kein echter Wirtschaftsteil
mitunter Physik-Aussetzer
keine Sprachausgabe

Wertung

PC

Wer den Landwirtschaftssimulator mag, wird auch mit der Demolition Company warm – alle anderen bekommen einmal mehr monotone Telearbeit serviert.

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