Alpha Polaris07.07.2011, Bodo Naser
Alpha Polaris

Im Test:

Eine isolierte Station im ewigen Eis, jede Menge wilder Tiere und uralte Geheimnisse: Das sind die Zutaten von Alphas Polaris. Das skandinavische Adventure bietet ein interessantes Setting, in dem die Suche nach Rohstoffen und der Schutz der Arktis miteinander kollidieren. Allerdings ist die Ausführung eher zweifelhaft.    

Öl oder Öko?

Rune erforscht die Eisbären, was er im Dienst einer Ölfirma tut.
Konflikt vorprogrammiert! Rune erforscht die Eisbären, was er im Dienst einer Ölfirma tut.

Rune Knudsen ist mit Leib und Seele Biologe, der derzeit auf einer abgelegenen Forschungsstation in Grönland seinen Dienst tut. Dort ist der Norweger für die Erforschung der Eisbären zuständig, die im hohen Norden noch regelmäßig vorkommen. So regelmäßig, dass sie den Forschern auf ihren Wanderungen bisweilen zu nahe kommen. Allerdings ist das eisige Paradies bedroht, woran in diesem Fall nicht die Erderwärmung schuld ist. Leider sind es gerade Runes Kollegen, die für Probleme sorgen, da sie auch nach Bodenschätzen suchen. Manch einer freut sich sogar schon auf seine fette Prämie, wenn endlich Öl gefunden wird. Für Rune ein wahrer Alptraum, denn das wäre das Ende des Grönlandes wäre, wie er es liebt. Zudem glaubt er nicht, dass in erster Linie die Einheimischen vom Öl profitieren würden, sondern irgendwelche Konzerne.

Das Setting von Alpha Polaris (ab 15,82€ bei kaufen) ist interessant und spiegelt den immer wieder auftauchenden Konflikt zwischen Kommerz und Ökologie wider. Es gibt keine einfachen Antworten, da z.B. auch der Protagonist selbst von der Ölfirma bezahlt wird. Jeder will ein gutes Leben führen, mit dem Auto fahren und billige Plastiksachen kaufen. Nachdem Runes Kollege Al unvermutet Öl findet, wachsen die Begehrlichkeiten. Der schon etwas ältere Al will seine Prämie kassieren, um sich zur Ruhe setzen zu können. Rune ist natürlich dagegen, weshalb er unter seinen Kollegen als Ökofreak gilt. Hinzu kommt, dass er als Norweger einen schweren Stand hat, da er auch mal das Opfer von Beschimpfungen wird. Rune seinerseits hält die anderen eher für durchgeknallt, was insbesondere für seinen Spezi Tully gilt. Da die Macher als Finnland stammen, erscheinen diese innerskandinavischen Frotzeleien in einem interessanten Licht und zeigen sich als ironisch-witzig.            

Allein im Schnee

Während sich der Held noch um die Tiere kümmert, drehen andere schon durch.
Während sich der Held noch um die Tiere kümmert, drehen seine Kollegen schon durch.

Doch irgendwie scheint den Insassen der Station trotz ihres Fundes kein Glück vergönnt, denn die seltsamen Ereignisse häufen sich. Die Eisbären verhalten sich seltsam, die Menschen ebenfalls. Das Polarlicht schimmert grünlich, alle schlafen schlecht und haben Alpträume, die nur zu real scheinen. Ist es wirklich nur der Lagerkoller oder sind es doch die elektromagnetischen Stürme, die Al dafür verantwortlich macht? Das geht sogar soweit, dass Runes Kollegen immer mehr ausrasten. Gleich in der ersten Nacht muss er Tully beruhigen, der plötzlich aggressiv wird. Auch mit dem Sohn des Chefs, der plötzlich auftaucht, gibt es Ärger, da er sich wie ein Idiot benimmt. Der einzige Lichtblick bleibt Nora, mit der sich Rune gut versteht.    

Bis zum Ende, das schon nach etwa sieben Stunden erreicht ist, bleibt unklar, was genau für die Ereignisse verantwortlich ist. Jeder hat seine Erklärung: Für den einen ist es naturwissenschaftlich zu lösen, die anderen denken eher an Stress wegen der langen Isolation und wieder andere glauben an böse Geister. Als ein paar uralte Knochen in einer Gletscherspalte gefunden werden, wird es zunehmend mystisch. Scheinbar stammen die Relikte von einer Kultur, die lange vor den Eskimos auf Grönland weilte. Es stellt sich heraus, dass die Knochen abgenagt wurden, wie man es von Kannibalen erwarten würde. Nora, die selbst eine Inuit ist, weiht Rune in die Mythen ihrer Kultur ein. Obschon das ein wenig an „Das Ding aus einer anderen Welt“ erinnert, kann es nicht ganz so fesseln, da sich das Adventure nicht recht entscheiden mag. Will es nun Horror, Psychodrama oder Beziehungsgeschichte sein?

Eisbärenflüsterer in Aktion 

Der Protagonist kümmert sich nicht nur um die Bären, er macht auch sonst alles, was so anfällt.
Der Protagonist kümmert sich nicht nur um die Bären, er macht auch sonst alles, was so anfällt.

Abwechslung bieten die Aufgaben, die aber nie zu schwer ausfallen. An Tag 1 muss man z.B. einer Eisbärin helfen, die verletzt ist. Der „Eisbärenflüsterer“ Rune gibt ihr natürlich nicht den Gnadenschuss, wie manche Kollegen empfehlen. Er will das Tier betäuben, um es zu behandeln. Dazu muss er es aber in einen Käfig bringen. Nur wie, wenn das Vieh mehrere hundert Kilo wiegt? Hier muss man erstmals etwas überlegen, weil es nicht so glatt geht wie gedacht. Man kommt nach der Betäubung nicht gleich weiter, da es Probleme mit dem Seil gibt. Dabei gibt es eine Hot-Spot-Anzeige und wenn man auf Rune klickt, bekommt man sogar gesagt, was noch anliegt. Technische Lösungen sind häufiger gefragt, etwa wenn man die Peilung der Eisbären vergleichen muss. Actionpassagen gibt es keine, auch wenn der gelegentliche Waffeneinsatz anderes vermuten lässt.  

Echte Kopfnüsse gibt es aber dennoch selten. Wenn ein Rätsel schwer ist, dann eigentlich nur, weil vernünftige Hinweise fehlen und man probieren muss. An einigen Stellen muss man etwa Begriffe raten, die nur sehr ungenau durch Piktogramme umrissen werden. Obwohl man einen Artikel von Nora bekommt, ist man weitgehend aufgeschmissen. Letztlich verbindet man einfach alles mit allem, was zum Glück nie so lang dauert, da die Tasche, die als Inventar dient, nie sonderlich voll ist. Es gibt einfach nicht so viele Gegenstände, die man einsammeln kann. Das liegt auch daran, dass man sich überwiegend auf dem Gelände der Station aufhält. Dort gibt es nur ein paar Räume sind, die man immer wieder absucht. Rätseltechnisch bleibt daher alles im überschaubaren Rahmen, der Profis nicht zufrieden stellen wird.    

Weichspül-Liebe

Die Liebesgeschichte ist eher Beiwerk als gut erzählt.
Die Liebesgeschichte ist eher Beiwerk als gut erzählt.

Zwar gibt es lokalisierte Sprachausgabe, doch diese sticht weder positiv noch negativ raus. Es kommen keine bekannten Stimmen vor und in der Anfangsphase hat sich in den Texten auch noch der eine oder andere Fehlerteufel eingeschlichen. Einzig der Ton könnte etwas lauter sein, da man manchmal nichts versteht und aufdrehen muss. Die Kulisse hinterlässt einen mäßigen Eindruck. Unter anderem zeigen sich Clippingfehler, etwa wenn Rune durch einen Vorhang schreitet. Die verwaschenen Nahaufnahmen werden dadurch übertüncht, dass Comicgesichter darüber gelegt werden. Das wirkt eher hilflos als professionell, da auch diese Deisgnwahl nicht überzeugt.         

Leider will auch die Liebesstory zwischen Rune und Nora nicht recht überzeugen, obwohl sie sich im Lauf des Abenteuers immer näher kommen. Dabei stört noch nicht mal an die schwache Charakterzeichnung der Akteure, sondern dass alles an der emotionalen Oberfläche bleibt. Die Anziehung zwischen den beiden speist sich aus ihrem Außenseiterdasein – Rune der Öko und Nora die Eskimobraut. Das will mir noch einleuchten, auch weil beide etwas gegen den aufbrausenden Juniorchef haben. Romantisch ist daran gar nix, auch wenn Rune mal ein Eis für seine Angebetene macht, für das man die Zutaten suchen muss. Zugebeben: Liebesgeschichten sind schwer zu erzählen, aber im Zweifelsfall sollte man es lieber lassen.     

Fazit

Trotz interessanter Ideen krankt Alpha Polaris an der recht lieblosen Ausführung. Zwar mag ich Adventures, die nicht unnötig in die Länge gezogen sind, aber das hier ist auch mir zu wenig: Spätestens nach sieben Stunden ist man am Ende und hat dabei alle Technikprobleme gelöst. Es bleiben allerdings sehr viele Fragen unbeantwortet. Obgleich das Grönland-Abenteuer den Konflikt zwischen Geld und Moral ansprechend darstellt, gelingt es den finnischen Machern nicht, daraus eine entsprechende Geschichte zu stricken. Statt sich auf seine Stärken wie die Isolation in der Eiswüste zu konzentrieren, oszilliert es zwischen Mystery, Ökothriller und Liebesstory – eine Mixtur, die letztlich schal bleibt und keinem der Ansätze gerecht wird. Die paar Rätsel sind zwar eine Abwechslung und stellen keine großen Anforderungen, aber oft fehlen Hinweise, was die Lösung sein könnte. Zudem werden Rätselprofis sich darüber ärgern, dass dennoch alles zu schnell gelöst ist. Alpha Polaris setzt sich so zwischen alle Stühle und wird es schwer haben, Fans zu finden.

Pro

Mix aus Mystery und Ökothriller
interessantes Setting
Konflikt zwischen Kommerz und Öko
abwechslungsreiche Aufgaben
keine zu schweren Rätsel...

Kontra

sehr kurze Spielzeit
Hinweise fehlen
Story kann sich nicht entscheiden
Liebesgeschichte kommt nicht in Fahrt
...die zudem häufig zu schnell gelöst sind

Wertung

PC

Dieses superkurze Adventure kann die anfängliche Faszination für den Norden nicht durchhalten.

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