Starpoint Gemini28.07.2011, Bodo Naser
Starpoint Gemini

Im Test:

Seit Jahren warten Weltraumfans auf einen echten Nachfolger von Freelancer, das für viele immer noch das Nonplusultra der Raumschiff-Simulationen ist. Jetzt erschien ein Herausforderer namens Starpoint Gemini (ab 3,78€ bei kaufen), in dem man ein berühmter Captain in den Weiten des Alls werden kann. Kommt das Spiel ran an den Klassiker?

Intergalaktischer Held

Atmosphäre bietet Starpoint Gemini. Aber das ist nicht alles, was zählt.
Atmosphäre bietet Starpoint Gemini. Aber das ist nicht alles, was zählt.

Freelancer, das selbst in der Tradition des legendären Elite stand, sprach viele Spielertypen mit seiner offenen Karriere zwischen Händler und Pirat an. Es unterhielt nicht nur solche, die gerne das All erkunden, sondern auch jene, die nur reich werden wollten oder ein heldenhafter Pilot mit hoher Abschussquote. Hobby-Kapitäne, die gerne mit einem fetten Raumschiff durch die Sterne fliegen, wurden in diesem Klassiker am besten bedient. Er erschien bereits 2003 (Wertung: 87%), hat aber bislang keine offiziellen oder in offiziellen Nachfolger gefunden. Die Fußstapfen sind vielleicht zu groß - und mit jedem Jahr scheinen sie größer zu werden.

Ein Nachfolger ist so etwas wie die Quadratur des Kreises: Er müsste all das bieten und doch mehr als eine zeitgemäße Kopie von Freelancer sein. Er müsste einem die Wahl lassen, wie man an Geld, Erfahrung und Ehre kommen will. Wer einen roten Faden braucht, der einen durchs Spiel geleitet, sollte auch den finden – in Form einer möglichst spannenden Story, der die Kampagne folgt. Nicht zuletzt müsste es auch noch Weltraumatmosphäre verbreiten, die einen immer wieder in ihren Bann zieht. Derart motivierend müsste es einen möglichst lange am Steuerknüppel halten, wofür auch ein Multiplayer her müsste. All diese Forderungen zu erfüllen, ist praktisch unmöglich. So ist es auch kein Wunder, dass Starpoint Gemini scheitert.

Spiel für Entdecker

Wer lediglich fliegen will, der wird hier fündig. Zu tun gibt es aber schon weniger.
Wer lediglich fliegen will, der wird hier fündig. Zu tun gibt es aber schon weniger.

Eines bekommt die Weltraumsimulation aber noch am besten hin: Sie motiviert, sich immer wieder auf den Weg durchs virtuelle All zu begeben. Immer wieder macht man sich auf, um noch einen der Sektoren zu erforschen, von denen es über 40 gibt und die durch Raumtore verbunden sind. Jeder Sektor des Sternensystems beinhaltet einige Raumstationen, Asteroidenfelder und andere Raumphänomene, die bunt und optisch schön umgesetzt wurden. Auch Wracks von Schiffen schweben durch die Gegend, die zum Erforschen einladen. Was hat das herrenlose Schiff wohl geladen? Ist noch jemand an Bord? Ein Scanner bringt es ans Tageslicht, wobei man die Ladung an sich nehmen kann.

So gelungen wie die Abschnitte äußerlich umgesetzt wurden, schleicht sich doch nach einiger Zeit zu viel Routine beim Erkunden ein. Die Sternenhaufen ähneln sich und die Stationen sehen vor allem innen alle gleich aus  Obwohl es auch Spezialplätze etwa für Gladiatorenkämpfe gibt, wo man mit dem Schiff kämpfen kann, bilden solche Abwechslungen doch die Ausnahme. Die meisten Raumhäfen bieten nur das Übliche wie Reparaturen, Handel oder Schiffskauf. Und das obwohl die schwebenden Gebäude verschiedene Zwecke erfüllen, denn es gibt Freihäfen, Forschungslabors und Fabriken. Jede der Außenposten gehört einer der Fraktionen, die aber keine all zu große Rolle einnehmen. So ist es fast egal für wen man arbeitet, da es keine wirklich spürbaren Konsequenzen hat.                  

Schrottige Kampagne

Die Stationen sehen cool aus, bieten aber wenig. Auch keinen Schutz gegen Feinde.
Die Stationen sehen cool aus, bieten aber wenig. Auch keinen echten Schutz gegen Feinde.

Obwohl die Erkundung der virtuellen Galaxie anfangs durchaus Spaß macht,  ist es um das Geschehen darin weniger gut bestellt. Das liegt daran, dass die erste Kampagne reichlich misslungen ist. Sie beginnt, als man mit seinem Schiff in der Zukunft landet. Wie einem in den nichtssagenden Dialogen verklickert wird, war man scheinbar in einer Raumanomalie gefangen, wo die Zeit still steht. Draußen sind aber zehn Jahre vergangen, was man in ziemlich lapidarer Form mitgeteilt bekommt - das hätte man markanter inszenieren können. Auch wenn man von einer Partei aufgenommen wird, ist man zunächst auf der Flucht. Alle anderen haben bessere Schiffe, weshalb man aufgefordert wird, das Weite zu suchen. Die Flucht durchs Raumtor scheint gesichert.

So weit so gut, aber als man dann im nächsten Abschnitt ankommt, ist die Lage nicht anders. Dort sind auch Feinde unterwegs, die weit bessere Kisten fliegen. Eine Raumstation bietet ihre Hilfe an, man soll nur die Gegner ins Feuer locken. Allerdings klappt das nicht so recht, weil die Typen so gut sind, dass sie die Schutzeinrichtungen irgendwann abgeschossen haben. Wer dann flugs in die Station flüchtet, wird auch nicht froh, denn dort geht es auch nicht weiter. Man hat keine Möglichkeit sein Schiff besser auszurüsten oder auch sonst an Geld zu gelangen. Wenn man wieder raus kommt, bleibt einem nur der Kampf, den man mit der alten Kiste nur verlieren kann. Zudem merkt man in der Hitze des Gefechts erstmals, wie mies die Steuerung ist. Es gibt noch nicht mal eine Taste für hoch oder runter - was für ein misslicher Beginn.

Freiheit gefunden

Wer den freien Modus spielt, fristet dennoch als friedliebender Erkunder sein Dasein.
Wer den freien Modus spielt, fristet dennoch als friedliebender Erkunder sein Dasein.

Wer hier noch nicht gänzlich die Lust verloren, bekommt im freien Modus immerhin noch einigermaßen Spielspaß geliefert – immer vorausgesetzt er lässt sich laden, da er gerne abstürzt. Dann aber geht’s angenehmer zu, da man nicht gleich um sein Leben  kämpfen muss. Man kann sich zunächst mit Missionen über Wasser halten, die bei denen nicht geschossen wird: Da muss man einen Satelliten reparieren, ein verschollenes Schiff suchen oder eine Raumanomalie erforschen. Mit dem erzielten Geld kann man sich immer bessere Ausrüstung zulegen, womit man sich irgendwann in den Kampf trauen kann. Das dauert allerdings seine Zeit, da alles recht teuer ist. Insbesondere der Kauf eines neuen Schiffes, so dass der Aufstieg eher zäh ist. Zwar bekommt man auch Erfahrung, aber auch das zieht sich hin.   

Ein Problem ist, dass gerade die Quests, bei denen man jemanden abschießen muss, am meisten Kohle bringen. Sie bringen fast doppelt so viel wie die friedlichen, zudem gibt es in jedem Sektor nur ein paar Aufgaben, die nicht militärischer Art sind. Obwohl die unterschiedlich gefärbten Sektoren unter Fraktionen aufgeteilt sind, spielen diese kaum eine Rolle. Zwar kann man durch Aktionen wie Angriffe die eine oder andere Partei gegen sich aufbringen, aber das geschieht allenfalls im Schneckentempo, denn für einen erfüllten Auftrag wird man noch nicht gelyncht. Man kann sich auch nicht einer Partei anschließen, da es gar keine Aufnahme gibt. Stattdessen wird man Pirat, wenn man beim reichlich überflüssigen Funk mit einem Raumschiff sagt: Ladung oder Leben? Noch überflüssiger ist nur das Geschwafel des Bordfunks, wo ständig falsche Fährten gelegt werden. Wer darauf hört, landet sicher im Schwarzen Loch.       

Kämpfe zum Abwinken

Schnell zurück zur Station. Wenn ich jetzt beschossen werden, gehe ich hops.
Schnell zurück zur Station. Wenn ich jetzt beschossen werde, bin ich platt wie ne Flunder.

Die meisten dieser Aktionen sind mit Kämpfen verbunden, die man mit seinem Raumschiff bestreitet. Das sollte möglichst hochgerüstet sein, da die Gegner hart sind. Man kann verschiedene Waffen einbauen,  die mit Strahlen oder Projektilen funktionieren. Selbst für Waffennarren bietet das verdammt wenig, da man halt immer die besten Kanonen einbaut – es ist fast egal, ob es nun eine Railgun ist. Es gibt sogar taktische Anweisungen, von denen man sich fünf auswählen kann. Da gibt es die Möglichkeit, die Energie seiner Schilde zumindest teilweise in die Waffen zu  transferieren, was aber in der Hitze des Gefechts nicht viel bringt. Steigt man als Kapitän auf, kann man diese Dinge verbessern und ausbauen.   

Trifft man auf einen Feind, läuft es aber meist weniger durchdacht, da das meiste reine Glückssache ist. Man muss zunächst in den Kampfmodus gehen, denn sonst bleiben die Schilde unten und man wird ein leichtes Ziel. Da es aufgrund der nur rudimentär vorhandenen Steuerung kaum möglich ist, dem Gegner wie bei einem Luftkampf zu folgen, muss man ihn quasi mit einem Schuss niederstrecken. Aufgrund der unzureichenden Bedienung bewegt  man sich quasi nur in zwei Dimensionen, während der Feind drei zu haben scheint. Er schwebt einfach um einen rum und schießt so lange, bis Schilde und Rumpf am Ende sind. Game Over! heißt es dann und neu laden. Dabei ließe sich der Feind plündern, wenn man ihn denn erwischen würde.        

Ein- und Verkauf

Andere Spielziele sind kaum realistisch, da es außerhalb der Aufträge nur wenige Möglichkeiten gibt, an Geld zu kommen. Zwar gibt es Frachträume, Transportstrahlen und Waren, aber wer sich wirklich als Händler versuchen will, wird merken, dass das eigentlich gar nicht vorgesehen ist. Richtige Handelsrouten von System zu System sind in der Praxis unmöglich einzurichten, da es zu wenig Infos gibt. Man kann zwar Silber, Eisen oder Ersatzteile kaufen, aber das ist nicht gescheit gemacht. Im Handelsmenü steht statt dem Preis nur die Menge, man müsste also alles per Hand aufschreiben und erfährt viel zu wenig übers Geschäft.                      

Auch sonst wird einem trotz spielbarem Tutorial verdammt wenig erklärt und es ist auch nicht so, dass die Sachen selbst erklärend wären. Da ist etwa das ganze Zeugs, was man in sein Raumschiff einbauen kann. Hier würde einen besonders eine Abbauvorrichtung für die Asteroiden interessieren, die Rohstoffe enthalten. Das wäre eine lukrative Einnahmequelle. Wohlgemerkt: wäre. Denn obgleich es im Tutorial vorgeführt wird, scheint die Einrichtung nirgends zu kaufen zu sein. Nicht mal in den Stationen, wo man so was erwarten könnte wie Eisenfabriken oder Raumdocks. Der Rohstoffabbau bleibt eine Fata Morgana wie so manches andere in Starpont Gemini.            

Fazit

Es war abzusehen: Starpoint Gemini ist leider kein zweites Freelancer, da es ihm schlicht an Qualität mangelt. An allen Ecken und Enden merkt man dem Weltraumspiel an, dass es ein Nachfolger sein möchte. Man kann das All erkunden, es gibt verschiedene Fraktionen, auch wenn diese keine Rolle spielen, und man hat zumindest theoretisch die freie Berufswahl. Aber vieles wie etwa der Handel oder die Steuerung ist nicht gut durchdacht und wirkt zu oberflächlich. Noch am besten funktioniert Starpoint Gemini, wenn man einfach von Sektor zu Sektor fliegt und schaut, was so los ist. Aber irgendwann wird auch das langweilig, weil gerade die Stationen kaum Abwechslung bieten. Allerdings sollte man im freien Modus umherstreifen, denn die Kampagne bietet kaum Spielspaß. Schon der Einstieg ist völlig missraten, da man mit seinem Minischiff ohne Wahl gleich kämpfen muss. Und da sind wir auch schon beim größten Schwachpunkt des Spiels – den Raumschiffgefechten: Sie zwingen einen aufgrund der beschränkten Steuerung in ein taktisches Korsett. Starpoint Gemini bietet leider nicht mal ein halbgares, sondern allenfalls ein viertelgares Erlebnis, das teilweise an der Grenze der Unspielbarkeit baumelt.    

Pro

Weltraumspiel im Stil von Freelancer
Schiff immer weiter ausbauen
stimmige Inszenierung

Kontra

Kampagne schwer zugänglich
Story fesselt nicht
unfaire Kämpfe
eingeschränkte Steuerung
Handel nicht durchdacht
Raumstationen bieten kaum Abwechslung
unvermutete Abstürze
kein Multiplayer

Wertung

PC

Leider kein zweites Freelancer und bis auf die Flüge nahezu unspielbar. Insbesondere die Kämpfe sind ein Graus!

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