Cossacks 2: Napoleonic Wars23.04.2005, Bodo Naser
Cossacks 2: Napoleonic Wars

Im Test:

Schon während des einführenden Feldzugs wird klar: Cossacks 2: Napoleonic Wars (ab 22,50€ bei kaufen) ist keines der üblichen Echtzeit-Strategiespiele. Beim neuen Spiel von GSC Game World tritt der Aufbau einer Massenarmee in den Hintergrund und macht Platz fürs planvolle Taktieren. Es begünstigt so eine strategische Vorgehensweise, die historisch interessierte Hobby-Feldherrn mit der Zunge schnalzen lässt!

Napoleonische Kriege

Genau vor 200 Jahren begann der dritte Koalitionskrieg mit Napoleons Feldzug gegen Österreich.

Im britischen Tutorial lernt ihr das Rüstzeug eines Offiziers zur Zeit Napoleons.   
Im Spätsommer 1805 marschierte der frischgebackene "Kaiser der Franzosen" in Süddeutschland ein und schlug die Österreicher bei Ulm. Nach der Niederlage bei Austerlitz musste die Donaumonarchie Gebiete in Vorderösterreich, Tirol und Norditalien abtreten. Die beiden Schlachten könnt ihr wie viele andere berühmte Gefechte bei Cossacks 2 nachspielen. Neben den postrevolutionären Franzosen dürft ihr auch Großbritannien, Österreich, Preußen, Ägypten und Russland kommandieren. Im strategischen Modus könnt ihr euch auf Napoleons Eroberungszüge quer durch Europa begeben.

Auf den Schlachtfeldern Europas

Bevor ihr euch aber an die entfernt an Risiko erinnernde Euro-Kampagne wagen dürft, lernt ihr erst durch die umfangreiche Einführung mit den Briten Grundlegendes, etwa wie ihr eine Formation von Soldaten aufstellt, bewegt und kommandiert. Danach dürft ihr eure Armee auf einer strategischen Übersichtskarte durch Europa manövrieren. Alles konzentriert sich auf die Schlachten mit eurem General: Dabei verlasst ihr euch auf die erfahrenen Kämpfer, die ihr -wenn ihre Einheit überlebt- in die nächste Schlacht mitnehmt. Obwohl es dabei auch vereinfachte Diplomatie, Bautätigkeit und Handel gibt, erreicht das nicht das Niveau von Rome: Total War . Leider habt ihr nur einen Anführer, was zu einem Kreuz und Quer durch den Kontinent führt, da ihr dem Feind nachziehen müsst. Auch der Feldherr wird befördert und darf so mehr Einheiten kontrollieren.

Dicht geschlossene Reihen

Alle Nationen zusammen verfügen über 140 historische Einheiten,

Der Europa-Modus erinnert entfernt an Rome, bietet aber viel weniger Möglichkeiten
zu denen auch Highlander, Füsiliere und Ulanen gehören. Ein einzelner Soldat zählt dabei nichts, die Einheit hingegen alles. Wer seine Soldaten im wilden Pulk losschickt, kann nicht gewinnen. Drei Formationen sind Trumpf: Kolonne, Linie und Quadrat. Von enormer Bedeutung ist neben der Kampfstärke die Moral der Einheiten, die sich von Anfang an durch Offiziere und Trommler steigern lässt. Mit jedem getöteten Feind steigt die Erfahrung, was sich wieder auf die Moral auswirkt. Wer zu viel marschieren lässt, erschöpft seine Truppen und gefährdet so auch deren Moral. Mit dem eher abwartenden Vorgehen, das auch der zeitgenössischen Strategie entspricht, kommt auch die KI recht gut zurecht. Nur in der Kolonne ist ein Marsch überhaupt möglich, denn das Quadrat ist unbeweglich und in Linie wäre er zu erschöpfend.

                       

Schachzüge der Feldherren

Die Schlachten finden auf einer Landkarte mit Wäldern,

Die farbrigen Kreise zeigen euch, wie weit eure Schützen feuern können. Ist der Feind in der roten Zone, erleidet er besonders hohe Verluste.
Flüssen und Sümpfen statt, wobei es darum geht, eine möglichst günstige Position für den Kampf zu wählen. Kämpfe auf See gibt es nur sporadisch einmal. Für die Verteidigung eignen sich Engpässe wie Brücken oder Schneisen. Verbergt ihr eure Einheiten im Wald, so sind sie besser geschützt vor Musketenfeuer. Nach einiger Zeit erhalten sie sogar einen Defensivbonus, wenn sie automatisch in Verteidigungsstellung gehen. Von Hügeln können eure Kanonen und Schützen weiter schießen. Kommt der Feind anmarschiert, feuert ihr im geeigneten Moment eine Salve auf ihn. Dann lasst ihr eure Husaren angreifen, die schnell seine Moral schwinden lassen. Die Reihen lösen sich auf und die Feinde suchen ihr Heil in der Flucht. Ein großer Vorteil: Im Getümmel könnt auch in der Pause Befehle erteilen.

Rohstoffe sichern

Von entscheidender Wichtigkeit ist die Eroberung der zumeist an Straßen gelegenen Dörfer, die euch die Rohstoffe Kohle, Eisen, Nahrung und Gold liefern. Nahrung markiert in der Kampagne sozusagen die verrinnende Zeit, denn eure Armee braucht schließlich was zu essen. Jede Gewehrsalve verbraucht je nach Einheit eine Unmenge Kohle, was die Zahl der Schüsse stark begrenzt. Habt ihr euer Pulver verschossen, hilft manchmal nur noch ein letzter verzweifelter Bajonettangriff. Erobert ihr die begrenzten Förderstätten, so haltet ihr den Feind auch davon fern, was wiederum strategische Möglichkeiten offeriert. Die KI agiert geschickt, da sie wichtige Rohstoffe abschirmt und euch in verlustreiche Gefechte verwickelt. Ein blitzschneller Vorstoß mit den Dragonern kann die Nachschubwege des Gegners blockieren.

Wenig prickelnder Aufbau

Nur wenig anders läuft das im Gefechtsmodus ab, wo ihr eine Siedlung aufbaut, ganz wie ihr das vom Vorgänger her kennt.

Eure Gardisten sind dabei, eine Goldmine einzunehmen, was Rohstoffe und Erfahrung bringt.
 Eure Bauern sammeln hier zusätzlich die Rohstoffe Steine und Holz, die ihr hauptsächlich fürs Bauen benötigt. Die Gebäude der Nationen unterschieden sich nur im Aussehen, die Funktionen sind im Wesentlichen dieselben. Es gibt Kasernen, Schmieden und Geschütztürme. Jedoch kann deren Reihenfolge etwas variieren. Als einzige Neuerung könnt ihr in der Schmiede die Granate entwickeln, um die bärenstarken Grenadiere freizuschalten. Unterschiede werden bei den Einheiten deutlich, deren Produktion umständlich ist, da sie fortlaufend die Kaserne verlassen. Sie unterscheiden sich im Nahkampf und bei der Feuerrate. Die Nationen sind aber relativ ausgeglichen, da sie alle ihre Vor- und Nachteile besitzen. England kann Kohle in einer Fabrik herstellen, Russland hat extra Kornfelder.

Technische Probleme

Leider läuft Cossacks 2 noch nicht so zuverlässig, wie ihr euch das wünschen würdet. Abstürze und Aufhänger sind an der Tagesordnung, was aber nicht nur daran liegen kann, dass ihr zum Spielen weit mehr als 512 MB RAM benötigt. Damit die Ladezeiten erträglich bleiben, sollten es schon mindestens 768 MB sein. Mit 1 GB RAM seid ihr sicher aus dem Schneider, so dass es auch keine Ruckler mehr bei den Filmen gibt. Bisweilen macht Cossacks beim Laden einfach nicht weiter, wobei nur ein Neustart hilft. Manche Rechner verweigern sogar gleich die Installation des Spiels, was der erste Patch aber behebt.           

Guter Multiplayer

Darüber hinaus gehen die Schlachten im Internet und

Die Präsenation ist durchaus prächtig und entspricht dem Stil der Zeit.
 im LAN weiter: Bis zu sechs Parteien können hier gegeneinander kämpfen. In der Online-Community existiert auch ein so genannter Wettbewerbs-Modus, der auf einer Europakarte ausgetragen wird und bei dem ihr nur benachbarte Völker angreifen könnt. Verliert ihr eine Bataille, so verliert eure Nation einen Teil ihres Gebietes. Online kommt es allerdings öfters zu Lags, weshalb auch die Ping-Rate der Spieler dort angezeigt wird. Gerade im Gefechtsmodus entbrennen trotzdem oft heiße Scharmützel um Rohstoffe, wo sich beide über mehrere Stunden hin belauern. Wer es schneller haben möchte, kann auch zu mehreren eine historische Schlacht nehmen, wo ihr von Anfang an eine große Armee habt. Jeder Spieler besitzt seinen eigenen Rang, der sich nach den geführten Kriegen richtet.

Dioramen-Look

Cossacks 2 verfügt über fast dieselbe Engine wie Alexander, die schlicht nicht zeitgemäß ist. Es handelt sich um keine echte 3D-Darstellung, die außerdem oft unscharf aussieht. Zwar gibt es in der Umgebung allerhand Details zu entdecken, wirklich überzeugend ist jedoch nur das Wasser. Insbesondere der Untergrund sieht seltsam aus. Die Massenschlachten sehen dennoch authentisch genug aus, um euch länger an den Bildschirm zu fesseln. Es gibt allerdings keine übergroßen Karten. Stufenfreies Zoomen und Drehen ist nicht möglich, was bisweilen zu Lasten der Übersicht geht.

Die fotorealistischen Filme stammen von Gruppen, welche die historischen Schlachten in ihrer Freizeit nachspielen. 
Eine höhere Auflösung sorgt für mehr Überblick, aber auch für mehr Geruckel. Zum Glück gibt es die Minikarte, die euch zeigt, wo der Feind sich rumtreibt. Die fotorealistischen Videos stammen übrigens alle aus dem Reenactment-Bereich.

Ansonsten ist die Präsentation mit ihren Zeichnungen und stilvollen Menüs im Stil der Zeit durchaus gelungen. Auch die russisch angehauchte Musik passt zur Zeit der Napoleonischen Kriegen, hört sich allerdings immer irgendwie ähnlich an. Geräusche sind eher Mangelware, wobei ein Abfeuern der Musketen nicht fehlt. Es gibt aber keine akustischen Schreie der Soldaten bei der Flucht, obwohl die als Text zu lesen sind. Das Spiel verfügt über eine deutsche Sprachausgabe, die einen professionellen Eindruck hinterlässt. Sie ist allerdings nicht sehr umfangreich und nur bei den Warnungen zu hören. Auch sonst ist es weitgehend fehlerfrei übersetzt.

         

Fazit

Ich muss zugeben, dass ich nicht gedacht hätte, dass Cossacks 2 derart fesselnd ist. Seit Civil War Generals hat es mir nicht mehr so viel Spaß bereitet, die Formationen von Soldaten und Reitern durch die Landschaft zu manövrieren. Es spielt sich ganz anders als der Echtzeit-Vorgänger und das ist auch gut so: Ein Massenheer allein bringt nicht mehr den Sieg - es kommt auf Stehvermögen und Erfahrung der Kämpfer an. Und wer seine Armee nicht richtig organisiert und bewegt, verliert die Schlacht. Die Pausenfunktion bringt viel Ruhe ins Spiel, was im oft unübersichtlichen Schlachtengetümmel auch bitter nötig ist. Die Gefechte sind auch deshalb interessant, da ihr im jeweiligen Gelände immer wieder aufs Neue nach der richtigen Taktik suchen müsst. Beim Europafeldzug könnt ihr die Einheiten in die nächste Missionen mitnehmen, was zusätzlich motiviert. Mit der richtigen Führung eurer Veteranen zieht ihr irgendwann im fernen Moskau ein. Da sehe ich auch gerne über manche Schwächen wie unverhoffte Abstürze, den stark abgespeckten Strategiemodus, den 08/15-Aufbaupart mit nur einer Erfindung und die wenig prickelnde 2D-Grafik hinweg. Wer etwas für die Epoche Napoleons übrig hat, sollte sich also das Strategiespiel besorgen.

Pro

hohe Motivation
historische Schlachten
lange Einführungskampagne
zeitgenössische Einheiten
Formationen bilden
Moral kampfentscheidend
Rohstoffquellen sichern
in der Pause Befehle geben
gute KI
spannender Multiplayer
stilvolle Präsentation

Kontra

eintöniger Aufbaupart
gelegentlich unübersichtlich
kaum Erfindungen
umständliche Einheitenaufstellung
nicht zeitgemäße 2D-Grafik
Speicherfresser
unerklärliche Aufhänger

Wertung

PC

Trotz aller Schwächen für mich das bislang beste Cossacks

0
Kommentare

Du musst mit einem 4Players-Account angemeldet sein, um an der Diskussion teilzunehmen.

Es gibt noch keine Beiträge. Erstelle den ersten Beitrag und hole Dir einen 4Players Erfolg.