Warhammer Online: Age of Reckoning15.10.2008, Mathias Oertel
Warhammer Online: Age of Reckoning

Im Test:

Dark Age of Camelot. Bislang das kompletteste Spieler-gegen-Spieler-Erlebnis im Bereich der Online-Rollenspiele. Macher: Mythic Entertainment. Warhammer. Ein Fantasy-Universum, das vor allem als Tabletop-Spiel für einen plakativen Fantasy-Kampf Gut-gegen-Böse steht. Macher: Games Workshop. Wenn diese zwei Welten aufeinander treffen, sind die Erwartungen hoch. Kann Mythic die Kriege aus der Feder von Games Workshop ansprechend umsetzen? Ist Warhammer Online der lang ersehnte spirituelle Nachfolger der ansprechenden Reichskriege des dunklen Zeitalters?

Rückkehr in die Vergangenheit

Es gibt Spiele, die prägen einen auf lange Zeit. Dark Age of Camelot ist bei mir z.B. so ein Fall. Seitdem ich das Online-Rollenspiel auf der E3 2001 das erste Mal in Augenschein nehmen durfte, war es um mich geschehen. Die Kämpfe zwischen den drei Reichen Hibernia, Albion und Midgard haben geschafft, was kein EverQuest und kein Ultima Online erreichen konnten: Sie haben mich unheilbar mit dem MMORPG-Virus infiziert.

Viele Genre-Vertreter haben seitdem auf meinen Festplatten Station gemacht. Doch nur wenige konnten mich längerfristig unterhalten. Zu diesen Ausnahmen gehören z.B. EverQuest 2, Guild Wars und Herr der Ringe Online. Doch selbst die Abenteuer in Mittelerde oder Norrath konnten mich nicht davon abhalten, auch nach Jahren immer wieder einen kleinen oder größeren Abstecher in das Dark Age-Universum zu unternehmen.

Lang ist es her: Dark Age of Camelot hat gezeigt, dass Mythic es versteht, spannende Auseinandersetzungen zwischen Spielern auf die Beine zu stellen. Auch bei Warhammer Online?
Wieso? Relativ einfach: Zum einen konnte mein eher schwacher Heimrechner die Welten aus dem Hause Mythic problemlos darstellen. Und zum anderen machten die PvP-Auseinandersetzungen (Player-vs-Player, Spieler-gegen-Spieler) immer noch einen Heidenspaß.

Zurück in der Gegenwart

Und damit sind wir bei Warhammer Online - Age of Reckoning (WAR) sowie der Frage nach dem richtigen Zeitpunkt für den Test eines Online-Rollenspiels angekommen. Denn auf dem Papier sind die Vertreter dieser Spieleart ein beständiger "Work in Progress". Es wird immer gefeilt, verändert, verbessert und Bugfixing betrieben. Nicht zu vergessen, dass einige Titel wie HdR Online, EverQuest 2 oder natürlich auch der Vorreiter World of WarCraft (damit er wenigstens einmal in diesem Text erwähnt wird) mit kostenlosen inhaltlichen Erweiterungen versorgt werden. Da Patches im Laufe einer MMO-Startphase und damit natürlich auch während der gesamten Testphase aufgespielt werden, müssen wir in diesem Genre auch von unserem Prinzip Abstand nehmen, die Titel in der ungepatchten Verkaufsversion zu testen.

Doch wann ist der richtige Zeitpunkt denn nun gekommen? Wir sind seit der Betaphase mit mehreren Redakteuren auf den Schlachtfeldern unterwegs und haben den Live-Start miterlebt. Nun, da sich die ersten 30 kostenlosen Tage dem Ende nähern und wir auch eine Entscheidung treffen müssen, ob wir nun weiter mit Grünhäuten, Zwergen oder Elfen durch die Lande ziehen oder uns vielleicht doch wieder einem älteren Vertreter seiner Zunft zuwenden, ist die Zeit der Wertungsfindung gekommen.

Es ist Krieg

Alles begann im Jahr 1982, irgendwo in England. Die mittlerweile als Kult etablierten Tabletop-Spezialisten von Games Workshop schicken erstmals Orks in den Kampf gegen Zwerge, Hochelfen kämpfen gegen Dunkelelfen und die Truppen des Imperiums kämpfen gegen die des Chaos. Ein absolut plakativer Kampf von Gut-gegen-Böse, der bis heute mit zahlreichen weiteren Rassen in spannenden und taktisch geprägten Duellen von zwei Spielern (klassisch) oder Teams (modifiziert) geführt wird.

Krieg auf einer großen Skala eben. Und damit kennt sich nicht nur Games Workshop aus, sondern auch das Entwickler-Team von Mythic Entertainment, das mit Dark Age of Camelot (DAoC) sogar die Herausforderung bravourös bewältigte, drei unterschiedliche Fraktionen in einen spannenden Konflikt zu stürzen.

Der Krieg ist überall

Mit der Reduzierung auf zwei Fraktionen (Ordnung, Zerstörung), die wiederum jeweils drei Unterfraktionen beherbergen, hat man zwar im Vergleich zu Dark Age of Camelot weniger zu beachten. Doch die Zeit bzw. der kreative Freiraum, der dadurch gewonnen wurde, ist den grundlegenden Spielmechaniken zugute gekommen.

Dabei sind es weniger die klassischen und beinahe schon spröden PvE-Mechanismen (Player-vs-Environment, Spieler gegen Umgebung, also CPU-Monster), die faszinieren. Denn diese sorgen zwar für einen erzählerischen Zusammenhalt der

Sechs Fraktionen, 20 spielbare Klassen, Reichskriege in vier Stufen: WAR ist ein absolutes Highlight für Kämpfe von Spielern gegen Spieler.
immerwährenden Kriegswirren, kommen aber nur selten über handelsübliche Fedex-Missionen (Hol- und Bringdienste) oder die berühmt-berüchtigten Killquests (Töte X Monster der Sorte Y) hinaus.

Natürlich gibt es auch hier Ausnahmen von der Regel. Dazu gehören z.B. die in die Hunderte gehenden so genannten Public Quests (PQ), die im Normalfall aus drei Stufen bestehen und die jederzeit für alle Spieler im Gebiet zugänglich sind und wahlweise auch solo angegangen werden können, da alle (egal ob Gruppe, Gruppen oder Solisten) auf ein Ziel hinarbeiten.

Dahinter verbergen sich zwar auch nur größtenteils meist zeitlich begrenzte Tötungs- oder Gegenstandsfindungs-Aufgaben mit abschließendem Bosskampf. Doch da am Ende unter allen Beteiligten anteilig für ihre Mitarbeit an der Lösung aus einem Gegenstandspool ausgelost wird, hat man einen schönen Anreiz, an den PQ teilzunehmen. Zumal es auch noch für jedes Kapitel unabhängig die so genannten Ruf-Belohnungen gibt.

Natürlich kann man argumentieren, dass sich dahinter nur der übliche "Grind" verbirgt, also das immer wieder kehrende Kämpfen gegen bestimmte Monstertypen zum Zwecke der Erfahrungsvermehrung. Doch wenn es so clever und attraktiv getarnt ist wie in WAR, grinde ich gerne - sehr gerne sogar.

Noch lieber hätte ich allerdings Variationen in den Missionen gesehen, die von Zeit zu Zeit für eine kleine Überraschung sorgen - so etwa, wenn ich unter Zeitdruck Schalter betätigen muss, während ich mich an Gegnern vorbeikämpfen muss.

Doch so klassisch sich das PvE-System im Wesentlichen präsentiert, gibt es auch Positives darüber zu vermelden. Denn Mythic nutzt die in die Hunderten gehenden Missionen, um euch beinahe unmerklich durch die große, frei begehbare Welt und schließlich in die Gebiete zu lotsen, in denen ihr Spielern der anderen Fraktion gegenüber steht.

     

Reichskriege

Denn in bester Mythic-Tradition blüht auch WAR erst in den Auseinandersetzungen von Zerstörung und Ordnung richtig auf. Alles, aber auch absolut alles (selbst viele der PvE-Inhalte in ihren Grundzügen) steuert auf die Spieler-gegen-Spieler-Kämpfe zu.

Das geht sogar so weit, dass man selbst Charakteren unterer Erfahrungsstufen die Möglichkeit gibt, ihren Anteil an der Eroberung der gegnerischen Festung beizusteuern. Und wer keine Lust auf PvE hat, kann seine Figur im Zweifel nur über PvP-Kämpfe von Stufe zu Stufe hieven - vorbildlich.

Die Truppen der Zerstörung bestehen u.a. aus Grünhäuten (hier der Squigtreiber) und Chaoskriegern.
Dabei sind die Reichsauseinandersetzungen in vier Abschnitte eingeteilt, die mit relativ simplen Schlachtfeldern und Instanzen anfangen und erst bei der Belagerung und Einnahme der gegnerischen Hauptstadt enden. Dass dabei immer größerer Hürden zu nehmen sind, versteht sich von selber. Reicht es in Tier 1 bereits, mit einer (oder mehreren Gruppen) die rudimentär an unbewachte Frontier-Keeps aus DAoC erinnernden Standorte einzunehmen, finden später ausufernde Belagerungen statt, in denen die Übersicht durchaus verloren gehen kann. Schnelle, actionlastige Gefechte stehen deutlich im Vordergrund - Taktik ist eher hinsichtlich der Zusammenstellung der einzelnen Kampfgruppen als im Bezug auf Schlachtfelder gefragt. Doch trotzdem oder gerade deshalb: Die RvR-/PvP-Kämpfe machen einen Heidenspaß und sorgen auch langfristig für eine Mordsmotivation.

Das fängt schon in den ersten Instanzen an, bei denen sich kleine Gruppen auf ebenso kleinen Schlachtfeldern gegenüberstehen, um je nach gewähltem Standort verschiedene Aufgaben zu erfüllen. Dabei gibt es zwar im Wesentlichen nur Variationen bekannter Modi (z.B. Capture-The-Flag oder Assault). Doch in dieser Form und Zusammenstellung und vor allem angesichts des epischen Hintergrundes, der unter allen Kämpfen schwelt, schlägt WAR sogar den bisherigen Kurzweil-Favoriten Guild Wars. Der hat sich zwar einem ähnlichen Prinzip verschrieben, verschreckt aber mit seinen taktischen Anforderungen vor allem Anfänger eher als der unkomplizierte, beinahe schon wie Action anmutende Ansatz von WAR, der einen auch schnell belohnt.

Klassisches Kampfsystem

Doch wenn ich hier von "Action" spreche, geht es nicht um das Kampfsystem. Denn das zeigt sich weitestgehend ebenso klassisch wie die PvE-Mechaniken. Jede Waffe (egal ob Fern- oder Nahkampf) hat eine Frequenz und einen Maximalschaden pro "Runde". Zusätzlich können nach und nach Sonderfähigkeiten erworben werden (WoW lässt grüßen), die zusätzlich zu den Frequenz-gesteuerten Standard-Attacken abgefeuert werden können. Danach beginnt eine Abkühlphase, bevor die Sonderangriffe wieder genutzt werden können - allerdings nur, wenn ihr noch genügend Energie dafür habt, die sich allerdings auch während eines Kampfes regeneriert.

Apropos: Die so genannte Downtime, die bei Spielen wie EQ2 oder auch DAoC durchaus das Zeug hat, an den Nerven zu zehren, wurde in WAR auf ein absolutes Minimum reduziert. Das bedeutet, dass ihr nach einem Kampf maximal fünf bis zehn Sekunden warten müsst, bis sämtliche Energiebalken wieder aufgeladen sind - vorausgesetzt, in der Zwischenzeit findet kein anderer Angriff auf euch statt.

 

Die Effekte sind schick und das Figurendesign ansprechend - dennoch stehen die Hardware-Anforderungen in keinem Verhältnis zum Ergebnis.
Das mag Online-Rollenspieler der alten Schule zwar als "Stilbruch" abschrecken, doch auf den Schlachtfeldern ist diese Methode eine enorme Hilfe und wird ebenso wie beim PvE sogar noch durch eine weitere Kampfmechanik ergänzt. Denn wer sich mit kleinstmöglichen Pausen von Kampf zu Kampf stürzt, füllt seine Moralanzeige, was wiederum zur Möglichkeit führt, mit besonders effektiven Attacken und Spezialbewegungen seinen Gegnern den Garaus zu machen.

Zusätzlich benötigen bestimmte Kampftechniken und Zauber vorhergehende Angriffe. Über diese wird quasi eine Sonderanzeige in mehreren Stufen aufgefüllt. Es liegt an euch, ob ihr nun weiter einen vergleichsweise unspektakulären Angriff durchführt, der allerdings die weiter auffüllt, oder ob ihr einen Sonderangriff setzt, der die Anzeige wieder leert, aber abhängig von der "gesparten" Kraft mächtiger wird. So kommt selbst in den Allerweltskämpfen ein Hauch Taktik ins Spiel, der beim Duell mit einem menschlichen Spieler durchaus über Sieg oder Niederlage entscheiden kann. Warte ich, um die letzte verheerende Stufe der "Komboattacke" zu erreichen oder versuche ich lieber vorher, einen nicht ganz so kraftvollen Stoß zu setzen, bevor ich ggf. das Zeitliche segne?

Wo wir gerade beim Thema Sterben sind: Die Strafe für das vorzeitige und irgendwann zwangsläufige Ableben hält sich in überschaubaren Grenzen. Die Wiederbelebungs-Krankheit samt Reduzierung der Charakterwerte lässt sich bei einem Heiler schnell und äußerst günstig kurieren.

Geld und Kampfkraft sind eher in den RvR-Schlachten gefordert, um Belagerungsmaschinerie nicht nur zu erstehen, sondern auch effektiv zum Einsatz bringen zu können. Ein weiteres Beispiel dafür, dass alles dem Kriegstreiben untergeordnet wurde.

      

Orkse, Elfen, Chaos

Dabei steht und fällt natürlich alles mit den verschiedenen Klassen, die euch von Mythic zur Verfügung gestellt werden und die abhängig von der gewählten Fraktion bzw. Unterfraktion sind, da viele der Berufe nur in bestimmten Völkern möglich sind. Im Wesentlichen verlässt man dabei aber auf die klassischen Archetypen wie Magier, Nahkampfspezialist ("Tank") und Figuren mit Unterstützung ("Pet-Klassen") in verschiedenen Variationen. Eine Ausnahme bildet der der zwergische Maschinist, der mit seiner Muskete ein gefürchteter Distanzschütze ist, während er auf dem Schlachtfeld mechanische Hilfsgeräte aufstellen kann, die den Feind aus vollkommen unerwarteten Richtungen unter Beschuss nehmen.

In einem Fantasy-Setting dürfen Zwerge nicht fehlen. Vor allem nicht, wenn sich der Maschinist als eine der interessantesten Klassen herausstellt. 
Doch egal, ob man sich nun für einen zwergischen Runenpriester entscheidet, einen imperialen Hexenjäger spielt, den Chaosbarbaren oder die gewandte dunkelelfische Hexenkriegerin als Charakter wählt: Ihr könnt bei allen der insgesamt 20 Klassen sicher sein, dass ihr sowohl solo als auch in einer Gruppe Spaß haben könnt. Balancing, Fähigkeiten und Einstzmöglichkeiten im PvP wirken gut aufeinander abgestimmt.

Was die Unterscheidungsmöglichkeiten innerhalb der jeweiligen Klasse betrifft, deren höchste Erfahrungsstufe derzeit bei 40 liegt, hat sich Mythic größtenteils auf bekannte Versatzstücke verlassen. Das bedeutet, dass ihr ab Stufe 11 Meisterschaftspunkte bekommt, die ihr auf drei spezifische Pfade verteilen könnt, die wiederum bestimmte Fähigkeiten und Spezialangriffe beeinflussen. Jetzt liegt es an euch zu entscheiden: Bleibt ihr einem Pfad treu und werdet dort ein wahrer Meister oder verteilt ihr die Punkte unterschiedlich, um in allen Bereichen "etwas" besser zu werden?

Ein zusätzlicher Aspekt kommt aus dem RvR-/PvP-Bereich. Denn dort könnt ihr durch das Erfüllen von Aufgaben und dem Niederstrecken der menschlichen Gegner nicht nur Erfahrungspunkte, sondern auch Rufpunkte erlangen. Diese lassen sich bei einem speziellen Trainer abermals gegen besondere Fähigkeiten und Steigerung eurer Attribute eintauschen, die ihr bei einem Levelaufstieg im Übrigen nicht manipulieren könnt.

So kann man seine Figur nicht nur seinem Stil anpassen, sondern es soll auch gleichzeitig sicher gestellt werden, dass in späteren Phasen des Spieles nicht Hunderte nahezu identische Chaosbarbaren herumlaufen.

Dass dieses Prinzip aufgeht, muss sich allerdings noch zeigen, denn auch in Dark Age of Camelot hat Mythic eine ähnliche Idee gehabt. Allerdings hat sich dort bei vielen Figuren mit etwas Experimentieren eine "ideale" Ausbildungslinie gezeigt - und sei es auch nur, weil Charaktere, die etwas ungewöhnlichere oder von der Norm abweichende Fähigkeiten hatten, nur schwierig eine Gruppe finden konnten. Bei WAR scheinen diese Probleme zumindest in der Phase bis jetzt deutlich seltener aufzutreten.

Der Erfahrungs-Wälzer

Bis hierhin ist Mythic mit Warhammer Online eine mehr als respektable Umsetzung des bekannten Universums gelungen. Auch wenn man zugestehen muss, dass nur Standard-PvE sowie eigentlich "nur" eine nahezu perfektionierte PvP-Weiterentwicklung der Camelot'schen Reichskriege verbunden wurden.

Was WAR allerdings im Zusammenspiel mit diesen Elementen deutlich aus der Masse an Online-Rollenspielen hervorhebt, sind zwei Schlagworte: Unkomplizierte Gruppenfindung und Wälzer des Wissens.

Da werden Erinnerungen an Dark Age of Camelot wach. Mythic hebt Reichskriege auf eine neue Stufe.
Was ist darunter zu verstehen? Zum einen, dass trotz umfangreicher Gildentools und der späteren Notwendigkeit in Gruppen zu agieren, WAR auch für Spieler geeignet ist, die entweder nicht sehr kommunikativ sind oder einfach keinen Bock auf feste Gruppen und dementsprechende Verpflichtungen haben.

Nicht nur die Public Quests sind ein gutes Beispiel dafür. Denn ihr könnt euch z.B. auch anzeigen lassen, wo (inkl. Entfernung und Preferenz-Erkennung) in eurer Nähe Gruppen noch ein Plätzchen frei haben. Selbst bei PvP-Instanzen kann man sich einfach einer Gruppe anschließen und muss nicht ein Wort verlieren.

Sprich: Egal, ob PvE oder PvP kann man sich so einfach und unkompliziert wie selten zuvor einfach mal einloggen und ein halbes Stündchen oder Stündchen Spaß haben - selbst auf höheren Stufen.

Der Überraschungs-Hammer schlechthin ist jedoch der so genannte Wälzer des Wissens. Denn dieses kleine Nachschlagewerk innerhalb des Spiels ist mehr als nur ein Missions-Logbuch. Gleichzeitig fungiert das Buch als Bestiarium, in dem alle euch bereits begegneten Figuren, Monster und Gegner samt Beschreibung festgehalten werden. Wissenswertes aus der Story ist dort ebenso zu finden wie allgemeine Informationen über besondere Personen aus allen Fraktionen.

Sprich: Wer will, bekommt einen ungemein tiefen Einblick in die Warhammer-Welt. Und selbst, wer sich nicht die Mühe machen möchte, die teils sehr langen und interessanten Texte zu lesen, wird gerne auf den Wälzer zurückkommen. Denn mit neuen Errungenschaften, besonderen Leistungen oder Entdeckungen eurerseits werden nicht nur neue Seiten freigeschaltet, sondern ihr bekommt sogar Erfahrungspunkte angerechnet. Und nicht nur das: Über den Wälzer können sogar besondere Fähigkeiten freigeschaltet werden, die allerdings nur für PvE-Kämpfe gelten.

      

Das Kreuz mit der Kulisse

Ich erinnere mich noch gut: Im Vorfeld hatte ich die Möglichkeit, einen der Entwickler auf meinen vergleichsweise schwachen Rechner anzusprechen, der bei mir zu Hause sein Dasein fristet. Immerhin laufen HdR Online, Guild Wars und WoW ohne große Probleme darauf. Daraufhin wurde mir gesagt, dass, wenn diese Spiele liefen, auch Warhammer Online dank seiner Skalierbarkeit weitestgehend problemlos funktionieren müsste.

Nachdem ich mittlerweile einige Male vergeblich versucht habe, auf meiner Heimrübe mit WAR Spaß zu haben, bleibt mir nur die Erkenntnis, dass der entsprechende Ansprechpartner es A) entweder nicht besser wusste oder B) die Gelegenheit genutzt hat, um mich zufrieden nach Hause zu schicken - wider besseren Wissens.

Die Kulisse reicht von düster-bedrohlich bis beinahe idyllisch, schluckt aber eine enorme Hardware.
Oh ja: Man kann Warhammer Online mit den empfohlenen Mindestvoraussetzungen spielen. Und im PvE-Bereich stellt sich sogar ansatzweise etwas Spaß ein - insofern man die Ladezeiten ansprechend überbrückt. Wer hingegen die PvP-Duelle und vor allem die Belagerungen und großen Schlachten genießen möchte, sollte einen potenten Rechner mit viel Arbeitsspeicher aufstellen. Denn beim Minimum droht bei größeren Scharmützeln eine Diaschau. Und selbst auf unseren Alienware-Rechnern kam es zum einen oder anderen Einbruch in der Bildrate - zwar nicht den Spielspaß gefährdend und nur in ein, zwei Fällen den Kampf beeinflussend, aber dennoch bedenklich.

Denn beim ersten Blick auf WAR -egal ob auf Highend-Maschinen oder Minimal-Rechner- wirkt die Kulisse nicht gerade spektakulär und rechtfertigt nicht diese Anforderungen.

Versteht mich nicht falsch: Figurendesign, die abwechslungsreichen Umgebungen oder das Gefühl, sich ständig durch eine von Kriegswirren zerrissene Welt zu bewegen, sind sehr stimmig und atmosphärisch in ihren besten Momenten sogar überwältigend - obwohl oder gerade weil die Kulisse immer wieder an eine "schmutzige" Version der märchenhaften Bonbonwelt Azeroths erinnert.

Doch weder die Texturen sind in hohen Auflösungen Atem beraubend noch die Animationen in irgendeiner Form über Standardkost hinausgehend. Gleiches gilt für Angriffs- und Zaubereffekte, die allesamt sehr sauber von der Grafikabteilung produziert wurden, aber insgesamt ebenfalls nicht vermuten lassen, dass sich die Engine dermaßen hardwarehungrig präsentiert.   

Randnotizen

Wichtig für das Gesamterlebnis eines Online-Rollenspieles sind natürlich nicht nur die inneren Werte, sondern vor allem auch die Technik hinter den Kulissen. Was Stabilität und Erreichbarkeit der Server betrifft, können wir uns nicht beklagen. An den ersten Tagen gab es zwar Probleme mit der Anmeldung und Freischaltung der Konten, doch diese waren schnell behoben.

Auch die Stabilität der Client-Software lässt keine Wünsche offen. Bei uns ist Warhammer Online nicht einmal abgestürzt oder mit sonstigen Problemen aufgefallen. Allerdings haben sich beim Erledigen der einen oder anderen Quest auch schon mal Bugs gezeigt. Davon war allerdings nur einer wirklich ärgerlich, als ich auf dem Weg zu einem Mini-Boss in einem Turm urplötzlich fünf Meter nach links teleportiert wurde und damit außerhalb der Mauern nicht nur einen unsanften und beinahe

Egal, ob NPC oder Spieler-Charakter: Wer so unvorsichtig ist, hat es nicht besser verdient...
tödlichen Sturz hinnehmen, sondern zusätzlich den Weg nach oben noch einmal antreten musste - ärgerlich und in dem Moment enorm frustrierend.

Ebenfalls wichtig: Der Support, falls mal etwas nicht funktionieren sollte. Ob es exemplarisch war, dass die technische Unterstützung bei den Anmeldeproblemen der ersten Tage erst sehr spät (mehr als 20 Stunden nach Anfragestellung) reagierte, lässt sich nicht genau sagen, da wir ansonsten keine externen Supportanfragen stellen mussten.

Was allerdings etwas sauer aufstößt und einen leicht negativen EQ2-Beigeschmack bekommt, ist die Lokalisation in den ersten Tagen der Live-Version. Angesichts der Textmassen, die nicht nur im Wälzer, sondern auch in den Questbeschreibungen warten, ist es zwar verständlich, aber nicht entschuldbar, dass es hin und wieder zu einem Deutsch-/Englisch-Mischmasch kommt.

Noch unverständlicher ist es allerdings, dass einige der deutschen Texte (vor allem in der In-Game-Hilfe) unzureichend formatiert sind und dadurch unverhältnismäßig anstrengend zu lesen sind. Doch dies sind nur kleine Tropfen, die keine Auswirkungen auf die Wertung haben.

Was man vom nur rudimentären und angesichts der Dark Age-Erfahrung von Mythic erstaunlich unspektakulären, für die Wirtschaft unwichtigen und weitestgehend spaßfreien Crafting nicht behaupten kann. Tränke und Talismane (die einzigen zwei herstellbaren Gegenstände) sind zwar auf den Schlachtfeldern wichtig. Doch die von Monstern fallen gelassenen Versionen reichen vollkommen aus. Mit seiner unnötig komplizierten Herstellungskette wirkt das gesamte Crafting-System aufgestülpt und hätte auch problemlos weggelassen werden und durch einen besonderen Händler ersetzt werden können.     

Fazit

Ich ziehe meinen Hut vor Mythic Entertainment und ihrem Verständnis für gleichsam spannendes wie forderndes RvR- bzw. PvP-Spiel. Kein Dark Age of Camelot und kein Guild Wars können es hinsichtlich Umfang und Abwechslungsreichtum mit den auf alle Stufen abgestimmten Kriegsschauplätzen aufnehmen. Auch das Charakter-Balancing im Allgemeinen sorgt für viel Freude und Erfolgserlebnisse bei möglichst kleinem Frust. Und besonderes Lob gebührt dem Wälzer des Wissens, der sich als Infobroschüre, Missionslogbuch, eine detaillierte Warhammer-Enzyklopädie und XP-Spender in Buchunion zeigt. Allerdings hat Mythic nicht in allen Punkten so überzeugend gearbeitet. Damit meine ich nicht die immer noch auftauchenden Lokalisations-Lücken oder die unter dem Strich eher eingeschränkte visuelle Unterscheidung der zahlreichen Ausrüstungsgegenstände. Das eher zweckmäßige und nur ganz ganz selten über das Konventionelle hinausgehende PvE-System allerdings ist im genreübergreifenden Vergleich nur auf den Verfolgerpositionen zu finden. Da können auch die zahlreichen Public Quests nichts ändern. Und die verbaute Hardware steht in keinerlei Verhältnis zu den visuellen Ergebnissen. Wer die entsprechende Rechenpower verbaut hat, bekommt unter dem Strich ein gelungenes, aber abseits der öffentlichen Missionen nur selten mehr als durchschnittliches PvE-Erlebnis. Und dann könnte man auch EQ2 weiterspielen oder wieder in die Welten von Mittelerde oder Azeroth zurückkehren. Wer allerdings seit Urzeiten auf der Suche nach einem Nachfolger für die intensiven und hoch spannenden PvP-Auseinandersetzungen aus Dark Age of Camelot ist oder wem Guild Wars nicht episch genug ist, wird mit WAR sehr sehr glücklich werden. Charakter-Auswahl und –Vielfalt, die Spielmöglichkeiten und verschiedenen Siegbedingungen auf den Schlachtfeldern: Mythic Entertainment ist der Meister des PvP. Und das hat das Team mit Warhammer Online eindrucksvoll unter Beweis gestellt – auch wenn ich mir mehr taktische Möglichkeiten bei den Auseinandersetzungen gewünscht hätte. Dennoch ist der plakative Massenkampf von Gut gegen Böse ein großes Highlight im zumeist gleichförmig marschierenden Online-Rollenspiel-Dschungel.

Pro

stabile Server
hervorragende PvP-/RvR-Mechaniken
klassisches Kampfsystem mit diversen Verfeinerungen
Wälzer des Wissens eine hervorragende Idee
Public Quest-System mit spezifischen Belohnungen
wahlweise komplett im PvP spielbar
abwechslungsreiche PvP-/RvR-Schlachten
unterschiedliche Siegbedingungen in PvP/RvR
auch für Solisten und Kleingruppen geeignet
nahezu null Downtime

Kontra

Hardwareanforderungen stehen in keiner Relation zum Ergebnis
unausgereifte Gegenstands-Herstellung
relativ eingeschränkte Charakter-Erstellung
vergleichsweise wenige Waffen
und Rüstungsmodelle
konventionelles PvE-System

Wertung

PC

Für Fans von PvP-Auseinandersetzungen ein Meilenstein. Wer Dark Age of Camelot mochte, bekommt hier eine konsequente Weiterentwicklung, für die allerdings gehobene Hardware geboten ist.

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