Alcatraz: Die Gefängnis Simulation 03.02.2011, Bodo Naser
Alcatraz: Die Gefängnis Simulation

Im Test:

Die Simulationitis geht munter weiter, als gäbe es kein Morgen. Dieses Mal dient das altehrwürdige Alcatraz als Aufhänger für eine Gefängnis-Sim von Rondomedia. Kann das Management-Spiel mit cleveren Ideen überzeugen oder gehören die Macher eingesperrt?

Sims ohne Sinn

Wir kennen die Masche mittlerweile zur Genüge:

Gähn! Dieses Mal haben es die Macher auf das altehrwürdige Alcatraz abgesehen, das in einem dürftigen Management-Spiel verwurstet wird.
Man gibt einem ziemlich mäßigen Spiel einen coolen Titel in immergleicher Schrägschrift und klebt das Etikett "Simulation" drauf - fertig ist das nächste "supertiefgründige" Spiel von Rondomedia. Diese zielen auf den nichtsahnenden Gelegenheitskäufer ab, der die Regale im Media Markt nach Bezahlbarem abklappert. Man kann sich bildlich vorstellen, wie die gutgläubige Oma dem Enkelchen mit einem soliden Spiel für nur 20 Mücken beglücken möchte. Sie hat zwar keine Ahnung von Computern und noch nie eine Simulation gesehen, aber sie weiß, was Alcatraz ist. Ein Ort, wo böse Menschen eingeschlossen werden - das könnte für den Enkel doch lehrreich sein, oder?

Zuhause packt der Käufer dann das Spiel aus und ist etwas enttäuscht ob des mauen Umfangs. Bis auf die schiere DVD-Box selbst hat man sich gleich alles gespart, wie etwa ein gedrucktes Handbuch. Wer auf der CD schaut, weiß warum, denn die Anleitung ist äußerst dünn. Man installiert die Sim, was erstaunlich schnell geht, da diese Billigspiele auch technisch nicht auf der Höhe der Zeit sind. Die anfängliche Neugierde ist auch rasch verfolgen, da sich das Spiel als inhaltlich ziemlich dünner Klon eines leidlich erfolgreichen Vorbilds entpuppt. Wer eine solche "Simulation" länger als eine Stunde spielt, beweist schon ein hohes Maß an Leidensfähigkeit, auch wenn es sich um vermeintlich interessante Kandidaten wie Der Planer 4 handelt.

Ausbrüche eindämmen

Es verwundert vielleicht, warum ich bislang noch nix zum Inhalt geschrieben habe?

An der einzigen Anlegestelle kommt auch das Gesindel an. Die Sicherheit lässt sich durch zwei Türme links und rechts verbessern. 
 Das hat seine Gründe: Es gibt wenig zu tun im virtuellen Alltag als Gefängnisdirektor. Man hat die Wahl zwischen Kampagne oder freiem Spiel und beginnt in den 30er Jahren in einem erkennbaren, aber höchst pixeligen 3D-Alcatraz, das ziemlich leer ist. Wachpersonal und Gefangene kommen erst noch, wobei man Erstere anstellen und auf Letztere ganz einfach warten muss. So ganz klar ist nicht, wann ein neuer Knacki eintrudelt, aber es hat was mit der Sicherheitsstufe zu tun. Immerhin ist es klar, wann er geht: wenn er plötzlich flieht.

Obwohl man seine Wächter in eine Richtung laufen lassen kann, ist es allerdings schwer, den Fliehenden wieder einzufangen. Es ist wohl eher so gedacht, dass es erst gar nicht zum Ausbruch kommt. Ganz klar ist auch das nicht, denn das Handbuch ist ebenso mager wie das Tutorial, so dass einiges hinter schwedischen Gardinen im Dunklen bleibt.

Zum Start der Kampagne besitzt man immerhin schon ein wenig mehr als im freien Spiel, was aber auch der einzige Unterschied ist. Gut, hier bekommt man tatsächlich einen Auftrag: So soll man etwa innerhalb einer begrenzten Zeit eine höhere Sicherheitsstufe erreichen, was Fluchtversuche im Keim ersticken soll. Das ist schneller vorbei, als gedacht, da man es entweder geschafft hat oder ohne Vorwarnung rausfliegt. Seltsamerweise kann man eine Mission schaffen, indem man wie wild Sicherheitstürme baut. Diese steigern zwar nur geringfügig die Sicherheit, in der Masse führen sie aber zum Erfolg.

Peitsche ohne Zuckerbrot

In Alcatraz sind Gefangene in erster Linie ein Geschäft,

Warum man welche Bauten zimmert, bleibt im Dunkeln, da nix erklärt wird. Eine Wirkung ist meist auch nicht abzulesen.
denn man bekommt Geld für sie, wenn sie arbeiten. Auch hier wird auf Abschreckung gesetzt, denn das Los der Gefangenen lässt sich nur schwer ändern, da alles über Bauten oder Personal läuft. Ein Übungsgerät mit Hanteln im Hof bringt nicht viel, da mal wieder nicht klar ist, wie es sich auswirkt. Es gibt schlicht keine Anzeige für Zufriedenheit, da die einzige Statistik lächerlich ist. Auch das Anstellen von Hilfspersonen wie eines Pfarrers ist so kaum abzuschätzen. So zählt auch hier nur die Abschreckung, die durch die Sicherheitsmaßnahmen symbolisiert wird.

Letztlich werden auch in punkto Bauten viel zu wenig Möglichkeiten geboten: Wenn man die Räume im Gefängnis mal alle umständlich durchklickt, sind da nur wenige Optionen für Veränderungen. Hingegen kann man dem eigenen Personal Erholungsräume zimmern, was bis zur Luxushütte für Diensthunde reicht. Allerdings ändern sich die Gebäude im Laufe der Zeit kaum, obwohl das Ganze theoretisch bis ins Jahr 1963 läuft. Zudem kann man auch nichts erforschen, so dass alles auf dem Stand von vorgestern bleibt. Der Zeitfaktor ist damit komplett verschenkt - für das Spieldesign und den Spieler sowieso.

          

Fazit

Alcatraz: Die Gefängnis-Simulation ist eine typische Rondomedia-Sim, die alle Schwächen eines Billigspiels in sich vereint. Daran vermögen auch die nostalgische Aufmachung und das zumindest anfänglich unverbrauchte Knastszenario wenig zu ändern. Das Spiel von Virtual Playground ist genauso schlecht, wie man das von diesen Machwerken erwartet. Zwar gibt es Kampagne und freie Partie, die sich aber wie Zwillinge gleichen; einen Multiplayer hat man sich gleich gespart. Es gibt auch keine gescheite Anleitung, behutsame Einführung oder gar Durchblick. So weiß man eigentlich nicht so recht, warum man nun diesen oder jenen Schritt tun soll. Warum stellt man Pfarrer oder Arzt ein? Warum genau baut man dieses Gebäude und kein anderes? All das wird nicht klar, weil es auch keine gescheiten Statistiken oder Übersichten gibt. Trotz einer wiedererkennbaren Darstellung von Alcatraz mangelt es zudem an Übersicht, da man die Räume durchklicken muss. Und das Spiel bietet auf längere Sicht wenig Abwechslung, da man als virtueller Gefängnisdirektor immer das Gleiche macht. Man kauft Vorräte ein, stellt Wachen an und wartet ewig auf neue "Kundschaft". Zu erforschen gibt's auch nix, so dass der Zeitablauf für die Katz ist. Es bleibt die Frage: Wann bekommen wir endlich die erste Sim von Rondomedia, die was taugt?

Pro

für Sicherheit im Knast sorgen
Kampagne und freies Spiel
unverbrauchtes Szenario

Kontra

biedere Kulisse
umständliche Bedienung
sehr sicherheitslastig
kaum was zu tun
keine Forschung
unvermutetes Ende
kein Multiplayer-Modus
informative Anzeigen fehlen

Wertung

PC

Der nostaligische Ansatz kann nicht darüber hinweg täuschen, dass es ne weitere Billigsim ist.

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