Metal Gear Solid 2 Substance23.03.2003, Mathias Oertel
Metal Gear Solid 2 Substance

Im Test:

Nachdem Sam Fisher mit Splinter Cell die Messlatte für Stealth-Abenteuer auf ein neues Niveau gehoben hat, macht sich nun auch Altmeister Solid Snake auf dem PC auf, um die Spieler zu begeistern. Doch neben dem mittlerweile ein Jahr alten Hauptspiel gibt es noch eine ganze Menge zusätzlicher Substanz, um die Genre-Fans zu überzeugen, dass der NSA-Agent aus dem Hause Ubi Soft nicht das Maß aller Dinge ist. Mit welchen Problemen die PC-Fassung zu kämpfen hat und ob das Gameplay in Metal Gear Solid 2 Substance (ab 22,22€ bei kaufen) trotzdem noch zünden kann, erfahrt Ihr im Test.

Metal Gear Solid mit Substanz

Da sich viele Fans trotz der zweifelsfrei vorhandenen spielerischen Qualitäten des original Metal Gear Solid 2 immer wieder durch die ellenlangen Video- und Erzählsequenzen in eine Zuschauerrolle verbannt fühlten, hat sich Konami entschlossen, mit der Substance-Version quasi einen Director´s Cut zu veröffentlichen.

Und wie es sich für eine der auch in der DVD-Welt so extrem populären "Wiederveröffentlichungen" gehört, gibt es eine ganze Menge Extras, welche die Spieldauer enorm verlängern.

Das Original: MGS 2

Muss man eigentlich noch etwas zu Metal Gear Solid 2: Sons of Liberty sagen? Seinerzeit -also vor gut einem Jahr- eines der meisterwarteten PS2-Spiele, brachte der Altmeister der Stealth-Action die Pads zum Glühen und hob die Grafiklatte für die PS2 auf ein neues, bis dahin noch nicht gesehenes Niveau.

Und alles, was die Fans spielerisch im Original begeistert hat, ist auch in der PC-Version zu finden: __NEWCOL__Spannende Schleichmomente, handfeste Action und eine famos erzählte Story, die jedoch hin und wieder die unsichtbare Grenze zum Pathos massiv überschreitet - jedoch niemals bis zur Unglaubwürdigkeit. Dass das Spiel quasi in zwei Episoden eingeteilt ist, von denen Snake nur in einer die Hauptrolle spielt, während in der anderen der Schwertkämpfer Raiden als Protagonist gegen die Feinde loszieht, bringt nur noch mehr Schwung in die Sache. Denn die Herangehensweise ist trotz aller Ähnlichkeiten bei beiden Figuren anders und erfordert ein gewisses Umdenken beim Spieler.

Doch im Kern dreht es sich bei beiden darum, so lange wie möglich unentdeckt zu bleiben und im Ernstfall in brachialen Gefechten die Feinde so effektiv wie möglich zu dezimieren.

Dazu stehen sowohl Snake als auch Raiden ein ganzes Arsenal an Waffen und Bewegungsmöglichkeiten zur Verfügung, die in eine andere Richtung tendieren als die Möglichkeiten, die Sam Fisher zu bieten hat, aber nicht weniger effektiv und eindrucksvoll sind. Wo der NSA-Agent zu Spagatsprüngen und Nachtsichtgeräten greift, schnappt sich Solid Snake einen Karton und versteckt sich darunter oder nutzt ganz einfach einen Schrank, um den Gegnern aus dem Weg zu gehen.

Zwar lassen sich genau wie bei Splinter Cell keine Waffen von ausgeschalteten Gegnern aufnehmen, doch bei genauer Durchsuchung der großräumig angelegten Abschnitte findet Ihr mehr als genug Vernichtungsmaterial. Mehr als ein Dutzend Waffen und Gimmicks wartet auf den Einsatz, obwohl es natürlich immer besser ist, offenen Konfrontationen aus dem Weg zu gehen.

Steuerungsprobleme

Eines der größten Mankos, das Euch in der PC-Version begegnet ist die Steuerung. Denn wo Splinter Cell mit einer durchdachten Maus-/Tastatur-Steuerung glänzen konnte, müsst Ihr bei MGS 2 Substance am besten mit einer dritten Hand ausgestattet sein, um alle Tasten optimal nutzen zu können. Ein wenig besser läuft es mit Pad, doch da im Konfigurationsmenü vorzugsweise von linkem und rechtem Stick Gebrauch gemacht wird, werden selbst die ausgefuchste Pad-Beleger an ihre Grenze stoßen. Nicht nur hier drängt sich der Eindruck auf, dass es sich bei der PC-Fassung um eine schnell und damit recht lieblos konvertierte Xbox-Version handelt - doch dazu später im Grafikteil mehr.

Viele Spieler wird zudem irritieren, dass MGS 2 im Gegensatz zu Splinter Cell keine Möglichkeit bietet, die Kamera zu justieren. Ihr seid immer auf den Bildausschnitt angewiesen, den Euch das Spiel anbietet.__NEWCOL__Daher könnte es bei einigen ein ganzes Weilchen dauern, bis Ihr Snake und Raiden vollends im Griff habt. Glücklicherweise gibt es jedoch einen Radar, der Euch über den Standpunkt Eurer Gegner auf dem Laufenden hält.

Die verhalten sich im Übrigen sehr intelligent und fordern Euch immer wieder aufs Neue, so dass Ihr alle Register ziehen müsst, um nicht entdeckt zu werden.

Doch das alles kann nicht kaschieren, dass die Steuerung ganz und gar nicht auf die Belange der PC-User abgestimmt wurde.

Von dem immensen Speicherbedarf ganz zu schweigen: Eine Vollinstallation zieht mit grandiosen acht (!) GB auf Eurer Festplatte ein.

Da es trotz laaaaanger Filmsequenzen nur etwa zehn bis 15 Stunden dauert, bis Ihr am Ende des spannenden Abenteuers angekommen seid, tat Konami gut daran, den Spielern zusätzliche Inhalte zu spendieren, die wir im folgenden Abschnitt untersuchen.

Wie viele Missionen braucht der Gamer?

Gamer, die bereits auf der PSone mit Solid Snake Bekanntschaft gemacht haben, wird der Begriff VR-Missionen nicht fremd sein, wurde damals doch eine Zusatzdisk veröffentlicht, die diesen Spieltyp einführte.

Die VR-Missionen sind als Trainingsmissionen zu verstehen und finden deshalb in einer simulierten Umgebung statt. Dementsprechend wirkt die virtuelle Realität des Trainings grafisch entsprechend karg. Doch letzten Endes kommt es nur darauf an, den Spieler vor neue Herausforderungen zu stellen, die ganz nebenbei auch Eure Überlebenschancen im Hauptspiel erhöhen.

Wahlweise mit Snake oder Raiden gibt es vier Aufgabentypen, die Ihr bewältigen müsst: Angefangen von simplen Schleichübungen oder Waffentraining bis hin zum First-Person-Modus reicht das Repertoire, das sich im Schwierigkeitsgrad ständig steigert. Solltet Ihr die drei ersten Modi erfolgreich beenden, wird mit "Variety" ein neuer Modus freigegeben, in dem wiederum Abwandlungen der bereits bekannten Gameplay-Elemente auf Euch warten - allerdings mit teilweise unerwarteten Wendungen. So seid Ihr beispielsweise in einer Schleichmission dabei, gegnerischen Soldaten aus dem Weg zu gehen, die sich als haushohe Ungetüme erweisen und deren Geräusch-Output dem von Godzilla in Nichts nachsteht.

Ein Element, das mangels Zeit nicht mehr im original MGS 2 integriert werden konnte, sind die Alternativ-Missionen. Im Gegensatz zu den VR-Aufgaben werdet Ihr hier wieder in bekannte Abschnitte des Hauptspieles versetzt, wo Ihr neue Aufgaben zu erfüllen habt.__NEWCOL__Leider gibt es jedoch keine Storyline, welche die neuen Missionen verknüpft, so dass sie zwar äußerst spaßig sind, aber letzten Endes nicht die gleiche Euphorie entfachen können, wie das Hauptspiel.

Ganz im Gegensatz zu den so genannten Snake Tales. Denn hier wartet eine nette Story auf Euch, die allerdings in keinem Zusammenhang mit Sons of Liberty steht. Besondere Spannung kommt bei den Snake Tales dadurch auf, dass Ihr weder Zugriff auf Codec noch den helfenden Radarschirm habt. Dafür wird die Geschichte jedoch nur durch trockene Textfetzen weitererzählt, wodurch sich die in den Abschnitten aufgebaute Spannung in den Lesepausen immer wieder verflüchtigt.

Mit insgesamt mehr als 350 VR-Missionen, weiteren 150 Alternativ-Aufgaben, den Snake Tales sowie diversen weiteren Extras und Geheimnissen finden Fans genügend Gründe, um MGS 2 Substance immer wieder aus dem Regal zu.

Hungrige Grafikpracht

Als MGS2 vor einem Jahr auf der PS2 erschien, gehörte es definitiv zu den grafisch besten Spielen, die es damals gab. Und viele der herausragenden Merkmale sind auch in der PC-Fassung zu finden: Feine Animationen, schönes Charakterdesign, eine ausgefeilte und detaillierte Gestaltung der Umgebungen sowie teils herausragende Wettereffekte.

Allerdings ist die Grafikopulenz zweigeteilt. Während man in der Snake-Episode teilweise aus dem Staunen nicht mehr heraus kommt, findet das Abenteuer von Raiden auf einer vergleichsweise unspektakulären Öl-Plattform statt.

Doch das alles wäre noch zu verschmerzen, wenn sich MGS 2 Substance nicht als so extrem Hardware-hungrig zeigen würde. Ohne einen Rechner, der weit oben am HighEnd-Spektrum liegt, könnt Ihr Euch nur mit geringen Auflösungen, wenig Details und kaum Spezialeffekten in das Abenteuer stürzen.

Womit wir wieder beim Punkt "schlecht konvertierte Xbox-Fassung" wären. Denn der große Konkurrent Splinter Cell hat gezeigt, dass bei einer entsprechenden Konvertierung eine grandiose Grafik auch ohne große Hardwarebelastungen zu erreichen ist.

Doch auch wer über einen absoluten Power-PC verfügt, wird sich nicht ganz mit der Grafik anfreunden können, die im Prinzip nur eine hochaufgelöste und klarere Fassung der mittlerweile ein Jahr alten PS2-Grafik darstellt.

Ein weiteres Problem wurde ebenfalls nahtlos von der PS2 übernommen: Die famosen Cut-Scenes, die mit der Game-Engine generiert werden, treiben mit Kino-Atmosphäre die Story voran. __NEWCOL__Aber die Codec-Unterhaltungen bleiben mit ihren annähernd statischen Gesichtern weit hinter dem üblichen Standard zurück und sind auf Dauer einfach nur langweilig.

Hochspannungs-Soundkulisse

Die Spannung, die das Spiel erzeugt, wird einen Großteil durch den Soundhintergrund gebildet. Da man die meiste Zeit von Stille umgeben ist, wirkt der Schock der Entdeckung -durch ein akustisches Signal brutal ins Gehirn gehämmert- um so stärker.

Auch die Herzschläge, die man in expliziten Gefahrsituationen zu hören kriegt, sorgen für Stimmung. Aber Soundeffekte sind nicht alles, was man in Metal Gear Solid 2 Substance zu hören kriegt, denn auch Sprachausgabe gibt es en masse:

Sowohl Zwischensequenzen als auch die Codec-Unterhaltungen sind mit sauberen Sprachsamples unterlegt, die kaum Wünsche übrig lassen - allerdings hallen sie auf dem PC im Vergleich zur PS2-Version merkwürdig nach.

Und da im Bereich Musik z.B. mit Harry Gregson-Williams ein renommierter Hollywood-Komponist seine Finger im Spiel hat, ist die Kino-Atmosphäre fast perfekt.

Fazit


Au Backe! Nachdem bereits Metal Gear Solid eine mehr schlecht als rechte PC-Umsetzung abbekommen hat, sieht sich auch MGS 2 Substance vor mehreren Problemen, die im direkten Vergleich zu Splinter Cell gewaltig die Motivation drücken. Denn was nützen mir eine grundsätzlich gute Story, filmreife Cut-Scenes und ein eigentlich durchdachtes Gameplay, wenn ich das Spiel nur mit einem absoluten Highend-PC genießen kann und ich zudem drei Hände für die Steuerung brauche? Eine derart schlampige Umsetzung, die niemals den Verdacht beiseite wischen kann, dass hier einfach die Xbox-Fassung mit wenigen Handgriffen und ohne Optimierung auf den PC gebracht wurde, hat Solid Snake wahrlich nicht verdient. Dabei wären sowohl das Hauptspiel als auch die mehr als 500 Zusatzmissionen, Geheimnisse und Gimmicks eigentlich eine vollkommen gleichwertige Alternative zu Sam Fishers NSA-Ausflügen. Wer einen absoluten Highend-PC mit viel freiem Speicher auf der Festplatte hat: zugreifen. Alle anderen sollten sich lieber eine der Konsolen-Fassungen besorgen.

Pro

<li>Stealth-Action par excellence</li><li>original MGS 2 plus Hunderte Zusatzmissionen</li><li>fantastische Soundkulisse</li><li>gute Story</li><li>zahlreiche Gimmicks</li><li>einstellbarer Schwierigkeitsgrad</li><li>gute KI</li><li>gute Grafik, Highend-PC vorausgesetzt</li><li>gelungene Symbiose aus Film- und Spielerlebnis</li>

Kontra

<li>Codec-Unterhaltungen zu langatmig</li><li>manche Cut-Scenes zu lang</li><li>Grafik nicht PC-optimiert</li><li>Steuerungsmurks</li><li>Vollinstallation benötigt 8 GB (!)</li><li>extremer Hardwarehunger</li>

Wertung

PC

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