Pirates of Black Cove 05.08.2011, Mathias Oertel
Pirates of Black Cove

Im Test:

Piraten sind in. Alle setzen sie auf die fluchenden, Rum trinkenden Freibeuter, die seit Jack Sparrow eine Renaissance feiern. Neben großen Rollenspielen wie Risen 2 setzen auch kleinere Produktionen wie der Strategiemix Pirates of Black Cove (ab 6,99€ bei kaufen)auf den Störtebeker-Faktor – der allerdings nicht immer mit einer Schatzkiste voller Gold belohnt wird.

Totenköpfiger Nachholbedarf

Was würde ich nicht für einen modernen Nachfolger von Sid Meier's Pirates geben. Ich habe zuletzt auf der Xbox (1) mit den Seeräubern die Karibik unsicher gemacht. Doch seitdem konnten mich die Geschichten um Augenklappen, Holzbeine und vorlaute Papageien nur selten reizen und noch seltener überzeugen. Und dass selbst die iPad-Version des in Ehre ergrauten Klassikers nicht über ein durchschnittliches Niveau herauskam, stürzte mich beinahe in ein Tal der Tränen. Doch jetzt hat Pirates of Black Cove (PBC) die Chance zur Rehabilitation - und scheitert in großem Stil!

"Arrrr"

Dabei fängt alles ganz nett, wenngleich stereotyp mit einer Meuterei an, nach der man sich mit einem von drei Freibeutern auf die Suche nach den vergessenen Piraten der Schwarzen Höhle macht. Um Hinweise auf deren Verbleib und ihren legendären Schatz zu bekommen, muss man seine Reputation erhöhen. Dies geschieht durch das Annehmen von Aufgaben, die einen durch die halbe Karibik führen.

Und ab diesem Moment verlieren die Piraten ihren Reiz. Denn obwohl mit Gefechten zu Wasser sowie Landausflügen, bei denen man seinen Säbel schwingt und mit seinen angeheuerten Gefolgsleuten die Gegend erforscht, Erfolg versprechende Mechaniken integriert wurden, bleibt die Umsetzung trocken wie ein Zwieback.

Stimmungsvoller Schauplatz

Davon ausgenommen ist allerdings die Kulisse - zumindest weitgehend. Die Landausflüge erinnern z.B. vom Artdesign leicht an WarCraft 3, das ja bekanntlich nicht schlecht aussieht. Allerdings darf man dabei auch nicht vergessen, dass die Blütezeit von Blizzards Strategie schon lange vorbei ist. Aber selbst wenn der Comicansatz nach wie vor reizvoll ist und abgesehen von einem eingeschränkten Animationsrepertoire aller Figuren keine allzu groben Schnitzer auszumachen sind, wirkt es unter dem Strich veraltet.

Das Schippern durch die Karibik wurde ebenfalls passabel eingefangen: Die Segel blähen sich ansehnlich im Wind, wobei es für Geschwindigkeit und Wendigkeit unerheblich ist, von wo dieser weht. Bei Kämpfen schlagen die Kanonenkugeln etc. ansehnlich ein, Fässer oder Ladung geht über Bord und das Wasser könnte mit seinen in der Sonne glitzernden Wellen sowie seinen Blauschattierungen aus einem Urlaubsprospekt der Bahamas stammen.

Abgesoffen

Abseits der Kulisse jedoch macht sich schnell Langeweile breit. Es ist geradezu unheimlich, wie zielsicher die Entwickler bei diesem Strategie/Rollenspiel-Mix jedes Mal am Ziel vorbei schießen. Nehmen wir z.B. die Landerforschung, die sich an klassischer Echtzeit-Strategie orientiert. Mit einem Helden sowie in der Basis angeheuerten "Soldaten" legt man an, folgt der Zielmarkierung zum Auftrag, macht auf dem Weg dorthin alle Gegner platt und kehrt schließlich zum Schiff zurück. Klingt gut? Ja, klingt gut! Doch dabei bleibt es leider.

Denn die Umsetzung ist selbst für jemanden, für den die Total War-Serie ein Buch mit sieben Siegeln darstellt, also jemanden, der eher auf unkomplizierte Strategie setzt, ein Graus: Die Wegfindung der Kameraden ist unbefriedigend und Taktik braucht man ohnehin nicht, da es reicht, den Pulk auf den jeweils nächsten Gegner zu hetzen. Die Spezialfähigkeiten der Helden sind angesichts der langen Aufladephase nicht mächtig genug, die Auseinandersetzungen schlichtweg langweilig und nicht fordernd.

Die Kulisse ist weitgehend ansehnlich.
Die Kulisse ist weitgehend ansehnlich.
Die Seekämpfe unterhalten zwar besser und fordern auch mehr, da man sich ständig in eine gute Position bringen muss, um eine möglichst schadenträchtige Salve abzufeuern. Doch letztlich bleiben auch diese Auseinandersetzungen auf lange Sicht zu leicht.

Und daran können auch die Blaupausen nichts ändern, mit denen man sich Verbesserungen für sein Schiff kaufen kann oder gar neue Schiffe in sein Portfolio übernimmt.

Humor ist anders

Natürlich kann man sich über Witz und Humor bzw. dem, was einige dafür halten, streiten. Doch was die karibischen Freibeuter hier abliefern, ist extrem flach. Und das liegt nicht nur daran, dass man insgesamt 1000 (!) Piratenwitze à la "Wo findet man einen Piraten, der seine Holzbeine verloren hat? Wo man ihn zurück gelassen hat!" finden kann, die sich nach etwa 40 bis 50 jedoch wiederholen.

Die englische Sprachausgabe sorgt zusätzlich für Sorgenfalten. Denn hier ist man unschlüssig, ob der vollkommen übertriebene Seeräuber-Slang bewusst eingesetzt wird oder ob die Sprecher schlichtweg überfordert waren. Das Ergebnis ist freilich identisch: Man klickt sich so schnell es geht durch die schlapp inszenierten Dialoge, um ja nicht den Sprechern lauschen zu müssen.

Dann wiederum stellt sich die Frage, wieso man überhaupt die Suche nach den Schwarzhöhlen-Piraten in Angriff nehmen sollte. Spielerisch belanglos, mechanisch langatmig, strategisch schwach: Abgesehen von der netten, aber letztlich maximal durchschnittlichen Kulisse, enttäuscht dieser merkwürdige Mix auf breiter Front.

Fazit

Abgesehen von der mitunter ansehnlichen Kulisse, die zusammen mit der Musik immer wieder karibische Gefühle aufkommen lässt, muss man lange nach Gründen suchen, dieses unausgegorene Abenteuer in Angriff zu nehmen. Die Mischung aus Strategie und Rollenspiel (jeweils in einer Ultralight-Version) geht einfach nicht auf. Die Seekämpfe können wenigstens noch kurzfristig unterhalten, doch sobald es an Land geht, wird die Motivation kielgeholt. Schwache Wegfindung verbunden mit noch schwächerer KI und taktischem Tiefgang gegen Null gehend, machen aus den Landmissionen ein notwendiges Übel. Unterm Strich ein vollkommen fader Pirateneintopf.

Pro

drei spielbare Helden
passabel inszenierte See-Kämpfe
gelungene Wasserdarstellung
Musik verbreitet Karibik-Stimmung...

Kontra

Schwächen in der Wegfindung
Wind spielt bei Navigation keine Rolle
unausgegorene Rollenspiel-Elemente
... loopt sich aber zu Tode
keinerlei Strategie im Strategie-Teil nötig
banale Missionen
öde (Witz-)Schnitzeljagd statt sinnvoller Gebiets-Erforschung

Wertung

PC

Staubtrockenes und unfreiwillig komisches Piratenabenteuer mit halbwegs interessanten Seegefechten und passablem Karibik-Flair.

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