Chivalry: Medieval Warfare08.11.2012, Bodo Naser
Chivalry: Medieval Warfare

Im Test:

Trotz interessanter Ansätze konnten weder das epische Mount & Blade noch das blutige War of the Roses mit ihren mittelalterlichen Kampfsystemen vollends überzeugen. Jetzt schickt sich Chivalry: Medieval Warfare (ab 5,80€ bei kaufen) an, den Turnierdreikampf aus Hauen, Schießen und Stechen für sich zu entscheiden. Mehr zum Multiplayer-Actionspiel der Indie-Schmiede Torn Banner im Test.

Fiktion oder Tatsache?  

Rot gegen Blau im virtuellen Mittelalter. Mehr muss man nicht wissen, um mitschlachten zu können.
Rot gegen Blau im virtuellen Mittelalter. Mehr muss man nicht wissen, um mitschlachten zu können.
War of  the Roses spielte zur Zeit der Rosenkriege, die tatsächlich von 1455 bis 1485 in England tobten, während Mount & Blade in einem ausgedachten, aber historisch anmutenden Königreich spielte. Die Fiktion ermöglichte es, dass sich etwa hochmittelalterliche Rittersleut ganz selbstverständlich mit frühmittelalterlichen Wikingern duellierten. Chivalry (C) spielt ebenfalls in einer erfundenen Welt, in der sich zwei Fraktionen bekriegen: Der verschlagene Mason-Orden und die stolzen Agatha-Ritter geraten aneinander. Das Ganze ist ans Hochmittelalter angelehnt, was sich an Bewaffnung, Gerätschaften und Rüstung ablesen lässt. 

Gleich zu  Beginn bekommt man schon einen Vorgeschmack auf die kriegerische Welt, denn im höchst amüsanten Tutorial kämpft man gegen einen Assassinen der Masons, der einen plötzlich attackiert. Leider herrscht auch hier wieder Sprachverwirrung, denn einmal heißen sie „Masons“ und dann wieder „Freimaurer“. Nicht der einzige Übersetzungsfehler im Spiel, das eigentlich bis auf die Sprachausgabe auf Deutsch sein sollte. Außer der im weiteren Verlauf unbedeutenden Story gibt’s aber auch nicht viel zu lesen. Die Entscheidung für eine Partei ist ohnehin nicht von Dauer, da man wie bei War of  the Roses vor jeder Schlacht entscheidet, für wen man kämpft.

Was bietet es?

In Sachen Modi bietet es mehr als das hier spärliche War of the Roses.
In Sachen Modi bietet es mehr als das hier spärliche War of the Roses.
Auch hier handelt es sich um ein reines Multiplayerspiel für bis zu 64 Spieler. So dient der kurze Solomodus eigentlich nur der Übung, wo man jede Waffe und Kampfesweise mal testen kann. Allerdings umfasst es mehr Spielmodi als der virtuelle Rosenkrieg, der nur zwei hatte. Hier sind es fünf, wobei einige nur auf speziellen Karten laufen wie der Arenakampf, der natürlich in einem waschechten Amphitheater stattfindet. Ansonsten finden sich Modi wie „Frei für alle“, „Team Deathmatch“, „Team Mission“, „Bis zum letzten Mann“ oder „König des Himmels“.

Besonders spannend ist wieder der Modus, wo man zusammen mit anderen Spielern Orte auf der Karte sichert. Hier fühlt man sich ausnahmsweise wie in einer militärischen Einheit, die ein Ziel verfolgt. Man muss etwa eine Festung belagern, wobei man Katapulte abfeuert, eine Ramme schützt oder ein Tor stürmt. Ganz so zielstrebig wie bei der Eroberung von War of the Roses geht’s aber nicht zu, da hier die Punkte zwar den Sieg bringen, aber eben nicht mehr. Die Erfahrung nimmt man nicht mit, weil man bei C nicht aufsteigt. Bei den restlichen Modi gibt man eher den Einzelkämpfer.

Ohne großen Schnickschnack 

Es ist für Leute, die kampfmäßig gleich loslegen wollen.
Es ist für Leute, die kampfmäßig gleich loslegen wollen.
C ist ein Spiel für absolute Puristen, denn man kann ohne großes Tamtam gleich loslegen. Eine  Kampagne gibt es ebenso wenig wie einen Ritter, den man das ganze Abenteuer über spielt. Den Avatar benutzt man lediglich für eine Schlacht, dann kann man einen neuen Soldaten wählen. Das sorgt für Abwechslung, da man z.B. zuerst einen Fußkämpfer und dann einen Bogenschützen übernehmen kann, ohne dass man dafür lange spielen müsste. So kann man schon zu Beginn gleich  den fettesten Ritter aussuchen, wenn man sich das zutraut. Allerdings gibt es bislang nur Fußtruppen und man vermisst Reiter.

Die festen Typen sorgen dafür, dass die Kämpfe relativ ausgeglichen sind, da es keine Übercracks aber auch kein Kanonenfutter gibt. Da kein Aufstieg wie im Rollenspiel möglich ist, haben alle in etwa dieselben Voraussetzungen, mit denen man möglichst clever umgehen muss. Klar beherrscht der eine oder andere bessere Kniffe, aber die hat er wie alle anderen mühsam gelernt. Die Kombinationen werden im Tutorial erklärt, das jeder spielen sollte. Es gibt jedoch keinerlei Evolution bei Rüstung oder Waffen.   

Die bessere Bedienung

Per Tastendruck zum Sieg. Bei der Bedienung offenbart es seine Stärken.
Per Tastendruck zum Sieg. Bei der Bedienung offenbart es seine Stärken.
C mag nicht sonderlich ausgefeilt sein, bei der Bedienung kommt aber Freude auf. Da kann sich das in diesem Punkt missratene War of the Roses eine Scheibe abschneiden, denn so sollte die Steuerung eines mittelalterlichen Actionspiels funktionieren! Per linker Maustaste kann man butterweich zuschlagen, was so simpel ist, dass man es sogar im Eifer des Gefechts noch hinkriegt. Darüber hinaus gibt‘s weitere Schläge wie etwa über Kopf oder Zustechen, die ähnlich simpel sind. Pariert wird einfach mit der rechte Taste, was aber wie Treffer auch Kondition kostet. Ist der Balken leer, kann man nicht mehr schlagen.

Noch einfacher ist der Bogen, bei dem man nur zielen und den Knopf drücken muss. Das war ja auch schon bei War of the Roses wie‘s Brezelbacken und läuft hier noch flotter. So muss man eigentlich nur noch darauf achten, wie weit man schießen will, da man dann halt vorhalten, im Bogen schießen oder höher zielen muss. Mit der Armbrust kann man auch zielen, obwohl diese eigentlich erst im Spätmittelalter populär wurden. Aufziehen muss man sie auch, was aber viel  schneller und damit unrealistischer als im Rosenkrieg abläuft. Praktisch ist der große Schild, hinter dem sich speziell Armbrustschützen verbergen.

Hochmittelalterliche Waffen

Die Waffen und Typen kann man an einem Nachmittag durchprobieren.
Die vorgegebenen Waffen und Typen kann man an einem Nachmittag durchprobieren.
Dass man sich im Hochmittelalter befindet, merkt man auch an der Bewaffnung: Hier gibt es nur je vier Typen zur Wahl, die recht 08/15-mäßig ausgestattet sind. Auf jeder Seite existieren Bogenschütze, leichter Kämpfer, Pikenier und schwerer Ritter, die sich aber nur äußerlich etwas vom Pendant unterscheiden. Die Masons schmücken sich Rot, während sich die Agathas in Blau hüllen, die Rüstung bleibt aber immer dieselbe. Man kann also weder seinen Recken mit einer fetten Ritterrüstung einkleiden noch einen eigenen Helmbusch kreieren.      

Bei War of the Roses ging manches schneller, speziell was die Waffen anbelangte, die bei C erst langwierig freigespielt werden müssen. Immerhin darf man auch Haupt- und Nebenbewaffnung wählen, die etwa aus Langschwert, Axt und Wurfmesser bestehen könnte. Auch hier kann man zwischen den Waffen hin und her schalten, wenn man damit im Kampf besser zurechtkommt. So machen Zweihänder zwar mehr Schaden, man braucht aber auch länger, um erneut zuzuschlagen. Auch hier muss man die richtige Mischung finden, um zu bestehen.               

Ansehnliches Gemetzel

Die Schlachten sehen ansehnlich aus. Ab und zu verliert einer den Kopf...
Die Schlachten sehen ansehnlich aus. Ab und zu verliert einer den Kopf...
In den Kämpfen geht’s zur Sache, auch wenn das Schlachten nicht ganz so blutig wie bei der Konkurrenz ausfällt. Da wird schon mal ein Arm  oder Kopf abgerissen, der dann liegen bleibt. Den makaberen Todesstoß muss man einem Gegner aber nicht verpassen, da es keine Punkte fürs reine Abschlachten gibt. Die Abrechnung nach jeder Schlacht dient daher der puren Information, wie viel man geleistet hat. Die Unreal Engine sorgt dafür, dass die Szenerie überzeugt. Zudem ist für Abwechslung gesorgt, wenn man im Fluss kämpft, vor einem dunklen Gemäuer oder in einer orientalischen Stadt.

Leider ist vieles oft pure Staffage, denn es gibt wenig, was man im Kampf einsetzen könnte. Schützen werden vielleicht mal eine erhobene Position oder Deckung finden, so dass sie in aller Ruhe auf den Feind zielen können. Die Arena sieht zwar beeindruckend aus, aber ihre klassische Architektur lässt sich bis auf eine paar Hebel kaum taktisch einsetzen. Zwar erscheint man waschecht aus dem Boden, wie das auch im Kolosseum der Fall war, aber das war’s auch schon. Dann ist wieder Kampf Mann gegen Mann angesagt, wo meist der Geschicktere oder Schnellere gewinnt.

Unbefriedigender Ablauf          

Ansonsten laufen die Schlachten hektischer, als es die gelungene Steuerung vermuten ließe. Wie schon bei War of the Roses stirbt man öfters, als einem lieb ist. Man wird dann nach einiger Zeit wieder belebt, stürmt vor, nur um gleich wieder zu sterben. Das viel zu kurze Leben lässt sich auch nicht durch eine Heilung verlängern, denn es gibt keine entsprechende Funktion. Allerdings steigt der Lebensbalken langsam wieder an, wenn man unbehelligt bleibt; nur kommt das im Eifer des Gefechts fast nie vor.

Mit das größte Manko ist, dass kaum echter Fortschritt zu erkennen ist, weder hinsichtlich der Waffen noch Rüstungen oder Fähigkeiten. So bleibt immer das ungute Gefühl, dass man irgendetwas falsch macht, ohne es wirklich beeinflussen zu können. Kurzfristig hilft da nur, noch mehr Tricks und Kniffe übers Tutorial zu erlernen, da neue Waffen freispielen eine Ewigkeit dauert. 

Fazit

Chivalry ist auch nicht viel besser oder schlechter als War of the Roses. Zwar hat es eine bessere Steuerung und mehr Modi, aber es bietet deutlich weniger Spaß -  vor allem auf lange Sicht. Das liegt daran, dass es keinen Aufstieg gibt, weder innerhalb der Mehrspieler-Partie noch außerhalb in einer Art Rollenspiel-Modus. So kann man die vier festen Kämpfer nicht individuell gestalten, die Wahl der Kriegspartei ändert sich quasi ständig und es ist kaum ein Fortschritt zu erkennen. Chivalry wendet sich an Kampfpuristen, die sich ohne großes Drumherum in die blutige Schlacht stürzen wollen, ohne noch lange eigene Rüstung, Waffe oder Wappen zu wählen. Die grundlegende Kampfesweise ist schnell erlernt, darüber hinaus gibt es noch weitere Tricks und Kniffe für Cracks, um besser als der Rest zu sein. Allerdings gibt's ein Problem mit der Motivation, wenn man alle Waffen ausprobiert hat, von denen zunächst nur  hochmittelalterlichen Grundtypen vorhanden sind. Dann dauert es doch eine ganze Weile, bis man neue Waffen freigespielt hat und man verliert die Lust. Ein Solomodus, der wie Mount & Blade den Namen verdient hätte, fehlt ebenfalls, da hier nur das Tutorial bleibt. Unterm Strich gibt es wenig, das einen bei der Stange halten könnte, auch weil man sich etwa die Reitpferde gespart hat.                

 

Pro

eingängige Steuerung
ausgeglichene Kämpfe
fünf Spielmodi
wechselnde Szenerie
spezielle Arenakämpfe
nicht unblutig

Kontra

nur vier Kämpferklassen
eingeschränkte Waffenwahl
kein Fortschritt über Aufstieg/Fähigkeiten/Subklassen
Waffen freischalten dauert
keine Individualisierung der Kämpfer
keine gescheite Kampagne, belanglose Story
teils nicht übersetzt
keine Pferde

Wertung

PC

Leicht zu steuerndes Mittelalter-Actionspiel für Multiplayerkämpfer, dem allerdings nach kurzer Zeit die Puste ausgeht.

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