Clones17.10.2011, Jan Wöbbeking
Clones

Im Test:

Was machen Lemming-Fans, wenn ihnen das Knobelfutter ausgeht? Sie basteln sich einfach ihren eigenen Klon des Klassikers! Der eigentlich auf Anwendersoftware spezialisierte Entwickler Tomkorp hat seine Interpretation passenderweise »Clones (ab 1,49€ bei kaufen)« genannt. Statt nur zu kopieren, haben die Kanadier aber auch eigene Ideen, menschliche Duelle und jede Menge Komfort eingebaut.

Lemmings Reloaded?

Weder schön noch selten: Ein Rudel dieser unförmigen Klone muss sicher ans Ziel gebracht werden. Das geschrumpfte Exemplar passt auch durch kleine Tunnels.
Weder schön noch selten: Ein Rudel dieser unförmigen Klone muss sicher ans Ziel gebracht werden. Das geschrumpfte Exemplar passt auch durch kleine Tunnels.

Bei Steam und diversen anderen Download-Stores  ist das Spiel schon seit einer Weile erhältlich - jetzt hat Headup Games es auch in den deutschen Handel gebracht. Wie im Vorbild wuselt eine lebensmüde Meute von Kopffüßern durch eine Welt voller fieser Fallen und muss vom Spieler sicher zum Ausgang geleitet werden. In diesem Fall handelt es sich bei den Biestern um unförmige Klon-Klumpen auf zwei Beinen. Ähnlich wie die Lemminge kann ich sie wie in einem Strategiespiel mit einem Mausklick diverse Arbeiten ausführen lassen. Da die Klone äußerst wandlungsfähige Wesen sind, benötigen sie keine Werkzeuge.

Ein Klick auf einen grinsenden Schützling, und schon verwandelt er sich in einen lebendigen Bohrer, der sich unaufhörlich durch Erde, Holz oder ähnlich weiche Substanzen schraubt. Wähle ich ein anderes Symbol aus, formt der Klon kleine Bodenplatten aus seiner geleeartigen Körpersubstanz und baut eine kleine Treppe. Sadistische Naturen können eine Figur auch opfern und sie einfach atomisieren. Der übrig gebliebene Zellhaufen verstopft wirkungsvoll schmale Lücken. Dadurch marschieren die nachfolgenden Männchen sicher über den vorher noch tödlichen Abgrund ins Ziel. Auch mit einem Propellerflug lassen sich Hindernisse überwinden. Oder man aktiviert die Funktion »Schlucken« und bringt den Klon dazu, sich wie ein Staubsauger mit lautem Surren schräg durch die Erde zu fressen. Es gibt noch ein paar weitere Aktionen, welche nach und nach in Bergbau-Minen, einer futuristischen SciFi-Landschaft und anderen Kulissen erklärt werden.  

Fast wie früher: Brodelnde Lava und viele fiese Fallen versperren den Weg der Lemminge - pardon - Klone.
Fast wie früher: Brodelnde Lava und viele fiese Fallen versperren den Weg der Lemminge - pardon - Klone.

Fokus auf innere Werte

Es fällt sofort auf, dass die Stärken des kanadischen Teams nicht beim Design sondern der Spielmechanik liegen: Die Klone haben nur simple Animationen verpasst bekommen und auch die schlichten Kulissen wirken im Vergleich zu Indie-Highlights wie Swords & Soldiers reichlich altbacken. Die inneren Werte stimmen aber: Man merkt an jeder Ecke, dass echte Fans am Werk waren, welche dutzende von Stunden mit Lemmings-Titeln verbracht haben - und daher genau wissen, wie sich solch ein Spiel sinnvoll bedienen lässt. Wenn ich einen Klon mit der Maus ausgewählt habe, kann ich ihm auf erfreulich bequeme und vielseitige Weise Befehle geben: Entweder ich drücke einen der Hotkeys, klicke auf ein Symbol im übersichtlichen Menü am unteren Bildrand oder öffne ein kleines Ringmenü.

Auch darüber hinaus mangelt es nicht an Komfort. Ein Klick und schon startet das Puzzle neu. Oder ich beginne beim Auto-Save in der Mitte des Levels oder an einem der vier individuell setzbaren Speicherpunkte. Nach jedem gemeisterten Rätsel sieht man z.B. auf Anhieb seine Position in der Weltrangliste und auch eine Aufzeichnungsfunktion ist enthalten. Sogar ihren Level-Editor haben die Entwickler beigelegt. Da für den Baukasten keine Tutorials erstellt wurden, gestaltet sich die Bastelstunde aber um einiges kniffliger als z.B. bei LittleBigPlanet 2. Man muss sich schon ein Weilchen einarbeiten, um sinnvoll funktionierende Puzzles auf die Beine zu stellen. Ein weiterer Pluspunkt ist der üppige Umfang: In den zehn Themenwelten warten 150 Welten darauf, enträtselt zu werden.

Interessante Regelvarianten

Besonders spannend wird es, wenn nacheinander mehrere Teams koordiniert werden.
Besonders spannend wird es, wenn nacheinander mehrere Teams koordiniert werden.
Besonders interessant wird es in Rätseln mit speziellen Regeln: In einigen werden die Aktionen von unterschiedlich gefärbten Teams aufgezeichnet und später gleichzeitig abgespielt: Mit dem roten Klon kann ich diesmal nur buddeln, also grabe ich einen horizontalen Tunnel, um den Weg für die übrigen Teams frei zu machen. Im folgenden Durchgang steht meiner blauen Mannschaft unter anderem die Funktion »Köpfen« zur Verfügung, welche wie eine kleine Kanone funktioniert: Ich schleudere den nachwachsenden Kopf einer Figur zu einem Schalter und entschärfe dadurch einen fetten Stampfer, welcher sonst sämtliche Klone zu Brei verarbeitet hätte. Mit dem dritten Team baue ich noch zwei Brücken und lasse den letzten verbleibenden Klon mit seinem Propeller ans Ziel fliegen. Da diesmal ausnahmsweise nur ein Exemplar gerettet werden muss, reicht das zum Meistern des Puzzles.

In einer anderen Regel-Variation spazieren zwei Klone in die entgegen gesetzte Richtung und führen wie telepathisch verbundene Zwillinge synchron die gleichen Aktionen aus. Manchmal trete ich auch gegen den Meister eines Areals an und muss meine Mannschaft schneller oder mit mehr Energie ins Ziel bringen. Ähnlich funktionieren auch die Online-Duelle. Leider herrscht ein akuter Mangel an menschlichen Gegnern, aber die Möglichkeiten sind üppig: Man kann Turniere erstellen, Sofortmatches bestreiten, per Eingabe der IP-Adresse einem Host direkt beitreten oder um Highscores kämpfen.

Fazit

In den ersten Minuten war ich noch skeptisch: Macht es wirklich Sinn, im Jahr 2011 eine Kopie des nach wie vor genialen, aber uralten Puzzle-Klassikers Lemmings zu veröffentlichen? Die schlichten Render-Kulissen und das Design der herum wuselnden Tierchen wirken auf den ersten Blick wie ein Relikt aus den Neunziger Jahren. Doch wenn man über solche Äußerlichkeiten hinweg sieht, offenbart Clones seine Stärken. Die komfortable Bedienung lässt sofort erahnen, dass hier echte Fans am Werk waren. Das Grundgerüst wurde zwar dreist beim Vorbild geklaut, doch die Entwickler haben sich viele interessante Levels und Regel-Feinheiten ausgedacht. Vor allem beim Hantieren mit mehreren Teams und Duellen gegen Mensch oder Computer wird es spannend. Außerdem fällt der Umfang für einen Budget-Titel üppig aus: Wer sich durch alle 150 Levels beißt, ist länger beschäftigt als mit vielen Vollpreistiteln. Clones hat mich zwar bei weitem nicht so sehr gefesselt wie das seinerzeit erfrischend neue Lemmings – trotzdem steckt eine Menge Knobelspaß im Spiel von Tomkorp.

Pro

klassisch gutes Spielprinzip
riesiger Umfang
viele unterschiedliche Spiel- und Level-Typen
professioneller Level-Editor...
sehr komfortable und vielseitige Bedienung
Aufzeichnungs-Funktion
integrierte Komplettlösung
diverse Online-Duelle

Kontra

Grundprinzip komplett von Lemmings kopiert
altbackenes Render-Design
schlichte Kulissen
...Level-Editor ohne Tutorial benötigt lange Einarbeitung

Wertung

PC

Clones ist im Kern nur eine Lemmings-Kopie, allerdings eine ausgefeilte mit viel Abwechslung, Komfort und großem Umfang.

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