Goose Gogs24.06.2011, Jan Wöbbeking
Goose Gogs

Im Test:

Je niedlicher der Held, desto knackiger der Plattformer: Bereits in den Achtzigern befolgten Arcade-Spiele wie Bubble Bobble diese Regel und auch Frederic Schimmelpfennig greift den Gedanken auf: Mit seinem kniffligen Jump-n-Run »Goose Gogs« gewann der 17 Jahre junge Entwickler die Schüler-Kategorie des deutschen Computerspielpreises 2010 – jetzt hat Crimson Cow eine überarbeitete Fassung veröffentlicht.

Wut ist gut

Ausschlaggebend für die Preisvergabe war die clevere Spielidee. Auf den ersten Blick ist Goose Gogs ein stinknormaler Indie-Plattformer im populären Scherenschnitt-Design: Der kugelrunde Stachelbeer-Helden rollt und hüpft quietschvergnügt über idyllische Wiesen, tödliche Zahnräder und feindliche Beeren. Letztere werden aber mit einem speziellen Kniff angegriffen: Auf Knopfdruck verwandelt die Hauptfigur sich in einen Choleriker und zieht eine rote »Wutspur« hinter sich her. Wenn einige Gegner lange genug in die tödliche Wolke kullern, zerplatzen sie. Setzt man den Angriff aber zu lange ein, geht man selbst vor Wut in die Luft – und muss von vorne beginnen.

Die Wutspur in Aktion: Rollen die Gegner lange genug durch den tödlichen Schweif, zersplatzen sie schließlich.
Die Wutspur in Aktion: Rollen die Gegner lange genug durch den tödlichen Schweif, zerplatzen sie schließlich.

Im Laufe des Spiels schaltet man fünf Spezial-Beeren frei: Der Stachel-Gog z.B. kann besonders hoch hüpfen. Davon abgesehen erweist sich seine Steuerung aber als äußerst zickig, weil er nach dem Sprung mehrmals vom Boden abprallt. Der Zorn-Gog lässt sich leichter bändigen und erträgt viele Feindberührungen; im Gegenzug dazu beruhigt er sich nicht von alleine. Mit ihm sollte man also nur die wichtigsten Widersacher erledigen, um nicht selbst irgendwann zu explodieren. Die meisten Prüfungen lassen sich nur mit einem vorgegebenen Beerentyp starten, bei manchen darf man aber auch frei experimentieren, um neue Punkterekorde aufzustellen. Schade, dass es weder im Netz noch lokal Ranglisten gibt.

Wusel dich durch

Manchmal muss in einem finsteren Gebirge ein versteckter Durchgang gefunden werden – meist beschränkt sich das Abenteuer aber auf die Action. Das Spielgefühl ähnelt dem von Super Meat Boy: Ein ums andere mal geht es darum, den Weg durch die tödlichen Zahnräder und die Schar herumwuselnder Gegner zu perfektionieren, bis man schließlich den Ausgang erreicht. Das alleine garantiert übrigens noch nicht den Sieg. Auch wenn man 15 Anläufe gebraucht hat, verkündet das Spiel mitunter eiskalt: "Zu wenig Punkte für neues Level". Wenn man erst einmal den richtigen Rhythmus und die idealen Schlupflöcher gefunden hat, ist es aber bei weitem nicht mehr so knifflig, wie es zu Beginn aussieht.

Hübsche Farbfilter und Partikel-Effekte täuschen gekonnt über das Recycling der Grafikbausteine hinweg. Auch die entspannte elektronische Musikuntermalung passt bestens.
Hübsche Farbfilter und entspannende Elektro-Tracks beruhigen die strapazierten Nerven.

Die cholerischen Kugeln lassen sich wahlweise mit der Tastatur oder einem Xbox 360-Controller steuern. Letzteres klappt recht gut, doch an ein paar lästigen Details sollte bis zur geplanten Xbox-Live-Arcade-Umsetzung noch gefeilt werden: Da der Held nur eine Geschwindigkeit kennt, bin ich schnell vom Stick auf das Digi-Kreuz umgestiegen, doch wenn ich dort versehentlich nach oben drückte, sprang meine Stachelbeere unbeabsichtigt in die Luft – was sich mangels Tastenbelegung nicht ändern ließ. Auch eine Pause-Funktion wäre in der Hitze des Gefechtes nützlich. Sinnvoll ist dagegen, dass sich ein vergeigter Versuch innerhalb einer Sekunde neu starten lässt. Wer keinen Wert auf die Hülle legt und fünf Euro sparen möchte, kann sich das Spiel übrigens auch bei diversen Download-Diensten für rund zehn Euro herunterladen – eine Übersicht gibt es auf der offiziellen Homepage . Außerdem sind Umsetzungen für iPhone, iPad und Xbox Live Arcade in Arbeit.

Fazit

Lasst euch ja nicht von den knuffigen Grinsekugeln auf dem Cover täuschen: Goose Gogs ist ein Hardcore-Plattformer durch und durch! Wer keinen Spaß daran hat, sich zehn mal durch‘s gleiche Level zu beißen, ist hier an der falschen Adresse. Fans kniffliger Indie-Spiele wie Super Meat Boy kommen dafür umso mehr auf ihre Kosten. Man merkt regelrecht, dass Entwickler Frederic Schimmelpfennig seine begrenzten Ressourcen auf die wichtigsten Aspekte konzentriert hat: Das Spiel kann in punkto Umfang, Abwechslung und Steuerungs-Komfort bei weitem nicht mit dem Fleischklops oder anderen Arcade-Highlights konkurrieren. Doch allem Minimalismus zum Trotz punktet das Spiel dort, wo es zählt: Die clevere Idee rund um den tödlichen Schweif, die unterschiedlichen Helden und der knackige Schwierigkeitsgrad haben mich immer wieder dazu gebracht, es noch einmal zu versuchen - bis ich mich nach knapp vier Stunden endlich bis ins letzte Level gekämpft hatte. Auch visuell steht der minimalistische Stil dem Spiel gut zu Gesicht: Dank hübscher Farbfilter, Partikel- und HDR-Effekte fällt es kaum auf, dass sich im Hintergrund die immer gleichen Bäume wiederholen. Das exzessive Gegner-Recycling fällt schon eher negativ ins Gewicht: Statt echter Bosse gibt‘s am Ende jeder Welt nur eine Ansammlung besonders vieler Standard-Feinde. Bleibt also zu hoffen, dass jemand dem talentierten Entwickler bei einem Nachfolger unter die Arme greift, damit er noch mehr gute Ideen verwirklichen kann - dann hoffentlich inklusive fetter Endgegner, Geheim-Passagen, Leaderboards und jeder Menge freispielbarem Schnickschnack. Das Potential ist jedenfalls noch lange nicht ausgeschöpft!

Pro

frische Spielidee
fesselnde Hüpfpassagen
sehr knackig, aber nicht unfair
einfaches, aber hübsches Minimal-Design
stimmungsvolle gleißende Farbwechsel
relaxte Musik-Untermalung

Kontra

nur 50 kurze Levels
sehr wenige Gegnertypen
Levels müssen chronologisch abgegrast werden
nicht all zu viel Abwechslung
weder Leaderboards noch lokale Highscorelisten
Joypad-Belegung und andere Kleinigkeiten stören

Wertung

PC

Simpel, aber fesselnd: Die frische Spielidee und beinharte Sprungsequenzen machen Goose Gogs zu einem motivierenden Plattformer - nur an Umfang und Abwechslung mangelt es.

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