Port Royale 311.05.2012, Bodo Naser
Port Royale 3

Im Test:

Einst war Port Royale so etwas wie Patrizier für die Karibik.  Kalypso hat der historischen Reihe eine zeitgemäße Neuauflage beschert, bei der sogar der Duft von Pirates! übers azurblaue Meer weht. Der dritte Teil ist zu einem spannenden Wirtschaftsspiel gereift, das auch endlich einen Multiplayermodus bietet.

Handel übers Eck

Fernhandel im Kleinen. Ein Dreieck aus Port Royale, Puerto Price und Santiago de Cuba lädt zum Profit ein.
Fernhandel im Kleinen. Ein Dreieck aus Port Royale, Port- au-Prince und Santiago de Cuba lädt zum Profit ein.
Was ein Dreieckshandel ist, wird der eine oder andere vielleicht noch aus dem Geschichtsunterricht wissen. Es geht um eine Form des Warentausches über See, die verstärkt im 18. Jahrhundert betrieben wurde: Dabei fuhr ein Händler aus den nordamerikanischen Kolonien mit Feuerwasser nach Afrika, wo er dieses bei den Portugiesen in Sklaven umtauschte. Dann schipperte er quer über den Atlantik in die Karibik, wo er die menschliche Fracht an fiese Plantagenbesitzer verkaufte. Dort bekam er Rohrzucker, den er wiederum nach Norden brachte, wo er zu Rum verarbeitet wurde. Dann ging das Spiel wieder von vorne los, wobei der Pfeffersack immer reicher wurde. Allerdings fand es ein jähes Ende, als der Sklavenhandel verboten wurde. Das Geld fand andere Ströme.

Politisch korrekteres Dublonenscheffeln über mehrere Stationen kann man auch bei Port Royale 3 (ab 5,75€ bei GP_logo_black_rgb kaufen) erleben. Und zwar in einer Karibik, wie man sie aus Pirates! kennt. Man startet anno 1561 in Port Royale, dem Heimathafen auf Jamaika, wo man einige Fässer Rum, etwas Eisen sowie Wolle auflädt. Dann schippert man nach Haiti, wo die Kehlen immer durstig sind und das Eisen zu günstigen Werkzeugen geschmiedet wird. In Puerto Prince lädt man noch die Wolle ab, die gutes Geld bringt. Dann geht’s nach Santiago, wo man kubanisches Zuckerrohr abholt. Wieder zurück in Jamaika, liefert man den süßen Stoff an die Rumproduktion. Da es 60 Häfen gibt, von denen manche entdeckt werden wollen, gibt es sehr viele Möglichkeiten, ordentlich Gewinn zu machen.

Zweierlei Kampagnen 

Lieber Händler oder Draufgänger? Was wollt ihr sein? Leider sind nicht beide gleich gelungen.
Lieber Händler oder Draufgänger? Was wollt ihr sein? Leider sind nicht beide gleich gelungen.
In der spannenden Handels-Kampagne bekommt man Missionen, die einen immer wieder aufs Neue fordern. Man muss etwa ein bestimmte Menge Korn ins hungernde Cayman schippern, neue Siedler für Port Royale finden oder einige Plantagen errichten. Das ist auch deshalb motivierend, weil es zu Beginn gar nicht so einfach ist, eine größere Menge Geld zu machen. Der Markt verändert sich, es gibt nur noch wenig von einer Ware oder die Preise schwanken stark. So kann die geliebte Route schon beim nächsten Mal nicht mehr lohnend sein, weil etwa ein Hurrikan den Hafen blockiert. Dann heißt es auf andere Landestellen auszuweichen, wovon man viele buchstäblich im Vorbeisegeln ortet. Die Kampagne ist auch deshalb lohnend, weil die Ziele stets klar sind. So steht man nie wie der Ochs vorm Berg, sondern wird fließend befördert und ist schon bald Bootsmann.

Überflüssig wirkt zunächst die Rahmenhandlung, bei der man eine Dame bezirzen muss. In der Profitgier ist einem jedoch schlichtweg egal, ob sie einen für den besten Kapitän hält, da es auch so genug Grund zum Weiterspielen gibt. Man steigt immer weiter in der Hierarchie auf, um irgendwann ganz oben zu landen, wie man das von Klassikern wie Patrizier kennt. Hat man genug Ansehen etwa bei den Spaniern, darf man auch irgendwann zu ihrem Gouverneur. Jede Nation hat sogar einen Vizekönig, der weitere Aufgaben zu verteilen hat. Und bekommt man einen Kaperbrief von einer Nation, hat man es schon weit gebracht. Neben dem Handel gibt es aber noch eine zweite Kampagne, bei der man eher der Abenteuer ist. Wem das zu lasch ist, der kann auch ein freies Spiel starten und den Schwierigkeitsgrad erhöhen.

Geld investieren

Der Handel macht reich. Lukrativer ist es allerdings, wenn man die Waren selber herstellt.
Der Handel macht reich. Lukrativer ist es allerdings, wenn man die Waren selber herstellt.
Man beginnt zwar als Händler, aber später wird man immer mehr zum Produzenten. Der kluge Kapitalist stellt seine Rohstoffe selber her, da sie so auf Dauer billiger sind. Zudem ist man nicht mehr von der See, Piraten und dem Welthandel abhängig, wenn man etwa Zucker selber herstellen kann, um ihn dann in seiner Brennerei zu Rum zu veredeln. So braucht man nur noch Holz für die Fässer, das es reichlich gibt. Für Fertigwaren sind zwei Rohstoffe notwendig. Ist eine der insgesamt 19 Manufakturen fertig, braucht sie auch noch Arbeiter, die man nötigenfalls holen muss. Das Endprodukt wird im Lager abgelegt und ist immer günstiger als der freie Markt. Durch die praktischen festen Routen kann man es auch gleich zum Verbraucher schippern lassen.

Der Kluge investiert den Profit wieder, den er erarbeitet, was auch bisweilen Zweck einer Mission ist. Sonstige Verwendungsmöglichkeiten gibt‘s kaum, da man kein eigenes Anwesen mit Schloss, Einrichtung oder Garten hat. Virtuelle Belohnungen gibt’s beim Aufstieg gratis, so dass man allen Gewinn in Schiffe bzw. Häuser steckt. Man kann diese entweder kaufen oder errichten lassen, was aber neben Geld und Platz auch Rohstoffe kostet. Wer keine Steine hat, muss welche besorgen. Im Laufe der Zeit weiß man dann genau, in welcher Stadt es was gibt. Die Karibik wird immer mehr zur Westentasche. Ein Bau dauert seine Zeit, weshalb man einige Tage warten muss. Dann ziehen Leute ein und man bekommt jeden Monat Miete in die Geldkiste, in der ohnehin selten Ebbe ist.  

Spannendes Abenteuer? 

Immerhin - die Abenteurer-Geschichte fesselt mehr als die das Händlers.
Immerhin: Die Abenteurer-Geschichte fesselt mehr als die des Händlers.
Der eine oder andere dürfte vielleicht verwirrt sein, wenn er die Abenteurer-Kampagne spielt, denn diese beginnt fast genauso. Selbst die abschaltbare Einführung ist dieselbe, auch wenn hier alles etwas flotter geht, um den Spielfluss nicht zu stören. Erst in New Orleans spaltet sich die Story auf, die eine größere Rolle spielt als beim Handel, auch wenn das Ganze nie die Intensität der Familiensuche wie bei Pirates! erreicht. Die vorher erwähnte Dame verschwindet unter mysteriösen Umständen und der Galan des 16. Jahrhunderts muss nach der Heißblütigen suchen. War es ein Rivale, der sie entführt hat? Obwohl Konkurrenz eigentlich keine große Rolle spielt, da man abgesehen von Seefahrern der vier Nationen alleine seine Runden dreht. Oder stecken üblere Subjekte dahinter?

Im grünen Louisiana will einem ein Mittelsmann weiterhelfen, aber zuerst muss man etwas für ihn erledigen. Man soll drei Piraten für ihn kalt stellen, die alle eine Belohnung bringen. Hier kommt man erstmals mit Seeräubern in Berührung, die man sonst immer nur sieht. Anders als bei Pirates! wird man nicht ständig überfallen, was das Handeln erleichtert. Nur wenn man die Halsabschneider auf der auf der zeitgenössischen Karte anklickt, kommt es zum Gefecht. Dann hat man meist schon eine richtig tolle Ausrüstung, die man sich sonst erst erarbeiten müsste. Schiffe, Matrosen und Geld, an nichts mangelt es. Darunter leidet der Kampfmodus, dessen Schwierigkeit man immerhin erhöhen kann. Wem die Asche trotzdem ausgeht, weil er zu viel Sprengstoff gekauft hat, der kann wieder Waren handeln.

Pirates lässt grüßen

Sollte das am Ende einer Schacht  dranstehen, hat man Glück gehabt. Auch wenn man nie genau weiß warum.
Sollte das am Ende einer Schacht stehen, hat man Glück gehabt - auch wenn man nie genau weiß warum.
Auch die Kämpfe erinnern an ein modernes Pirates, da man seinen Schiffskonvoi ganz ähnlich um den Feind kurvt, um in die besten Feuerposition zu kommen. Die in Echtzeit laufenden Seeschlachten sind grundsätzlich einfach gedacht, da man jedes Schiff einzeln steuern kann. Man kann auch verschiedene Arten Munition einstellen, die man aber anders als die Kanonen vorher kaufen und laden muss. Um nicht mit heruntergelassener Hose dazustehen, hat man die normalen Kugeln immer dabei. Zudem hilft die KI, da sie die Schiffe lenkt, die man grad nicht aufm Schirm hat. Man kann sogar eine Taktik einstellen, was diese tun soll. Gekämpft wird meist gegen Piraten, seltener gegen andere Nationen.    

Was gut gedacht ist, klappt in der Praxis leider weniger. Obwohl man immer nur seine drei besten Pötte ins Gefecht führt, kommt doch Hektik auf. Da man immer nur ein Schiff direkt kommandiert, hat man nicht den Eindruck, alles im Griff zu haben. Trotz Taktik schießen die eigenen Schiffe im falschen Moment und machen weite Umwege.  Der Feind gleitet weit eleganter durchs Meer und scheint auch beim Feuern immer zu treffen. Theoretisch kann man ein Schiff auch entern, was aber selten vorkommt. Dafür muss man erst mal die Takelage zerschießen, wofür man Kettenmunition braucht, von der man genug im Rumpf haben muss. Neben den Seekämpfen kann man auch noch Städte angreifen, was noch schwerer ist.  Wer nicht selber kämpfen möchte, kann die Schlachten auch simulieren lassen.         

Schiff ahoi

Jeder Konvoi hat einen Kapitän, dessen Werte sich verbessern lassen. Auch wenn es Geld und Zeit kostet.
Jeder Konvoi hat seinen Kapitän, dessen Werte sich verbessern lassen.
Man kann 16 historische Schiffstypen in die Schlacht lenken, die von der Bark bis zur Galeone reichen. Nicht alle lassen sich kaufen, da etwa die begehrten Linienschiffe nur in Konvois der vier Nationen Spanien, England, Frankreich oder Niederlande zu finden sind. Jeder Konvoi besteht Transport- und Geleitschiffen, von denen nur letztere Kämpfen. Die ersten Seegefechte sind noch leicht zu gewinnen, dann wird es aber schwerer. Um Captain Kidd mit seinen ebenso kampfstarken wie flotten Kriegsschiffen zu versenken, braucht man schon drei vollgerüstete Schiffe der besseren Art. Leider sind drei Galeonen zu schwerfällig während die Barken zu schwach sind, weshalb die Mischung stimmen muss.

Jedem Konvoi steht ein Kapitän vor, der unterschiedlich gewieft sein kann. Ein virtueller Offizier hat seine Fähigkeiten, wie gut er in einzelnen Bereichen wie Handel, Navigation, Seegefecht oder Nahkampf ist.  Allein sein Können in der Schlacht wird durchs Kämpfen besser. Will man dessen seemännisches Können ausbauen, muss man in die Stadt. Dort in der Taverne tauchen gelegentlich  Lehrer auf, der einem beibringt, wie man Boote schneller repariert, was aber ein paar Dublonen kostet. In den Spelunken gibt‘s auch Teile einer Schatzkarte zu kaufen, die einen irgendwann zu einem Goldhaufen führen. Allerdings wird der Text für den Schatzfund auch so mal ausgelöst, wenn man wo vorbei kommt.

Erstmals Mehrspieler

Vor jeder Mehrspieler-Partie lässt sich einiges einstellen, was in etwa dem freien Modus entspricht.
Vor jeder Mehrspieler-Partie lässt sich einiges einstellen, was in etwa dem freien Modus entspricht.
Der größte Unterschied im Vergleich zu Port Royale 2 ist der Multiplayer, der nun über LAN oder Internet möglich ist. Vor jeder Partie hat man eine Menge Möglichkeiten, die Bedingungen einzustellen; so lässt sich etwa die Spieldauer bestimmen. Hier spielt dann auch endlich die Wahl der eigenen Flagge eine größere Rolle, die man in der Kampagne kaum wehen sieht. Bis zu drei menschliche Gegner können teilnehmen, die alle eine eigene Firma bilden. Wie im richtigen Leben liegt es bei den Mitspielern, ob sie sich bekriegen oder friedlich miteinander kooperieren. Im Mehrspieler spürt man also die Konkurrenz viel deutlicher.

Leider konnten wir den Mehrspieler nicht testen, da er noch an Kinderkrankheiten leidet. Bei meiner Retail-Version 1.0 ist der Online-Multiplayer nicht auswählbar: Es gibt zwar die Möglichkeit im Menü, sie lässt sich aber nicht anklicken. Zwar kann man per Launcher Updates herunterladen, aber die Installation bricht aufgrund eines Fehlers ab. Ob das Aktualisieren per Steam besser laufen würde, kann ich nicht sagen, da mir diese Version für den Test nicht zur Verfügung stand. In jedem Fall scheint mir die Kombination aus Steam und Kalypso-Launcher eher unglücklich, da sie nur Verwirrung stiftet. Es wäre wünschenswert, die bereits bestehenden Patchs auch so laden zu können, was aber nicht angeboten wird.

Fazit

Obwohl es derzeit von ein paar Bugs geplagt wird, ist Port Royale 3 bislang Kalypsos unterhaltsamste Neuauflage eines Klassikers. Das Flair des Originals wird eingefangen, Inhalte werden sinnvoll entwickelt und es weht sogar ein Hauch von Pirates!. Der karibische Handel motiviert, da es einfach großen Spaß macht, Waren übers Meer des 16. Jahrhunderts  zu schippern. Man sucht nach neuen Häfen, den lukrativsten Strecken und dem größten Profit. Naturkatastrophen, wechselnde Großmächte und dynamische Märkte sorgen sogar für Abwechslung. Trotz überflüssiger Rahmenstory überzeugt sogar die Pfeffersack-Kampagne, die einen Schritt für Schritt ans Geldmachen führt. Der Abenteuer-Modus ist trotz Suche nach der großen Liebe leider weniger gelungen, auch weil das Kämpfen auf See ernüchtert. Zwar kann man zeitgenössische Segelschiffe kommandieren, Munition wechseln und sogar eine Taktik einstellen, aber die Steuerung der eigenen Flotte ist so fummelig, dass man sie lieber simuliert. Wer dann jedoch den freien Modus spielt, dürfte wieder versöhnt sein, denn hier können Kenner die Startbedingungen schwerer machen. Mehr Piraten, andere Epoche oder weniger Kohle - kein Problem! Ganz ähnlich funktioniert auch der neue Multiplayer mit vier Spielern, der allerdings von Abstürzen und Aktualisierungstücken geplagt wird. Trotzdem ist der dritte Teil empfehlenswert!                                          

Wertung

PC

Motivierender Handel mit karibischen Flair - schade, dass die Kämpfe etwas fummelig sind und der Multiplayer zickt.

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