Strike Suit Zero29.01.2013, Marcel Kleffmann
Strike Suit Zero

Im Test:

Mit Elite: Dangerous und Star Citizen soll das in den letzten Jahren sträflich vernachlässigte Genre der Weltraumspiele wieder aufleben. Den Großproduktionen kommt jetzt Strike Suit Zero vom Indie-Studio Born Ready Games zuvor. Kann das kleine Spiel Zeichen im All setzen?

Gestatten, Adams.

Darf ich mich vorstellen? Adams. Da ich schon im Spiel komplett stumm bleibe, plaudere ich eben hier ein bisschen. Ich bin aus dem vorzeitigen Ruhestand geholt worden, um eine der mächtigsten Waffen im Universum zu fliegen: Die Strike Suit Zero. Weil sich die Erde im Krieg mit ihren Weltraumkolonien befindet und die Gegner zufällig ein gewaltiges Alienartefekt der Marke „Planetenzerstörer“ gefunden und damit die Flotte der Erde ausradiert haben, muss ich die Suppe jetzt auslöffeln und die Erde vor ihrem Untergang bewahren. Kein Problem!

Mein Raumschiff ist nämlich ein verkappter Transformer. Es kann sich bei aufgeladener Flux-Leiste in einen Kampfroboter verwandeln, mit dem ich Dutzende Jäger im Handumdrehen vernichten kann. 

In der Mech-Gestalt teilt man mächtig viel Schaden aus: Hier werden gerade Ziele (Geschütze) für Raketen anvisiert.
In der Mech-Gestalt teilt man mächtig viel Schaden aus: Hier werden gerade Ziele (Geschütze) für Raketen anvisiert.
In Mech-Form kann ich blitzschnell – wie in Ego-Shootern – seitwärts ausweichen, nach Vorne oder Hinten preschen, maximal 40 Ziele mit Raketen eindecken und mich auf Knopfdruck automatisch zum nächsten Gegner hindrehen, der dann mit den Bordkanonen schneller zerstört ist, als ich „ratzeputz“ sagen kann. Blöd nur, dass die Strike Suit Zero so eine lächerlich niedrige Feuerreichweite hat und ich das Gerät nur in einem Drittel der Missionen einsetzen durfte. So, ich muss jetzt weiter! Adams Ende.

Weltraum-Arcade

Strike Suit Zero ist ein arcadelastiges Weltraum-Actionspiel mit einer dreizehn Missionen langen Kampagne. Die Einsätze dauern zwischen 20 und 40 Minuten. Daher solltet ihr in weniger als zehn Stunden durch sein, sofern euch der Schwierigkeitsgrad aufgrund der schlechten Missionsgestaltung keinen Strich durch die Rechnung macht, doch dazu später mehr; einen Mehrspieler-Modus gibt es übrigens nicht.

Und wieder müssen Abfängjäger zerstört werden.
Und wieder müssen Abfängjäger zerstört werden.

Ist weder Gamepad noch Joystick zur Hand, kann das Spiel mit Maus, WASD und weiteren sinnvoll belegten Tasten gesteuert werden. Dies läuft nach kurzer Eingewöhnungszeit gut, auch weil die umgesetzte Flugphysik eher simpel ist. Grundlegend spielt sich Strike Suit Zero wie ein Ego-Shooter ohne Schwerkraft mit leichter Massenträgheit. Störend ist nur, dass man nie komplett anhalten kann, gerade beim Zerstören von Geschütztürmen wäre dies hilfreich. Dafür steuern sich die vier verfügbaren Raumschiffe (Abfangjäger, Strike Suit Zero, Bomber etc.) unterschiedlich und legen in Sachen Wendigkeit ein anderes Fluggefühl an den Tag.

Die rasanten Dogfights sind die Stärke des Spiels: Mit dem MG werden die Schilde des Gegners zerstört und danach mit dem Laser die Hülle.
Die rasanten Dogfights sind die Stärke des Spiels: Mit dem MG werden die Schilde des Gegners zerstört und danach mit dem Laser die Hülle.

Wirklich gelungen sind die Orientierungshinweise, um kleine Gegner jagen zu können – sofern man nicht in der Mech-Form bzw. der Strike Suit Zero sitzt, was ziemlich häufig vorkommt. Wenn ihr also in einem Dogfight mit feindlichen Jägern seid, hilft ein Vorhaltepunkt, um die sich bewegenden Feinde zu treffen und durch den roten Schweif, welchen die Gegner hinter sich herziehen, kann man abschätzen wie und wo der Feind hinfliegen wird. Prima umgesetzt!

Wer jetzt hofft, das Energiesystem des Schiffes manuell beeinflussen zu können, wird jedoch enttäuscht. Es ist nicht möglich, mehr Energie auf die Schilde zu legen oder die Waffensysteme mit mehr Power zu versorgen.

Ego-Shooter im Weltraum?

Ganz im Gegensatz zu Freelancer seid ihr örtlich an die Missionsgebiete gebunden, dürft euch oft nicht weit von diesen Zielen entfernen und folgt dabei strikt der linearen Story. Apropos Geschichte: Die fortlaufende Handlung wird in diashowartigen Zwischensequenzen und mit reichlich Funkverkehr plus Kamerafahrten inkl. endlos vieler Blendeffekte erzählt – animierte Charakterportraits in den Funkübertragungen fehlen gänzlich und wenn das zehnte Mal irgendwelche Feindwellen als Cutscene ins System springen, dann nervt es langsam. Zudem sind die Beschreibungen (Briefing) der Missionen nicht nur extrem oberflächlich, sondern bloß in schnöder Textform vorhanden - gleiches gilt für die Abschlussbesprechungen. Das hätte schöner und umfassender präsentiert werden können.

Dafür schöpfen die Entwickler den Fundus der bekannten Auftragsziele aus Weltraumspielen nahezu völlig aus. Ihr dürft Minen in Nebeln zerstören, Raumstationen eliminieren, Kreuzer torpedieren, ankommende Torpedos abfangen, Geschütztürme ausschalten, Bomber eskortieren, Hit&Run-Attacken durchführen, 

Die Kulisse vor dem zerstörten Planeten ist eindrucksvoll . Die Story-Präsentation muss leider ohne animierte Charakter-Portraits auskommen.
Die Kulisse vor dem zerstörten Planeten ist eindrucksvoll . Die Story-Präsentation muss leider ohne animierte Charakter-Portraits auskommen.
Regionen untersuchen und natürlich Hunderte von Jägern in Trümmerhaufen verwandeln. Auch wenn diese Zielvielfalt nicht über die Genre-Grenzen hinweg geht, sind die Einsätze durchaus imposant inszeniert. Wenn sich mehrere Riesenkampfschiffe mit dicken Freespace-Gedächtnislaserstrahlen beschießen und mittendrin mehrere Dutzend Jäger ihren Kleinkrieg ausfechten, hat man das Gefühl, sich in einer wahrhaft großen Schlacht zu befinden.

Erwähnenswert ist noch, dass ihr zwischen jeder Mission die Bewaffnung des Schiffes modifizieren könnt (Raketen, Laser etc.) und in jedem Einsatz bestimmte Bonusziele zu erfüllen sind, die alle Raumschiffe im Hangar verbessern. Allerdings könnten die Effekte dieser Upgrades spürbarer sein, sofern ihr es schafft, diese überhaupt zu verdienen, denn manche Aufgabestellungen sind ein schlechter Witz und nur schwer schaffbar.

Im Weltraum hört dich niemand schreien

Eine imposante Schlacht mit Großkampfschiffen und vielen Jägern.
Eine imposante Schlacht mit Großkampfschiffen und vielen Jägern.

Bis hierhin hat sich Strike Suit Zero recht gut geschlagen, aber durch schlecht ausbalancierte Einsätze und einen enorm schwankenden Schwierigkeitsgrad liegt der Teufel – wie so oft – im Detail. Erstmal gibt es keinen wählbaren Schwierigkeitsgrad und gerade in langen Missionen hätten die Checkpoints des Speichersystems besser platziert werden können. Zumindest zeigt sich das Spiel nach dem Laden des letzten Checkpoints in Gönnerlaune und füllt die Raketen voll auf.

Ansonsten schwankt der Schwierigkeitsgrad zwischen und sogar in den Einsätzen von komplett lächerlich bis hin zu unsäglich frustrierend. In der fünften Mission muss man beispielsweise mit einem haarigen Zeitlimit, unendlich nachspawnenden Jägern und strunzdoofen Verbündeten (Bomber), die es zu beschützen gilt, kämpfen – vorher langweilt man sich fast zu Tode. In diesem Einsatz ist es auch besser, ein Missionsziel gar nicht zu erfüllen und stattdessen Dutzende Geschütztürme der Raumstation zu vernichten, damit die nachfolgenden Aufgaben lösbarer werden.

Die Entwickler arbeiten außerdem an einer Oculus Rift kompatiblen Version des Spiels.
Die Entwickler arbeiten außerdem an einer Oculus Rift kompatiblen Version des Spiels.

Im Einsatz danach gibt es anfänglich kaum Schwierigkeiten, bis die unterschiedlichen Ziele auf einmal fast eine halbe Minute voneinander entfernt liegen: Gar nicht so einfach, einerseits die eigenen Bomber zu beschützen und andererseits fliehende Schiffe zu verfolgen, jedenfalls nicht ohne im Vorfeld die gesamten Verteidigungsanlagen der Raumstation ausgeschaltet zu haben und das auf Zeit. Danach geht es wieder simpel weiter, bis es urplötzlich wieder so schwer wird, dass es in Tränen endet.

Dieses völlig willkürlich erscheinende Auf und Ab des Schwierigkeitsgrades ist es, was an der Motivation nagt und Zweifel daran aufkeimen lässt, ob überhaupt ein ernstgemeinter Balancing-Test stattgefunden hat.

Horror-KI und magere Briefings

Hilfreich: Die roten Streifen hinter den Schiffen zeigen an, wie ihre Flugrichtung ist.
Hilfreich: Die roten Streifen hinter den Schiffen zeigen ihre Flugrichtung an.

Dazu kommt noch, dass die Gegner irgendwie ein Faible haben, euch zu verfolgen und von anderen computergesteuerten Mitstreitern absehen. „Missile Incoming“-Warnungen am laufenden Band sind die Folge. Bei den Flügelmänner- und frauen, also KI-Piloten, die euch unterstützen sollen, sieht es nicht viel besser aus. Die meisten kleben euch ständig am Auspuff, veranstalten gerne Rammorgien, wiederholen gebetsmühlenartig die gleichen Funksprüche und treffen Gegner wohl nur sonntags. Nützlich ist die fliegende Unterstützung nicht wirklich. Befehle erteilen kann man ihnen ebenfalls nicht. Dadurch und durch die schlecht gestalteten Missionen zeigt sich Strike Suit Zero von der unschönen Trial-and-Error-Sorte.

Auch eines der wichtigsten Features, sprich die Verwandlung in den Mech, ist längst nicht so überragend wie zu erwarten, denn die alles zertrümmernden Geschosse haben eine so kurze Reichweite, dass man auf Tuchfühlung gehen darf, was die unzähligen Feinde oder Bordkanonen sicher freut.

Fazit

Eigentlich ist Strike Suit Zero ein richtig gutes Weltraum-Actionspiel mit imposanten Kulissen, rasanten Kämpfen und einem feschen Mech-Modus, in dem Dutzende von Angreifern in Sekundenschnelle pulverisiert werden können. Auch die Missionspalette geht in Ordnung. Nichtsdestotrotz scheint den Entwicklern aber das Geld, das Design-Feingefühl oder die Zeit ausgegangen zu sein, denn bei der Balance des Spielflusses, vor allem beim Schwierigkeitsgrad, versagt Born Ready Games völlig. Von unsagbar einfach bis bockschwer ist alles vorhanden - sogar innerhalb einer Mission kann die Balance so dermaßen kippen, dass man frustriert den Controller in die Ecke pfeffert. Endlos nachspawnende Gegner, eng bemessene Zeitlimits und sinnlos weit voneinander entfernt liegende Ziele sind ganz und gar unnötig. Wenn sich dann noch die KI-Mitstreiter wie Trottel verhalten, sind Chaos und Frustration perfekt. Und warum gibt es keine wählbaren Schwierigkeitsgrade? Strike Suit Zero wirkt leider ungeschliffen und unfertig. Aus einem durchaus guten wird mit Ach und Krach ein mittelprächtiges Spiel.

Pro

packende Dogfights in imposanter Umgebung
Missionsziele um Abwechslung bemüht
ordentliche, arcadelastige Steuerung
gute Orientierungsmöglichkeiten im Weltall
verbesserbare Raumschiffe
Leaderboards, optionale Missionsziele
sehenswerte Kulisse (vor allem Lichteffekte)

Kontra

keine wählbaren Schwierigkeitsstufen
furchtbar schwankender Schwierigkeitsgrad
selten dämliche Flügelmänner
und frauen
schlechtes Missionsdesign: eng bemessene Timer, unendlich respawnende Gegner, wählerische KI-Gegner etc.
unzureichende Briefings
kein Energie-Management beim Raumschiff
keine animierten Charakterportraits
Zielsystem bräuchte eine Taste mehr

Wertung

PC

Die packenden Dogfights vor eindrucksvoller Kulisse werden durch furchtbar gestaltete Missionen torpediert.

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