Cold War25.10.2005, Marcel Kleffmann
Cold War

Im Test:

Splinter Cell + MacGyver = Cold War (ab 7,73€ bei vorbestellen)! So in etwa soll die Erfolgsformel für das Stealth-Actionspiel aus dem Hause Mindware aus, das jetzt für günstige 29,90 Euro im Handel ist. An sich keine schlechte Idee, aber ein solides Spiel braucht mehr als nur zwei gute Elemente. Welche Unbekannten in der Gleichung fehlen und warum das Ergebnis nicht aufgeht, verrät der Test.

Mir ist kalt, so kalt...

Journalisten haben es nicht leicht - besonders bei Spiele-Bewertungen und in den Zeiten des Kalten Krieges. Letzteres muss Matt Carter am eigenen Leib erfahren, der Mitte der 80er-Jahre hinter dem Eisernen Vorhang nach einer Story sucht. Aus zuverlässigen 

Wie kommt man da jetzt vorbei? Der rettende Schalter liegt sehr offensichtlich im linken Raum...
Quellen hat Matt nämlich erfahren, dass sich der Sowjet-Präsident mit einem CIA-Abgesandten treffen soll. Kaum in Moskau gelandet, schon ließ der KGB seine Kamera am Flughafen austauschen, um ihn für eine hinterhältige Intrige zu benutzen. Unwissend und den Pulitzer-Preis fest vor Augen, schleicht sich Matt zum geheimen Treffpunkt, schaltet einige Wachen lautlos aus und beobachtet das mysteriöse Rendezvous. Beim Fotos schießen entlarvt sich Matt allerdings selbst und danach geht alles Ruckzuck: Der KGB beschuldigt ihn als CIA-Attentäter, die beiden unbekannten Personen werden als Komplizen bezichtigt und Matt muss fliehen, allerdings ohne Erfolg...

Spannung vorweg genommen

Wer jetzt vermutet, ich würde die Handlung zu sehr ausführen, ist auf dem Holzweg! Allein das Intro sowie das "Tutorial"-Level offenbaren den eben geschilderten Vorgang in solch einer Detailtreue, dass man genau weiß, was vor sich geht und wer die Bösewichte sind. Weniger wäre hier mehr gewesen, da zu viele Informationen über die Geschichte und die Intentionen der Charaktere im Vorfeld verraten werden. Wäre es nicht spannender gewesen, im Nachhinein zu erfahren, wo die Kamera herkommt oder warum der Typ vom KGB da ist, geschweige was sie planen? Nun ja, all dies wird euch in den Comic-artigen Cutscenes auf dem Silbertablett serviert. Erzählerisch erzeugte Spannung kommt jedenfalls selten auf, was auch an den vor Klischees strotzenden Charakteren liegt: Da wären der ahnungslose Präsident, die fiesen Putsch-Hardliner, eine nukleare 

Stealth bringt euch weiter! Action mit Schusswaffen endet meist mit dem Ableben.
Bedrohung und die geheimnisvolle Frau - klingt alles nach einer B-Movie-Versoftung; glücklicherweise ohne billige russische Akzente.

Stealth & Co.

Hinter der maroden Erzählung verbirgt sich dennoch ein brauchbares Stealth-Abenteuer. Ihr steuert Matt Carter aus einer typischen Verfolgerperspektive bzw. einer Schulterkamera beim Zielen. Ein Lichtsensor zeigt an, wie gut sichtbar ihr seid und schon geht es auf Gegner-Jagd, die ihr vorwiegend lautlos aus dem Weg schaffen müsst. Dies ist gar nicht so einfach, denn selbst in dunklen Ecken oder wenn ihr nicht auf langsamster Laufstufe schleicht, entdecken euch die Feinde sofort. Beginnt das Feuergefecht, seid ihr quasi chancenlos, da jeder der Gegner ein ausgebildeter Scharfschütze ist und ihr als Reporter nur wenige Treffer einstecken könnt. Ansonsten ist das Verhalten der Gegner recht vorhersehbar und kommt nicht an die Intelligenz und Klasse der Feinde aus Splinter Cell Chaos Theory heran. Somit bleibt euch in den Levels nichts anderes übrig als langsam vorzugehen und die Feinde der Reihe nach außer Gefecht zu setzen (betäuben oder erledigen) – überhastete Handlungen oder provozierte Actionduelle führen meist zum Ende.     

 Bei der Planung eurer Vorgehensweise helfen euch eine übersichtliche Karte sowie die wichtige Röntgen-Kamera, mit der ihr Wände durchleuchten und Gegner als Skelette erspähen könnt. Dabei sind die Levels im Übrigens so gestaltet, dass ihr die X-Ray-Kamera zwingend verwenden müsst, um überhaupt weiterzukommen. Ferner kann die Kamera einen brauchbaren "Elektrostoß" aussenden.

Mach mir den MacGyver

Mit der Kamera habt ihr den Durchblick!
Etwas mehr Abwechslung bringt das MacGyver-Element. In der recht kargen Umgebung liegen diverse Gegenstände herum, aus denen ihr nützliche Waffen oder Fallen bastelt. So könnt ihr eigenhändig "nicht tödliche Gummigeschosse" oder "Ätherfallen" herstellen, sofern ihr die benötigten Materialen habt und der Bauplan bekannt ist. Durch das Studium von Blaupausen erhöht Matt seine Technikfähigkeiten, die für spätere nützliche Erfindungen erforderlich ist. Ein Teil dieser selbstgebauten MacItems sind nützlich und können sinnvoll eingesetzt werden. Gummigeschosse erledigen Gegner z.B. leise und nicht tödlich oder mit Ätherfallen könnten sogar zwei Personen ins Reich der Träume geschickt werden.

Missionen und Motivation

Im Gegensatz zur Story bilden das lautlose Ausschalten der Gegner sowie die Weiterentwicklung der technischen Fähigkeiten zwei Motivationsmotoren, bevor ihr nach knapp acht bis zehn Stunden das Ende erreicht. Anschließend könnt ihr den 23 Missionen langen Feldzug in mehreren Modi (Zeit-, Alarm- oder Mordlimit) erneut durchspielen, was leidlich unterhaltsam ist, da sich das Verhalten der Feinde kaum verändert. Dennoch gibt es im Level-Design die ein oder andere Möglichkeit einen alternativen Weg einzuschlagen; ohne Konsequenzen für den linearen Verlauf, vielleicht findet ihr dort andere Gegenstände. Trotz der abwechslungsreichen Missionspalette (fliehen, schleichen, verhören, untersuchen und belauschen) bleibt der Stealthspaß hinter Splinter Cell zurück, was auch daran liegt, dass Matt Carter mit der Umgebung nichts anfangen kann. Neben kriechen kann 

Die Feuer-Effekte sehen auf dem Standbild viel besser aus als im laufenden Spiel.
der Journalist gar nichts, geschweige denn klettern oder hangeln.

Grafik & Sound

An der Kulisse bemerkt man die gleichzeitige Entwicklung für die Xbox: Besonders einige niedrig aufgelöste Texturen und kaum eingerichtete Innenlevels sprechen für sich. Auch die Spezialeffekte erreichen niemals mehr als Mittelmaß, dafür sehen die Feuereffekte zu lächerlich aus und bei allen Licht- und Schattenspielereien bietet die gesamte Splinter Cell-Serie mehr Dynamik. Halbwegs hübsch geworden sind die Charakter-Modelle, allen voran der Hauptdarsteller; trotzdem wirken die Protagonisten kantig. Wesentlicher überzeugender ist die Soundkulisse mit halbwegs guten Sprechern, passenden Effekten und dynamischer Musikuntermalung.  

Fazit

Cold War ist ein solides Stealth-Actionspiel mit gutem Level-Design und bemüht sich um möglichst viel Abwechslung -  trotzdem lässt mich das Spiel kalt. Dies liegt an der verkorksten Story, die nicht nur an den Klischee-Haaren herbeigezogen wurde, sondern gleich am Anfang den Großteil der Spannung verpuffen lässt. Selbst das motivierende Bastel-Feature kommt gegen den grassierenden Motivationsverlust nicht vollends an. Weiter geschmälert wird das Schleich-Erlebnis durch eine zu schnell reagierende, fast übermenschliche KI, die bei provozierten Duellen mit tödlicher Präzision für ein Game Over sorgt. Spieler mit dem Hang zur Action werden nicht weit kommen. Wer nach Splinter Cell und Stolen unbedingt einen weiteren Leisetreter mimen will, kann aufgrund des günstigen Preises dennoch zugreifen.

Pro

abwechslungsreiche Missionsspanne
coole Röntgenkamera
motivierendes MacGyver-Element
solides Level-Design
komplett lokalisiert
dynamische Musikuntermalung

Kontra

verpatzte und klischeehafte Story
wenig Spannung durch die Geschichte
kaum Interaktion mit der Umgebung
übermenschliche KI
weitgehend linearer Spielverlauf
durchschnittliche Grafik-Engine

Wertung

PC

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