Leisure Suit Larry in the Land of the Lounge Lizards: Reloaded05.07.2013, Michael Krosta
Leisure Suit Larry in the Land of the Lounge Lizards: Reloaded

Im Test:

Dank der treuen Kickstarter-Fangemeinde darf Lustmolch Larry Laffer nach seiner Premiere 1987 und der VGA-Neuauflage aus dem Jahr 1991 ein weiteres Mal durch die Zocker-Metropole Lost Wages ziehen, um sich auf die Suche nach der wahren Liebe zu begeben – und dabei kein Fettnäpfchen auszulassen. Ist das Remake des Remakes des Originals, das auf Al Lowes Textadventure Softporn basierte, ein würdiges Comeback des kultigen Freizeitanzugträgers?

Zocken, flirten, vögeln

Da steht er wieder, der kleine Kerl in seinem weißen Discoanzug, die Arme lässig hochgekrempelt, das fette Goldkettchen um den Hals und mit dem typisch treudoofen Gesichtsausdruck inklusive Schlafzimmerblick. Endlich wieder zurück in Lost Wages und nur wenige Schritte von der pornoroten Eingangstür von Lefty's entfernt – der Aufreißer-Bar, in der Larry im ersten Stock einmal mehr seine Unschuld verlieren wird. Es scheint fast so, als hätte sich nichts verändert. Und damit liegt man gar nicht mal falsch: Abgesehen von der aufgebohrten Technik mit liebevoll restaurierten Kulissen, dem stimmungsvollen Jazz-Orchester mit Arrangements von Journey-Komponist und Grammy-Anwärter Austin Wintory sowie einer kompletten Lokalisierung mit starken englischen Sprechern hat sich inhaltlich im Vergleich zum Original nur wenig geändert.

Okay, ein paar Rätsel wurden leicht abgewandelt oder erweitert, es gibt neue Sequenzen wie einen Dankeschön-Song an die Kickstarter-Community und ein Tutorial sowie eine neue Nebenhandlung mit einer bisher unbekannten Dame (und Tieren). Das mag auch einer der Gründe sein, warum man hier nicht wie beim Remake von The Secret of Monkey Island zwischen alter und neuer Grafik umschalten kann, obwohl eine solche Funktion sicher cool gewesen wäre. Trotzdem bekommt man im Kern den alten Larry, den man kennt und liebt: Angefangen bei der kultigen Alters-Verifikation mit Multiple-Choice-Fragen (...die sich nicht mehr mit der bekannten Tastenkombination austricksen lässt) über das mitunter leicht nervige Zocken an Automaten bis hin zu pinkelnden Hunden, großzügigen Pennern, attraktiven (aber hinterhältigen und egoistischen) Damen sowie herrlich süffisanten Kommentaren des Erzählers wird wieder alles aufgefahren, was man an den Abenteuern des Schürzenjägers schätzt.

Für die Fans!

Wichtige Geschäfte müssen abgewickelt werden.
Wichtige Geschäfte müssen abgewickelt werden.
Dazu die vielen subtilen oder offensichtlichen Andeutungen sowie Insider-Gags, an denen vor allem Sierra-Fans ihren Spaß haben werden. Beim Betrachten eines Posters wird z.B. die Brücke zu Police Quest geschlagen und der Anruf bei der alten Hotline-Nummer läuft hier etwas anders ab als damals. Ja, es gibt viel zu lachen – und sei es nur beim Betrachten eines Gemäldes, das einen klassischen Atari 2600-Joystick zeigt und vom Künstler schlichtweg „Penis“ getauft wurde. Nicht zu vergessen die vielen abgedrehten Situationen, mit denen Larry das Zeitliche segnet. Man sollte es sogar gezielt darauf anlegen, Unsinn anzustellen, da die lustigen Abgänge nicht nur das Zwerchfell reizen, sondern auch meist Steam-Auszeichnungen mit sich bringen. Ein Hauch Nostalgie kommt bei der Titelmusik auf: Das Stück setzt erst mit dem Gepiepse des Originals ein, das dann mit dem Einsatz des Jazz-Orchesters abgelöst wird, bei dem Mr. Al Lowe persönlich die Melodie mit Ohrwurmcharakter auf seinem Saxophon trällert – klasse! 

Nur ein Quickie

Zensur muss sein!
Zensur muss sein!
Allerdings ist die wilde Nacht (zu) schnell vorbei – vor allem Kenner klicken sich innerhalb weniger Stunden zum Abspann vor, doch auch Jungfrauen dürften die Rätsel kein allzu großes Kopfzerbrechen bereiten. Tatsächlich erweist sich manchmal die etwas undurchsichtige Spielmechanik als größeres Problem als das Rätsel selbst: Man weiß ganz genau, was man zu tun hat, aber eben nicht, wie man es umsetzen kann. Vor allem die Beschaffung der Pillen gestaltet sich als unnötig verwirrend und kompliziert ohne jetzt zu viel verraten zu wollen. Da war selbst die uralte Parser-Variante besser...

Point'n'Frust

Überhaupt ist die Point'n'Klick-Steuerung nicht gerade das Gelbe vom Ei: Selbstverständlich ist es relativ bequem, einfach mit dem Mausrad oder der Taste zwischen den Möglichkeiten Gehen, Reißverschluss, Lecken, Sprechen, Greifen und Ansehen durchzuschalten oder sie über einblendbare Leiste am oberen Bildschirm direkt auszuwählen. Es wäre allerdings sehr viel komfortabler gewesen, wenn z.B. bei Figuren

Das Artdesign der Mädels ist etwas gewöhnungsbedürftig, das Dialogsystem aber nicht schlecht.
Das Artdesign der Mädels ist etwas gewöhnungsbedürftig, das Dialogsystem aber nicht schlecht.
der Cursor standardmäßig auf die Sprechblase wechseln  oder man mit einem Doppelklick unabhängig des aktuell gewählten Icons Larry losmarschieren lassen würde.

Zudem hätte ich mir gewünscht, dass nicht nur der aktuell aus dem Inventar gewählte Gegenstand in der oberen Leiste angezeigt wird, sondern dem Portemonnaie und im Idealfall sogar noch dem Mundspray ein Dauerplatz reserviert worden wäre, da beides häufig benutzt wird und man deshalb unnötig viel im Inventar herumwühlen muss. Das gilt auch bei manchen Türen: Warum muss ich jedes Mal dem Türsteher über ein Inventar-Icon das Passwort nennen, wenn ich den Nebenraum von Leftys Bar betreten will? Warum muss ich immer wieder den Schlüssel aus dem Inventar kramen, wenn ich die süße Jasmin am Schwimmbecken besuchen will? Man kann es auch übertreiben...

Fazit

Leisure Suit Larry in the Land of the Lounge Lizard: Reloaded schreit eigentlich danach, eine  Wertung von 69% zu kassieren. Aber dafür ist das aufpolierte Abenteuer des Möchtegern-Aufreißers dann doch zu gut geworden: Replay Games hat den Klassiker mit viel Sorgfalt modernisiert und ich hatte dank der leicht abgewandelten Rätsel und neuen Szenen wieder eine Menge Spaß, durch Lost Wages zu ziehen. Trotzdem hätte ich mir gewünscht, dass nicht nur die Präsentation mit ihren guten Sprechern, aufwändig gestalteten Kulissen und Jazz-Orchester aufgewertet wird, sondern auch der Inhalt von mehr neuen Schauplätze in Kombination mit frischen Kopfnüssen von der Generalüberholung profitiert. Doch leider reichten Zeit und Budget offenbar nur für eine neue Dame samt einer kleinen Nebenhandlung. Damit werden Veteranen das ohnehin nicht besonders umfangreiche Abenteuer noch schneller beenden als Jungfrauen. Zwar sind die Rätsel nicht besonders komplex, werden aber manchmal durch die tückische Point'n'Klick-Steuerung unnötig kompliziert, die generell mehr Komfort hätte bieten können. Aber das kann ja noch werden: Nachdem die Entwickler den weißen Discoanzug mit diesem Remake wieder salonfähig gemacht haben, kann ich nur hoffen, dass man in Zukunft weitere Episoden eine Generalüberholung verpasst oder sich Larry in komplett neue Sex-Abenteuer mit Fettnäpfchen-Garantie stürzt, welche die unsäglichen Codemasters-Ableger endgültig vergessen lässt. Wer weiß: Vielleicht wagt sich Al Lowe ja sogar doch noch an Leisure Suit Larry 4: The Missing Floppies?    

Pro

schlüpfriger Humor...
schicke Modernisierung
intuitive Point'n'Klick-Steuerung...
gute englische Sprecher & Lokalisierung...
leichte Veränderungen im Rätseldesign...
stimmungsvoller Jazz-Soundtrack
lustige Möglichkeiten, sich umzubringen
kultige Alters-Verifikation

Kontra

...aber oft immer noch zu brav
geringer Umfang
...mit leichten Tücken und ausbaufähigem Komfort
...aber nur deutsche Untertitel
...aber immer noch zu leicht und zu wenig inhaltliche Neuerungen
nervige Zockerei an Glücksspielautomaten
kein Umschalten zur Original-Grafik

Wertung

PC

Schickes Adventure-Remake mit dem bewährten Al-Lowe-Humor, das man neben der Technik aber auch inhaltlich hätte etwas mehr aufpeppen können.

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