The Red Solstice22.07.2015, Benjamin Schmädig

Im Test: Die rote Hölle

Sie wähnten sich in Sicherheit... die Wenigen, die der großen Seuche im Jahr 2060 entfliehen konnten. Ihr Preis: Jetzt kämpfen sie auf dem Mars gegen Abtrünnige und Monster. Sie haben den Kontakt zur Kolonie verloren, die sie "Hauptstadt" nennen. Acht Soldaten sollen deshalb nach dem Rechten sehen – acht Kämpfer, die im Onlinespiel zusammenkommen, um gemeinsam durch die Hölle zu gehen.

Ende der Hoffnung?

Die meisten Partien enden mit "Game Over". Anfangs jedenfalls, wenn man noch nicht im Blut hat, wie sich ein paar Kämpfer gegen die immer stärkeren Angriffswellen mächtiger Kreaturen wehren sollen. Wenn man noch nicht weiß, welche Rolle der eigene Soldat übernimmt, mit welchen Fähigkeiten man ihn ausstatten will und wie er effektiv mit anderen zusammenarbeitet.

"Anfangs"... in den ersten paar Stunden, vielleicht sogar länger, ist man hoffnungslos unterlegen. Danach beginnt ein packender, taktisch anspruchsvoller Überlebenskampf!

Dauerautomatik

The Red Solstice (ab 10,50€ bei kaufen) ist kein Actionspiel. Die Geschütze rattern zwar am laufenden Band, die Steuerung gleicht aber der eines Action-Rollenspiels wie Diablo: Der eigene Kämpfer läuft zum angeklickten Wegpunkt und beschießt auf Knopfdruck anvisierte Gegner. Ein markanter Unterschied trennt das Spiel allerdings vom blizzardschen Knopfdruck-Gewusel, denn wahlweise zielt der Soldat automatisch auf nahende Feinde.

Praktisch ist das, wenn die eigene Position mal wieder von Zombies, Höllenhunden oder trollartigen Riesen überrannt wird und spätestens dann, wenn man in Ruhe Schränke durchsuchen, Fähigkeiten einsetzen, Minen

Flammenwerfer machen aus dem roten Planeten einen dunkelroten. Kulissen und Effekte sorgen für einen stimmungsvollen Schauplatz.
legen oder andere Gegenstände nutzen möchte. Das wichtige Dauerfeuer wird also nicht unterbrochen, während alle taktische Optionen zur Verfügung stehen.

50 Minuten in der roten Hölle

Eine gute Dreiviertelstunde lang müssen bis zu acht Spieler überleben. Ihr Ziel: so viele Missionen wie möglich erledigen und rechtzeitig das Evakuierungsgebiet erreichen. Die Aufgaben reichen vom Zerstören kontaminierter Behälter über das Entschärfen eines Sprengkopfes, das Bekämpfen von Rebellen oder Befreien eines Gefangenen bis hin zum Aktivieren aller Verteidigungsanlagen. Sie müssen nicht erfüllt werden! Das Einschalten der Geschütztürme ist allerdings aus offensichtlichen Gründen erstrebenswert und das gilt auch für viele andere Aufgaben.

Die sechs grafisch und spielerisch sehr ähnlichen Einsatzgebiete ändern sich dabei nicht, lediglich die Anordnung der Missionsziele variiert. Auf dem Weg zu den Markierungen kämpft man daher gegen die immer gleichen, schnell stärker werdenden Gegnerwellen, um am Ziel auf "Benutzen" zu klicken. Das ist immer spannend und selbst auf dem niedrigsten Schwierigkeitsgrad verdammt anspruchsvoll! Viel Abwechslung erlebt man aber nicht.

Das machen auch interessante Modifikatoren nicht wett, darunter eine langsamere Fortbewegung im Sturm und das Zersetzen der Panzerung außerhalb von Gebäuden, durch die der Mars endgültig zur bedrohlichen Kulisse wird. Doch es wäre besser, wenn Zielvorgaben, Architektur oder Feinde in jeder Partie grundsätzlich anders wären, wenn man nicht immer wüsste, welcher Munitionstyp die kommende Gegnerwelle effektiv durchsieben wird.

Einzeln besser, gemeinsam stärker

Interessant sind vor allem die sowohl zahlreichen als auch vielseitigen Fähigkeiten der Soldaten sowie das Zusammenspiel der verschiedenen Klassen. Immerhin gibt es nicht nur den gewöhnlichen Marine, sondern auch Sanitäter, Scharfschützen, Sprengstoffexperten und weitere Einheiten. Alle ziehen mit eigenen Waffen in den Kampf und verfügen über spezielle aktive sowie passive Fähigkeiten – welche das sind, legt man vor dem Start  fest. Alle aktiven Fertigkeiten müssen zudem in jedem Einsatz durch Erfahrungspunkte erst auf ihre maximale Stärke verbessert werden.

Erfahrungspunkte schalten außerdem Soldatenklassen sowie zusätzliche Fertigkeiten frei, was lange anspornt. Erfahrene Spieler kombinieren ihren Traumcharakter schließlich aus einer großen Anzahl Fähigkeiten – echte Teamplayer achten außerdem darauf, dass sich die Besonderheiten ihrer Soldaten gut mit denen der anderen ergänzen.

Hoppla! So sieht es aus, wenn die Soldaten den Zeitpunkt ihrer Evakuierung verpassen.

Signalschwäche

Über eine Lobby kommen die Onlinespieler schnell zusammen, ein Sprachchat erleichtert die Kommunikation und mit Linien kann man auf der Karte wichtige Wege für alle Spieler markieren. Ärgerlich ist allerdings, dass man nicht zu jeder Tageszeit eine offene Partie findet und der Netzcode gelegentlich einige Signale verpasst. Mitspieler werden dann schon mal dutzende Meter weit "gebeamt".

Solisten fühlen vor

Richtig gut ist dafür die Einführung: In einer Kampagne erleben Solisten nicht nur die Vorgeschichte des kooperativen Einsatzes, sie werden auch behutsam an das komplexe Spiel herangeführt. Im Überlebensmodus beweisen sie sich dann im beinharten Einsatz eines Onlinekämpfers – alleine und mit Unterstützung von vier Begleitern. Das macht richtig Spaß, zumal man bereits dieselben Erfahrungspunkte erhält wie im kooperativen Spiel.

Praktisch ist während des Alleingangs das nahezu komplette Anhalten des Ablaufs, um den Begleitern in Ruhe Befehle zu erteilen. Umständlich muss man zwar die Fähigkeiten aller Kameraden jedesmal selbst aufwerten und auch das im späteren Verlauf wichtige Stellungsspiel liegt in menschlicher Hand. Durch die Zeitlupe lernt man dafür auch den letzten Kniff in Ruhe kennen.

Fazit

The Red Solstice ist stimmungsvolle, ungemein packende Action, die vor allem von ihrer taktischen Vielfalt lebt: Irgendwo zwischen Action-Rollenspiel und Shooter brechen auf dem Mars knackige Stellungskämpfe aus, in denen Tüftler mit perfekt abgestimmten Figuren gegen immer stärker werdende Kreaturen kämpfen. Das Freischalten zahlreicher Soldaten und Fähigkeiten motiviert ebenso wie des Zusammenspiel von bis zu acht Teilnehmern – schade, dass die Anzahl offener Partien stets sehr niedrig ist. Bedauerlich auch, dass sich alle Einsatzgebiete stark ähneln und sich die vielen Missionsziele dann doch schnell wiederholen. Mangelnde Abwechslung ist die große Schwäche des Spiels. Schade, dass man im Grunde stets den gleichen Einsatz erlebt!

Pro

fesselnder Überlebenskampf
freie Wahl zahlreicher Merkmale und Fähigkeiten
Erspielen neuer Figuren, Waffen und Fähigkeiten motiviert über langen Zeitraum
stimmungsvolle Kulissen der Mars-Kolonie
interessante Optionen zur Steigerung des Schwierigkeitsgrads
Sprachchat und einfaches Zusammenkommen von bis zu acht Spielern
Solokampagne und Einzelspiel führen behutsam an fordernden Online-Koop heran

Kontra

wenige Schauplätze mit wenigen spielerischen Unterschieden
stets ähnlicher Spielverlauf, kaum Abwechslung bei zufällig verteilten Missionen und Nebenaufgaben
überschaubare Anzahl an Gegnertypen
kein eigenständiges Aufwerten und Nutzen der Fähigkeiten der Begleiter im Solospiel
schwacher Netzcode: Koop-Mitspieler "springen" stellenweise weite Entfernungen

Wertung

PC

Beinharter, packender Überlebenskampf auf dem Mars, der von seiner taktischen Vielfalt lebt.

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