Söldner - Secret Wars12.06.2004, Marcel Kleffmann
Söldner - Secret Wars

Im Test:

Heute bei Zacherl - Einfach Zocken: Multiplayer-Shooter im Eigenbau. Die Zutaten: Eine Prise Operation Flashpoint, drei Löffel Counter-Strike und abschließend mit Battlefield 1942 abschmecken. Die Mixtur gut durchrühren und mit einem bescheuerten deutschen Titel inkl. englischem Akzent garnieren und die Umlaute bei Bedarf streichen. Fertig ist Söldner: Secret Wars.

Watt is denn so`n Soldner?

Soldner aka Söldner ist ein Multiplayer-Shooter, der am besten mit Battlefield 1942  verglichen werden kann. Ihr kämpft also nicht mutterseelenallein, sondern seid mit Kollegen im Team unterwegs. Einzelgänger gibt es zwar immer, aber der eigentliche Schwerpunkt liegt auf Team-Gefechten. Derzeit toben sich maximal 32 Spieler auf einem Server aus. Später, mit Hilfe umfangreicher Verbesserungen, soll die Anzahl auf bis 128 erhöht werden - dies versprechen jedenfalls die Entwickler. Für unsere Bewertung fällt dieses "mögliche" Feature logischerweise heraus, da dieser Test auf der Verkaufsversion basiert.

Die Landschaften sind gigantisch, aber es gibt glücklicherweise auch einige kleinere Karten für schnelle Scharmützel.
Das Szenario katapultiert euch ein paar Jahre in die Zukunft. Dort treten rivalisierende Söldner in Gruppen gegeneinander an. Wieso, weshalb, warum interessiert eigentlich niemanden - so wurde zumindest das Geld für den Story-Autor gespart. Um das Spar-Paket zu erweitern hat man gleich einen gescheiten Singleplayer-Modus weggelassen. Stattdessen dürft ihr unzusammenhängende Missionsschnipsel mit immer gleichen Aufgaben lösen und gegen strunzdumme Bots antreten. Selbst die hirnamputierten Nieten aus Battlefield Vietnam sind schlauer als diese personifizierten Dummbeutel. Daher könnt ihr den Einzelspieler-Modus lediglich zum Erlernen der Steuerung nutzen; ein Tutorial fehlt übrigens.

Multiplayer-Größe

In acht vordefinierten Multiplayer-Modi könnt ihr euch austoben. Deathmatch, Team Deathmatch, CTF, VIP-Jagd, Conquest (Eroberung), Geiselbefreiung, Bombe legen oder Neutralisierung stehen zur Verfügung. Zusätzlich gibt es die Möglichkeit, die eben genannten Modi mit einigen Mausklicks zu konfigurieren und anzupassen.

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Egal für welchen Spielmodus ihr euch entscheidet, die Größe der virtuellen Schlachtfelder ist unglaublich: Die Entwickler haben 18 Millionen Quadratkilometer Spielfläche basierend auf Sattelitendaten erschaffen und diese kaum vorstellbare Größe auf 26 Karten verteilt. Die Ausmaße der Maps sind gigantisch und schlagen selbst die größten Schauplätze bei Battlefield um Längen, nur PlanetSide bietet mehr Platz für Action-Freunde. Wegen dieser Riesen-Maps besteht allerdings die Gefahr der Vereinsamung, denn bei nur "16" Spielern auf solch einer Karte ist der Weg zur Action oft recht lang und öde. Für landschaftliche Abwechslung ist hingegen gesorgt, da ihr manchmal in einem verschneiten Bergdorf unterwegs seid, dann in einer alten Militärbasis herumstreift oder großflächige Wälder mit malerischen Seen unsicher macht.

Ich mach alles kaputt

Battlefield Vietnam -Spieler entsinnen sich bestimmt an mehr oder weniger kurze Flüge mit den pfeilschnellen Jets. Kaum ist man einige Sekunden geradeaus geflogen, schon ist die Karte zu Ende und wir werden als Deserteur beschimpft. Bei Söldner könnt ihr meist locker eine halbe Minute über das Geschehen düsen, ohne dass ihr die Karte verlasst. Ebenso eindrucksvoll sind die natürlichen Berge, die euch einen tollen Blick über die Welt verschaffen und die enorme Sichtweite demonstrieren – solange ihr den Fußmarsch auf euch nehmt.

Die Schauplätze sind recht abwechslungsreich und das Wetter verleiht dem Spiel einen realistischen Touch.

Große, abwechslungsreiche und mit reichlich Vegetation überzogene Karten sind ja schon nicht schlecht, aber sämtliche Objekte auf der Karte sind auch noch zerstörbar: Mit entsprechend großem Kaliber könnt ihr ganze Gebäude in Schutt und Asche legen, Krater in der Landschaft pflanzen oder Wälder roden - was übrigens einen besonderen Reiz hat, denn bislang ist wohl noch nie ein Ego-Shooter-Spieler von einem Baum erschlagen worden, oder?        

Demokratisch gewählter Führer

In größeren Gefechten geht die Übersicht schnell flöten und deshalb können die Teams jeweils einen Kommandanten demokratisch wählen. Dieser Anführer hat in der Sattelitenansicht die ultimative Übersicht, da Freund und Feind zu sehen sind. Der gute Chef kann zugleich Befehle (Angreifen, Vorrücken) erteilen, die visuell mit entsprechenden Wegpunkten dargestellt werden. Auch im Gras liegende gegnerische Camper-Sniper können so enttarnt werden. Das pure Chaos, wie bei vielen Battlefield-Partien, kann so unterbunden werden.

Für einen geglückten Helikopter-Flug müsst ihr schon einige Zeit üben...

Des Weiteren verwaltet der Kommandeur das Teamsparbuch, aus dessen Fundus teure Neuanschaffungen wie dicke Panzer, Helikopter oder Senkrechtstarter finanziert werden. Geld kommt für jede eroberte Fahne und für jeden erledigten Gegner in die Teamkasse. Neben diesem gemeinsamen Geldpool besitzt jeder Spieler ein eigenes Sparschwein, das nach dem Ableben bzw. dem Spielstart mit etwas "Sold" bereichert wird. Das Privatvermögen häuft ihr ebenso wie die Teampiepen an. Für die Knete könnt ihr euch in bester Counter-Strike -Manier mit entsprechenden Waffen, Rüstungen und Granaten versorgen. Während der Anfangssold gerade für ein MG mit lächerlicher Panzerung reicht, müsst ihr für einen Panzer lange hart arbeiten.

Fuhrpark

Wenn ihr nicht zu Fuß mit den 60 verschiedenen Schießprügeln durch die Landschaft streifen möchtet, könnt ihr rund 70 Fahrzeuge für eure Zwecke missbrauchen. Bodenständige Vehikel wie Jeeps oder Panzer lassen sich recht einfach durch die Gefilde steuern. Ein Flugschein für einen Helikopter ist schon schwerer. Es dauert einige Zeit, bis ihr die überdimensionale Heckenschere im Griff habt. Noch schwerer ist es, einen Jet gescheit zu steuern und das Treffen des Ziels ist in den ersten Spielstunden sowieso ein Buch mit siebenundzwanzig Siegeln. Hier unterliegt Söldner ganz klar dem Genre-Primus Battlefield Vietnam , obwohl eigentlich mehr Pseudo-Realismus vermittelt wird, der sich jedoch dank der schwachen Fahrphysik wieder schnell in Luft auflöst.

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Dauercamping bevorzugt

Da es bei Söldner: Secret Wars kein Klassensystem gibt, dürft ihr euch das Equipment entweder komplett selbst zusammenstellen oder ihr greift auf fünf vorgefertigte Ausrüstungs-Kits für Commander, Scharfschütze, Sanitäter, Sprengmeister oder Pionier zurück. Sämtliche Kits verleihen dem glücklichen Käufer zusätzliche Spezialfunktionen. So kann der Sprengmeister gemeine Tretminen legen, der Pionier darf angeschlagene Fahrzeuge reparieren und der Scharfschützen kann sich im Gelände komplett tarnen, solange er nicht feuert.

Die Feuerwaffen sind im Vergleich zu Battlefield Vietnam wesentlich realistischer in die Spielmechanik eingebunden, obwohl bei einigen Scharfschützengewehren die Zoom-Stufen nicht detailgetreu sind. Es reichen meist wenige, dafür aber gut platzierte Schüsse aus, um den Feind zu erledigen. Daher ist nicht nur die Wahl der Waffe entscheidend, sondern auch, ob ihr mit dem effektiven Einzelschuss oder dem Feuerstoß euer Glück versucht - wildes Rumgeballer ist wirkungslos. Ein negativer Beigeschmack kommt bei diesem System in Bezug auf die Scharfschützen auf, denn Heckenschützen mit zielgenauen Fernschusswaffen sind im Dickicht der gigantischen Karten oftmals nicht zu erkennen, insbesondere wenn sie noch ein Scharfschützen-Kit tragen. Der Feind kann 100 oder gar 500 Meter entfernt liegen und ihr wisst nicht, wo der Schuss ungefähr her kam. Dies kann zu massiven Frust-Erlebnissen führen und die Motivation in den Keller treiben. Apropos unfair: Das hohe Gras, in dem man sich liegend gut verstecken kann, darf im Optionsmenü einfach deaktiviert werden. Welch unfairer Fauxpas!

Auch Sanitäter sind dank frei wählbarer Knarren bis an die Zähne bewaffnet.
Nett, aber viel zu kompliziert und zu umfangreich, ist das Gesten-System, mit dem ihr dank spezieller Animationen euren Mitstreitern auch ohne Worte etwas "erzählen" könnt. Weniger wäre hier tatsächlich mehr gewesen und eine einfachere Steuerung mit besseren Hotkeys sicher sinnvoller.

     

Schwachstellen

Aufgrund der gigantischen Karten, der zerstörerischen Umwelt und dem sauberen Teamplay riecht Söldner  fast nach einem klasse Spiel. Das wäre es sicherlich auch, wenn nicht so viele Unstimmigkeiten den Spielspaß erheblich dämpfen würden: Während sich störende Lags auf den meisten Servern weitgehend in Grenzen halten, fällt oftmals die träge Steuerung auf. Manchmal reagieren eure virtuellen Protagonisten oder Fahrzeuge nicht direkt auf Knopfdruck, sondern verzögert – Pech für Scharfschützen und für Fallschirmspringer, die auf eine Punktlandung aus sind. Auch das Schadenssystem erfreut den Spieler mit lustigen Aussetzern, wenn zum Beispiel Raketen durch Objekte fliegen, ohne diese zu beschädigen.

Wie es sich für ein Multiplayer-Spiel gehört, wartet Söldner mit einer teilweise recht merkwürdigen Server-Stabilität auf. Mal könnt ihr fünf Minuten spielen, dann ist der Server weg, danach geht die nächste Partie problemlos über eine Stunde – solange ihr überhaupt auf einen Server kommt, denn das Server-Auswahlmenü erweißt sich des Öfteren als überaus zickig. Seit dem Release des Spiels hat sich die Server-Problematik allerdings schon leicht gebessert. Hut ab und weiter so!

Ganze Gebäude können in den Gefechten zu Bruch gehen.
Physik, wo bist du?

Einen eher unfertigen Eindruck hinterlässt ebenfalls die Physik. Hin und wieder stimmt die Simulation schon, aber sobald ihr aus 50 Metern Höhe sanft eine 80°-Grad steile Wand runtergleitet und dabei nicht auf dem Allerwertesten landet, geschweige denn Hitpoints verliert, darf schon am Realismus gezweifelt werden. Im Looping fliegende Raketen oder horizontal an Bäumen geparkte Fahrzeuge zeugen ebenfalls nicht gerade von der Funktionalität. Von der nur als unrealistisch abzustempelnden Fahrphysik ganz zu schweigen.

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Grafik

Die Grafik von Söldner weist die gleichen Höhen und Tiefen wie das Gameplay auf. Die Weitsicht ist zwar absolut phänomenal und die Darstellung der Wälder mit den Hunderten von (gleichen) Bäumen ist einsame klasse, aber dafür ist die tatsächliche Detailfülle der Landschaft recht schwach und längst nicht so aus einem Guss wie bei Battlefield Vietnam . Inneneinrichtungen in den Gebäuden sind komplett wegrationalisiert worden, damit die ohnehin schon schlechte Performance der Engine nicht noch weiter in den Keller schnellt. Selbst Besitzer eines durchschnittlichen PCs (AMD XP2000 mit GeForce Ti4400) müssen fast auf die niedrigste Detailstufe stellen, um das Spiel annährend flüssig auf den Monitor zu zaubern.

Die Darstellung der dichten Wälder ist ein optisches Highlight.
Eine bessere Figur machen die Spielfiguren, die in der Ego-Perspektive zwar schrecklich eckige Unterarme haben, aber ansonsten einen durchaus guten Eindruck hinterlassen. Vor allem die individuelle Gestaltung der Charaktere ist ein Pluspunkt. Außerdem könnt ihr jedem Spieler von außen ansehen, welche Schießprügel der Lümmel mit sich herumschleppt. Ach ja, weibliche Spieler-Modelle gibt es gar nicht – liegt vielleicht daran, dass bei Wings Simulations auch keine Frau arbeitet.

Mittelklasse-Sound

Von der Akustik her überzeugt das Spiel kaum. Musik gibt es nicht, außer im Menü und die ist viel kurz. Ansonsten fallen weitgehend schwache Waffen-Effekte auf, die hin und wieder einen sehr realistischen Eindruck hinterlassen, im nächsten Moment allerdings total unecht klingen. Besser ist die Sprachausgabe, die bis auf die nervigen Ausrufe wie "Map-Check" beim Aufruf der Karte und "Soldner" (sprich [souldnör]) bei jedem Spawn durchaus überzeugt.    

Fazit

Dieser Test bezieht sich auf die ungepatchte Verkaufsversion: Vertan, vertan sprach der Hahn! Söldner hatte große Chancen, das absolute Highlight im Multiplayer-Shooter-Bereich zu werden, aber es scheitert an vielen Unstimmigkeiten, Problemen und technischen Unzulänglichkeiten. Der Commander-Modus ist eine prima Idee, die Landschaften sind riesig sowie weitgehend zerstörbar und die Gefechte zwischen den Söldnern sind dank der vielen verschiedenen Waffen und Fahrzeuge nicht nur enorm packend, sondern auch wesentlich realistischer als bei der Genre-Konkurrenz. Dennoch gibt es viele Haken, an denen sich das Spiel selbst aufhängt: Balancing-Probleme mit abschaltbarem Gras, miese Spawn-Kills, hochgradig unglaubwürdige Spielphysik, verzögerte Reaktionszeit (vor allem in Fahrzeugen). Dazu jede Menge Bugs, Server-Connection-Probleme, Abstürze sowie Lags. Dennoch machen die intensiven Gefechte wirklich Spaß und sind äußerst spannend, solange ihr euch nicht mutterseelenallein auf manchen der viel zu großen Karten herumschlagt oder ihr einem Scharfschützen-Camper zum Opfer fallt. Hier müssen die Entwickler noch massives Grob- und Feintuning ansetzen, damit es nicht zu Frusterlebnissen kommt. Daher solltet ihr auf jeden Fall die kommenden Updates abwarten und erst danach zugreifen! Potenzial ist da, aber so bereitet Söldner leider oftmals mehr Frust als Spaß…

Pro

intensive, spannende Gefechte
zwei Sichten
viele Waffen und Fahrzeuge
Kit-System für zusätzliche Tiefe
glaubwürdige, realistische Spielwelt
geniales Zerstörungssystem
netter Commander-Modus, wenn er funktioniert
viele Spielmodi
individuelle Gestaltungsmöglichkeiten
hohe Sichtweite
kaum störende Lags, wenn man mal im Spiel ist
cooles Gesten-System
gelungene Sprachausgabe
CD-Key auf Hundemarke

Kontra

unfertiger Gesamteindruck
Balancing-Probleme
Probleme mit Spawn-Kills
verzögerte Reaktionszeit
unglaubwürdige Spielphysik
für die großen Karten reichen 32 Spieler nicht aus
abschaltbares Gras (total unfair)
Steuerungsprobleme bei Helis und Jets
Commander-System ist verbuggt
gelegentliche Totalabstürze
Schadenssystem mit leichten Macken (durch ein Ziel durchschießen)
so gut wie keine Inneneinrichtungen
Server-Zugänglichkeit lässt zu wünschen übrig
nicht immer gelungenes Level-Design
miese Performance der Grafik-Engine
schwache Animationen
kein Tutorial
grottenschlechter Singleplayer-Modus mit miserablen Bots
gewöhnungsbedürftige, teils recht schwache Soundkulisse
keine Musik

Wertung

PC

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