ANNO 2070 - Die Tiefsee11.10.2012, Marcel Kleffmann
ANNO 2070 - Die Tiefsee

Im Test:

Das Wagnis „Zukunft“ hat sich ausgezahlt! Der Sprung ins Jahr 2070 hat der ANNO-Reihe gut getan, wurde aber durch einige Kinderkrankheiten und unnötige Designschnitzer gestört. Seither ist fast ein Jahr vergangen und nun lassen Related Designs, Blue Byte und Ubisoft die Erweiterung ANNO 2070 - Die Tiefsee (ab 4,95€ bei kaufen) vom Stapel laufen. Ob sich der Abstecher in die Unterwasserwelt lohnt, klärt der Test.

Von Patches und Weltereignissen

Seit November 2011 haben die Entwickler viel an ANNO 2070 getan: Neben Bugfixes und Verbesserungen fanden mit dem Weltgeschehen neue Missionen ihren Weg ins Spiel und die versprochenen Zierelemente wurden nachgeliefert - viele sogar umsonst. Apropos Kosten: Auch wenn insgesamt drei kostenpflichtige Downloaderweiterungen herausgekommen sind, es gab immer Bestandteile, die kostenfrei genutzt werden konnten - wobei man generell über die DLC- und Preispolitik diskutieren kann. Zudem wurde jüngst der Vorherrschaftsmodus als asynchroner Mehrspieler-Modus gestartet (Details). Das Spiel hat sich also gemausert und wird durch die „Die Tiefsee“ um einige sehr sinnvolle Elemente erweitert.

Die Techs werden klüger

Das Geothermiekraftwerk, das an bestimmte Positionen unter Wasser gebaut werden kann, birgt ebenfalls ein Risiko und zwar kann es eine neue Katastrophe auslösen, den Tsunami. Diese Welle verwüstet Küstengebiete und blockiert Bauplätze für längere Zeit.
Das Geothermiekraftwerk, das an bestimmte Positionen unter Wasser gebaut werden kann, birgt ein Risiko und zwar kann es eine neue Katastrophe auslösen, den Tsunami.

Die größte Neuerung ist die Erweiterung der Tech-Fraktion. Fortan können Forscher auf die nächste Zivilisationsstufe „Genie“ aufsteigen. Somit gibt es nun Laboranten, Forscher und Genies. Dennoch hat es Related Designs verpasst, eine gänzlich neue Fraktion wie „Steampunks“ oder „Cyber-Piraten“ einzuführen, die wohlmöglich eine andere Spielweise als Ecos oder Tycoons an den Tag legen könnten. Chance vertan!

Doch zurück zu den Techs. Schon die Forscher stellen neue Ansprüche und wollen neuerdings mit Immunpräparaten (Enzyme plus Korallen) und Neuroimplantaten (Mikrochips plus Schwämme) versorgt werden, andernfalls werden sie niemals "genial" werden. Nach dem Aufstieg zu Genies wird es dann richtig komplex. Zunächst geben sich die elitären Wissenschaftler mit Laborinstrumenten zufrieden, aber danach sind Bionik-Anzüge fällig, die in der längsten Produktionskette hergestellt werden, die es - laut Hersteller - bisher in der Serie gab. Nehmt ihr diese (optionale) Herausforderung an und wollt eure Genies mit diesen Anzügen versorgen, braucht ihr viele Credits, noch mehr Ressourcen und jede Menge Platz sowohl auf der Erde als auch unter Wasser – außerdem müssen Ecos und Tycoons auf die Höchststufe gebracht werden. 

Ein Tsunami verwüstet die Küste.
Ein Tsunami verwüstet die Küste und blockiert Bauplätze für längere Zeit.
All das verschlingt Stunden und somit wird das Spiel an genau der richtigen Stelle erweitert - am Wirtschaftssteil.

Mehr Leben unter Wasser

Die neuen und zugegebenermaßen ungewöhnlichen Vorlieben der Genies können nur gestillt werden, in dem die Tiefsee zu einem Unterwasserindustriegebiet wird. Sämtliche Plateaus sind größer geworden und bieten damit mehr Platz für Produktionsstätten - auch Mikrochips können fortan unter der Meeresoberfläche hergestellt werden. Ferner lässt sich mit dem neuen Geothermiekraftwerk verdammt viel Strom erzeugen - so viel Energie, wie man dort keinesfalls verbrauchen kann. Da passt es ganz gut, dass man überschüssige Energie mit dem neuen Energietransmitter auf andere Inseln übertragen kann. 

Dank neuer Gebäude und neuen Bedürfniswaren gibt es fortan mehr Leben in der Tiefsee.
Dank neuer Gebäude und neuen Bedürfniswaren gibt es fortan mehr Leben in der Tiefsee. Wohngebäude können dort allerdings nicht gebaut werden.
Solch Geräte müssen auf der Energieproduktionsinsel und den Empfängerinseln hochgezogen werden. Mit einem Schieberegler wird am „Produktionstransmitter“ festgelegt, wie viel Energie an Insel A und Insel B gehen soll etc. So kann man zum Beispiel eine Insel mit Strom versorgen, ohne dass dort Kraftwerke stehen, was wiederum Platz spart und die Ökobilanz verbessert.

Neu sind ebenso Unterwasserhandelsrouten mit einem überlangen Transport-U-Boot, das den Großteil seiner Route unter der Meeresoberfläche zurücklegt und erst am Zielhafen auftaucht, sofern dies nötig ist. Wenn ihr gerade im Krieg seid, können so die wichtigen Handelsrouten durch die Transport-U-Boote besser geschützt - und wenn ihr noch Schleichfahrt erforscht, sind sie kaum zu entdecken.

Inseln friedlich kaufen!

Sehr lobenswert ist, dass Inseln friedlich übernommen werden können - wie schon bei ANNO 1404: Venedig. Hierzu muss man die Aktienmehrheit an der gewünschten Insel erwerben. Jedes Eiland hat fünf Aktienpakete und diese können schrittweise gekauft werden (Abklingzeit von 10 Minuten). Habt ihr die Mehrheit erworben, könnt ihr die ganze Insel kaufen. Haltet ihr nur einen Teil, dürft ihr euch zumindest über eine Dividende freuen. In einer Partie habe ich beispielsweise drei Anteile an einer lukrativen Kaffee-Produktionsinsel für 18.000 bis 26.000 Credits erworben. Nach einem bissigen Kommentar der Besitzerin, konnte ich für weitere 60.000 Credits die ganze Insel kaufen - natürlich ohne Gebäude. Und dank der Abklingzeit bleibt Zeit zu reagieren, wenn ihr „Opfer“ solch einer Investition wurdet. Die Computerintelligenz kauft - je nach Charakter und Schwierigkeit - ebenfalls fleißig Anteile. Aber wie schon bei anderen Dingen scheinen die computergesteuerten Gegner nicht unbedingt „zu Ende zu denken“. So wurde z.B. eine Insel gekauft, blieb dann aber ungenutzt.

Die nächste "freundliche" Übernahme wird vorbereitet.
Die nächste "freundliche" Übernahme wird vorbereitet.

Neue Missionen

Zusätzlich zu den Verbesserungen und Ergänzungen gibt es neue Missionen. In drei Solo-Einsätzen dürft ihr die Ökobilanz in einem ziemlich rauen Sektor verbessern, müsst eine mächtige Forschersiedlung mit über 2.500 Genies aus dem Boden stampfen oder sollt gar drei Monumente errichten - mit über 12.500 Einwohnern. Kooperativ spielbar sind diese Aufträge übrigens nicht - schade!

Fünf weitere Missionen gibt es bei der Einsatzsammlung „Wunder in Gefahr“, die sich prinzipiell wie eine kleine Kampagne rund um die wichtigsten Features des Add-ons entpuppt. Dabei müssen jeweils die erste und die letzte Mission gespielt werden. 

Das neue Tech-Monument ersetzt alle Marktplätze auf der Insel.
Das neue Tech-Monument ersetzt alle Marktplätze auf der Insel.
Zwischen den anderen drei Einsätzen kann ausgewählt werden. Alles fängt damit an, dass ihr euch um ein Gezeitenkraftwerk kümmern sollt, das einen Tsunami ausgelöst hat. So müssen Menschen umgesiedelt, eine Ölpest bekämpft und Ressourcen zum Wiederaufbau angehäuft werden. Dann darf gewählt werden: Entweder könnt ihr mit Hilfe der Aktienmehrheit die Insel eines Kontrahenten kaufen, ein Netzwerk aus Energie-Transmittern hochziehen oder 1.000 Genies ansiedeln. Soweit so gut, doch die Endmission ist ziemlich haarig, weil mit zu vielen und teils ziemlich eng gesetzten Zeitlimits gearbeitet wird. Ist man nicht schnell genug, werden Tsunamis ausgelöst - etwas weniger Druck bzw. Hektik wäre wünschenswert gewesen. Bis auf den letzten Einsatz sind die neuen Missionen gut gelungen, auch wenn die Inszenierung wieder mit holprigen Kameraflügen daherkommt - wie schon im Hauptprogramm.

Kleinigkeiten

Die zahlreichen Forschungsprojekte wurden übersichtlich in mehrere Kategorien verpackt.
Die zahlreichen Forschungsprojekte wurden übersichtlich in mehrere Kategorien gepackt.

Ansonsten gibt es noch allerlei Kleinigkeiten, wie z.B. 150 neue Quests, zusätzliche Technologien, diverse Abwehranlagen, ein Raketenschild und ein neues (kleines) Versorgungsschiff für die kerosinschluckenden Chopper. Dank der Genies können zudem sechs Items auf einer Insel verwendet werden und die Karriereleiter bei den Fraktionen ist mit neuem Kram zum Freischalten erweitert worden - z.B. Expressbestellung von Beton.

Last but not least hat die Benutzeroberfläche leichte Verbesserungen erhalten. So sind die zahlreichen Forschungsprojekte der Akademien in mehrere Kategorien unterteilt worden und das Baumenü der Genies hat übersichtliche Icons für die Rohstoffe spendiert bekommen. Leider kommt nur die Tech-Fraktion in den Genuss dieses Luxus. Die Menüs der bekannten Fraktionen und Bevölkerungsstufen hätte die neue Übersicht sicher gut getan.

Fazit

Auf den ersten Blick klingen die Neuerungen von ANNO 2070 - Die Tiefsee nicht so prickelnd und wenig tiefgreifend. Doch die Erweiterung setzt genau an der richtigen Stelle an, denn mit den Genies der Tech-Fraktion wird das Wirtschaftssystem mit neuen Waren und Bedürfnissen vergrößert. Und um die Gelüste der Tech-Neulinge zu erfüllen, müssen ziemlich komplexe Handelsrouten und verschachtelte Produktionsketten aus dem Boden gestampft werden. Sehr schön! Auch der Energietransfer mit dem neuen Transmitter und der Inselhandel werten das Spiel weiter auf. Überraschend gut ist zudem die kleine Kampagne rund um die Unterwasser-Geothermiekraftwerke, wobei die letzte Mission mit zu vielen Zeitbegrenzungen versehen ist. Trotz des großen Umfangs finde ich es dennoch schade, dass es keine neue Fraktion gibt, es an kooperativen Missionen fehlt und das Baumenü noch immer zu umständlich zu bedienen ist. Dennoch: Eine wirklich gute Ergänzung zu ANNO 2070!

Pro

erweiterte Unterwasserwelt
Ausbau der Tech-Fraktion plus Monument
neue Bedürfnisse, Gebäude, Waren und Produktionsketten
Inselhandel ermöglicht nicht militärische Übernahme
gut gelöster Energietransfer
Mini-Kampagne mit weitgehend guten Missionen
zahlreiche Detail-Verbesserungen
leichte Interface-Optimierungen
neue Erfolge, Quests und Technologien

Kontra

keine kooperativen Missionen
keine neue Fraktion
keine weiteren KI-Profile
umständliches Baumenü
KI-Macken

Wertung

PC

Die Tiefsee ist die bisher beste Erweiterung für ein ANNO-Spiel mit sinnvollen Ergänzungen!

0
Kommentare

Du musst mit einem 4Players-Account angemeldet sein, um an der Diskussion teilzunehmen.

Es gibt noch keine Beiträge. Erstelle den ersten Beitrag und hole Dir einen 4Players Erfolg.