Im Test:
Handkanten-Ballerino
Im Rahmen der vorrangig über schicke Comic-Standbilder erzählten Geschichte muss man u.a. in einem Kloster, einer Wrestling-Arena oder einem türkischen Bad gegen die Schergen des Musikdiebes antreten, bevor man ihm in einer Tron-ähnlichen Sphäre den Garaus macht - und das alles im Takt zur Musik. Genauer gesagt, zu 24 lizenzierten Songs, u.a. von Papa Roach, P.O.D. oder Marilyn Manson. Brachiale Gitarren stehen dabei zwar im Vordergrund, doch es gibt es zahlreiche elektronische Tracks, zu denen man im Rhythmus auf die Tasten haut oder noch besser: Die Knöpfe eines Gamepads malträtiert.
Klassisches Rhythmus-Drücken
Während an der Oberfläche mit ansehnlichen Animationen und schicken Spezialeffekten wie Zeitlupen usw. häufig erfolgreich versucht wird, den Eindruck eines Beat-em-up zu hinterlassen, ist die Mechanik erzkonservativ und unterscheidet sich kaum von Titeln wie Fantavision auf der PS2 oder Boom Boom Rocket auf der 360. Der Held bzw. die Heldin steht in der Mitte des Bildschirms und ist von einer Horde Gegner umringt. Diese machen sich nun einer nach dem anderen (teils in kleinen Grüppchen) auf, um ihn von einer von vier Seiten anzugreifen. Und die Musik-Karatekas müssen sich verteidigen. Im Wesentlichen muss man dazu aber (wie man es kennt) nur den richtigen Knopf zur richtigen Zeit rhythmisch passend zur Musik drücken. Abweichungen gibt es nur durch zwei gleichzeitig zu drückende Tasten bzw. das längere Halten und folgende Loslassen – und durch Power-Ups.
Doch trotz dieser Gimmicks und des Prügelhintergrunds spielt sich Kick Beat weitgehend gewöhnlich. Drei Bosskämpfe versuchen zwar, durch kleine Modifikationen dieses Schema aufzubrechen, doch im Wesentlichen kann man sagen, dass es innerhalb der Story keine Überraschungen gibt. Quasi "Kennst du einen Song, kennst du alle". Auf den höheren der vier Schwierigkeitsgrade wird man zwar ordentlich gefordert, doch das ist vor allem der Unübersichtlichkeit zuzuschreiben, wenn Dutzende Gegner um einen herumscharwenzeln und man Schwierigkeiten hat, die Indikatoren für den nächsten Knopf oder die nächste Gegnerkombi auszumachen.
Mein Song, mein Kampf
Hat man beide Erzählstränge nach etwa drei bis vier Stunden durchlaufen, kann man versuchen, Mei oder Lee nach seiner Pfeife, sprich: zu importierten Tracks kämpfen zu lassen. Der Import geht dabei unkompliziert vonstatten, allerdings fehlt eine automatische Erkennung der Taktrate. Das wiederum bedeutet, dass man für jeden importierten Track in drei kurzen Phasen von etwa 15 Sekunden (eine aus dem Anfang, der Mitte und dem Ende) manuell den Takt vorgeben muss. Und ob das für jeden einzelnen Song die Mühe wert ist, muss jeder für sich entscheiden. Mir war das irgendwann zu viel.
Die Erkennung der Eingaben funktioniert zwar ebenso akkurat wie bei den mitgelieferten Melodien. Doch in zwei Punkten hängt man mit den eigenen Liedern deutlich hinterher: Zum einen werden Tempowechsel nicht richtig erkannt oder umgesetzt. Man muss schlichtweg Glück haben, dass in einem der drei Ausschnitte zur manuellen Takterkennung auch einer dabei ist, in dem ein anderes Tempo gesetzt wird - dann ist allerdings noch nicht gesagt, dass es gut umgesetzt wird. Und zum anderen fehlt den Importtracks jegliche Dramaturgie. Bei den mitgelieferten Herausforderungen ist sowohl Kameraführung als auch Gegneraufkommen bzw. das Power-up-Sammeln auf die Songs abgestimmt. Bei den mp3-Kämpfen hingegen ist ein höhepunktarmes Prügeln, das hinsichtlich der Rhythmus-Anforderung zwar ansprechend arbeitet, aber keine Spannung aufkommen lässt.
Fazit
Abseits der netten Kulisse mit dem ungewöhnlichen Beat-em-up-Hintergrund ist Kick Beat als Knopf-im-Takt-Drücken-Spiel so konventionell wie das Songwriting von Jon Bon Jovi. Selbst frühe PS2-Titel von Harmonix wie Amplitude oder Frequency sind mechanisch fortschrittlicher. Doch dank der treibenden Beats der über 20 Songs kann der "Rhythmus-Prügler" zwischendurch immer wieder unterhalten, mit den höheren Schwierigkeitsgraden wird man sogar ordentlich gefordert. Und nachdem man die in schicken Comic-Standbildern erzählte Story durchlaufen hat, darf man sich sogar mit eigenen Tracks vergnügen. Allerdings ist bei jedem Song Handarbeit angesagt: Es gibt keine automatische BPM-Erkennung. Und man muss bei den importierten Songs z.B. die visuellen Effekte oder Spezialbewegungen verzichten, die in der Story passend auf die Songs gelegt wurden.
Pro
Kontra
Wertung
PC
Solide, aber konventionelle Ryhthmus-Unterhaltung mit gelungener Trackliste.
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