The Incredible Adventures of Van Helsing06.06.2013, Mathias Oertel
The Incredible Adventures of Van Helsing

Im Test:

Egal ob man es Hack & Slay, Action-Rollenspiel, Dungeon Crawler oder auch nur liebevoll Kloppmist nennt: Die Mischung aus dem Vermöbeln allerlei Monster und dem Einsammeln von Beute steht seit Diablo 3 und Torchlight 2 wieder hoch im Kurs. Wir klären im Test, ob The Incredible Adventures of Van Helsing (ab 13,49€ bei GP_logo_black_rgb kaufen) dem kurzweiligen Vergnügen eine neue Facette abgewinnen kann.

Monsterjäger mit Anhang

Nicht nur Indiana Jones hat Probleme, aus dem Schatten seines Vaters Henry zu treten. Auch der Spross eines gewissen Professor Van Helsing muss in große Fußstapfen treten. Immerhin hat der mittlerweile im Ruhestand befindliche Monsterjäger Kreaturen wie Dracula den Garaus gemacht. Doch Werwölfe, wilde Trolle und zig Dämonen geißeln die Menschen immer noch - vor allem im fiktiven Staat Borgova. Dorthin wurde Van Helsing (junior) gerufen, um der Plage Herr zu werden.

Im Gepäck hat er die Geisterlady Katharina. Durch ein Ritual dazu verpflichtet, den Van Helsings zu helfen, nutzt sie jede Gelegenheit, um entweder auf ihre misslichen Umstände hinzuweisen oder sich über ihren Lehnsherren lustig zu machen. Die Art und Weise, wie sie als Sidekick inszeniert wird, ist sehr sympathisch. Und es hebt sie deutlich über den Status eines anonymen Packesels mit zusätzlichen Inventarplätzen, der darüber hinaus auch noch aktiv ins Kampfgeschehen eingreifen kann.

Solide Beutejagd

Das kann allerdings nicht darüber hinweg täuschen, dass die Geschichte vor allem in der ersten Hälfte des weit über 20 Stunden dauernden Hack&Slay-Abenteuers eher müde vor sich hinplätschert. Gegen Ende nimmt sie zwar Fahrt auf und schaltet schließlich in den zweiten Gang, doch vom Durchstarten ist sie weit entfernt. Andererseits haben die klassischen Action-Rollenspiele selten mit der Geschichte gepunktet, sondern eher auf ein eingängiges Kampfsystem sowie die Ausschüttung interessanter Beute gesetzt - das kommt auch hier zur Geltung. Es fehlen allerdings zufällig generierte Levelstrukturen wie z.B. in Diablo. Die großräumig angelegten Abschnitte wurden von Hand designt, die Umgebungen samt Feindesplatzierung sind vorgegeben und ändern sich auch bei einem zweiten Durchlauf nicht.

Natürlich wird dadurch das Bedürfnis minimiert, sich eventuell nochmals durch die in bestimmten Kombinationen oder entsprechender Anzahl fordernden Gegnermassen zu schnetzeln. Im Gegenzug haben die Designer die Möglichkeit genutzt, eine ansehnliche sowie sehr stimmungsvolle Welt aufzubauen, die auch nicht mit schicken Effekten geizt. Dabei wurde die hauseigene Engine der Neocore Studios (King Arthur-Serie) leider nicht optimiert. Die Ladezeiten schrammen immer wieder an der Toleranzgrenze entlang und darüber hinaus gibt es auch auf Highend-Systemen immer wieder Probleme mit der Bildrate. In einem replizierbaren Fall führt das Laden eines bestimmten Abschnitts sogar zu einem Absturz.

Mit der "Lair Defense" und den dort zu platzierenden Fallen wird die konventionelle Mechanik aufgebohrt.
Mit der "Lair Defense" und den dort zu platzierenden Fallen wird die konventionelle Mechanik aufgebohrt.
Abhilfe schuf das Herunterpegeln der Grafikeinstellungen (mindestens auf "Low"), bevor man den Abschnitt lädt. Nach dem Betreten konnte die Kulisse wieder auf den Ursprungszustand zurückgesetzt werden. Doch das ist natürlich suboptimal.

Einziger Held

Es sind nicht nur die festen Levelstrukturen, die den Wiederspielwert und damit die Langzeitmotivation gefährden. Auch die Reduzierung auf Van Helsing als den einzigen Helden birgt eine nicht zu unterschätzende Gefahr. Zwar kann man in zwei  großen Fähigkeitsbäumen (einer für Nah-, einer für Fernkampf) bei einem Figurenaufstieg den Monsterjäger entwickeln, indem man ihm Spezialfähigkeiten spendiert, die magische Energie kosten.

Dennoch sind die Möglichkeiten zum Experimentieren deutlich geringer als in den mit Klassen deutlich besser ausgestatteten Diablo- oder Torchlight-Serien. Das versucht Neocore durch das Hinzufügen von weiteren Aufwertungsfaktoren zu kompensieren. Man kann sich passive sowie aktive Buffs zulegen und diese steigern; man kann den in zehn Stufen aufwertbaren "Ruf" als Monsterjäger verwenden, um sich besondere so genannte "Perks" zu verschaffen (z.B. erhöhte Resistenzen, mehr gewonnene Erfahrung etc.); man kann schließlich über Katharina und ihre erzwungene Seelenverbundenheit mit Van Helsing weitere Boni kassieren oder aufwerten.

Hektische Kämpfe gegen Dutzende Gegner stehen für Van Helsing an der Tagesordnung.
Hektische Kämpfe gegen Dutzende Gegner stehen für Van Helsing an der Tagesordnung.
Sehr schön dabei: Man kann sofort über Einblendungen sehen, welche Vorteile der Einsatz der schwer verdienten Upgrade-Punkte bringt. Dennoch kann diese weitreichende Charaktergestaltung, die man nur über das Rücksetzen der Punkte in einem Durchlauf komplett ausprobieren kann, die fehlende Klassenauswahl nicht vollständig kompensieren. Doch dabei darf man eines nicht vergessen: Egal für welchen Weg man sich entscheidet oder ob man versucht, beide Pfade gleichmäßig zu beschreiten, sind die verschiedenen Fähigkeiten sehr ausgewogen und sorgen für faire Überlebenschance in den zahlreichen, häufig sehr hektischen Kämpfen.

Echtzeit-Veränderung

Ein weiteres Mittel, um die Klassenbeschränkung aufzuheben, ist die taktische Dynamik der Auseinandersetzung. So kann man nicht nur zwischen Nah- und Distanzbewaffnung wechseln. Hinzu kommen für jede Kategorie zwei Fertigkeitssets mit je zwei Angriffsoptionen. Zusätzlich darf man jede Fertigkeit mit maximal drei aktiven sowie bis zu zwei passiven Verstärkungen aufwerten, wobei vor allem den aktiven eine besondere Bedeutung zukommt. Denn hier kann man die über kritische Treffer sowie Tötungen aufgeladene Zorn-Anzeige nutzen, um diese aktiven Boni bis zum Faktor 3 aufzuladen und dann entsprechend dem Aufladewert zusätzliche Chancen auf besondere Auswirkungen zu haben. Das reicht vom sofortigen Killl (geht nicht bei Bossen) bis hin zu zusätzlicher Heilung. Wie oft mir der aufgeladene Blitz, der zu zehn Prozent den Gegner umgehend tötet, das Leben gerettet hat, kann ich gar nicht sagen.

Natürlich darf die Hilfe Katharinas nicht vergessen werden. Zwar kann man ihr keine Befehle geben. Aber mit den zur Verfügung stehenden Optionen, die sogar bestimmen, ab welchem Prozentsatz ihrer ursprünglichen Energie sie Heil- oder Manatränke verwendet (insofern sich welche in ihrem Inventar befinden)  oder welche Gegenstände sie einsammeln soll bzw. für Van Helsing liegen lässt, kann man sie außerhalb des Kampfes angemessen lenken.

Der erste Akt ist in klassischen Fantasy-Umgebungen angesiedelt, später bewegt man sich in Steampunk-Schauplätzen.
Der erste Akt ist in klassischen Fantasy-Umgebungen angesiedelt, später bewegt man sich in Steampunk-Schauplätzen.
Allerdings nicht so weit, dass sie abseits der gelungenen Kommentare an Lebendigkeit gewinnt.

Beutewahn

Kein Hack&Slay, das etwas auf sich hält, kann auf Beute und Aufrüstung der Ausrüstung verzichten - je mehr, desto besser. Wobei es Van Helsing mitunter übertreibt. Denn man findet nicht nur Waffen, Hüte, Ringe, Talismane und Amulette zu Hauf in zahlreichen Seltenheitsstufen. Mitunter kann man sie auch noch mit Alchemie-Essenzen veredeln. Für dieses Gegenstück zum Einfassen von Edelsteinen hat man sich aber etwas Besonderes einfallen lassen. Ist der Platz meist durch die Anzahl der Sockel beschränkt, haben die entsprechenden Gegenstände hier eine Essenz-Kapazität.

Nun kann man solange Essenzen darin versammeln und ihre Vorteile genießen wie es Platz gibt. Ob man einen Gegenstand, der 25 Essenzen aufnehmen kann, nun mit fünf Boni à fünf Punkten füllt oder entsprechend höherwertige verwendet, dann aber weniger unterbringen kann, bleibt jedem selbst überlassen. Doch hier hört Van Helsing noch nicht auf: In der Artefakt-Schmiede kann man gleichartige Gegenstände mit identischem Seltenheitswert experimentell vereinen und veredeln. Und bei der Romani Saffi darf man seine Ausrüstung verzaubern lassen, um einen dauerhaften zufälligen Bonus zu erhalten.

Über die Beute kann man sich nur gegen Ende beklagen, wenn kaum noch sinnvolle Gegenstände ausgeschüttet werden.
Über die Beute kann man sich nur gegen Ende beklagen, wenn kaum noch sinnvolle Gegenstände ausgeschüttet werden.
Die Möglichkeiten sind enorm, zeigen aber auch die eine oder andere Schwäche. So findet man vor allem im letzten Viertel des Spiels fast nur noch Gegenstände, die schwächer als die ausgerüsteten sind. Also lädt man sie bei Katharina ab, die sie schließlich brav zum Verkaufen transportiert - natürlich nicht, ohne vorher einen zynischen Kommentar abzulassen. Doch damit naht schon das nächste Problem: Man hat zu viel Geld. Man macht sich über seine Aufrüstung zumindest finanziell keine Gedanken. Denn auch die Strafe für das Ableben (zehn Prozent der gegenwärtigen Geldmittel) wirkt sich nie derart drastisch aus, dass man irgendwann keine Mittel mehr hat, um sich Aufrüstungen leisten zu können. Hier wäre eine ähnliche Ausgewogenheit wie bei den Fähigkeiten sinnvoll.

Hack&Defense?

Das bis hierhin weitgehend konservative Action-Rollenspiel bekommt nach dem ersten der zwei Akte eine mechanische Wendung. Nicht nur, dass man von einer mehr oder weniger klassischen Fantasy-Welt in eine von Steampunk gezeichnete Stadt kommt, in der man schließlich auch seinen unterirdischen Unterschlupf anlegt. Mit diesem Unterschlupf kommt ein Element hinzu, dass es in dieser Form in Spielen dieser Art noch nicht gab: Tower Defense. Angeschlossen an die Höhle des Jägers, in der auch zahlreiche Kaufleute Platz finden, ist ein Labyrinth, an dessen Enden sich Eingänge befinden, durch die Monster hereinströmen können - natürlich nicht ohne Vorwarnung. Nun kann man auf den Wegen verschiedene Fallen platzieren. Das Repertoire reicht dabei von einer Bodenplatte, die beim Betreten Elektrizität freisetzt, über Flammenwerfer oder Dornenfallen bis hin zu freigelassen Werwölfen.

Natürlich sollte man diese Fallen entsprechend der Ressourcen, die man zur Verfügung hat, so platzieren, dass viele Gegner das Zeitliche segnen, bevor sie an die Endportale gelangen. Oder sie zumindest soweit schwächen, dass man selber nur noch wenige Schuss oder Schwerthiebe benötigt. Denn ähnlich wie Orcs Must Die oder jüngst Sanctum kann und muss man auch aktiv eingreifen, um die Horden in Schach zu halten. Dass auch hier Beute ausgeschüttet wird, sorgt für Sammelmotivation.

Die stimmungsvolle Kulisse zeigt sich als überproportional hardwarehungrig.
Die stimmungsvolle Kulisse zeigt sich als überproportional hardwarehungrig.
Durch dieses simple Element kommt eine willkommene Abwechslung in das Geschehen - auch wenn Spannung oder taktische Optionen nicht mit den spezialisierten Tower-Defense-Spielen mithalten können und man diesen Modus auch nicht separat zu zweit gegeneinander spielen darf.

Online-Glücksspiel

Denn vorgesehen ist nur ein Miteinander. Das wird in der Theorie sogar für bis zu vier Spieler unterstützt und es finden sich mittlerweile auch zahlreiche offene Spiele, während die Launchphase durch einen vollkomme indiskutable Mehrspieler-Anbindung geprägt war. Doch auch wenn die allergröbsten Probleme behoben wurden, sind die potenziell interessanten (da noch bessere Beute versprechende) kooperativen Monsterjagden ein Frustfaktor: Zu häufig gibt es Lags oder Verbindungsabbrüche. Selbst Verbindungen zu inländischen Spielen waren zu selten von Erfolg gekrönt, so dass der Mehrspieler-Modus in dieser Form nicht mehr als einen gut gemeinten Menüpunkt darstellt.

Fazit

Van Helsing hat einige Probleme: Der Online-Modus ist zu wackelig und die ansehnliche Kulisse fordert einen erstaunlich potenten Rechner; eine instabile Bildrate und Abstürze trüben den Spielfluss. Weil es zudem keine zufallsgenerierten Abschnitte à la Diablo sowie nur einen Helden gibt, sinkt der Wiederspielwert. Auch die Story kann kaum Akzente setzen. Warum wird man trotzdem noch gut unterhalten? Zum einen sorgen die aktiv zuschaltbaren Verbesserungen der Spezialangriffe für eine angenehme taktische Komponente. Zum anderen ist Geisterdame Katharina nicht nur ein liebenswerter Sidekick und schlagfertiger Kampfgefährte, sondern auch ein essentieller Bestandteil von Van Helsings Entwicklung. Die eingestreutenTower-Defense-Abschnitte lockern das Spielgeschehen überraschend auf. Und natürlich kann man sich auf Beute im Überfluss von den fantasievoll gestalteten Gegnern freuen, die gegen Ende leider zu viel nutzloses Zeug ausschütten. Unter dem Strich präsentiert sich Van Helsing als etwas grob geschliffene, aber kurzweilige Hack&Slay-Alternative.

Pro

einfache Steuerung
hohe Sammelmotivation
aktiv zuschaltbare Angriffs-Verstärkungen
ansehnliche Kulisse
umfangreiche Personalisierung mit zwei Fähigkeitsbäumen
zahlreiche Möglichkeiten, Gegenstände aufzuwerten
Tower Defense-Variation sorgt für Abwechslung
variantenreiche Gegnerauswahl
gut agierende Kampfbegleitung
gute (englische) Sprachausgabe
ausgewogene Fähigkeiten

Kontra

nur eine Spielfigur
feste Levelstruktur senkt Widersepielwert
gegen Ende fast nur niederstufige oder unbrauchbare Beute
Online-Spiel technisch sehr unsauber (Lags, Abstürze)
vergleichsweise hohe Hardwareanforderungen
Bildratenprobleme und replizierbares Absturz-Szenario
schwache Story

Wertung

PC

Unterhaltsames Hack&Slay mit Fokus auf einen Helden, haufenweise Beute sowie einer interessanten Tower Defense-Variation.

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