Vivisector: Beast Within14.01.2006, Marcel Kleffmann
Vivisector: Beast Within

Im Test:

Ende des letzten Jahres warfen wir einen Blick auf eine fast fertige Version des Ego-Shooters Vivisector Beast Within. Trotz bizarrer Gegner und endloser Action konnte der russische Shooter nicht mal ansatzweise an die Konkurrenz à la Far Cry, F.E.A.R. oder Quake 4 anknüpfen. Ob sich der mittelmäßige Ersteindruck bestätigt, klärt der Test.

Das laufende Kuriositäten-Kabinett

Elektrohyänen, Flammenwerfer-Jaguare, Panzerbären und Mörsergorillas – wer außer Dr. Moreau kann sich solche Kreationen einfallen lassen? Sein Schwippschwager Dr. Morhead hatte jedenfalls Erfolg bei den Kreuzungen zwischen Tier, Mensch und Maschine, schließlich will er die ideale Kampfmaschine züchten. Rein zufällig schlüpft ihr in der Haut von Kurt Robinson auf eben dieser Jurassic Park-Insel, um einen Aufstand zu verhindern. Kurz nach der Landung entpuppt sich die Rettungsmission als hinterhältige Falle, denn während ihr in einem Haus nach einem Peilgerät sucht, greifen haufenweise Elektrohyänen an und zerfleischen euer Team. Nur ihr überlebt das Massaker und

Dieser fellige und zugleich metallische Müllhaufen ist ein erlegter Panzerbär.
wollt herausfinden, woher die Viecher stammen und wer euch auf die tropische Insel gelockt hat…

"Ich kann keine Story erzählen!"

Kommt euch die Geschichte bekannt vor? Kein Wunder, denn viele Elemente stammen aus "Die Insel des Dr. Moreau", "Far Cry" oder "Jurassic Park" oder sonstigen Filmen. Das wirkt zunächst sogar ambitioniert, verkommt aber schnell zur Belanglosigkeit, da es an einer fesselnden Inszenierung fehlt. Erzählt wird die Story in einer Mixtur aus mittelmäßigen Videos und Ingame-Sequenzen, wobei Letztere an der Dramaturgie scheitern. Der Absturz eines Großraumflugzeuges ist z.B. eine echte Lachnummer: Die Maschine fliegt vor euren Augen her, explodiert grundlos und bricht in zwei oder drei Stücke - fertig. Auch der schicksalhafte Fund eines "Baby-Rettungsbootes" am Strand soll Spannung aufbauen, erzeugt aber keinerlei glaubwürdige Betroffenheit, weil dem virtuellen Hauptdarsteller die Emotionen im Pixelgesicht fehlen - echt schade! Das Szenario hätte sicherlich Stoff für eine mitreißendere Geschichte geboten.

Stumpfsinn

Diese Story-Macken würden nicht so ins Gewicht fallen, wenn wenigstens die Schießereien gut wären – aber selbst hier kann das russische Stück Software nicht überzeugen. Egal ob ihr im ersten Inselsegment seid und gegen technisch aufgemotzte Tiere oder später in den Laboren gegen innovative Mensch/Tier-Wesen kämpft: kein Gefecht ist herausfordernd oder gar spannend. 

Im Gegensatz zur tristen Außenwelt sehen die Gebäude teilweise ziemlich gut aus.
Warum man sein virtuelles Leben nicht bedroht sieht, liegt an den Gegnern, die nur in Massen gefährlich sind. Selbst wenn fünf oder zehn Elektrohyänen in Kombination mit Flammenwerfer-Jaguaren angesprungen kommen, habt ihr kein Problem die Viecher aus dem Verkehr zu ziehen – dies gilt für drei der vier Schwierigkeitsgrade. Die verlorenen Lebenspunkte füllt ihr praktischerweise am nächsten Wegpunkt auf oder sucht nach Heilpaketen bzw. Munition, die überall herumliegen.

Trotz Dr. Morheads fortgeschrittener Medizintechnik ist die Implantation der tierischen Intelligenz nicht geglückt. Die Mod-Beasts laufen stumpf auf euch zu und attackieren. Nur die Mörsergorillas bleiben blöd stehen und schießen. Später bei den Hybridwesen oder Overbrutes werden die Gefechte etwas packender – Betonung auf "etwas". Intelligenzbestien sind diese Monstrositäten nicht, komplexere KI-Aktionen oder Team-Vorgehensweisen à la Half-Life 2 oder F.E.A.R. fehlen.  

Insel-Monotonie

Weitere Schwächen offenbaren die geskripteten Ereignisse in den Gefechten. So lauft ihr einmal durch eine kleine Höhle und werdet "sehr unerwartet" eingeschlossen. Tja und was passiert dann? Es tauchen einzelne schwächliche Monster auf und attackieren - wie gruselig. Alles wirkt "wie gewollt, aber nicht gekonnt". Apropos Gegner-Spawns: das Erscheinen der Feinde aus dem Nichts steht bei der Durchquerung der Leveleinbahnstraßen

In den Arenen hagelt es Punkte.
ständig an der Tagesordnung. Obwohl der Dschungel anfangs mehrere Wege suggeriert, bleibt letztendlich nur ein Pfad zum Ziel übrig. Es reicht daher aus, wenn ihr euch an den gut platzierten Wegpunkten orientiert und durch das Level spurtet.

Oftmals entpuppen sich diese Wegmarken als Auslöser für ein Arena-Event: Dann wird ein Bereich abgesteckt, aus dem ihr nicht fliehen könnt. Anschließend erscheinen mehrere Gegner-Wellen und entfesseln eine heillos hektische Ballerorgie. Kommt euch das bekannt vor? In diesem an Serious Sam erinnernden Run&Gun-Stil ballert ihr hirnlose Gegner über den Haufen, ohne irgendwelche Besonderheiten wie z.B. den Humor, der Sam so auszeichnetet. Ein Horror-Element sollte diese Einseitigkeit eigentlich kaschieren, endete dank der verunglückten Präsentation jedoch mit einem Schuss in den Ofen.

 

Fähigkeiten-Upgrades

Je mehr (Speed-Kill) und je schneller ihr die Feinde (Multi-Kill) umnietet, desto mehr Upgrade-Punkte werden gutgeschrieben. Auch für die Entdeckung geheimer Bereiche, genaues Zielen oder die Gebietserkundung gibt es Punkte, wobei es sich verhältnismäßig (Zeit & Belohnung) nicht lohnt, die öden Landschaften zu erforschen. Diese Upgrade-Punkte lassen sich an den Navigations-Stellen in vier Verbesserungen der Fähigkeiten eintauschen, z.B. mehr Gesundheit, Geschwindigkeit oder besseres Zielen. Und wozu führen diese Fertigkeiten? Richtig, zu noch mehr Action…

Klägliche Kulisse

Die eintönige Dauerfeuer-Schiesserei wird von einer selbst entwickelten Grafik-Engine in Szene gesetzt, die euch zwei Jahre in die Vergangenheit schickt. Hochauflösende Texturen fehlen und hübsche Spiegel-Effekte (z.B. auf einer Wasseroberfläche) sind nicht vorhanden. Stattdessen bekommt ihr eine ziemlich eckige Welt vorgesetzt, die besonders an der Oberfläche spröde wirkt und mit einer unscharfen Textur tapeziert wurde. Außerdem fehlen zusätzliche

Aus vielen Tieren können blutige Stücke rausgeschossen werden.
Dekorationsobjekte wie andere Baum- oder Stein-Modelle, Hütten oder sonstiger Kleinkram, der die Welt realistischer wirken lassen würde. Selbst die aufgeklebte Vegetation ist nicht annährend dick genug, um alle störenden Ecken zu verbergen. Lediglich der Aufbau der Levels ist weitgehend gelungen und auch einige interessante Gebäude lenken von der Einöde ab.

Blut oder kein Blut?

Einziger Höhepunkt bei der spannungslosen Jagd sind die Monster-Designs: Egal ob Flammenwerfer-Jaguar, Kampf-Löwe oder Hyänen-Hybrid - sämtliche Viecher sehen wunderschön bizarr aus, nutzen sich jedoch im Laufe des Spiels ab, da sie immer wieder zum Einsatz kommen. Dafür ist das Ableben der Viecher umso blutiger, weil ihr wie in der englischen Version gewisse Stücke aus den Tieren herausschießen könnt. Benutzt ihr hingegen das Messer, verschwinden die Tiere sofort; Ähnliches passiert bei Volltreffern mit dem Raketenwerfer  – hier wurde wohl entschärft. Die Gewaltdarstellung gegenüber humanoiden Feinden haben die Entwickler komplett rausgenommen.

Fazit

Vertan, vertan, sprach der Mörsergorilla und stieg von der Elektrohyäne! Vivisector Beast Within ist ein Paradebeispiel für ein ambitioniertes Projekt, das nur halbherzig umgesetzt wurde. Die Höhepunkte sind die herrlich bizarren Kreaturen sowie die gut gestalteten Levels, bei denen eigentlich immer klar ist, wo es weiter geht. Alle anderen Einfälle, insbesondere die Story, wurden von der mangelhaften Inszenierung so in Mitleidenschaft gezogen, dass keine Horror-Stimmung aufkommt. Stattdessen werden euch Horden an intelligenzlosen Biestern vor die Flinte gescheucht - und zwar solange, bis euch die Viecher zum Halse raushängen. Eine echte Gefahr stellen die Monster nicht dar und so verkommt Vivisector zu einer langweiligen und weitgehend intelligenzbefreiten Ballerorgie, die ohne das Mini-Erfahrungssystem nur für ein paar Minuten motivieren würde.

Pro

viel Action
bizarre Gegner
interessantes Szenario
großes Standard-Waffen-Arsenal
sehr stilvolles Menü
Mini-Erfahrungssystem
gute englische Sprachausgabe
Löwenanführer

Kontra

schwache Story-Inszenierung
Szenario hätte viel mehr Möglichkeiten geboten
Waffen haben keinen zweiten Schussmodus
Knarren müssen nicht nachgeladen werden
Gegnertypen tauchen zu häufig auf
sehr lineare Welt
Monster inkl. Endbosse wirken nicht bedrohlich
ziemlich blöde Feinde
vorhersehbare Überraschungen
eckige Landschaft
Grafikfehler
schwammige Texturen
Bugs
nur deutsche Untertitel (teils mit Fehlern)

Wertung

PC

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