Magrunner: Dark Pulse03.07.2013, Eike Cramer
Magrunner: Dark Pulse

Im Test:

Was wäre passiert, wenn Cthulhu den Testräumen von Aperture Science einen Besuch abgestattet hätte? Mit Magrunner: Dark Pulse (ab 0,88€ bei GP_logo_black_rgb kaufen) geht Entwickler Frogwares genau dieser Frage auf den Grund. Warum gut geklaut manchmal besser ist als schlecht erfunden und ob das Konzept „Portal trifft Lovecraft“ funktioniert, klärt unser Test.

Weltraumfieber

Protagonist Dax Ward möchte in den Weltraum! Da passt es doch, dass der Inhaber des weltweit größten sozialen Netzwerkes „Lifenet“, ein gewisser Kram Gruckezber (ein Schelm wer Böses dabei denkt) gerade das größte Testzentrum für Magrunner eingeweiht hat. Hier werden Probanden getestet und dabei ihre Fähigkeiten mit dem Magnethandschuh verbessert, um später in einem Weltraumprogramm weitere Verwendung zu finden. Natürlich versucht Wunderkind Dax, der sich zusammen mit dem Mutanten Gamaji seinen eigenen Mag-Glove gebastelt hat, sich seinen Traum zu erfüllen. Dumm nur, dass dieses Vorhaben schnell zu einem echten Albtraum wird.

Zu Beginn des Testprogramms ist aber noch alles ganz normal. Mit seinem Magnethandschuh, den Dax nutzt, um Gegenstände magnetisch aufzuladen, Schalter zu betätigen und Aufzüge zu bedienen, löst man kontinuierlich komplexer werdende Aufgaben in den einzelnen Kammern. Zusätzlich erfahre ich in Gesprächen mit Hologrammen mehr über die Hintergründe von Lifenet und dem Weltraumprogramm der Mag Corp. Schnell wird klar: Hier stimmt etwas nicht. Als dann das erste Mal niedere Dämonen auftauchen und Dax in zerstörte Kammern der Anlage verschleppen, wird deutlich: Magrunner will mehr sein als ein einfacher Portal-Klon.

Portal mit Magneten?

Die Testkammern zu Beginn könnten auch aus dem Arperture-Science-Komplex stammen.
Die Testkammern zu Beginn könnten auch aus dem Aperture-Science-Komplex stammen.
Gerade zu Beginn erinnert der Puzzle-Plattformer frappierend an Valves Meilenstein.  Artdesign, Steuerung und die Testkammer-Struktur scheinen direkt aus den Laboren von Aperture Science zu stammen. Selbst der Mag-Glove hat eine gewisse Ähnlichkeit mit der Portalkanone, verschießt er doch auf Tastendruck verschiedenfarbige Ladungen auf Kisten, Plattformen oder magnetische Flächen. Schnell wird aber klar, dass die vertrackten Magneträtsel eigenständig genug sind und nicht wie die plumpe Kopie eines bekannten Prinzips wirken.

Durch die geschickte Kombination von Magnetfeldern, die ich mit dem Handschuh erstelle und mir auf Knopfdruck anzeigen lassen kann, muss ich Plattformen bewegen, Kisten stapeln oder über Abgrunde katapultieren, Schalterrätsel lösen oder Sprungpassagen meistern. Obwohl die grundlegenden Mechaniken schnell durchschaut sind, steigt der Schwierigkeitsgrad schnell an. Gerade im letzten Drittel finden sich einige ziemlich umfangreiche und vertrackte Passagen, die die grauen Zellen fordern. Trial-and-Error funktioniert hier außerdem so gut wie nie: Die Reihenfolge Beobachten, Analysieren, Handeln ist fast immer Pflicht. Durch die flüssige Steuerung und das starke Leveldesign wird das Rätseln so zu wirklich guter Unterhaltung.

Lovecraft light!

Horror gegen Technologie: Kaum bricht der Chtulhu-Albtraum los, fällt die Hochglanzfassade.
Horror gegen Technologie: Kaum bricht der Chtulhu-Albtraum los, fällt die Hochglanzfassade.
Das kann man von anderen Aspekten des Titels leider nicht sagen. Gerade im Bereich der Inszenierung des Lovecraftschen Horrors versagt Magrunner auf ganzer Linie. So interessant der plötzliche Bruch im Setting von sauberem High-Tech zu zerfallendem Horror-Szenario nach rund einem Viertel des Spiels ist, so schwach wird der Wahnsinn vermittelt, den der Einbruch eines Großen Alten in unsere Realität mit sich bringt. Während sich Eternal Darkness oder auch Amnesia: The Dark Descent auf der Grenze zwischen Realität und Wahnsinn bewegen und den Spieler mit eindringlicher Inszenierung und ganz realem Horror  bearbeiten, will bei Magrunner einfach keine Spannung entstehen.

Das größte Problem dabei ist, dass das die Geschichte hauptsächlich durch Hologramm-Sequenzen während des Levelwechsels in Aufzügen erzählt wird, in denen sich die verschiedenen Charaktere zu Wort melden. Die Sprecher liefern dabei unteres Mittelmaß ab und auch die Mimik ist äußerst maskenhaft. Zudem wiederholen sich viele Animationen zu oft innerhalb der ohnehin kurzen Sequenzen.  So kann keine dichte Atmosphäre aufkommen, denn auch die sporadisch auftauchenden Monster oder plump eingesetzten Schockeffekte können die Stimmung nicht retten.  Während Magrunner mit seiner Rätselmechanik überzeugt, ist die Inszenierung des Horrors oft unterdurchschnittlich.

Magnethunde und die Gegnerseuche

Das vermutlich knuffigste mobile Magnetfeld aller Zeiten: Newton!
Das vermutlich knuffigste mobile Magnetfeld aller Zeiten: Newton!
Wenn man allerdings über die ungeschickte Verarbeitung des Cthulhu-Themas, die durchwachsene Kulisse oder hässlich animierte Gegner-Viecher hinwegsehen kann, macht Magrunner dank des abwechslungsreichen Leveldesigns durchaus Spaß. Auch die Flucht vor einigen der Monstrositäten kann überzeugen, gerät aber durch unübersichtliche Fallen schnell zu frustrierendem Trial-and-Error. Dennoch lockert sie den ansonsten starren Ablauf aus „Testkammer – Fahrstuhl – Testkammer“ etwas auf. Die zum Glück äußerst seltene offene Konfrontation mit den Dämonen nervt allerdings, denn hier merkt man schnell, dass die Steuerung nicht auf derlei Mätzchen ausgelegt ist. Zudem wirken die Kämpfe gegen die albtraumhaften Kreaturen merkwürdig deplaziert und aufgesetzt.

Nett ist auch das Gimmick Newton. Der kleine Magnethund wird etwa zur Hälfte der Story verfügbar und ist eine Art mobiles Magnetkraftfeld, das an allen glatten  Flächen befestigt werden kann. Der knuffige Begleiter hilft einem dabei, ansonsten unerreichbare Ebenen zu betreten. Sein Einsatz erfordert oft ordentlich Gehirnschmalz und wird gerade zum Schluss ein zentrales Element des Spiels.

Fazit

Portal versus Lovecraft? Das klingt interessant und die kleine Spieleschmiede Frogwares schafft es in einigen wenigen Momenten auch beinahe, so etwas wie Atmosphäre aufzubauen. Leider zerstören die unbeholfen wirkenden  Zwischensequenzen in den Aufzügen sowie die plump plazierten Gegner und Schockmomente den subtilen Horror, den ein Spiel rund um den Chtulhu-Kult nötig hätte. Auf diese Weise bleibt man deutlich hinter der Klasse des Vorbildes Portal zurück, dass gerade durch seine sarkastische Inszenierung punkten konnte. So bleibt ein ordentlicher Puzzle-Plattformer mit solider Kulisse, dessen Mechaniken gut funktionieren und der mit interessanten Levels sowie Szenarien zu überzeugen weiß.  Zwar hat man gerade zu Beginn das Gefühl, dass ein wenig mehr Eigenständigkeit dem Titel gut getan hätte, aber die Magnet-Rätsel und die Level in der zweiten Hälfte bringen genug  eigene Ideen wie den knuffigen Magnethund Newton mit, um sich vom großen Vorbild abzugrenzen. Hätte man mehr in die Inszenierung und Atmosphäre investiert und die Lovecraft-Thematik nicht so wirkungslos verheizt, wäre aufgrund des ambitionierten Ansatzes mehr drin gewesen.

Pro

gute, anspruchsvolle Rätsel
ordentliches Leveldesign
schlüssige Magnetmechaniken
Magnethund Newton

Kontra

schwache Inszenierung des Lovecraftschen Horrors
Erzählung findet nur in schwachen Hologrammsequenzen statt
unterdurchschnittliches Voiceacting
durchwachsene Kulisse
nervige Kampfsequenzen
hässliche Gegner

Wertung

PC

Ordentlicher Puzzler im Portal-Stil, der unter einer schwachen Inszenierung und fehlender Atmosphäre leidet.

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