Im Test:
Zeitsprung
Es ist fast wie in meiner Kindheit, als ich am Rande eines stillgelegten Bahndamms eine alte Fabrikhalle entdeckt hatte. Ich stellte mir vor, wie es dort wohl ausgesehen haben mochte, als in den Hallen noch die Maschinen ratterten. Lilly braucht für die Antwort auf solche Fragen keine Fantasie. Sie setzt einfach ihre magische Fliegerbrille auf und schon befindet sie sich in der Vergangenheit voller malerischer Gärten, rätselhafter Steinformationen, merkwürdiger Maschinen und verschnörkelt gezeichneter Holzhäuser.
Zu Beginn erkundet sie mit kindlichem Spieltrieb ihre Umgebung, doch als ein roter Schal ihren Bruder Ro einwickelt und davonflattert, wird aus dem Spiel Ernst: Von nun an muss sie immer wieder geschickt zwischen Gegenwart und Vergangenheit wechseln, um ihren Bruder zu retten.
Vorausdenken hilft
Die kleine Heldin ist erstaunlich agil. Sie klettert z.B. über große Wasserräder und an frei hängenden Seilen empor. Manchmal rutscht sie aber auch von einem zu hohen Felsen zurück auf den Boden und muss sich mit Zeitreise-Tricks aushelfen. In den kleinen Arealen muss ich meist mehrmals mit der gleichen Maschine herumexperimentieren und in der Zeit wechseln. Erst einmal eine Halterung lösen, ein paar Wasserströme in die richtigen Bahnen leiten und auf Plattformen klettern, welche nur in einer der beiden Zeiten existieren. Die Wechsel sind meist gut mit den Puzzles verknüpft und auch einige klassische Kopfnüsse müssen gelöst werden: Ich kokle zum Beispiel mit einem brennbaren Schilfrohr herum oder löse einige in die bizarre Welt integrierte Farbpuzzles. Ähnlich wie in Machinarium oder der Gobliiins-Serie kommt das Spiel fast ohne Text und Dialoge aus.
Fremdkörper in der düsteren Welt
Die liebevoll abgestimmten Bewegungen besitzen aber auch Schattenseiten: Als regelmäßiger Adventure-Spieler ging es mir schnell auf die Nerven, dass ich mir die Animationssequenzen jedes Mal komplett ansehen musste. Das stört vor allem, weil ich an manchen Maschinen gleich mehrmals herumexperimentieren muss, um ihre Gesetzmäßigkeiten kennenzulernen. Schade auch, dass sich ein Fehlklick nicht mehr abbrechen lässt.
Es mangelt an Feinschliff
Auch ein Bug sorgte einmal für Frust: Die fürs nächste Rätsel wichtige Brille war plötzlich verschwunden, obwohl sie eigentlich am Grund eines Sees hätte liegen sollen. Auch ein paar Ungereimtheiten stören den surrealen Ausflug: Warum ist Lilly z.B. zu schwach, eine Steinkugel den Abhang herunter zu schubsen, kann die daneben liegende aber sogar den Hang hinauf wuchten? Wer sich von solchen Stolpersteinen nicht aus der Ruhe bringen lässt, kann das Spiel übrigens in wenigen Stunden beenden. Es gibt schließlich nur magere zehn Schauplätze mit jeweils rund zwei gezeichneten Bildschirmen.
Fazit
Schön, dass Entwickler Geeta Games seinen kleinen surrealen Rätsel-Ausflug mit der Hilfe von Kickstarter finanzieren konnte. Das Wechselspiel zwischen den zwei Zeitaltern ermöglicht unterhaltsame Experimente mit sonderbaren Maschinen, neugierigen Tieren und den Gesetzmäßigkeiten der Welt. Auch die malerischen Kulissen und der ruhige Soundtrack unterstützen das entspannte Knobel-Ambiente. Ich fühlte mich ein wenig an Amanitas Werke wie Botanicula erinnert, auch wenn das Design von Hintergrund und Figuren hier bei weitem nicht so homogen wirkt. Leider haben sich auch ein fieser Bug und einige Anfängerfehler ins Spieldesign geschlichen. Manche Gesetzmäßigkeiten wirken inkonsequent, so dass ich gelegentlich nur durch ausdauerndes Ausprobieren auf die Lösung kam. Meist hatte ich aber Spaß am Rätseln und bin schon gespannt auf das nächste Projekt des Teams aus San Francisco.
Pro
Kontra
Wertung
PC
Charmant surreales Rätselspiel mit cleverem Zeitwechsel aber fehlendem Feinschliff.
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